Knochenmanagement

Eine innovative Methode für die natürliche Knochenregeneration

Kieferkammaugmentation mittels allogener Knochenplatten

Abdecken der Operationsstelle mittels Kollagenmembran.
Abdecken der Operationsstelle mittels Kollagenmembran.

Eine festsitzende Prothetik stellt in Bezug auf Funktionalität und Ästhetik gegenwärtig die Referenz für einen optimalen Zahnersatz dar. Oftmals genügt das vorhandene Knochenangebot jedoch nicht, um eine ausreichende Stabilität des Implantates gewährleisten zu können, sodass eine Knochenaugmentation notwendig ist. Da diese durch die Einführung neuer Biomaterialien oftmals ohne eine Eigenknochenentnahme realisiert werden kann, wird hier ein Behandlungskonzept mit allogenen Kortikalisplatten als valide Alternative zur konventionellen Schalentechnik vorgestellt.

Ein bewährtes Verfahren bei nicht ausreichendem Knochenangebot ist die Schalentechnik, durch welche unter Verwendung einer intraoral entnommenen Knochenplatte selbst stark atrophierte Kieferkämme rehabilitiert werden können. Jedoch geht die Eigenknochenentnahme mit einer deutlichen Erhöhung der Patientenbelastung einher. Deshalb soll im folgenden Artikel ein alternatives Behandlungskonzept mit allogenen Kortikalisplatten als effiziente und patientenfreundliche Option zur konventionellen Methode nach Khoury vorgestellt werden.

Einleitung

Ein Zahnverlust geht oftmals nicht nur mit einem kompromittierten ästhetischen Erscheinungsbild, sondern auch mit einem negativen Einfluss auf die Lebensqualität des Patienten einher [1,2]. Während sowohl Einzelzahnlücken als auch Schaltlücken in der Vergangenheit oftmals mithilfe von herausnehmbaren Brücken versorgt wurden, hat die Zahnheilkunde in den letzten Jahren einen Paradigmenwechsel zu einer Versorgung mittels festsitzender Prothetik erlebt [3-5]. Eine grundlegende Voraussetzung, um auch bei hoher mechanischer Belastung einen suffizienten Halt des Implantates zu gewährleisten, ist dessen feste Verankerung im Kieferknochen. Zahnlosigkeit, Traumata oder Infektionen können jedoch eine signifikante Abnahme des Knochenniveaus bewirken, sodass die Möglichkeit der Implantatfixierung nicht mehr gegeben ist [6]. In der Literatur wird eine Abnahme des horizontalen Knochenniveaus um etwa 50% bei einer 12 Monate bestehenden Zahnlosigkeit angegeben [7].

Trotz einer Vielzahl von Innovationen, welche zu einer verbesserten Stabilität des Implantates beitragen, ist eine Knochenaugmentation häufig unerlässlich [8,9]. Während die hierfür verwendeten Materialien in der Vergangenheit, in Abhängigkeit von der Defektgröße, vorwiegend auf xenogene und synthetische Granulate oder autologe Knochentransplantate beschränkt waren, eröffnet die Vielzahl der heute verfügbaren Biomaterialien dem Behandler ein deutlich erweitertes Behandlungsspektrum. Allogene Knochenmaterialien haben sich als effiziente Alternative zu autologen Knochentransplantaten bewährt, da diese in Bezug auf Qualität des augmentierten Knochens, Knochenzunahme und Implantaterfolgsrate vergleichbare klinische Werte erzielen [10-13]. Vor allem große ossäre Defekte ließen sich vor der Einführung der Allografts oftmals nur mit autologen Knochentransplantaten behandeln. Da jedoch minimalinvasive Verfahren mit einer geringeren Patientenbelastung immer häufiger gewünscht werden, nimmt auch die Akzeptanz gegenüber einer Behandlung mit allogenen Knochenmaterialien stetig zu [14].

Ein Großteil der Publikationen zu allogenen Knochen bezieht sich auf nasschemisch prozessierte Knochenblöcke, wobei patientenindividuell gefertigte Knochenblöcke aus der Hüftkopfspongiosa von Lebendspendern wie der maxgraft® bonebuilder (botiss biomaterials GmbH) eine innovative Weiterentwicklung der Blockaugmentation repräsentieren [15-19]. Die Durchführung der Schalentechnik unter Verwendung allogener Kortikalisplatten, wie zum Beispiel maxgraft® cortico (botiss biomaterials GmbH), wird in der Literatur hingegen lediglich in zwei Studien beschrieben [20,21]. Während die konventionelle Schalentechnik die intraorale Entnahme eines Knochenblocks erfordert, wird dies bei der Verwendung allogener Kortikalisplatten vermieden [22,23]. Hierdurch entfällt das Risiko einer Spenderstellenmorbidität, weiterhin werden die Invasivität und die Dauer des operativen Eingriffes deutlich herabgesetzt, wodurch das Infektions- und Komplikationsrisiko sowie postoperative Schmerzen grundlegend vermindert werden [24]. Der hier vorgestellte Artikel soll anhand von zwei Fallpräsentationen zeigen, dass durch die Verwendung allogener Kortikalisplatten mit der konventionellen Schalentechnik vergleichbare klinische Ergebnisse erzielt werden können.

Fallbericht 1: Horizontale Augmentation der posterioren Mandibula

  • Abb. 1: Initiale Situation (a), Darstellung des Kieferkammdefektes (b), Befestigung der allogenen Kortikalisplatte (c), Auffüllen des erzeugten Spaltraumes mit humaner Spongiosa (d), Abdecken der Augmentationsstelle mit einer Kollagenmembran (e), speicheldichter und spannungsfreier Wundverschluss (f).

  • Abb. 1: Initiale Situation (a), Darstellung des Kieferkammdefektes (b), Befestigung der allogenen Kortikalisplatte (c), Auffüllen des erzeugten Spaltraumes mit humaner Spongiosa (d), Abdecken der Augmentationsstelle mit einer Kollagenmembran (e), speicheldichter und spannungsfreier Wundverschluss (f).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Die 68-jährige Patientin, Raucherin mit sehr gutem allgemeinen Gesundheitsstatus, stellte sich im Mai 2015 mit dem Wunsch nach einer festsitzenden Prothetik in meiner Praxis vor. Die mehrjährige Versorgung einer Schaltlücke von regio 44 bis 47 mittels einer zahngetragenen Brücke, welche aufgrund eines Stabilitätsverlustes entnommen werden musste, resultierte in einer starken Atrophie des Kieferkammes (Cawood and Howell Class III), sodass keine Implantation möglich war [25]. Nach umfassender Aufklärung über die Optionen entschied sich die Patientin für eine zweizeitige Behandlung mit einer allogenen Kortikalisplatte (Human-Corticalis, gefriergetrocknet, CHB, botiss biomaterials GmbH), um hiermit ein ausreichendes Knochenniveau, welches die Fixierung von zwei Titanimplantaten (Conelog ®, Camlog) erlaubt, wiederherzustellen. Des Weiteren wünschte die Patientin eine Implantation in regio 36, um auch hier die prothetische Restoration in regio 36 zu ermöglichen, da die Zähne 37 und 38 aufgrund tiefgreifender Beschädigungen und einer starken mesialen Dislokation im September 2015 entfernt werden mussten. Der Oberkiefer der Patienten wurde bereits vor der Behandlung alio loco mit einer Implantat getragenen zirkulären Brücke versorgt. Die Behandlung wurde Ende September unter lokaler Anästhesie (Ultracain® DS forte, Sanofi) durchgeführt. Vier Wochen vor dem Eingriff stellte die Patientin das Rauchen ein und nahm weiterhin zwei Tage vor der Operation dreimal täglich 300 mg Clindamycin für einen Zeitraum von zehn Tagen ein. Der Knochenverlust zeichnete sich bereits durch die Mukosa ab (Abb. 1a). Die Präparation des Mukoperiostlappens erfolgte mittels krestaler Schnittführung zusammen mit je einem mesial und einem distal gelegenem Entlastungsschnitt (Abb. 1b). Nach der Freilegung zeigte sich ein starker horizontaler Knochenverlust im Bereich der bukkalen Knochenwand von regio 43 bis 47. Bevor die auf den Defekt zugeschnittene allogene Knochenplatte mit drei Osteosyntheseschrauben lateral am Kieferkamm befestigt wurde, erfolgte eine Perforation des ortsständigen Knochens, um die optimale Versorgung des Augmentats zu gewährleisten (Abb. 1c). Der erzeugte Spaltraum zwischen der Knochenplatte und der bukkalen Knochenwand wurde mit humanem Knochengranulat (Human-Spongiosa, gefriergetrocknet, CHB, botiss biomaterials GmbH), welches mit Eigenblut der Patientin hydriert wurde, aufgefüllt (Abb. 1d). Um eine Weichgewebsinfiltration in das Augmentat zu vermeiden und das Risiko einer Dehiszenz durch Reibung der Naht auf der Kortikalisplatte zu vermindern, wurden deren Kanten mit einer Diamantkugel geglättet und die Operationsstelle mit einer Membran aus porciner Dermis (collprotect® membrane, botiss biomaterials GmbH) abgedeckt (Abb. 1e). Anschließend wurde der Mukoperiostlappen mit einer fortlaufenden Naht sowie zwei Matratzennähten (SABASilk®, Sabana) speicheldicht verschlossen, um eine Kontamination und daraus resultierende Infektion zu verhindern (Abb. 1f). Gleichzeitig ist es wichtig, dass der Wundverschluss spannungsfrei erfolgt und kein Druck auf das Knochenaugmentat ausübt, da dies das Risiko einer Knochenresorption erhöhen würde [26]. Anschließend wurde die Brücke der Patientin wieder eingesetzt.

  • Abb. 2: Knochenregeneration und ossäre Integration der allogenen Knochenplatte beim Re-entry (a), Pilotbohrungen in den augmentierten Knochen (b), Insertion der Implantate (c), Konturierung der Augmentationsstelle (d), Abdecken der Operationsstelle mit einer resorbierbaren Barrieremembran (e), spannungsfreier und speicheldichter Wundverschluss (f).

  • Abb. 2: Knochenregeneration und ossäre Integration der allogenen Knochenplatte beim Re-entry (a), Pilotbohrungen in den augmentierten Knochen (b), Insertion der Implantate (c), Konturierung der Augmentationsstelle (d), Abdecken der Operationsstelle mit einer resorbierbaren Barrieremembran (e), spannungsfreier und speicheldichter Wundverschluss (f).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Nach fünfmonatiger komplikationsloser Einheilung wurde die Implantation im augmentierten Unterkiefer durchgeführt. Bei der Freilegung, welche durch Wiedereröffnung der initialen Schnittlinien erfolgte, zeigte sich ein deutlicher Knochengewinn und damit eine optimale Rehabilitation des Kieferkammes (Abb. 2a). Nach Entfernen der Osteosyntheseschrauben wurden die Pilotbohrungen in regio 44 und 46 platziert (Abb. 2b). Hierbei zeigte sich vitaler und blutender Knochen im Bereich hinter der Knochenplatte, während diese selbst fest mit dem neugebildeten Knochen verwachsen war. Die Insertion der Implantate konnte wie geplant durchgeführt und diese fest im augmentierten Knochen verankert werden (Abb. 2c). Wichtig ist es hierbei einen Abstand von mindestens 1 mm zwischen der allogenen Knochenplatte und dem Implantat einzuhalten, damit dieses vollständig ossär integriert werden kann. Dann erfolgte eine Konturierung des Augmentationsareals, welche mit einem durch Eigenblut hydriertem xenogenen Knochenersatzmaterial (cerabone®, botiss biomaterials GmbH) durchgeführt und mit einer Kollagenmembran abgedeckt wurde (Abb. 2d und e). Anschließend wurde wieder ein spannungsfreier und speicheldichter Wundverschluss mit Einzelknopfnähten durchgeführt (Abb. 2f).

  • Abb. 3: Weichgewebsheilung drei Monate nach Implantation (a), Platzierung von Gingivaformern (b), finale prothetische Versorgung des augmentierten Unterkiefers (c).

  • Abb. 3: Weichgewebsheilung drei Monate nach Implantation (a), Platzierung von Gingivaformern (b), finale prothetische Versorgung des augmentierten Unterkiefers (c).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Drei Monate nach der Implantation war eine optimale Heilung des Gewebes über der Augmentationsstelle zu beobachten (Abb. 3a). Um ein ästhetisches Emergenzprofil zwischen dem Weichgewebe und der Prothetik zu gewährleisten, wurden Gingivaformer platziert (Abb. 3b). Die finale Versorgung der Patientin erfolgte nach weiteren 11 Monaten über eine festsitzende Brückenkonstruktion, welche einen natürlichen Übergang zwischen der Prothetik und dem umliegenden Weichgewebe aufweist (Abb. 3c). Der Zahn 47 wurde ebenso wie das Implantat in regio 36 mit einer Einzelkrone versorgt. Hierdurch konnte das ästhetische Erscheinungsbild des Unterkiefers wiederhergestellt und dem Wunsch der Patientin nach einer festsitzenden Prothetik entsprochen werden. Das Behandlungskonzept konnte wie geplant durchgeführt werden und während der gesamten Behandlungsdauer traten keine Komplikationen oder Beschwerden auf.

  • Abb. 4: OPG bei initialer Vorstellung der Patientin (a), DVT des Kieferkammes direkt nach der Augmentation (b und c), DVT-Kontrollaufnahme nach der Implantation (d und e).

  • Abb. 4: OPG bei initialer Vorstellung der Patientin (a), DVT des Kieferkammes direkt nach der Augmentation (b und c), DVT-Kontrollaufnahme nach der Implantation (d und e).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Tomographische Aufnahmen wurden zu verschiedenen Zeitpunkten erstellt, um die Position der allogenen Knochenplatte und der Implantate zu überprüfen und die Volumenzunahme und Stabilität des augmentierten Areals beurteilen zu können. Im Sagittalschnitt lässt sich die Kortikalisplatte mit einem Abstand von etwa 3 mm zum ortsständigen Knochen erkennen (Abb. 4b und c). Eine weitere Aufnahme nach der Implantation zeigt die ideale Positionierung der Implantate im regenerierten Knochen (Abb. 4d und e).

Fallbericht 2: Rehabilitation der frontalen Maxilla

Die 63-Jährige Patientin stellte sich im Dezember 2016 mit dem Wunsch nach einer Implantat getragenen Restoration der maxillären Incisivi vor. Eine Schaltlücke von regio 11 bis 21 wurde mehrere Jahre mittels einer von den Nachbarzähnen getragenen Brücke versorgt, welche nach einem Verlust des Brückenpfeilers in regio 12 alio loco entfernt und durch ein herausnehmbares Provisorium ersetzt werden musste. Im weiteren Verlauf der Behandlung war auch die Erhaltungswürdigkeit des Zahnes 22 nicht mehr zu verantworten, so dass dieser im Januar 2017 in meiner Praxis unter Anwendung einer „socket preservation“ extrahiert wurde. Durch die vorhergegangenen Eingriffe zeigte sich ein markanter Knochen- und Weichgewebeeinfall von regio 12 bis 22, sodass eine Kieferkammaugmentation, welche mit allogenen Kortikalisplatten durchgeführt wurde, für die Fixierung der geplanten Implantate in regio 11, 12, 21 und 22 unumgänglich war.

  • Abb. 5: Initiale Situation (a), Darstellung des Knochendefektes (b), Befestigung der allogenen Knochenplatten an der bukkalen Knochenwand (c), Befestigung zwei weiterer Knochenplatten (d), Abdecken der Operationsstelle mittels Kollagenmembran (e), speicheldichter Wundverschluss (f).

  • Abb. 5: Initiale Situation (a), Darstellung des Knochendefektes (b), Befestigung der allogenen Knochenplatten an der bukkalen Knochenwand (c), Befestigung zwei weiterer Knochenplatten (d), Abdecken der Operationsstelle mittels Kollagenmembran (e), speicheldichter Wundverschluss (f).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Die Behandlung erfolgte einen Monat später unter lokaler Anästhesie und bestehender Antibiose (Amoxicillin, 1.000 mg, dreimal täglich), welche zwei Tage vor der Operation begonnen und für insgesamt zehn Tage durchgeführt wurde. Neben dem Knochenverlust ließ sich eine starke Vernarbung des vestibulären Weichgewebes feststellen, welche durch mehrere Wurzelspitzenresektionen in der entsprechenden Region verursacht wurde (Abb. 5a). Die Präparation des Mukoperiostlappens und Freilegung des Defektes erfolgte mithilfe eines krestal platzierten Einschnittes und zwei Entlastungsschnitten entlang der maxillären Canini (Abb. 5b). Hierdurch zeigte sich der komplexe, dreidimensionale Knochenverlust. Zur Wiederherstellung des horizontalen Knochenniveaus wurden zwei Kortikalisplatten mittels Osteosyntheseschrauben auf der bukkalen Knochenwand fixiert und der Spaltraum mit allogenen Spongiosapartikeln gefüllt (Abb. 5c). Um auch das vertikale Knochenniveau der Maxilla wiederherzustellen und das Risiko einer Resorption zu minimieren, wurden zwei weitere Kortikalisplatten krestal auf dem Kieferkamm platziert und somit ein immobiler Container generiert, in welchem Knochen gebildet werden kann (Abb. 5d). Die Operationsstelle wurde anschließend mit einer resorbierbaren Kollagenmembran abgedeckt und spannungsfrei sowie speicheldicht verschlossen (Abb. 5e und f).

  • Abb. 6: Situation bei Re-entry (a), Freilegung der Augmentationsstelle (b), Planung der Implantatposition (c), Pilotbohrungen (d), Insertion der Implantate (e), Abdecken der Operationsstelle mittels Barrieremembran (f), speicheldichter Wundverschluss (g).

  • Abb. 6: Situation bei Re-entry (a), Freilegung der Augmentationsstelle (b), Planung der Implantatposition (c), Pilotbohrungen (d), Insertion der Implantate (e), Abdecken der Operationsstelle mittels Barrieremembran (f), speicheldichter Wundverschluss (g).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Die Heilung verlief komplikationslos, sodass die Behandlung sechs Monate später fortgesetzt werden konnte. Bei der erneuten Vorstellung der Patientin wies das Weichgewebe trotz der präexistenten Vernarbung einen guten Zustand auf (Abb. 6a). Nach der Freilegung entlang der für die Augmentation platzierten Schnittlinien konnte eine optimale Rehabilitation des maxillären Knochens beobachtet werden (Abb. 6b). Auch hier waren die allogenen Kortikalisplatten solide osseointegriert und der Spaltraum von neugebildetem Knochen durchwachsen. Um eine ideale Implantatposition gewährleisten zu können, wurde eine Bohrschablone verwendet (Abb. 6c). Hier zeigte sich bereits, dass das generierte Knochenvolumen die Insertion der geplanten Implantate ermöglicht. Anschließend wurden die Pilotbohrungen und die Einbringung der Implantate durchgeführt (Abb. 6d und e). Die Operationsstelle wurde mit einer Kollagenmembran abgedeckt und speicheldicht verschlossen (Abb. 6f und g). Die finale prothetische Versorgung der Patientin steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch aus.

  • Abb. 7: DVT-Aufnahme der initialen Defektsituation (a bis d), Kontrollaufnahme nach der Knochenaugmentation (e bis h), DVT-Kontrolle 12 Monate nach der Augmentation (i bis l).

  • Abb. 7: DVT-Aufnahme der initialen Defektsituation (a bis d), Kontrollaufnahme nach der Knochenaugmentation (e bis h), DVT-Kontrolle 12 Monate nach der Augmentation (i bis l).
    © Eleni Kapogianni, M.Sc.
Die tomographische Aufnahme vor der Augmentation zeigt den deutlichen Knochenverlust in der Maxilla (Abb. 7a bis d). Die kortikalen Knochenplatten und die zur Fixierung verwendeten Osteosyntheseschrauben lassen sich sehr gut im DVT erkennen (Abb. 7e bis h). Die Sagittalschnitte zeigen die deutliche Verbreiterung des Kieferkammes, welche zervikal etwa 5 mm beträgt (Abb. 7f bis h). Ein Jahr nach der Kieferkammaugmentation bzw. sechs Monate nach der Implantation verbleiben die Implantate fest im augmentierten Knochen integriert (Abb. 7i bis l). Ein Volumenverlust in der augmentierten Region ist nicht zu beobachten und auch die Konturen der fest in den Knochen integrierten Knochenplatten lassen sich noch ein Jahr nach der Augmentation im Sagittalschnitt erkennen (Abb. 7j und l).

Diskussion

Aufgrund des optimalen Resorptionsschutzes, der Möglichkeit selbst große horizontale sowie vertikale ossäre Defekte versorgen zu können und nicht zuletzt wegen der exzellenten klinischen Ergebnisse, hat sich die Schalentechnik nach Khoury im Repertoire vieler chirurgisch tätiger Zahnärzte etabliert [22,27,28]. Neben den genannten Vorteilen bestehen bei der Anwendung dieser Technik jedoch auch einige Nachteile: Zum einen ist das Eröffnen der Entnahmestelle mit dem Risiko einer Spenderstellenmorbidität und erhöhten Schmerzen assoziiert, weiterhin wird für die Entnahme und manuelle Anpassung der Kortikalisplatte zusätzliche Operationszeit benötigt, wobei beide Faktoren großen Einfluss auf die Gesamtbelastung des Patienten nehmen [24,29,30]. Erste Studien haben gezeigt, dass sich mit Kortikalisplatten aus humanem Spenderknochen klinische Ergebnisse bei der Kieferkammaugmentation erzielen lassen, welche vergleichbar zu den mit autologem Knochen geschaffenen Resultaten sind [20,21]. Die hier vorgestellten Patientenfälle bestätigen die bereits publizierten Berichte.

Aufgrund der großen ossären Defekte war bei beiden Patientinnen eine sofortige Implantation unmöglich und somit eine Knochenaugmentation unabdingbar. Die Verwendung allogener Kortikalisplatten mit allogenem Spongiosagranulat hat sich in beiden Fällen als zuverlässiges Behandlungskonzept erwiesen. Während die kortikale Knochenplatte, welche als resorptionsstabiler Container fungiert, avital verblieb und in den neugebildeten Knochen integriert wurde, wurde das verwendete spongiöse Knochengranulat sukzessiv in patienteneigenen, vitalen Knochen umgebaut [19,31,32]. Die hohe Remodellingkapazität des prozessierten humanen Knochens resultiert aus dessen idealer Biokompatibilität und Osteokonduktivität, welche durch die Porosität und Oberflächenstruktur gewährleistet wird [33-37]. Die Behandlung beider Patientinnen konnte aufgrund des exzellenten Knochengewinns planmäßig und ohne Komplikationen durchgeführt werden. Die digitalen Volumentomographien stellen weiterhin den erheblichen Knochengewinn, welcher mittels der allogenen Schalentechnik erzielt werden konnte, dar (Abb. 4 und 7). Auch ein Jahr nach der Augmentation lässt sich kein Volumenverlust erkennen und die Implantate verbleiben fest im augmentierten Knochen integriert (Abb. 7 i bis l).

Zusammenfassung

Zusammengefasst zeigen die hier vorgestellten Fälle, dass die Schalentechnik mit allogenen Kortikalisplatten analog zu dem durch Khoury etablierten Verfahren funktioniert und hiermit vergleichbare klinische Ergebnisse bei deutlich geringerer Patientenbelastung geschaffen werden können. Die Einführung von kommerziell erwerblichen allogenen Kortikalisplatten wie etwa maxgraft® cortico (botiss biomaterials GmbH, Vertrieb in Deutschland über Straumann GmbH) eröffnet dem Behandler somit eine neue, wesentlich atraumatischere und patientenfreundlichere Methode für die effektive Behandlung komplexer ossärer Defekte. Vor allem Patienten, welche über eine schlechte Eigenknochenqualität verfügen oder sich eine weniger schmerzhafte Behandlung wünschen, können maßgeblich hiervon profitieren.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Eleni Kapogianni


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