Prävention des Periimplantitis-Risikos durch spezielle Implantatgeometrie
Das Bestreben, das Risiko für eine Mukositis bzw. Periimplantitis bereits von Beginn der Implantattherapie zu reduzieren, setzt u. a. das Verwenden eines entsprechenden Implantatdesigns voraus. Dargestellt wird ein Patientenfall, bei dem die Sofortimplantation mit dem SICvantage max (SIC invent) erfolgt ist. Das Implantatsystem ist aus mehreren Gründen gut für die Periimplantitis-Prävention geeignet. Die Autoren gehen auf einige präventive Faktoren ein und stellen ein im Alltag bewährtes implantatprothetisches Protokoll vor.
Schon seit längerer Zeit wird in der Implantologie dem Vermeiden einer Periimplantitis hohe Aufmerksamkeit gezollt. Ziel ist es, eine Periimplantitis-Therapie gar nicht erst notwendig werden zu lassen. Grundsätzlich setzt eine solche Prävention das Zusammenspiel verschiedener Faktoren voraus, denn bei der Periimplantitis handelt es sich um eine multikausale Erkrankung. Neben den patientenindividuellen Gegebenheiten (z. B. genetische Faktoren, erworbene Faktoren, Umgebungsfaktoren) spielen iatrogene Faktoren wie die Konfiguration bzw. Geometrie des Implantatsystems (z. B. Platform Switch, Implantatoberfläche) und die Vorgehensweise bei der implantatprothetischen Therapie (z. B. Implantatpositionierung, prothetische Versorgung) eine Rolle. Zahlreiche Faktoren beeinflussen die entzündliche Reaktion auf pathogene Mikroorganismen und somit das Risiko einer Periimplantitis. Und auch wenn es im Praxisalltag nicht singulär betrachtet werden kann, liegt in diesem Artikel der Fokus auf dem Implantatsystem und dessen Einfluss auf die Periimplantitis-Prävention.
Durchdachte Chirurgie und Prothetik zur Periimplantitis-Prävention
Unabhängig vom Implantatsystem sind im Vorfeld einer implantologischen Therapie die korrekte Diagnostik und Anamnese des Patienten (Einordnen in Risikogruppen) sowie die Aufklärung über adäquate Mundhygienemaßnahmen elementare Grundlagen. In vielen Situationen muss eine entsprechende Vorbehandlung erfolgen, z. B. zum Erreichen einer Entzündungsfreiheit. Zudem trägt das wohlüberlegte chirurgische und prothetische Vorgehen zum Vermeiden fortschreitender Gewebeverluste sowie einer Periimplantitis bei. Hierzu zählen u. a. die Positionierung des Implantats, das Implantatsystem selbst und die Gestaltung des Zahnersatzes. Implantatpositionierung: Das Implantat sollte möglichst 1 mm subkrestal positioniert sein, bei einer Sofortimplantation 2 mm.
Beschaffenheit der Implantatoberfläche: Zu raue Oberflächen könnten die Anlagerung von Bakterien begünstigen und sollten daher vermieden werden.
Implantat-Aufbau-Verbindung: Zementieren bedingt das Risiko von Zementresten im Sulkus als Gefahr für das Entstehen einer zementinduzierten Periimplantitis („Zementitis“).
Gestaltung Zahnersatz: Hygienefähigkeit beachten.
Um das Risiko einer Periimplantitis zu reduzieren, muss einem pathogenen Biofilm auf der Implantatoberfläche entgegengewirkt werden. Zu bedenken ist, dass im periimplantären Bereich gefäßund zellarme Bedingungen vorherrschen. Im Gegensatz zum natürlichen Zahn fehlen am Implantat der desmodontale Spalt sowie die Gefäße und Nerven, was mit einer verringerten Vaskularisierung einhergeht. Aus diesen strukturellen Unterschieden resultiert ein geschwächter Abwehrmechanismus in der Implantatregion, was zum schnelleren Verlauf einer Entzündung führen und somit eine Periimplantitis begünstigen kann. Diese und weitere Risiken für eine Periimplantitis lassen sich unter anderem durch ein adäquates chirurgisches und prothetisches Protokoll vermeiden. Anhand eines Patientenfalles wird ein bewährtes Konzept vorgestellt.
Ausgangssituation
Der 67-jährige Patient – pensionierter Zahnarzt – konsultierte die Praxis mit einer stark gelockerten Krone auf dem endodontisch vorbehandelten Zahn 14 (Abb. 1). Eine Wiederbefestigung der alten Krone war nicht möglich. Der Zahn bzw. die Wurzel musste bei einer radiologischen Untersuchung als nicht erhaltungsfähig bewertet werden. Die Verankerung einer prothetischen Neuversorgung war wenig erfolgversprechend. Gemeinsam mit dem Patienten fiel die Entscheidung für die Extraktion des Zahnes und die Sofortimplantation, sofern alle Anforderungen hierfür erfüllt sind. Kontraindikationen für eine Implantattherapie lagen nicht vor.
Extraktion des Zahnes
Nach dem Entfernen der Krone wurde die Wurzel 14 atraumatisch extrahiert. Hierfür diente zunächst ein Periotom, mit dem die parodontalen Fasern vorsichtig durchtrennt wurden. Wie häufig bei endodontisch vorbehandelten Zähnen zu beobachten, war sie in einigen Arealen leicht mit dem Knochen verwachsen (Abb. 2). Nach der behutsamen Extraktion bestätigte ein Abtasten der Alveole die intakte bukkale Knochenlamelle als Grundlage für eine Sofortimplantation (Abb. 3). Hiermit wird ein weiterer Baustein für die Prävention einer Periimplantitis gesetzt. Durch die Extraktion des Zahnes verliert der Bündelknochen seine Funktion und resorbiert. Wird dadurch die vestibuläre Lamelle zu dünn, kommt es im Laufe der Zeit zur Exposition des Implantats und damit zu einem erhöhten Risiko für eine Kontamination. In diesem Fall war die bukkale Knochenlamelle ausreichend stabil, sodass einer Sofortimplantation nichts im Weg stand. Die Alveole präsentierte sich in einer ovalen Form.
Das SICvantage max und die Periimplantitis-Prävention
Die Geometrie und die Positionierung des Implantats spielen ebenso eine maßgebliche Rolle im „Kampf“ gegen die Periimplantitis. Als Implantatsystem wurde im vorliegenden Fall das SICvantage max (SIC invent) gewählt, was im Hinblick auf eine erfolgreiche Periimplantitis- Prävention mehrere Vorteile bietet. Durch seine spezielle Geometrie und die konische Verbindung kann das Implantat vergleichsweise tief inseriert werden. Somit wird die Resorptionsstabilität der Knochenwand forciert. Unterstützt wird dies durch das Platform Switching. Somit hat der Knochen die Möglichkeit, über die Implantatschulter zu wachsen. Es bildet sich eine Art Schutzmanschette, die der Resorptionsprävention dient. Das spezielle Implantat-Abutment-Interface bietet einen effektiven Schutz vor dem Eintritt von Bakterien. Bedingt ist dies durch die konische Implantat-Abutment-Verbindung, welche die Gefahr von Bakterienansiedlungen reduzieren und eine Kontamination weitestgehend verhindern soll. Im krestalen Bereich befindet sich eine Dekompressionszone, die in das integrierte Platform Switching übergeht. Diese konstruktionsbedingten Details fördern laut Hersteller den Erhalt und die Langzeitstabilität der periimplantären Gewebe.
Sofortimplantation
Wie aus wissenschaftlichen Publikationen und klinischen Untersuchungen bekannt, sollte das Implantat im palatinalen Bereich der Alveole platziert werden, um eine Dehiszenz des Knochens im vestibulären Bereich zu verhindern. Die Aufbereitung des Implantatbettes erfolgte mit dem entsprechenden Instrumentarium (SIC invent). Zur Kühlung diente Blut aus der Alveole, was biologische Regenerationsprozesse unterstützt. Beim Verwenden von externer Kühlflüssigkeit könnten die adhärenten Zellen und Blutbestandteile weggespült werden. Zudem besteht die Gefahr, dass wachstumsinduzierende Eigenschaften der gewonnenen Knochenspäne zerstört werden.
Inseriert wurde ein SICvantage max mit einem Durchmesser von 4,2 mm und einer Länge von 11,5 mm (Abb. 4), welches mit dem Handstück aus dem Implantat-Shuttle entnommen und mithilfe des Einbringinstruments in das Implantatbett eingebracht worden ist (Abb. 5). Die Implantatschulter schloss nach der Insertion etwa 2 mm unterhalb der bukkalen Knochenwand ab (Abb. 6). Der unvermeidbare Knochenverlust in diesem Bereich (zirka 1 mm) stellt mit einer solchen subkrestalen Platzierung kein Risiko für das Ergebnis dar. Zudem wird dem Knochen die Möglichkeit gegeben, über die Implantatschulter zu wachsen. Ausgerichtet wurde das Implantat so, dass die Nut mit der Lasermarkierung des „Swiss Cross“ (Implantat-Abutment-Verbindung) nach bukkal zeigte.
Für die Abdeckung und Weichgewebeausformung während der offenen Einheilung diente ein PEEK-Abutment, das SICvantage TempCap (Abb. 7). Der Aufbau ist 4 mm hoch und kann für maximal 180 Tage im Mund verbleiben. PEEK als Material ist sehr gewebefreundlich und bietet ideale Möglichkeiten für die Ausformung der Emergenz. Eine Besonderheit des TempCap ist die Fixierung auf dem Einbringpfosten des Implantats. Der Aufbau rastet über ein Snap-in-System – ohne Verschraubung – automatisch auf dem Einbringpfosten ein. Der Spalt zwischen Implantat und bukkaler Knochenwand wurde mit einer Mischung aus Eigenknochen und Knochenersatzmaterial (maxgraft, Botiss) gefüllt (Abb. 8 bis 11). Die bei der Aufbereitung gewonnenen Knochenspäne haben eine starke osteogenetische Potenz, sodass die Osteoblasten zur Bildung von neuem Knochen stimuliert werden.
Definitive Versorgung
Der viermonatigen Einheilzeit folgte das Entfernen des mechanisch verankerten, temporären Aufbaus (Abb. 12). Für das einfache Lösen wurde eine okklusale Perforation mit dem Rosenbohrer an markierter Vertiefung vorgenommen. Nach dem Abschrauben des PEEK-Aufbaus in Verbindung mit dem Einbringpfosten zeigten sich ein gut ausgeformtes Emergenzprofil und eine gesunde Weichgewebesituation mit der gewünschten trichterförmigen Emergenz (Abb. 13). Es ist anzunehmen, dass die reizfreie Weichgewebeheilung auf den PEEK-Aufbau zurückgeführt werden kann. In Vorbereitung der prothetischen Versorgung wurde ein Abformpfosten aufgebracht und eine geschlossene Abformung durchgeführt (Abb. 14 und 15). Der Zahntechniker fertigte anschließend eine auf einer Titanbasis verklebte Keramikkrone an (Abb. 16).
Zementfreie Restauration
Die implantatprothetische Krone mit Aufbau wurde einige Tage später in einem Stück eingegliedert. Da die Verbindung zwischen Implantat und Aufbau für die Prävention einer Periimplantitis ebenso eine Rolle spielt wie die anderen beschriebenen Faktoren, sei auf eine weitere Besonderheit des SICvantage hingewiesen. Das Implantat präsentiert sich wie bereits beschrieben mit einer konischen Implantat-Abutment-Verbindung, die als Morse Taper (Steck-Konus) mit einem sogenannten „Swiss Cross“-Index (SIC invent) gestaltet ist. Die selbsthemmende Verbindung ermöglicht den Effekt einer Kaltverschweißung. Diese durchdachte Konus-Innenverbindung bietet durch die mechanische Selbsthemmung eine hohe Sicherheit gegen Rotations- und Biegebelastung. Zusätzlich sorgt die Indexierung über vier Nuten für eine sichere Positionierung von Implantat und Abutment. Ohne zu verschrauben oder zu zementieren kann eine belastbare und bei Bedarf lösbare Einheit geschaffen werden. Optional ist ein Verschrauben möglich. In diesem Zusammenhang sei auf die Gefahr von Zementresten im Sulkus als großes Risiko für eine entzündliche Reaktion (Periimplantitis) hingewiesen. Mit der zementfreien Einheit wird dies umgangen. Theoretisch resultiert bereits aus dem „Aufstecken“ der implantatprothetischen Restauration auf das Implantat eine sichere, feste Verbindung – ohne zu zementieren und ohne zu verschrauben (Abb. 17 und 18). In diesem Fall wurde die Implantatkrone auf Wunsch des Patienten zusätzlich verschraubt (Abb. 19). Nach dem Verschließen des Schraubenkanals mit Teflonband und Komposit konnte der Patient aus der Praxis entlassen werden (Abb. 20). Er erhielt entsprechende Mundhygieneinstruktionen, wobei er diesbezüglich als pensionierter Zahnarzt zu einer sehr verlässlichen Patientengruppe zählt.
Fazit
Der Prävention einer Periimplantitis als multikausale Erkrankung obliegen viele verschiedene Faktoren. Hierzu gehören unter anderem die Geometrie des Implantatsystems sowie die chirurgische Vorgehensweise und die Art der prothetischen Versorgung. Anhand des Patientenfalles wurde ein mögliches Vorgehen bei einer Sofortimplantation dargestellt. Beispielhaft für das Vorbeugen einer Periimplantitis genannt seien:
- Implantatgeometrie / Implantatkonfiguration: SICvantage max (SIC invent)
- Implantatpositionierung: 2 mm subkrestal zum Ausgleich der Knochenresorption nach Extraktion. Der Knochen erhält die Möglichkeit, über die Implantatschulter zu wachsen (s. Abb. 20)
- Platform Switch: für stabiles krestales Knochenniveau um die Implantatschulter
- Konisches Implantat-Aufbau-Interface: zementfreie, selbsthemmende Verbindung.
Zusätzlich zur genauen Risikoanalyse, zum Einhalten der strengen klinischen Vorgaben und zur fundierten Erfahrung des Implantologen ist ein der Indikation entsprechendes Implantatsystem zu wählen. Auch wenn im implantologischen Alltag nicht singulär zu betrachten, wurde daher im Artikel der Fokus auf das Implantatsystem gelegt, welches einige spezifische Besonderheiten bietet, um das Risiko einer Periimplantitis zu minimieren.