Knochenmanagement

Knochenaugmentation, Knochenersatzmaterial, Knochenregeneration, Regenerationsmaterialien, Kieferdefekte, ß-TCP

Kieferknochenaugmentation mit einem neuen Knochenregenerationsmaterial


Die Anzahl der inserierten Implantate hatte in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Mit dieser Tendenz wuchs gleichzeitig der Bedarf an einer Verbesserung des Knochenangebotes am Kieferkamm, so dass auch die Anzahl von Kieferknochenaugmentationen deutlich angestiegen ist. Eine erfolgreiche und dauerhafte implantatprothetische Versorgung hängt wesentlich von der biologischen Qualität, ausreichendem Volumen und Durchblutung des knöchernen Implantatlagers ab.

Entsprechend dem Anstieg der Implantatinsertionen nahm auch die Indikation für Augmentationsmaßnahmen zu, denn die betroffenen Patienten wollen nicht wegen fehlenden Knochendimensionen auf einen komfortablen implantatgestützten Zahnersatz verzichten.

Auch wenn der autogene Knochen biologisch die günstigsten Voraussetzungen als Augmentationsmaterial aufweist, ist mit dessen Anwendung stets ein Zweiteingriff verbunden, der für den Patienten Nachteile bringt.

  • Abb. 1: Stabile, laterale Applikation des Knochenaufbaumaterials Ceros TCP putty.

  • Abb. 1: Stabile, laterale Applikation des Knochenaufbaumaterials Ceros TCP putty.
Mit Fremdmaterialien und insbesondere mit synthetischen Zubereitungen können außerordentlich günstige Ergebnisse erreicht werden. Diese können mit der richtigen Auswahl des körperfremden Augmentationssubstrates optimiert werden. Heute stehen eine ganze Reihe von Knochenersatz- und Knochenregenerationssubstraten zur Verfügung, so dass bereits in der Auswahl des Augmentationsmaterials die wichtigste Entscheidung für die Schaffung eines biologisch adäquaten Implantatlagers getroffen wird [7]. Die Vielzahl der zur Verfügung stehenden unterschiedlichen Augmentationsmaterialien ist unübersichtlich, so dass der behandelnde Zahnarzt, Oralchirurg oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurg die richtige Auswahl nach der Art des Substrates treffen muss.

Man unterscheidet aus immunologischer Sicht heute drei Stoffgruppen von Augmentationsmaterialien [9]:

  1. Autogene (autologe) Substrate
  2. Allogene (homologe), xenogene (heterologe) und andere biologische Substrate, z. B. BioOss® (Geistlich Pharma, Wolhusen, Schweiz), Tutogen® (Tutogen Medical GmbH, Neunkirchen am Brand), Algipore® (Dentsply Friadent, Mannheim) u. a.
  3. Synthetische (alloplastische) Materialien, z. B. Cerasorb M®, Ceracell® (curasan Pharma, Kleinostheim), Straumann® BoneCeramic (Straumann AG, Basel, Schweiz), Ceros® TCP Granulat und Ceros® TCP putty (Thommen Medical, Waldenburg, Schweiz) u. a.

Alle diese Stoffe haben spezifische Vor- und Nachteile, die bei der Anwendung berücksichtigt werden sollten. Die indikationsabhängige Auswahl der Knochenaufbausubstrate stellt eine Maßnahme dar, die für den Langzeiterfolg einen hohen Stellenwert hat. Dabei spielt die Handhabung und die stabile Lagerung des Knochenregenerationsmaterials eine für das Ergebnis der Augmentationsmaßnahme entscheidende Rolle.

Autogene Knochentransplantation

Der frei transplantierte patienteneigene Knochen stellt immer noch das günstigste Augmentationsmaterial dar, weil das Transplantat lebendes Gewebe und biologisch keine Kontaminationsrisiken enthält. Aufgrund seiner Struktur und als vitaler körpereigener Knochen hat das autogene Knochentransplantat osseokonduktive und -induktive Eigenschaften [1, 9]. Die Beimischung vom autogenen Knochen zum Knochenersatzgranulat protegiert dessen Einheilung [9].

Ein besonderes Problem des autogenen Transplantates stellen die zusätzlichen chirurgischen Maßnahmen an der Entnahmestelle sowie das begrenzte Volumen an verfügbarem Transferknochen – zumindest bei intraoralen Gewinnung – dar [6]. Neben der Traumatisierung des Patienten kann es durch Infektion der Wund zu zusätzlichen Schwierigkeiten und Problemen und ggf. zu Funktionseinbußen kommen.

Der Knochen kann intra- oder extraoral entnommen werden, wobei die extraoralen Spenderregionen (Beckenschaufel oder Tibiakopf) heute wegen der drohenden Komplikationen ausschließlich in Fachkliniken oder speziell ausgestatteten Behandlungszentren und bei größeren Knochendefiziten durchgeführt werden [6]. Intraoral eignen sich als Entnahmestellen folgende Regionen: Kinn, retromolarer Bezirk im Unterkiefer, horizontaler Unterkieferast, Tuber maxillae, Spina nasalis anterior und die Crista zygomaticoalveolaris [8].

Die Bearbeitung des Knochens mit Lindemannfräse, Säge oder Piezo-Instrument kann zu Hitzenekrosen führen, welche zu Komplikationen an der Empfängerstelle führen können. Aus diesem Grund sollte eine Knochenüberhitzung dringend vermieden werden [8]. Das freie Knochentransplantat muss stabil gelagert und fixiert werden, andernfalls ist die Einheilung des Transplantates gefährdet.

Allogene und xenogene Substrate

Klinisch am besten dokumentiert sind xenogene Knochenersatzmaterialien, die seit vielen Jahren im großen Umfang eingesetzt werden. Da diese Stoffe biologischen Ursprungs sind, können Immunreaktionen oder eine Übertragung von Krankheitserregern nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden [10], auch wenn diese Gefahr als äußerst gering einzuschätzen ist [11].

Wegen ihres Ursprungs vom Knochengewebe und aufgrund ihrer interkonnektierenden Porosität sind diese Materialien osseokonduktiv. Die klinische und ergebnisorientierte Zuverlässigkeit dieser Stoffe ist sehr hoch, so dass sie eine nahezu gleichwertige Alternative zum autogenen Knochen darstellen. Neben der Herkunft dieser Stoffe ist deren relativ stark variierender und hoher Anteil an nichtresorbierbarem Hydroxylapatit hervorzuheben. Diese Eigenschaften können ggf. eine ungünstige Knochenqualität bedingen, fördern aber die Volumenstabilität des Augmentates.

Synthetische Knochenaufbaumaterialien

Mit der Entwicklung der interkonnektierend und feinporösen phasenreinen ?- und ß-Tricalciumphosphat- Keramiken wurde eine vollständige Regeneration des eingebrachten Materials möglich. Während xenogene Substrate wegen des hohen Anteils an Hydroxylapatit über mehrere Jahre im Knochen nachweisbar sind, werden die Tricalciumphosphat-Keramiken in einem Zeitraum von 1 bis 4 Jahren vollständig in vitalen und funktionell ausgerichteten ortständigen Knochen umgebaut.Verständlicherweise ist die sogenannte restitutio ad integrum, d. h. nicht Knochenersatz sondern Knochenregeneration, das Ziel der Defektbehandlung am Kiefer [2]. 

Dieses Ergebnis gelingt heute gleichermaßen mit dem autogenen Knochentransplantat als auch mit den synthetischen phasenreinen Calciumphosphat-Keramiken. Wegen der günstigen, sicher vorhersagbaren und wenig komplikationsträchtigen Therapieergebnisse mit den alloplastischen Materialien werden diese und nicht mehr der patienteneigene Knochen bei bestimmten Indikationen als der heutige „golden standard“ diskutiert [4, 7].

  • Abb. 2: Unterschiedliche Knochenersatzstoffe.
  • Abb. 3: Zubereitung des Ceros TCP putty für die Anwendung mit Blut.
  • Abb. 2: Unterschiedliche Knochenersatzstoffe.
  • Abb. 3: Zubereitung des Ceros TCP putty für die Anwendung mit Blut.

Die Zubereitung des Knochenregenerationsmaterials in unterschiedlichen Korngrößen ist für die Verwendung bei unterschiedlichen Knochendefekten konzipiert, wobei größere Granula für die größeren ossären Knochendefekte verwendet werden. Eine oberfl ächliche Glättung wird mit kleineren Granula besser erreicht. Schüttungen mit Korngrößen von 150 bis 2.000 mm stehen zur Verfügung und lassen sich aufgrund der feinporösen Struktur der TCP-Keramiken günstig adaptieren und an der Oberfläche glätten.

Problematisch sind zwei- und einwandige Defekte sowie vertikale Knochenextensionen, weil die Knochenaufbaugranulate nicht stabil eingelagert werden können. Zur Stabilisierung werden in diesen Fällen titanverstärkte Membranen oder Titanmesh verwendet.

Erfahrungen aus der Praxis

  • Tab. 1: Vorschläge für die Auswahl von Augmentationsmaterialien und begleitender Hilfsmaßnahmen bei einigen typischen Indikationen. Natürlicherweise konnten aus der Vielzahl der Augmentationssubstrate nur einige wenige

  • Tab. 1: Vorschläge für die Auswahl von Augmentationsmaterialien und begleitender Hilfsmaßnahmen bei einigen typischen Indikationen. Natürlicherweise konnten aus der Vielzahl der Augmentationssubstrate nur einige wenige
Ein neues Augmentationsmaterial, mit dem auch ohne zusätzliche Maßnahmen vertikale Knochenaufbauten möglich sind, ist das Ceros® TCP putty (Thommen Medical, Waldenburg, Schweiz). Es handelt sich um ein knetbares Substrat aus synthetischem phasenreinen ß-TCP in einer Zubereitung mit einem Hydrogel aus fermentierten Natriumhyaluronat.

Die Granula dieses Produkts haben interkonnektierende Poren und wirken osseokonduktiv. Der besondere Vorteil ist jedoch seine knetbare Konsistenz, sobald es mit physiologischer Kochsalzlösung oder Patientenblut vermischt wird. Nach ca. ein bis zwei Stunden härtet es aus, so dass zusätzliche Maßnahmen wie eine Abdeckung mit Spezialmembranen nicht mehr erforderlich sind. In der Tabelle 1 werden besonders ungünstige Situationen für augmentative Maßnahmen zusammengefasst. Gerade beim Vorliegen ungünstiger lokaler Verhältnisse ist die Anwendung eines stabilen Knochenregenerationsmaterials von Vorteil.

Zusätzlich können in Verbindung mit einer Knochenaugmentation protegierende Maßnahmen durchgeführt werden, wobei die Beimischung autogenen Knochens, die Verwendung von sogenannten BMPs (bone morphogenic proteins) oder die topische Anwendung von PRP (Platelet rich plasma) einen günstigen Einfluss auf eine Knochenneubildung haben [5]. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Jan Foitzik - Prof. Dr. Dr. Dr. Christian Foitzik

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Jan Foitzik , Prof. Dr. Dr. Dr. Christian Foitzik