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Das unterschätzte Fertigungsproblem

Führen werkseitige Verunreinigungen zu Periimplantitis?

Die zahnärztliche Implantologie schreibt seit vielen Jahren eine nahezu beispiellose Erfolgsgeschichte. Weltweit bieten Hunderte von Implantatherstellern ihre Komponenten an und die hohe Akzeptanz von Implantat getragenem Zahnersatz lässt die Zahl der gesetzten Implantate stetig wachsen. Es wäre alles so wunderbar – gäbe es keine Periimplantitis.

Ein kombiniertes REM-Bild der Oberfl äche von zwei Implantaten, die jeweils kurz zuvor aus sterilen Verpackungen
entnommen wurden. CleanImplant Foundation
Ein kombiniertes REM-Bild der Oberfl äche von zwei Implantaten, die jeweils kurz zuvor aus sterilen Verpackungen entnommen wurden.
Ein kombiniertes REM-Bild der Oberfl äche von zwei Implantaten, die jeweils kurz zuvor aus sterilen Verpackungen entnommen wurden.

Auch wenn die histologischen und klinischen Bedingungen, die zur Umwandlung einer periimplantären Mukositis in eine Periimplantitis führen, noch nicht vollständig geklärt sind, beeindruckt die hohe Prävalenz [1]. In Metaanalysen liegt dieser Wert für Periimplantitis meist oberhalb der 20%-Marke. Wenig Zweifel gibt es daran, dass ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Periimplantitis bei Patienten mit chronischer Parodontitis vorliegt.

Gleiches gilt bei schlechter Plaquekontrolle und mangelnder Dentalhygiene nach der Implantatinsertion. Ein in der Literatur weitgehend vernachlässigter Faktor, der das kurz- und langfristige Überleben eines Zahnimplantats beeinflussen kann, ist die Qualität des verwendeten Implantats, die von Einflussfaktoren in der Prozesskette von der Oberflächenbearbeitung des Rohlings bis zur endgültigen Verpackung bestimmt wird. Wird der Herstellungsprozess nicht in allen Phasen sorgfältig durchgeführt und überwacht, werden nicht selten minderwertige, d. h. verunreinigte Produkte an den Zahnarzt ausgeliefert.

In Studien zur Qualitätsbewertung von Zahnimplantaten, die von der CleanImplant Stiftung (Berlin) in Zusammenarbeit mit der Charité Universitätsmedizin Berlin und der Sahlgrenska Academy in Göteborg (Schweden) durchgeführt wurden, konnten auf jedem dritten steril verpackten Implantatmuster im Rasterelektronenmikroskop (REM) signifikante Verunreinigungen nachgewiesen werden. Auf Titanimplantaten und Implantaten aus Zirkondioxid wurden selbst bei etablierten Implantatherstellern erhebliche Rückstände festgestellt, die eindeutig auf das Herstellungs- oder Verpackungsverfahren dieser Implantate zurückzuführen sind [2,3]. So fanden sich neben Fremdmetallpartikeln mit Anteilen von Nickel, Wolfram, Eisen, Kupfer und Chrom auch thermoplastische Materialien, synthetische Polymere und Polysiloxane.

Abb. 1: Ein kombiniertes REM-Bild der Oberfl äche von zwei Implantaten, die jeweils kurz zuvor aus sterilen Verpackungen
entnommen wurden. CleanImplant Foundation
Abb. 1: Ein kombiniertes REM-Bild der Oberfl äche von zwei Implantaten, die jeweils kurz zuvor aus sterilen Verpackungen
entnommen wurden.

Das heißt, auch wenn das Implantat steril aus der Verpackung des Herstellers entnommen wird, können auf der Oberfläche des Implantats werksseitige Verschmutzungen vorhanden sein, die für eine unkontrollierte Fremdkörperreaktion verantwortlich sind (Abb. 1). Insbesondere organische Verunreinigungen werden mit Periimplantitis und periimplantärem Knochenverlust in Verbindung gebracht [4]. So werden Fremdkörper mit einer Größe von 0,2 bis 7,2 μm als besonders proinflammatorisch eingestuft [5-7].

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Lösen diese sich während des Einsetzens des Implantats von der Oberfläche ab, nehmen Makrophagen die Partikel durch Phagozytose auf. Auf diese Weise aktivierte Makrophagen setzen proinflammatorische Zytokine wie TNF-α, IL-1b, IL-6 und PGE2 frei. Diese stimulieren nicht nur die Differenzierung von Osteoklastenvorläufern in reife Osteoklasten, sondern führen auch zur Expression von Matrixmetalloproteinase (MMP8) [8].

Das Ergebnis ist eine sich ausdehnende Zone von Weichgewebeschäden und Entzündungen sowie eine periimplantäre Knochenresorption. Eine besondere Rolle nehmen Rückstände von Reinigungschemikalien ein. So konnte gleich an mehreren Implantaten in einer erweiterten Analyse das aggressive Reinigungstensid Dodecylbenzolsulfonsäure (DBSA) nachgewiesen werden.

Die hierfür eingesetzte Flugzeitsekundärionenmassenspektrometrie (engl. Time-of-Flight Secondary Ion Mass Spectrometry, ToF-SIMS) ist ein Oberflächenanalyseverfahren zur chemischen Charakterisierung von Festkörperoberflächen. Tenside wie DBSA können Proteine denaturieren und die Permeabilität von Zellmembranen schon in niedrigen Konzentrationen ändern. Höhere Konzentrationen zerstören die lamelläre Struktur der Membran.

In REM-Aufnahmen von Keramik- und Titanimplantaten zeigen sich nicht nur vereinzelte Verunreinigungen, sondern auch größere Bereiche der Implantatoberfläche, die entweder in der Prozesskette der Produktion nicht ausreichend gereinigt wurden oder erst bei Verpackung der Implantate unbemerkt verunreinigt wurden. Kohlenstoffhaltige Verunreinigungen erscheinen dabei in hoher Vergrößerung im Materialkontrastbild des REM dunkel, während sich metallische Fremdpartikel hellgrau darstellen (Abb. 2 und 3). Da diese Partikel mit bloßem Auge oder mit einer Lupe kaum sichtbar sind, gehen Zahnärzte in den allermeisten Fällen einer Periimplantitis oder eines Implantatverlustes davon aus, dass das Problem beim Patienten liegt.

Abb. 2 (links) und 3 (rechts): Kohlenstoffhaltige Verunreinigung mit zusätzlichen metallischen Fremdkörpereinlagerungen auf einem Titanimplantat (links REM 500x, rechts REM 2.500x und Ergebnis der Elementanalyse). CleanImplant Foundation
Abb. 2 (links) und 3 (rechts): Kohlenstoffhaltige Verunreinigung mit zusätzlichen metallischen Fremdkörpereinlagerungen auf einem Titanimplantat (links REM 500x, rechts REM 2.500x und Ergebnis der Elementanalyse).
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Die Analysen steril verpackter Implantate legen nahe, dass stets auch das verwendete Medizinprodukt als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden sollte und eine Periimplantitis bereits bei Insertion auslösen kann. Dafür sprechen immer wieder klinische Fälle, bei denen das Implantatversagen bereits kurz nach Insertion auftritt. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass alle Implantate, bei denen in Qualitätsbewertungsstudien signifikante Verunreinigungen festgestellt wurden, das CE-Zeichen trugen oder die Zulassung der US-amerikanischen Food and Drug Administration hatten.

Fazit

Bei der Analyse zeigt sich, dass eine große Anzahl von Implantatherstellern das Versprechen, saubere Medizinprodukte zu liefern, nicht einhalten kann, obwohl die Implantate steril verpackt sind. Auch Systeme etablierter Hersteller wiesen technisch vermeidbare Verunreinigungen auf, die letztlich den Patienten schaden. Diese identifizierten Kontaminationen können nicht nur zu entzündlichen Reaktionen und Periimplantitits führen, sondern auch für den Verlust eines Implantates verantwortlich sein.

Dabei steht der materielle Verlust des Implantates, der meist von den Herstellern durch Ersatz eines Implantates kompensiert wird, in keinem Verhältnis zum chirurgischen Aufwand und dem Vertrauensverlust des Patienten. Ganz offensichtlich verdient auch nicht jedes im Markt zugelassene Implantatsystem das Vertrauen der Behandler [9]. Dies wiegt umso schwerer, als sich Patienten bei der Auswahl des geeigneten Implantatsystems allein auf den Zahnarzt verlassen müssen.

Mehr Gewissheit erhalten Behandler bei der Suche im Internet. So zeichnet die CleanImplant Foundation seit vielen Jahren in einem unabhängigen Peer-review Verfahren Implantatsysteme aus, deren Sauberkeit über mehrere Chargen hinweg in einem aufwendigen Analyseprozess in unabhängigen und akkreditierten Prüflaboratorien nachgewiesen wurde. Das Prüfverfahren zur Verleihung des so genannten „Trusted Quality“ Siegels müssen die ausgezeichneten Implantatsysteme alle zwei Jahre aufs Neue durchlaufen.

Nur so können Anwender sicher sein, auch in Zukunft ein weitgehend sauberes, partikelfreies Implantatsystem zu verwenden. Mehr Informationen auf der Internetseite der Stiftung.

So können Zahnärzte von der CleanImplant Initiative profitieren:

Fördermitgliedern bietet die gemeinnützige Initiative mehr Sicherheit in der Implantologie. So können Praxen beispielsweise bei unerwartet hohen Implantatverlusten entsprechende Muster einsenden, die dann kostenfrei analysiert werden. Darüber hinaus zertifiziert CleanImplant Implantologen sowie zahnmedizinische Zentren und erhöht auf diese Weise das Vertrauen von Zuweisern und Patienten.

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