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Knochenmanagement

Socket Preservation mit einer neuartigen nicht-resorbierbaren Barrieremembran

Wenn der Alveolarknochen lokal resorbiert, bedarf es vor der Versorgung mit Implantaten eines Behandlungskonzepts zum Erhalt der Kieferkammdimensionen, denn das stellt eine wichtige Voraussetzung dar für eine langfristig funktionale aber auch ästhetische Versorgung. Beim hier vorgestellten Fall konnte die natürliche Weichgewebestruktur durch die Verwendung einer nicht-resorbierbaren Barrieremembran erhalten bleiben.

Abdeckung der aufgefüllten Zahnalveole mit einer nicht-resorbierbaren Membran. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abdeckung der aufgefüllten Zahnalveole mit einer nicht-resorbierbaren Membran.
Abdeckung der aufgefüllten Zahnalveole mit einer nicht-resorbierbaren Membran.

Zahnextraktionen stellen heutzutage mit die häufigsten Eingriffe in der modernen Dentalchirurgie dar. Allein in Deutschland werden schätzungsweise jährlich über zehn Millionen Zähne extrahiert [1]. Die Hauptursachen, die die Entfernung natürlicher Zähne meist unumgänglich machen, sind in absteigender Häufigkeit Karies, Parodontitis, orthodontische Behandlungen und Traumata, wobei die Prävalenz der einzelnen Ursachen insbesondere vom Alter der Patienten abhängig sein kann [2,3]. Große klinische Relevanz erfahren Zahnextraktionen dadurch, dass infolge der fehlenden mechanischen Belastung aufgrund der nicht mehr vorhandenen Kaukräfte der Alveolarknochen lokal resorbiert [4]. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit eines tragfähigen Behandlungskonzepts zum Erhalt der Kieferkammdimensionen, insbesondere, wenn eine Versorgung mit Dentalimplantaten geplant ist. Der Erhalt des Knochens stellt damit eine entscheidende Voraussetzung für eine langfristig funktionale aber auch ästhetische Versorgung dar.

Biologie der Zahnalveole

Bei der Entfernung eines Zahns werden Anteile des parodontalen Ligaments zerstört, was die Vaskularisierung des die Alveole auskleidenden Bündelknochens beeinträchtigt. Als Folge dessen kommt es zu einer Resorption des Alveolarknochens. Ein durchschnittlicher horizontaler Knochenverlust von 29 bis 63% und ein vertikaler Abbau von 11 bis 22% sind bereits in den ersten sechs Monaten nach Extraktion nachweislich beobachtbar [5]. Klinische Daten legen zudem nahe, dass zwei Drittel des horizontalen Verlusts innerhalb der ersten drei Monate nach Zahnextraktion geschehen [4]. Die bukkale Lamelle ist dabei besonders von dieser raschen Resorption betroffen, da sie nur aus Bündelknochen besteht und im Vergleich zu den anderen die Alveole begrenzenden Knochenwänden vergleichsweise dünn ist, während die linguale bzw. palatinale Wand dicker ist und auch Anteile von lamellärem Knochen aufweist [6, 7]. Insgesamt wird der Kieferkamm infolge eines Zahnverlusts oder einer Zahnextraktion schmaler und flacher und verlagert sich fortlaufend in orale Richtung, wodurch eine spätere Implantation und optimale prothetische Versorgung erschwert wird.

Verfahren zur Versorgung von Zahnalveolen

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Dem klinischen Anwender stehen heutzutage verschiedene Methoden zur Versorgung von Zahnalveolen zur Verfügung, wobei die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren maßgeblich vom implantologischen bzw. prothetischen Konzept abhängt. Gängige Methoden sind beispielsweise die Verabreichung eines Kollagenkegels zur Unterstützung der lokalen Hämostase oder, wenn es die Hart- und Weichgewebesituation erlaubt, eine sofortige Implantation. Auch wenn die Resorption des Bündelknochens nach einer Zahnextraktion nicht verhindert werden kann, stellt die Socket bzw. Ridge Preservation, d. h. die Auffüllung des leeren Zahnfachs mit einem Knochenersatzmaterial und die Abdeckung mit einer Barrieremembran im Sinne der geführten Knochenregeneration (Guided Bone Regeneration, GBR), ein bewährtes Verfahren für den Erhalt der Dimensionen des Kieferkamms dar [8]. Um eine ungestörte Knochenneubildung und Heilung der Alveole zu gewährleisten, müssen bei diesem Verfahren eingesetzte resorbierbare Membranen, wie z. B. Kollagenmembranen, in der Regel vollständig durch eine Lappenbildung gedeckt werden. Eine Exposition begünstigt den bakteriellen Abbau und würde die Barrierefunktion beeinträchtigen. Die Mobilisation des Weichgewebes zur vollständigen Abdeckung der Membran bedarf dabei möglicherweise der Präparation eines Volllappens sowie Entlastungsinzisionen, was zur Veränderung der natürlichen Weichgewebestruktur sowie zur Narbenbildung führen kann. Eine alternative Methode, die einen vergleichsweise kleinen chirurgischen Eingriff darstellt und bei der eine größere Mobilisation des Weichgewebes entfällt, ist die Abdeckung der Zahnalveole mit einer nicht-resorbierbaren Barrieremembran, die exponiert zur Mundhöhle verbleiben kann.

Beispiel aus der Praxis

Im nachfolgend dargestellten Fallbeispiel zur Socket Preservation wird die Verwendung einer neuartigen, außergewöhnlich dünnen (< 0,1 mm dick), nicht-resorbierbaren Membran aus hochdichtem Polytetrafluorethylen (permamem®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland) beschrieben. Diese Membran eignet sich aufgrund ihrer dichten Struktur besonders für die offene Einheilung. Aufgrund ihrer nichtporösen Eigenschaften kann die Membran ohne primären Wundverschluss eingesetzt werden. Allerdings hat dieses Konzept, bedingt durch den längeren Regenerations- und Heilungszeitraum von größeren Knochendefekten bzw. Kieferkammaufbauten, nur für die Versorgung von Zahnalveolen Gültigkeit. Die Membran agiert bei dieser Methode nicht nur als Barriere gegen ein Einwachsen von Epithelzellen, sondern schützt auch vor einer bakteriellen Penetration und damit vor einer bakteriellen Besiedlung des darunterliegenden Augmentats. Da ein primärer Wundverschluss entfällt, bleiben die natürliche Weichgewebekontur sowie die Mukogingivalgrenze und Dimensionen der keratinisierten Gingiva erhalten.

Falldarstellung

In der Praxis stellte sich eine 26-jährige Patientin vor, die über diffuse Schmerzen vom Zahn 26 ausgehend klagte (Abb. 1). Die Patientin befand sich in einem sehr guten allgemeinen Gesundheitszustand mit exzellenter oraler Hygiene, war Nicht-Raucherin und anamnetisch unauffällig. Es fehlten keine Zähne und es waren keine Restaurationen vorhanden. Zahn 26 zeigte eine leichte Sensibilität und präsentierte Blutung auf Sondieren auf der palatinalen Seite. Die Sondierungstiefen waren zwei, drei und zwei Millimeter auf der bukkalen bzw. zwei, sechs und drei Millimeter auf der palatinalen Seite.

Abb. 1: Zahn 26 vor Extraktion. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 1: Zahn 26 vor Extraktion.
Abb. 2: Die röntgenologische Darstellung von 26 vor Extraktion zeigt Zeichen einer Wurzelresorption. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 2: Die röntgenologische Darstellung von 26 vor Extraktion zeigt Zeichen einer Wurzelresorption.

Ein vertikaler Knochenverlust auf der palatinalen Seite war nicht zu diagnostizieren und der Zahn zeigte keine Mobilität. Die röntgenologische Untersuchung wies Zeichen einer internen Wurzelresorption auf (Abb. 2), woraufhin eine endodontische Behandlung erfolgte. Nach Eröffnung wurde eine Perforation der palatinalen Wurzel etwa vier bis fünf Millimeter apikal der marginalen Gingiva in Richtung der Oberfläche der palatinalen Wurzel festgestellt. Die Prognose des Zahns erwies sich daraufhin als hoffnungslos, woraufhin man sich für eine Extraktion von 26 entschied.

Der Zahn wurde mittels Hemisektion atraumatisch extrahiert und die Alveole sorgfältig mittels Exkochleation von entzündetem- und Granulationsgewebe befreit (Abb. 3 bis 6). Um die natürliche Struktur und die Knochendimensionen der Alveole weitestgehend zu erhalten und den natürlichen Heilungsvorgang zu unterstützen, wurde eine Socket Preservation mit einem langzeitvolumenstabilen Knochenersatzmaterial (cerabone®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland) in Kombination mit Schmelzmatrixproteinen (Straumann® Emdogain®, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz) durchgeführt. Zudem entschied man sich für ein Verfahren zur offenen Einheilung mit der oben beschriebenen hochdichten, nicht-resorbierbaren Barrieremembran, mit der Absicht, eine größere Lappenbildung zu vermeiden und den natürlichen Weichgewebeverlauf zu erhalten.

Abb. 3: Alveole nach Zahnextraktion. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 3: Alveole nach Zahnextraktion.
Abb. 4: Zahn 26 nach Hemisektion und Extraktion. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 4: Zahn 26 nach Hemisektion und Extraktion.
Abb. 5: Röntgenologische Darstellung nach Extraktion von 26. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 5: Röntgenologische Darstellung nach Extraktion von 26.
Abb. 6: Alveole nach Zahnextraktion und Exkochleation. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 6: Alveole nach Zahnextraktion und Exkochleation.

Im ersten Schritt des Verfahrens wurden zur Immobilisation der Membran an der Extraktionsstelle kleine, pouch-artige Lappen auf der bukkalen und palatinalen Seite der Alveole gebildet, die sich wenige Millimeter über die Alveolenränder erstreckten. Die Alveole wurde dann mit dem partikulären Knochenersatzmaterial bis zum krestalen Knochenniveau gefüllt, das zuvor mit Schmelzmatrixproteinen benetzt wurde (Abb. 7). Die nicht-resorbierbare Membran wurde entsprechend der Größe des abzudeckenden Bereiches zugeschnitten und in die zuvor präparierten Weichgewebetaschen eingebracht (Abb. 8). Zur Stabilisierung des augmentierten Bereiches und passiven Immobilisation der applizierten Membran wurde die Extraktionsstelle bukkal und palatinal mit 6.0 nicht-resorbierbaren Nähten versorgt (Abb. 9). Die Einheilung der Membran stellte sich als komplikations- und reizlos dar und die zur Mundhöhle exponierte Oberfläche zeigte nahezu keine Akkumulation von Plaque (Abb. 10). Acht Wochen nach dem chirurgischen Eingriff wurden die Nähte und die Membran mittels Pinzette nicht-chirurgisch entfernt. Nach der Membranentfernung wurde eine dünne Schicht neugebildeten Weichgewebes sichtbar (Abb. 11). Dadurch, dass keine Lappenbildung zur Deckung der Membran erfolgte, konnte die Tiefe des Vestibulums erhalten werden. Die Knochenresorption konnte insbesondere in Richtung des Sinus Maxillares reduziert werden, auch wenn eine leichte horizontale Resorption außerhalb der Kieferkammkontur beobachtet werden konnte. Der Heilungsverlauf stellte sich als komplikationslos dar (Abb. 12). Die Patientin äußerte keine Beschwerden. Für eine implantologische Versorgung wurde vier Monate nach der Socket Preservation ein Volllappen gebildet und die augmentierte Alveole wiedereröffnet. Eine gute knöcherne Regeneration der Zahnalveole wurde dabei sichtbar (Abb. 13). Das Implantat (Straumann® Bone Level Tapered, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz) wurde mittels Bohrschablone gemäß der prothetischen Planung in den regenerierten Knochen inseriert (Abb. 14). Das Implantat wurde zwei Millimeter subkrestal gesetzt und der Lappen mittels 6.0 resorbierbaren Nähten geschlossen, um einen primären Wundverschluss zu erreichen (Abb. 15). Drei Monate nach dem Setzen wurde das Implantat freigelegt und die Einheilkappe inseriert (Abb. 16 und 17). Zur postoperativen Nachsorge wurde nach der Socket Preservation bzw. nach der Implantation Acemetacin (Rantudil Forte) zweimal täglich für drei Tage verschrieben.

Abb. 7: Auffüllung der Alveole mit einem partikulären Knochenersatzmaterial (cerabone ®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland), welches mit Schmelzmatrixproteinen (Straumann® Emdogain®, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz) benetzt wurde. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 7: Auffüllung der Alveole mit einem partikulären Knochenersatzmaterial (cerabone ®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland), welches mit Schmelzmatrixproteinen (Straumann® Emdogain®, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz) benetzt wurde.
Abb. 8: Insertion der zugeschnittenen nicht-resorbierbaren Membran (permamem®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland) in zuvor präparierte Weichgewebetaschen. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 8: Insertion der zugeschnittenen nicht-resorbierbaren Membran (permamem®, botiss biomaterials, Zossen, Deutschland) in zuvor präparierte Weichgewebetaschen.
Abb. 9: Vollständige Abdeckung der aufgefüllten Zahnalveole mit der nicht-resorbierbaren Membran, die exponiert zur Mundhöhle verbleibt. Passive Immobilisation der Membran mit 6.0 nicht-resorbierbaren Nähten. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 9: Vollständige Abdeckung der aufgefüllten Zahnalveole mit der nicht-resorbierbaren Membran, die exponiert zur Mundhöhle verbleibt. Passive Immobilisation der Membran mit 6.0 nicht-resorbierbaren Nähten.
Abb. 10: Klinische Situation acht Wochen postoperativ. Stabile klinische Situation ohne Entzündungszeichen. Kleine Weichgewebedehiszenz an der bukkalen Seite sichtbar. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 10: Klinische Situation acht Wochen postoperativ. Stabile klinische Situation ohne Entzündungszeichen. Kleine Weichgewebedehiszenz an der bukkalen Seite sichtbar.
Abb. 11: Situation nach Naht- und Membranentfernung acht Wochen nach dem chirurgischen Eingriff. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 11: Situation nach Naht- und Membranentfernung acht Wochen nach dem chirurgischen Eingriff.
Abb. 12: Situation drei Monate nach Membranentfernung zeigt Reepithelialisierung. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 12: Situation drei Monate nach Membranentfernung zeigt Reepithelialisierung.
Abb. 13: Wiedereröffnung vier Monate nach der Socket Preservation. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 13: Wiedereröffnung vier Monate nach der Socket Preservation.
Abb. 14: Inseriertes Implantat (Straumann® Bone Level Tapered, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz). Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 14: Inseriertes Implantat (Straumann® Bone Level Tapered, Institute Straumann AG, Basel, Schweiz).
Abb. 15: Primärer Wundverschluss. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 15: Primärer Wundverschluss.
Abb. 16: Situation drei Monate nach Implantatinsertion. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 16: Situation drei Monate nach Implantatinsertion.
Abb. 17: Einbringen der Einheilkappe nach Freilegung des Implantats. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 17: Einbringen der Einheilkappe nach Freilegung des Implantats.
Abb. 18: Nach Heilung des Weichgewebes. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 18: Nach Heilung des Weichgewebes.
Abb. 19: Finale prothetische Versorgung. Dr. Dávid Botond Hangyási
Abb. 19: Finale prothetische Versorgung.

Zusammenfassung

Das hier dargestellte Verfahren zur Regeneration der Extraktionsalveole zeichnet sich durch einen vergleichsweise kleinen chirurgischen Eingriff aus, bei dem die natürliche Weichgewebestruktur erhalten werden konnte. Die Patientin zeigte sich mit dem Verlauf der Behandlung sehr zufrieden. 

Weitere Informationen:

Die Produkte der Firma botiss werden in Deutschland durch die Firma Straumann vertrieben.

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