3D-Knochendefekt-Rekonstruktion mit patientenindividuellen Titangittern

Die festsitzende prothetische Rehabilitation von Patienten bei nicht ausreichendem Knochenvolumen oder unzureichender Knochenqualität ist eine große Herausforderung in der zahnärztlichen Implantologie und kann letztendlich auch zum Scheitern eines Therapieplanes führen.
In den letzten 20 Jahren hat sich die GBR-Technik zum Standardverfahren bei der Regeneration lokal begrenzter Knochendefekte im Kieferbereich entwickelt (Liebaug und Liebaug 2016). Die Wiederherstellung alveolärer Knochendefekte kann mit unterschiedlichen Verfahren erreicht werden, wie sie in der Literatur hinreichend beschrieben werden (Chiapasco 2009, De Hua-Li 2015, Garg 1999, Liebaug und Wu 2011, Liebaug und Wu 2012, Spin-Neto et al. 2015, Stavropoulos et al. 2014, Tang et al. 2015).
Ziele eines GBR-Verfahrens sind die erfolgreichen Knochenregenerationen im Defektbereich mit hoher Zuverlässigkeit und einer geringen Komplikationsrate (Liebaug und Wu 2010). Der Fokus von Forschern und Klinikern liegt in der letzten Dekade immer mehr im Erzielen eines Therapieerfolgs mit möglichst wenigen chirurgischen Eingriffen, einer niedrigen Patientenmorbidität und einer kurzen Heilungszeit. Alle Anstrengungen dienen letztendlich der prothetischen Rehabilitation des Patienten und sollen funktionelle und ästhetische Aspekte beachten. Mit anderen Worten sollte ein therapeutischer Ansatz, der eine geringe Zahl operativer Eingriffe, eine niedrige Patientenmorbidität und eine kurze Behandlungszeit verspricht, weder die Vorhersagbarkeit des Therapieerfolges vermindern, noch das Komplikationsrisiko erhöhen (Buser 2010).
In einem systematischen Review kamen Esposito et al. 2006 zu dem Schluss, dass es eine generell bessere Knochenneubildung dann gibt, wenn nicht nur eine Barriere, sondern auch eine Auffüllung des Knochendefektes mittels partikulärem Granulat erfolgt. Dabei hat sich die Beimischung von Eigenknochen seit jeher bewährt. Andere aktive Zusätze konnten nicht als signifikante Verbesserung der Knochenregeneration gefunden werden.
Jensen und Terheyden fanden in einer Auswertung von mehr als 2.000 Abstracts und 424 Volltexten heraus, dass mit einem hohen Evidenzgrad die Überlebensrate von Implantaten, die in augmentiertem Knochen platziert wurden, vergleichbar gute Ergebnisse zeigten, wie Implantate in ausreichendem ortständigen Knochen.
McAllister und Haghighat kamen 2007 zu der Auffassung, dass eine Reihe differenzierter Techniken eine effektive Knochenneubildung ermöglicht. Dies ist allerdings abhängig von der Größe und Konfiguration der Defektsituation.
In unserer chirurgisch orientierten täglichen Praxis haben wir seit mittlerweile über 20 Jahren verschiedene Augmentationstechniken in unser Therapiespektrum integriert.
Die biologischen Grundlagen der Knochenregeneration sind immer gleich (Liebaug und Wu 2014). Allerdings ergeben sich aufgrund der Defektmorphologie, des abgelaufenen Entzündungsgrades und möglicher Voroperationen, die eine Narbenbildung nach sich gezogen haben, Unterschiede für den weiteren Behandlungsverlauf. Heute weiß man aus Erfahrung, dass sogenannte regenerationsstarke Knochenlagerbedingungen ein regenerationsschwaches Augmentationsmaterial tolerieren, dagegen regenerationsschwache Lager ein entsprechend biologisch regenerationsstarkes Knochenersatzmaterial benötigen.
Biologische Grundprinzipien der Regeneration nicht vernachlässigen
Dreidimensionale Defekte stellen immer noch eine Herausforderung im implantat-chirurgischen Alltag dar. Konventionelle Blockaugmentationen bedingen eine erhöhte Komorbidität für den Patienten bei fraglicher Revaskularisierung des Blockes und möglichem Abschmelzen eines Teils des Volumens über den primären Heilungsverlauf oder auch in der Langzeitbeobachtung (Seiler et al 2016).
Unstrittig ist heute auch, dass für eine gute knöcherne Regeneration Raum, Zeit und Ruhe benötigt werden. Der Raum wird durch verschiedene Materialien, die eine Barrierefunktion erfüllen, abgeschirmt. Damit dieser abgeschirmte Raum jedoch nicht kollabiert, sondern seine Form, die während des operativen Eingriffes konstruiert wird, behalten kann, hat man sich in der Vergangenheit verschiedener Verfahren bedient. Nicht zuletzt möchte ich hier auch die durch Titangitter verstärkten, nicht resorbierbaren Membranen nennen. Außerdem gab es immer wieder Versuche, durch die während der Operation individuell zugeschnittenen und durch Biegen geformten Titangitter eine Lagestabilität bei großen Augmentationsvolumen zu erlangen. Gerade bei dem Thema der Langzeitstabilität gibt es bei den unterschiedlichen Anbietern auf dem Dentalmarkt große Unterschiede.
Mit der im Fallbeispiel vorgestellten ReOss-Technologie kann der Behandler nun eine Lösung in dieser Frage finden. Besonders hervorzuheben ist, dass auf die Verwendung von autologen Knochenblöcken mit entsprechender Zweitentnahmestelle und einer damit verbundenen zusätzlichen Morbidität des Patienten verzichtet werden kann. Allgemein gilt, dass Knochendefekte, die ein Augmentat mit hoher biologischer Kompetenz zur Regeneration benötigen und gleichzeitig eine Lagestabilität erfordern, mit dem neuen Yxoss CBR-Verfahren behandelt werden können. Die Customized Bone Regeneration (CBR®) stellt eine Erweiterung der bisherigen Operationstechniken dar, die 2009 von Esposito et al. und Polini et. al beschrieben und bewertet wurden.
Die korrekte Positionierung von Implantaten erfordert eine ausreichende Knochendimension des Processus alveolaris, sowohl in Bezug auf die Dicke als auch auf die Höhe. Die Insertion von Implantaten in nicht augmentierten Residualknochen führt aufgrund der Position und/ oder nicht korrekter Ausrichtung der Implantate oft zu ästhetisch unvorteilhaften und problematischen Versorgungen, insbesondere im ästhetischen Bereich (De Hua- Li 2015, Gehrke et al. 2008).
Was ist die Costumized Bone Regeration (CBR®-Technik)?
Der Behandler erhält die Möglichkeit, auch bei umfangreichen und komplexen Augmentationen, insbesondere mit vertikaler Komponente, ein zuverlässiges Behandlungskonzept zur Verfügung zu haben. Dazu bedient man sich des digitalen Workflows zur Vorbereitung des chirurgischen Eingriffes.
Das im CAD/CAM-Verfahren hergestellte und auf dem DVT-Datensatz des Patienten basierende Titangitter ist keine Membran oder Barriere im engeren Sinne, sondern lediglich als lagestabiler Korb oder Käfig zu sehen. Als Vorteil bei den durch CAD/CAM-Technik produzierten Titangittern ist zu nennen, dass die für die spätere optimale Implantatversorgung benötigte Knochenkonfiguration vorgeplant und tatsächlich erreicht werden kann. Damit sollen optimale Voraussetzungen für die Knochenregeneration geschaffen werden. In diesen korbähnlichen Titankäfig bringt der Behandler ein Gemisch von autologem partikulärem Knochenmaterial und partikulärem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss®-Granulat, Geistlich). Dabei ist das ideale Mischungsverhältnis 1:1, wobei unter realen Klinikbedingungen aber auch noch bei einem Verhältnis von 1:2 unter Beimengung von Patientenblut eine gute Regeneration des Alveolarknochens beobachtet wurde.
Die Kompensation des alveolären Volumendefizits wurde in allen bisherigen Fällen von uns mit autologem Knochen im Sinne des Goldstandards sowie Knochenersatzmaterial (Bio-Oss®) als Resorptionsschutz und aufgrund seiner osteokonduktiven Eigenschaften geplant und realisiert. Da das patientenindividuelle Gitter per se keine Barrierefunktion aufweist, ist es unerlässlich, eine Kollagenmembranabdeckung zwischen Titangitter und Mucoperiostlappen zu nutzen. Mittlerweile nutzen wir bei Defekten, die über zwei Zähne hinausgehen die Bilayer-Technik, d. h. zwei Lagen Kollagenmembran, um eine langanhaltende Barrierefunktion und damit Schutz des Augmentationsgutes vor eindringenden Bindegewebszellen aus der Weichgewebeabdeckung bis zum Abschluss knöcherner Durchbauung des Hohlraumes zu erreichen. Dieser Vorgang kann abhängig von der Defektgröße gerne 6 bis 9 Monate andauern.
Digitale Volumentomografie als Grundpfeiler des Therapiekonzeptes
Nach der Anamneseerhebung und klinischen Untersuchung (Abb. 1 und 2) ist eine digitale Volumentomografie (DVT) oder computertomografische Untersuchung/Aufnahme notwendig (Abb. 3 bis 5). Auch die Herstellung von Situationsmodellen ist hilfreich, jedoch keine Bedingung. Von der Firma ReOss wurde im Internet eine Online-Plattform zur Registrierung für zahnärztliche Behandler eingerichtet, um eine Bestellung und Planung eines ReOss-Titangitters in Auftrag zu geben. Je genauer dieser 3D-Röntgen-Datensatz erstellt wird, umso höher kann die Qualität im Sinne der Passgenauigkeit des später gelieferten Titangitters sein. Auf dem Dentalmarkt gibt es verschiedene Geräte, die sich unter anderem in der Größe der Fields of View (Volumengrößen) oder auch den Qualitätsstufen der Auflösung und nicht zuletzt der Strahlendosis, die zum Erreichen optimaler Volumenabbildungen benötigt werden, stark unterscheiden (Liebaug 2016).
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Abb. 1: Intraorale Situation von schräg-frontal nach Zahnentfernung 12 alio loco und noch vorhandenem Zahn 11, welcher nach ehemaliger Wurzelspitzenresektion und zusätzlichem parodontalen Knochenabbau vor der prothetischen Neuversorgung ebenfalls entfernt werden soll. Sichtbare Narben und Verfärbungen der marginalen Gingiva lassen auf eine Malnutrition schließen.
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Abb. 2: Ansicht von okklusal zeigt das bukkale Defizit in der Knochenkontur, welches selbst bei einer konventionellen Brückenversorgung eine ästhetische Beeinträchtigung wäre.
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Abb. 3: Desktop-Ansicht im Rahmen der präoperativen Beurteilung und Vermessung der DVT-Patientendaten im MPR-Modus mit jeweils koronaler, sagittaler und axialer Schicht sowie konstruierter 3D-Ansicht.
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Abb. 4: Axiale Schicht zur Vermessung des Defektbereiches zeigt regio 26 nur Knochenbreite von nur ca. 2,39 mm.
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Abb. 5: Sagittale Schicht (Detailaufnahme) zur weiteren Darstellung und Vermessung des Knochendefektes in Bezug auf die Nachbarstrukturen, insbesondere auch das bukkale Konturdefizit mit einer minimalen Breite des Processus alveolaris von nur 1,71 mm, was eine Implantation ohne augmentative OP-Techniken ausschließen würde.
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Abb. 6a bis e: Schematische Darstellung der verschiedenen Volumengrößen (Field of view) des Gerätebeispiels KaVo Orthopantomograph OP300 Maxio im Verhältnis zum durchschnittlichen knöchernen Schädel.
In unserer Praxis verwenden wir den KaVo Orthopantomograph OP300 Maxio (KaVo Dental GmbH, Biberach), welcher die nachfolgend beschriebenen Volumengrößen ermöglicht. Die Auswahl an verschiedenen Volumengrößen ist ein beachtlicher Vorteil und erhöht die Sicherheit für Behandler und Patienten.
Die 5 verschiedenen Volumengrößen unseres Gerätebeispiels sorgen für eine sichere 3D-Diagnostik und Therapieplanung in der gesamten maxillofazialen Region (Abb. 6a bis e). Sie bieten indikationsbezogene und vielseitige Einsatzmöglichkeiten für die tägliche Praxis und sollten vom Behandler sorgfältig ausgewählt werden.
Die so erhobenen Patientendaten werden im DICOM-Format an die Firma ReOss übermittelt. Der Behandler erhält dann per E-Mail einen Planungs- oder Konstruktionsvorschlag für ein Titangitter, den er bestätigen oder nach kollegialer Absprache verändern kann (Abb. 7). Neben einem sogenannten Vorschaubild des Gitters in der klinischen Situation kann der Auftrag gebende Behandler in einer 3D-Animation seinen Fall in allen Richtungen überprüfen, ob es seiner klinischen Zielsetzung entspricht. Nach Bestätigung und Freigabe durch den Behandler kann die Firma ReOss ein Titangitter mit erstaunlich hoher Passgenauigkeit für den individuellen Knochendefekt des betroffenen Patienten herstellen. Es ist auch möglich, eine solche Planung bei noch vorhandener Restbezahnung durchzuführen und in Absprache mit der Firma eine oder mehrere Zahnentfernungen virtuell zu planen, um ? wie in den meisten Fällen unserer Praxis ? direkt nach der Zahnentfernung eine Defektaugmentation durchzuführen.
Grundsätzliches chirurgisches Vorgehen
Im nachfolgen illustrierten Patientenfall soll das grundsätzliche klinische Vorgehen beschrieben und erklärt werden.
Es handelt sich um eine 56-jährige Patientin, welche wegen der vorhandenen klinischen Defektsituation in der Oberkieferfront bereits von zwei anderen Behandlern bezüglich ihres Implantatwunsches zur Realisierung einer festsitzenden Versorgung ohne Brückenkonstruktion abgewiesen worden war. Nach ausführlicher Anamnese, klinischer und 3D-röntgenologischer Befunderhebung war zunächst eine umfassende Beratung und Aufklärung erfolgt. Dabei wurde auch die Möglichkeit einer autologen Knochenblocktransplantation ins Feld geführt, was die Patientin wegen der zusätzlichen Entnahmeoperation ablehnte.
Generell wird in Lokalanästhesie, wie in unserem Fallbeispiel, ein Split-Flap präpariert. Erschwerend kam bei unserer Patientin hinzu, dass sie nach einer Zahnentfernung 12 und mehreren Voroperationen (zweimalige Wurzelspitzenresektion an 12 und einmal an 11, sowie späterer Zahnentfernung 12 durch Osteotomie alio loco) deutliche Vernarbungen aufwies. Marginal 11 imponierte zusätzlich eine Gingivaverfärbung, die im Zusammenhang mit einer Metallpartikelbelastung durch Spaltproblematik, d. h. mit dem Lösen und Ausschwemmen von Metallionen in das umgebende Weichgewebe, zu erklären ist (Abb. 1 und 2). Der parodontal und apikal kompromittierte Nachbarzahn 11 sollte deshalb möglichst in der gleichen Sitzung entfernt und der zu erwartende Defekt simultan augmentiert werden (Abb. 9 und 10). An dem von uns gewählten Fallbeispiel sollen die grundsätzlichen Schritte des neuen CBR-Verfahrens veranschaulicht werden. Wegen des zu erwartenden Volumenbedarfs muss das Periost scharf durchtrennt werden, um später eine spannungsfreie Deckung und einen dichten Nahtverschluss zu ermöglichen. Der Lappen sollte auch nach lingual bzw. palatinal mobilisiert werden, da der dreidimensionale Titankäfig den Kieferkamm umschließt. Danach folgen das Debridement von Narbengewebe und die Darstellung des knöchernen Defektes (Abb. 11). Das sterile Titangitter wird danach mit einer Pinzette in den Defekt eingelegt, um die Passgenauigkeit und Lagestabilität zu überprüfen (Abb. 12 und 13). Nun kann die Vorbohrung für die Mikro-Osteosyntheseschrauben zur Befestigung des Gitters durchgeführt werden. Oft ist eine einzige Befestigungsschraube ausreichend, was aber dem Sicherheitsbedürfnis der Behandler zu wenig erscheint. Dennoch bestätigt es unsere Erfahrungen (Abb. 14).
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Abb. 9: Piezochirurgische Lockerung und Vorbereitung der Entfernung von Zahn 11.
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Abb. 10: Minimalinvasive Entfernung 11.
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Abb. 11: Zustand nach Zahnentfernung 11 ohne Frakturzeichen am Processus alveolaris.
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Abb. 12: Mit steriler Pinzette Einprobe des patientenindividuellen „customized“ Titangitters auf dessen Passgenauigkeit.
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Abb. 13: Der präfabrizierte Titancontainer fügt sich lagestabil in die Defektsituation ein.
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Abb. 14: Vorbohrung für die Mikro-Osteosyntheseschrauben zur Befestigung des Gitters.
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Abb. 15: Befüllung des Gitters mit Gemisch aus autologem Knochen mit Bio-Oss Granulat® Korngröße 1 - 2 mm.
Gefüllt wird das individuell hergestellte Titangitter im nächsten Schritt mit partikulärem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss®) von 1 bis 2 mm Korngröße und autologem Knochen in einem idealen Verhältnis von 1:1 (Abb. 15). Der mit Augmentationsmaterial beladene „Container“ wird danach unverzüglich in den knöchernen Defektbereich platziert, wie unser Fallbeispiel veranschaulichen soll.
Obwohl die gelieferten Titangitter bisher extrem passgenau und lagestabil waren, wurden diese an dem bestehenden Restknochen mit jeweils ein oder zwei Osteosyntheseschrauben befestigt (Abb. 16). Dies kann je nach Knochenangebot schwierig sein, da das Gitter bestimmungsgemäß einen Hohlraum umschließt. Nach dem Prinzip der mechanischen Ruhe soll eine ruhestabile Knochenregeneration begünstigt werden (Seiler et al. 2016). Die Titanschrauben können generell entsprechend der vorgesehenen Position durch jede beliebige Öffnung des Titangitters eingebracht werden. Über das Gitter wurde eine Kollagenmembran (Bio-Gide®, Geistlich) platziert, um eine Barrierefunktion für das kompetitiv einsprossende Weichgewebe darzustellen (Abb. 17 und 18). Im Zuge des Wundverschlusses wird das Bindegewebe über dem Titangitter dicht und spannungsfrei mit tiefen Matratzennähten und Einzelknopfnähten vernäht (Abb. 19).
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Abb. 16: Durch nur eine Osteosyntheseschraube wird in diesem Patientenfall bereits die Lagestabilität garantiert. Aus dem Sicherheitsbedürfnis des Behandlers heraus wurde dennoch eine zweite Schraube gesetzt.
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Abb. 17: Eine Kollagenmembran Bio Gide Membran (30 x 40 mm, Geistlich Biomaterials, Baden-Baden) wird je nach Defektkonfiguration in Abhängigkeit von der Gittergröße ausgewählt. Diese wird dann in Größe und Konfiguration zugeschnitten, um das Titangitter zu bedecken, die Nachbarzähne aber nicht zu berühren.
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Abb. 18: Nach Ablegen der Kollagenmembran über dem Gitter und Adaptieren der Ränder unter den Mukoperiostlappen schmiegt sich die durchfeuchtete Membran an das Titangitter an.
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Abb. 19: Spannungsfreier primärer Wundverschluss durch modifizierte Vestibulumlappenplastik mittels Nahtmaterial 5.0.
Der spannungsfreie und dichte Nahtverschluss stellt die größte Herausforderung bei diesem Verfahren dar. Bei Auftreten von Dehiszenzen der Wundränder sollten diese bestmöglich deepithelisiert und mit neuer Naht adaptiert oder zumindest über einen längeren Zeitraum lokal antiphlogistisch mit Chlorhexidin-Gel gepflegt werden. Als mögliche Ursachen für Nahtdehiszenzen sehen wir eine Malnutrition und insuffiziente Gefäßversorgung im voroperierten und oft narbig veränderten Weichgewebe. Um zusätzliche Drucknekrosen zu vermeiden empfehlen wir über dem Augmentationsbezirk festsitzende Provisorien im Sinne von Adhäsivbrücken und lehnen mukosal gelagerte Interimsprothesen ab.
Eine postoperative Kontrollaufnahme kann wie im dargestellten Fall zur Kontrolle des Verfahrens, dem regelrechten Sitz des Gitters und auch schon der Vorplanung der späteren Implantatversorgung dienen (Abb. 20 bis 24).
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Abb. 20: Desktop-Übersicht zur Kontrolle der Costumized Bone Regeneration Technik im MPR-Modus. Modus mit jeweils koronaler, sagittaler und axialer Schicht sowie 3D-Ansicht.
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Abb. 21: In axialer Schicht zeigt sich die Volumenzunahme des Processus alveolaris durch eine bis zum deutlich sichtbaren Titangitter reichende randständige Augmentation. Breite des Processus alveolaris im augmentierten Bereich ergibt hier mit bis 8,5 mm eine zufriedenstellende Konfiguration des späteren Implantatbezirkes.
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Abb. 22: Auch in der sagittalen Schichtdarstellung ist die Volumenzunahme und Gitterbegrenzung eindrucksvoll. Die Lage der Osteosyntheseschraube zur Befestigung des Gitters kann überprüft werden. Deutlich ist das Umfassen der palatinalen und bukkalen Wandbereiche durch das als Käfig gestaltete Titangitter zu erkennen.
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Abb. 23: Semitransparente 3D-Darstellung mit CBR-Titangitter in regio 12 und 11 mit zwei deutlich metalldicht dargestellten Befestigungsschrauben ohne Touchierung der Nachbarzähne.
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Abb. 24: Panoramaaufnahme 6 Monate nach CBR-Technik lässt auf gute knöcherne Durchbauung schließen.
In dem hier besprochenen Fall erfolgte etwa 6 Monate nach der Augmentations-OP die röntgenologische Kontrolle mittels Panoramaaufnahme. In einer chirurgischen Sitzung wurde dann das CAD/CAM-Titangitter freigelegt, durch Aufbrechen der Sollbruchstellen entfernt und sofort zwei einteilige Vollkeramikimplantate (ceram. implant 4,5, Länge 12 mm, Fa. vitaclinical, Bad Säckingen) inseriert. Durch die vorangegangene CBR-Technik mit guter Knochenregeneration in regio 12 und 11 konnte ein gutes klinisches Ergebnis erzielt werden, welches sich auch röntgenologisch in den Abbildungen 25 und 26 wiederfindet. Das operative Prozedere ist jedoch nicht Gegenstand dieser Publikation und wird später separat erläutert.
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Abb. 25: Panoramateilaufnahme nach Einbringen von zwei einteiligen Vollkeramikimplantaten (ceram. implant 4,5 x 12 mm, vitaclinical, Deutschland). Sechs Monate nach beschriebener Augmentations-OP.
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Abb. 26: Auch in sagittaler Schnittebene zeigt sich die regelrechte Platzierung der Vollkeramik-Implantate im neugebildeten ortständigen Knochen.
Das Ziel dieses neuen Verfahren ist es, in allen Indikationsgebieten dem autologen Knochenblock gegenüber ebenwürdig zu sein und additiv dem Behandler durch Vorteile im Handling einen zusätzlichen Nutzen zu bieten (Braun 2016).
Größere Hartgewebedefekte bedingen entweder eine Knochenblocktransplantation oder die beschriebene CBR®-Technik (Yxoss CBR®, KEM und autologer Knochen im Gemisch sowie eine Kollagenmembran) mit einer Einheilungszeit von etwa sechs Monaten (Liebaug und Liebaug 2016). Bei sehr ausgeprägten Defekten kann unter Umständen auch eine längere Heilungszeit von neun bis zwölf Monaten notwendig sein, um eine vollständige Regeneration zu erzielen. So individuell jeder unserer Patienten ist, so individuell muss auch seine oft komplexe Behandlung sein.
Als wichtigste technische Voraussetzung ist ein leistungsfähiger Digitaler Volumentomograph zu sehen, der am Anfang des digitalen Workflows steht.
Fazit
Die hier vorgestellte OP-Technik ermöglicht eine patientenindividuelle Augmentatstabilisierung mittels CAD/ CAM basiertem Titangitter. Der präoperative digitale Workflow kann die Eingriffszeit deutlich verkürzen und ein vorhersagbares Ergebnis gewährleisten. Die Kombination mit autologem Knochen und Knochenersatzmaterial schafft selbst in einem komplexen, dreidimensionalkompromittierten Fall eine Stabilität des augmentierten Volumens und verspricht somit eine hohe Behandlungssicherheit für den Patienten. Eine Implantation im Sinne des Backward Planning an der implantatprothetisch idealen Position rückt dadurch in greifbare Nähe.