Periimplantitis


Periimplantitis und die besondere Bedeutung des Kronenrandes an Implantaten

Abb. 1: Ãœber 28 Jahre gesammelte Implantatverluste.
Abb. 1: Ãœber 28 Jahre gesammelte Implantatverluste.

Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurde aus einer Ansammlung von 1.459 über 28 Jahre gesammelte Implantatverluste bei 216 Implantaten, bei denen die Suprastruktur vorhanden war, die Region der Kronen-Abutment-Verbindung untersucht. Von besonderem Interesse waren die Verbindungsstellen zwischen Abutment und Implantat und zwischen der prothetischen Suprastruktur und Abutment. Eine Analyse der gefundenen Defizite und die möglichen zum Implantatverlust führenden Befunde werden vorgestellt und besondere Empfehlungen abgeleitet.

In einem Zeitraum von 28 Jahren wurden im OPI-Zentrum in Darmstadt aus einer umfangreichen Anzahl von Implantatverlusten 216 Explantate gesammelt, an denen die prothetische Suprastruktur erhalten war (Abb. 1).

Die Explantate stammten nicht nur aus dem eigenen Patientenkollektiv, sondern umfassten auch Behandlungsfälle, die wegen der marginalen bzw. periimplantären Entzündungen an den Implantaten die Praxis aufsuchten. Aus diesem Grund und auch wegen des relativ langen Zeitraums, in dem die Implantatverluste zusammengetragen wurden, waren in zahlreichen Fällen die klinischen Daten unvollständig bzw. nicht mehr ermittelbar, so dass sich die Untersuchung auf die Befunde am Explantat selbst beschränken musste. Die Ursachen für die Implantatverluste sind vielfältig und die therapeutischen Möglichkeiten werden zum Teil kontrovers diskutiert.

Verschiedene Zusammenhänge zwischen Periimplantitis bzw. Implantatmisserfolgen werden diskutiert, wobei die Ursachen multifaktoriell sein können:

  • Tascheninfektion am Implantat mit parodontalpathogenen Keimen
  • unzureichende Mundhygiene
  • hygieneunfreundlicher Zahnersatz
  • ungünstige Knochenqualität
  • Fehlbelastung
  • Multimorbidität
  • Behandlung mit Zytostatika oder Immunsuppressiva
  • immunologische Reaktionen („Titanunverträglichkeit“).

Natürlicherweise kann anhand der Explantate nur ein für das Erscheinungsbild der Periimplantitis begrenzter Befund erhoben werden, dennoch ergaben sich wertvolle und plausible Hinweise für mögliche Entstehungsursachen für den Implantatverlust.

Soweit die Dokumentation vorlag, konnte in nahezu allen Fällen eine Behandlung der Periimplantitis festgestellt werden, so dass zum Teil umfangreiche therapeutische Versuche unternommen wurden.

  • Abb. 2: Starker Konkrementbefall an den Implantaten selbst.

  • Abb. 2: Starker Konkrementbefall an den Implantaten selbst.
    © Dr. Foitzik
An allen verlorenen gegangenen Implantaten sind im marginalen Bereich aller Explantate selbst und unabhängig von der Implantatgeometrie makroskopisch deutlich erkennbare Konkrementablagerungen feststellbar. Relativ wenig Konkrementbefall wurde an maschinierten und keramischen Implantaten vorgefunden (Abb. 2).

Die Problematik der Konkremententfernung vom Implantat im Rahmen einer Periimplantitisbehandlung ist hinreichend bekannt und von den dabei zu erwartenden Ergebnissen nicht zufriedenstellend. Dies liegt daran, dass die Zugänglichkeit zu den befallenen Stellen meist sehr schwierig und teilweise unmöglich ist.

Einteilung in drei Kollektive

  • Abb. 3: Verteilung der verlorenen Implantate im prothetischen Verbund.

  • Abb. 3: Verteilung der verlorenen Implantate im prothetischen Verbund.
    © Dr. Foitzik
In der vorliegenden Untersuchung wurden entsprechend der prothetischen Suprastruktur die verlorenen Implantate in drei Kollektive eingeteilt: Die Verluste umfassten Einzelzahnimplantate, verblockte Kronen teilweise auf zwei bis vier Implantaten oder auch gemischtgetragene Suprastrukturen (Abb. 3).

Da die klinischen Daten nicht in einem ausreichenden Umfang vorlagen, beschränkte sich die Untersuchung auf die Verbindungsstellen zwischen dem Implantat und dem Zahnersatz.


Die Hauptkriterien für die Bewertung der Implantatprognose waren:

  • Hygienefreundlichkeit des Zahnersatzes
  • exakte Passung des Abutments auf dem Implantat
  • Paßgenauigkeit der Implantatkronen auf dem Abutment
  • toxische Auswirkungen des Zahnersatzes (Spaltkorrosion)
  • auffällige Unterschiede innerhalb der drei Explantatkollektive.

Hygieneprobleme am Implantat

Eine unzureichende Mundhygiene bzw. Erschwernisse der Reinigung der periimplantären Bereiche ist seit vielen Jahren unstrittig eine häufige Ursache für entzündliche Implantatverluste. In allen Fällen von periimplantären Entzündungen gehören die Säuberung der peripilaren Region und die Herstellung günstiger Mundhygiene zu den ersten therapeutischen Ansätzen.

Während des Recalls müssen diese Bereiche besonders kritisch untersucht werden.

Dennoch werden auch heute noch hygieneerschwerende und für eine erforderliche Mundhygiene unzugängliche Plaquenischen im Bereich des Zahnersatzes geschaffen, die unweigerlich zum Implantatverlust durch Periimplantitis führen.

Vielfach sind – wie in Abbildung 4 zu sehen – sowohl die Mundhygienemaßnahmen durch die Patienten als auch für die Gestaltung des Zahnersatzes nicht zielführend. Es gehört auch zu den Pflichten des behandelnden Zahnarztes, die Patienten über die instrumentellen Möglichkeiten und die verschiedenen Putztechniken zu unterrichten.

  • Abb. 4: Hygienisch ungünstig gestalteter Zahnersatz: Sattelförmig aufl iegende Pontics, massiver Konkrementbefall, Inkongruenzen und Passungenauigkeiten zwischen den Implantaten und den Kronen.
  • Abb. 5: Schwer zu reinigende vestibuläre Kronengestaltung: Verlängerte faciale Kronenfl äche bei ungünstiger Achsstellung der Implantate und schlechte Kronenpassung.
  • Abb. 4: Hygienisch ungünstig gestalteter Zahnersatz: Sattelförmig aufl iegende Pontics, massiver Konkrementbefall, Inkongruenzen und Passungenauigkeiten zwischen den Implantaten und den Kronen.
    © Dr. Foitzik
  • Abb. 5: Schwer zu reinigende vestibuläre Kronengestaltung: Verlängerte faciale Kronenfl äche bei ungünstiger Achsstellung der Implantate und schlechte Kronenpassung.
    © Dr. Foitzik

Im Rahmen eines regelmäßigen Recall sollte die Mundhygiene überprüft und die Patienten ggf. instruiert und motiviert werden. Werden Plaquenischen an der prothetischen Suprakonstruktion festgestellt, dann sollten sie umgehend beseitigt und die betroffenen Patienten über die Problematik unterrichtet werden. In der Fachliteratur werden zahlreiche Mundhygienekonzepte für Implantatträger angegeben.

  • Abb. 7: Die Hauptformen der Ponticgestaltung.

  • Abb. 7: Die Hauptformen der Ponticgestaltung.
    © Dr. Foitzik
Nicht nur am Implantat sondern auch im Bereich der Brückenglieder müssen die Hygieneverhältnisse berücksichtigt werden. Die Krone muss rundherum um das Implantat für Putzmaßnahmen zugänglich sein. In Abbildung 6 behinderte eine Hohlkehle die Reinigung.

Sattelförmige Brückenglieder sollten bei festsitzenden Suprastrukturen dringend vermieden werden, weil sich dort nach kurzer Zeit Plaque, bakterienhaltiger Biofilm und Zahnstein ansammeln können.

Schwebebrücken sind im Seitenzahnbereich möglich, werden aber wegen der auftretenden Speisebreiretention von den Patienten nur selten toleriert.

Die hygienisch günstigste Gestaltung von Brückengliedern ist die Tangentialform, man bezeichnet diese auch als „verschobene Herzform“ (Abb. 7 und 8).

  • Abb. 7: Die Hauptformen der Ponticgestaltung.
  • Abb. 8: Ideale Brückengliedgestaltung auf zwei Implantaten.
  • Abb. 7: Die Hauptformen der Ponticgestaltung.
    © Dr. Foitzik
  • Abb. 8: Ideale Brückengliedgestaltung auf zwei Implantaten.
    © Dr. Foitzik

Ist ein hygienisch ungünstiges Design der Implantatkronen und/oder der Brückenglieder erforderlich, müssen ästhetische Kompromisse oder eine herausnehmbare Brückenkonstruktion hergestellt werden.

Paßungenauigkeit als Ursache für Implantatverluste

Nahezu bei allen Implantaten, bei denen die Suprastruktur entweder verschraubt oder zementiert war, wurden Passungenauigkeiten bzw. Mikrospalten festgestellt.

Diese sind eine bevorzugte Stelle für Plaqueablagerungen und entzündliche Prozesse am Implantat.

Neben den entzündlichen Vorgängen findet in den Mikrospalten eine Lochfraßkorrosion statt, die unvermeidlich periimplantäre Infektionen verursachen kann.

  • Abb. 9: Plaque und Spaltkorrosion bei einer verschraubten Mesostruktur.

  • Abb. 9: Plaque und Spaltkorrosion bei einer verschraubten Mesostruktur.
    © Dr. Foitzik
Gerade bei der Spaltkorrosion sind die therapeutischen Ansätze kaum erfolgversprechend, da der Korrosionsvorgang ohne eine Abnahme der Suprastruktur nicht gestoppt werden kann (Abb. 9).

Je größer die Inkongruenzen zwischen dem Implantatabutment und der Implantatkrone, desto heftiger sind die Schäden des periimplantären Gewebes zu erwarten. Die gefrästen Kronen haben eine deutlich bessere Paßgenauigkeit auf den Abutments als gegossene. Dennoch sollten möglichst keine Kronenverschraubungen hergestellt werden, wenn eine sichere Reinigung periimplantär nicht gewährleistet ist.

Fazit

Zweifellos stellt die marginale Kronengestaltung am Implantat eine sehr wichtige Region dar, in der die meisten Ursachen für zahlreiche Implantatverluste und für Periimplantitis zu suchen sind. Inkongruenzen und für die tägliche Mundhygiene unzugängliche Spalten sind dringend zu vermeiden, da sie in den meisten Fällen zu entzündlichen Problemen führen. Aus diesem Grund ist die Annahme zulässig, dass man bei der Vermeidung der an den untersuchten Explantaten festgestellten Fehlern günstigere Langzeitergebnisse und eine dauerhafte Erhaltung der Implantate erreichen kann. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Jan Foitzik - Prof. Dr. Dr. Dr. Christian Foitzik


Weiterführende Links

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