Oberkieferrehabilitation bei einer Angstpatientin

Der folgende Fall einer Angstpatientin, die 2020 zu uns in die Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre an der Charité Berlin kam, beschreibt einen kontinuierlichen digitalen Arbeitsablauf mit Smile Creator, exoplan und DentalCad von exocad. Wir haben eine herausnehmbare, gaumenfreie zahn- und implantatgetragene Teleskopprothese im Oberkiefer geplant und umgesetzt (Doppelkronen).
Die Ausgangssituation zeigte sich wie folgt: Die Patientin hatte ein adultes Lückengebiss mit großer Lücke von 14 bis 24 und eine Freiendsituation im 2. Quadranten (Abb. 1 bis 3). Sie zeigte keine funktionellen Störungen im Kausystem.
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Abb. 2: Die klinische Ausgangssituation der Patientin.
© Dr. Unkovskiy -
Abb. 3: Die klinische Ausgangssituation der Patientin.
© Dr. Unkovskiy
Die konventionell gefertigte Interimsprothese, die die Mittfünfzigerin in der Aufnahme erhalten hatte, wies keine gute Ästhetik auf. Die Patientin hat einen zervikalen Lachtyp („Gummy Smile“). Ihr Wunsch war die Wiederherstellung der Funktion mit einem ästhetisch ansprechenden Zahnersatz.
Behandlungsoptionen
Zunächst schlugen wir der Patientin einen festsitzenden implantatgetragenen Zahnersatz auf 3 Implantaten im Frontzahnbereich und 2 Implantaten in regio 25, 26 vor. Diese Behandlungsoption lehnte die Angstpatientin ab, weil ein chirurgischer Eingriff mit der Insertion mehrerer Implantate für sie eine unüberwindbare psychische und nicht zuletzt finanzielle Belastung darstellte.
Die Regelversorgung, eine herausnehmbare Modellgussprothese, lehnte sie aus ästhetischen Gründen und wegen der Gaumenbedeckung ab. Als weitere Möglichkeit im Sinne einer Kompromisslösung kam eine gaumenfreie herausnehmbare Hybridkonstruktion in Betracht, die auf einem Implantat in der Front sowie auf den noch vorhandenen Zähnen 14, 15 und 24, 25 abgestützt werden sollte. Zu den Vorteilen dieser Versorgung gehören ein hoher Tragekomfort, eine einfache Pflege, adäquate Ästhetik und Langlebigkeit sowie die Tatsache, dass sich die Prothese relativ einfach erweitern lässt, wenn weitere Zähne extrahiert werden müssen.
Diese Aspekte waren schließlich für die Patientin die ausschlaggebenden Entscheidungskriterien. Die Teleskopprothese mit Doppelkronen („German Crowns“) ist eine zahntechnisch anspruchsvolle Technik, die aufgrund ihres Tragekomforts (als Kombi-Zahnersatz) eine solide Versorgungslösung darstellt.
Planung der optimalen Implantatposition
Als initiales Set-up dienten 2 Patientenfotos und je 1 Intraoralscan der Ausgangssituation mit und ohne Interimsprothese. Anhand dieser haben wir das neue Wax-up in der DentalCAD Software mithilfe des Smile Creators entworfen (Abb. 4 und 5). Für die Implantatplanung haben wir dieses Wax-up in exoplan importiert.
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Abb. 4: 2D-Patientenfoto für das Smile Design mit
Smile Creator.
© Dr. Unkovskiy -
Abb. 5: 3D-Zahnaufstellung in Smile Creator
© Dr. Unkovskiy
Bei der Definition der Implantatposition kam es ok darauf darauf an, dieses nicht zu sehr nach mesial zu kippen, sondern im Hinblick auf die Abstützung der Brücke sie in die Position eines natürlichen Zahns 21 zu bringen (Abb. 6). Zudem brauchen die Teleskopkronen vestibulär und okklusal viel Platz für alle Konstruktionselemente.
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Abb. 6: Implantatplanung: Das Wax-up aus Smile
Creator übertragen in exoplan zur Identifizierung der
optimalen Implantatposition aus prothetischer Sicht.
© Dr. Unkovskiy -
Abb. 7: Design der Bohrschablone in exoplan.
© Dr. Unkovskiy
Dies wurde bei der Planung der Implantatposition berücksichtigt. Anschließend konstruierten wir die Bohrschablone (Abb. 7), die wir inhouse mit einem 3D-Drucker (VOCO) druckten.
Chirurgischer Eingriff
Trotz Bohrschablone haben wir den Knochen in regio 21 mit einem kurzen, krestalen Schnitt freigelegt und den Mukoperiostlappen vestibulär und leicht palatinal präpariert. Ich klappe grundsätzlich auf, um den Knochen und die Tiefe der Implantatplattform kontrollieren zu können. Mithilfe der Bohrschablone konnten wir das Implantat in regio 11 zur optimalen Abstützung der Prothetik primärstabil verankern.
Danach haben wir das Implantat mit einem Gingivaformer für eine offene Einheilung verschlossen. So konnten wir mit Rücksicht auf die Angstpatientin die Freilegungsprozedur des Implantats umgehen. Um einen direkten Kontakt zum Gingivaformer zu vermeiden, haben wir die Interimsbrücke etwas ausgeschliffen und weich unterfüttert.
Definitive Prothetik
Für die definitive Prothese präparierten wir die Zähne 14, 15, 24, 25 als Pfeilerzähne für die zahn- und implantatgetragene Teleskopprothese sowie eine Auflage bei den Zähnen 16, 17. Aufgrund der komplexen prothetischen Arbeit nahmen wir noch eine analoge Abformung der Oberkiefersituation vor, die wir an das Dentallabor Rübeling+Klar (Berlin) versandten. Die zahntechnischen Herausforderungen lagen darin, die Teleskopprothese spannungsfrei auf Zähnen und Implantat zu befestigen (modifiziertes Weigl-Konzept) und das „Passive fit“ des tertiären Gerüsts mit eingeklebten Sekundärkronen auf den Primärkronen („German Crowns“) zu gewährleisten.
Das zahntechnische Konzept mit Doppelkronen ist anspruchsvoll: Wir haben die Primärteile in Form von Käppchen digital konstruiert und gefräst. Anschließend haben wir sie fest auf die beschliffenen Zähne zementiert und das Implantat-Abutment verschraubt. Die Sekundärkronen sind präzise an die Primärkronen angepasst.
Die Sekundärkronen (Abb. 8) und das tertiäre Prothesengerüst (Abb. 9) wurden intraoral verklebt, damit sich beide Teile für einen spannungsfreien Prothesenhalt ineinanderschieben lassen. Aufgrund der erhöhten Lachlinie haben wir mit der Patientin Länge und Proportion der Zähne diskutiert.
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Abb. 8: Fertige Sekundärteile in situ
© Dr. Unkovskiy -
Abb. 9: Eingeklebte Sekundärkronen in das bereits
verblendete Tertiärgerüst auf dem Arbeitsmodell.
© Dr. Unkovskiy
Für ein natürliches ästhetisches Gesamtbild erhielt die Brücke eine Zahnfleischmaske. Die Patientin war mit der erreichten Ästhetik und der Passgenauigkeit ihres Zahnersatzes sehr zufrieden (Abb. 10).
Fazit
Mithilfe des angewandten digitalen Workflows konnten wir ein exaktes „Backward Planning“ durchführen und das Implantat prothetisch korrekt positionieren. Die zahn- und implantatgetragene Teleskopprothese mit Doppelkronentechnik wurde teilweise digital konstruiert (Primärkronen, Tertiärgerüst).
Das Modul Smile Creator als zusätzliches Planungstool für die Prothetik hat sich bewährt. Die Kontinuität von exoplan zu DentalCAD und andersherum ist gegeben.