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Behandlungsplanung, CT, DVT, Radiologie, Strahlendosis

Was kann die digitale Volumentomographie?

Als der Nobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen Ende des 19. Jahrhunderts eher zufällig die später nach ihm benannten Röntgenstrahlen entdeckte, ahnte wohl niemand, dass die Revolution der bildgebenden Verfahren erst begonnen hatte. Heute nutzen immer mehr Praxen die digitale Volumentomographie, um durch 3D-Darstellungen eine präzisere Behandlungsplanung zu gewährleisten.

Placeholder – News shutterstock

Mittlerweile ist bei neuen Volumentomographen die Strahlenbelastung deutlich geringer als bei Computertomographen (CT-Aufnahmen). Für die dreidimensionale Bildgebung in der Zahnarztpraxis sollte daher die digitale Volumentomographie die favorisierte Technik darstellen. Doch ist die Strahlenbelastung höher als bei herkömmlichen Röntgenuntersuchungen und somit nur bei bestimmten Indikationen sinnvoll und sollte mit Bedacht eingesetzt werden.

Kleine Geschichte der Computerisierung der Zahnheilkunde

Ein großer Meilenstein war die panoramaartige Darstellung. Dazu gehört neben dem Panoramaschichtaufnahmeverfahren (PSA), das zunächst mit einem intraoral positionierten Film und einer extraoralen Belichtung arbeitete, auch die Panoramavergrößerungsaufnahmetechnik (PVA). Mit der PVA erzeugte man anhand einer intraoral eingesetzten Hohlanodenröhre und einem extraoralen Film ein Summationsbild, das aufgrund unterschiedlicher Vergrößerungen des Ober- und Unterkiefers und der hohen Strahlenbelastung allerdings bald von besseren Aufnahmen abgelöst wurde.

Der bereits in der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzenden Computerisierung ist die Entwicklung des CTScans zu verdanken, deren Erfi nder Ende der 70er Jahre mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Bei dieser Methode erhält der Computer dank einer rotierenden Röntgenröhre detaillierte Schnittbilder zur Berechnung einer dreidimensionalen Darstellung der Knochen- und Gewebesituation.

Mit zunehmender Rechenleistung entwickelte sich die Technologie rasant weiter: Schon 1998 wurde die digitale Volumentomographie vorgestellt.

Funktionsweise der digitalen Volumentomographie

Wie bei der Computertomographie rotiert die Röntgenröhre um den Kopf und erzeugt dadurch 200 – 600 Aufnahmen, die dank komplexer mathematischer Algorithmen nach wenigen Minuten als dreidimensionales Abbildungsvolumen dargestellt werden. Eine Verschiebung der Röhreneinheit in der z-Achse ist nicht notwendig.

Das so entstandene Volumen lässt sich auf verschiedene Arten darstellen, wobei multiplanare Rekonstruktionen zu empfehlen sind, die senkrecht zueinander stehende Ebenen nutzen. Farbliche oder transparente Aufbereitungen sind meist nicht notwendig.

Sehr unterschiedliche Geräte

Mittlerweile gibt es verschiedene Geräte auf dem Markt, die gravierende Unterschiede hinsichtlich Volumengröße, Detektoren und Positionierung des Patienten aufweisen.

Die meisten Geräte sind mit einem Flachdetektor ausgestattet, der kontraststärkere und eindeutigere Daten liefert als das günstigere und einfacher herzustellende Bildverstärkersystem. Je nach Detektor entsteht ein sphärisches oder ein zylindrisches Volumen. Beide bestehen aus rechteckigen Voxeln, denen jeweils eine Graustufe zugeordnet wird. Betrachtet werden die so entstandenen Aufnahmen schließlich anhand spezieller Software, die der Gerätehersteller meist selbst zur Verfügung stellt.

Spannung und Strahlung der einzelnen Geräte unterscheiden sich ebenfalls. Die Röhrenspannung variiert zwischen 80 und 120 kV, die Stromstärken wiederum zwischen 0,5 und 10 mA. Darüber hinaus ist bei Geräten mit mittleren FOV-Größen mit höheren Strahlenwerten zu rechnen.

Bessere Behandlungsplanung Einer der größten Vorteile der digitalen Volumentomographie ist die Darstellung der anatomischen Strukturen wie Knochenbreite, Nervenverlauf (Abb. 1a und 1b) oder Zysten (Abb. 2) ohne Dimensionsverlust. Dadurch fällt die räumliche Zuordnung dieser Strukturen leichter, was wiederum die Diagnostik verbessert. Besonders bei schwierigen Fällen trägt eine genauere Diagnostik zur Fehlermeidung bei. Eine möglichst exakte Operationsplanung verringert das Risiko, gesunde Nachbarstrukturen zu verletzen.

Abb. 1a: Panoramaschichtaufnahme. Darstellung einer überzähligen Zahnanlage und eines retinierten Zahnes 45. Unklarer Verlauf des Nervus alveolaris inferior in Bezug auf retinierten Zahn 45.
Abb. 1a: Panoramaschichtaufnahme. Darstellung einer überzähligen Zahnanlage und eines retinierten Zahnes 45. Unklarer Verlauf des Nervus alveolaris inferior in Bezug auf retinierten Zahn 45.
Abb. 1b: Darstellung einer überzähligen Zahnanlage und eines retinierten Zahnes 45 mit Markierung (orange) des Nervus alveolaris inferior; axial, coronal und sagittal.
Abb. 1b: Darstellung einer überzähligen Zahnanlage und eines retinierten Zahnes 45 mit Markierung (orange) des Nervus alveolaris inferior; axial, coronal und sagittal.
Abb. 2: Darstellung einer Mukozele der Kieferhöhle rechts axial, coronal und sagittal.
Abb. 2: Darstellung einer Mukozele der Kieferhöhle rechts axial, coronal und sagittal.
Abb. 3a: Darstellung einer radikulären Zyste Zahn 26 axial, coronal und sagittal.
Abb. 3a: Darstellung einer radikulären Zyste Zahn 26 axial, coronal und sagittal.
Abb. 3b: Zahnfilm regio 26. Inhomogene Wurzelfüllung mesiobukkale Wurzel mit periapikaler Aufhellung.
Abb. 3b: Zahnfilm regio 26. Inhomogene Wurzelfüllung mesiobukkale Wurzel mit periapikaler Aufhellung.
Abb. 3c: Zahnfilm regio 26. Zustand nach Wurzelspitzenresektion 26 mit retrograder Wurzelfüllung.
Abb. 3c: Zahnfilm regio 26. Zustand nach Wurzelspitzenresektion 26 mit retrograder Wurzelfüllung.

Dreidimensionale Röntgenbildgebung ist aber auch bei der Patientenaufklärung von Vorteil (Abb. 3a), da die individuelle Mundsituation und die notwendigen Therapieschritte (Abb. 3b und 3c) anschaulicher erklärt werden können.

Nachteil der DVT: Artefakte verschlechtern die Sicht

Jede technische Messung kann fehlerbehaftet sein. Die Röntgenstrahlen des digitalen Volumentomographen sind anfällig für Metallartefakte (Abb. 4a und Abb. 4b). Implantate oder andere Versorgungen aus Metall erzeugen schwarze Bereiche auf den jeweiligen Aufnahmen, die sich linien- und flächenförmig über die Daten ausbreiten, die Qualität der Ergebnisse verringern und die Beurteilung der entsprechenden Strukturen unmöglich machen können. Manchmal täuschen die schwarzen Bereiche auch pathologische Strukturen vor, wo sich eigentlich gesundes Gewebe befindet. Außerdem lässt sich Periimplantitis (Abb. 5a und 5b) auf diese Weise nur schwer diagnostizieren.

Abb. 4a: Darstellung metallischer Artefakte axial, coronal und sagittal.
Abb. 4a: Darstellung metallischer Artefakte axial, coronal und sagittal.
Abb. 4b: Panoramaschichtaufnahme ohne metallische Artefakte.
Abb. 4b: Panoramaschichtaufnahme ohne metallische Artefakte.
Abb. 5a: Zahnfilm regio 16, 15 zur Darstellung einer Periimplantitis.
Abb. 5a: Zahnfilm regio 16, 15 zur Darstellung einer Periimplantitis.
Abb. 5b: Darstellung von zwei Implantaten regio 16 und 15 zur Periimplantitis-Diagnostik. Axial, coronal und sagittal. Keine Beurteilung durch Burn-out-Effekt.
Abb. 5b: Darstellung von zwei Implantaten regio 16 und 15 zur Periimplantitis-Diagnostik. Axial, coronal und sagittal. Keine Beurteilung durch Burn-out-Effekt.

Geringere Strahlendosis

Vor vier Jahren sorgte eine Studie von Claus et al. für Aufregung, die nahe legte, dass häufiges Röntgen in der Zahnarztpraxis das Risiko für bestimmte Hirntumore steigern kann. Zwar ist bekannt, dass ionisierende Strahlung krebserregend ist, aber die Belastung dentaler Röntgenaufnahmen ähnelt der natürlichen Strahlenexposition des Menschen. Rottke zufolge ist der Mensch jährlich 4.000 Sv ausgesetzt, eine Panoramaschichtaufnahme verursacht allerdings nur rund 10 Sv und DVT-Aufnahmen 100 – 150 Sv. Dirksen et al. zweifelten die Ergebnisse der amerikanischen Studie aber auch deshalb an, weil die zugrunde liegende Methodik statistische Untiefen offenbarte.

Nichtsdestotrotz ist Strahlenschutz ein wichtiges Thema in der Zahnarztpraxis, da Forschungen über die Langzeitfolgen von Röntgenaufnahmen noch ausstehen und Modellannahmen davon ausgehen, dass geringe Strahlendosen das Krebsrisiko ? wenn auch nur gering ? erhöhen können.

Die digitale Volumentomographie leistet ihren Teil zum Strahlenschutz, da sie im Vergleich zu herkömmlicher Computertomographie mit einer rund zehnmal geringeren Strahlenbelastung einhergeht. Die Strahlenmenge der DVT ist um etwa die Hälfte höher als die Dosis, denen Patienten bei einem Flug von Frankfurt nach New York ausgesetzt sind.

Dennoch ist es wichtig, die Strahlendosis durch eine Eingrenzung des Field of View auf die zu untersuchende Region so gering wie möglich zu halten.

DVT, CT oder OPTG?

Die Weichteildarstellung der klassischen CT ist zwar besser als eine vergleichbare Aufnahme der digitalen Volumentomographie, aber das neue Verfahren ist seinem Vorgänger überlegen, was die Strahlenbelastung und die bessere Darstellung knöcherner Strukturen betrifft. Die dreidimensionale Bildgebung ist allerdings nicht immer notwendig. Bei einfachen Ausgangssituationen, zum Beispiel bei Übersichtsaufnahmen oder Kontrolluntersuchungen, ist eine zweidimensionale Diagnostik ausreichend. In diesem Fall ist das strahlenärmere OPTG vorzuziehen. Die Strahlendosis der DVT ist wie oben ausgeführt im Schnitt 10-mal höher als die einer Panoramaschichtaufnahme. Die Strahlenbelastungen differieren allerdings je nach Gerät: Es gibt auch digitale Volumentomographen, die auf eine Strahlung von 300 Sv kommen.

Die Orthopantomographie ist auch im Hinblick auf metallische Artefakte von Vorteil, da die Bildqualität dieses Verfahrens bei umfangreichen Versorgungen aus Metall besser als das Ergebnis der DVT ist. Allerdings liefert diese Technologie keine 3D-Daten, die wiederum die Diagnostik verbessern können.

Es ist also immer im Einzelfall zu entscheiden, welche Röntgentechnik für die jeweilige Diagnose am geeignetsten ist.

Indikationen für den Einsatz der DVT

Bei jeder Röntgenuntersuchung ist das ALARA-Prinzip zu befolgen („as low as reasonably achievable“) und das Verfahren mit der geringstmöglichen Strahlung und dem bestmöglichem Behandlungsergebnis zu wählen. Für den Zahnarzt erfordert diese Regelung ein sorgfältiges Abwägen der Alternativen: Reicht die strahlenärmere 2D-Diagnostik für den Behandlungserfolg aus oder sind durch die Anwendung der digitalen Volumentomographie deutlich bessere Ergebnisse zu erwarten?

Laut § 23 der Röntgenverordnung muss der gesundheitliche Nutzen deutlich größer sein als das Strahlenrisiko. Besondere Vorsicht ist daher bei Kindern und Jugendlichen geboten, bei denen mögliche Folgeschäden am meisten ins Gewicht fallen.

Abb. 6: Darstellung eines Odontoms regio 17, 16, 15, axial, coronal und sagittal.
Abb. 6: Darstellung eines Odontoms regio 17, 16, 15, axial, coronal und sagittal.

Die digitale Volumentomographie hat sich bei ausgewählten Problemstellungen der Hartgewebsdiagnostik etabliert: Vor allem bei knöchernen Kiefergelenkserkrankungen, Traumata knöcherner Strukturen, bei der Lokalisation von Fremdkörpern im Kiefer, bei Fehlbildungen des Kiefers und in der Implantologie (Abb. 6), beispielsweise bei größeren anatomischen Abweichungen, bei Vorerkrankungen in der Kieferhöhle, Komplikationen nach der Implantation oder bei speziellen Therapiekonzepten wie Sofortversorgungen kann die dreidimensionale Bildgebung sinnvoll sein.

Ist die zweidimensionale Diagnostik nicht eindeutig, kann die DVT auch in anderen Bereichen von Vorteil sein, etwa in der Prothetik, bei Zahnextraktionen, in der Parodontologie oder Endodontie. Bringen zweidimensionale Verfahren keine zufriedenstellenden Ergebnisse, etwa wenn chirurgische Eingriffe in der Nähe stark gefährdeter anatomischer Strukturen notwendig sind oder die Behandlung eines dentalen Traumas mit OPTG schwer planbar ist, kann die DVT wertvolle Daten liefern.

Handhabung & Abrechnung

Die Anschaffung eines digitalen Volumentomographen kann für spezialisierte Praxen sehr sinnvoll sein, ist aber mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Oftmals sind bauliche Veränderungen notwendig, die bei der Kalkulation zu den Anschaffungskosten des Geräts addiert werden müssen.

Die Kostenerstattung der DVT-Aufnahmen gestaltet sich nicht einheitlich. Gesetzlich versicherte Patienten müssen die Kosten selbst tragen, da diese spezielle Röntgenaufnahme nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen enthalten ist und somit nicht abgerechnet werden kann. Privatversicherte oder Patienten mit einer privaten Zusatzversicherung haben grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der Kosten durch die privaten Krankenversicherungen. Voraussetzung ist jedoch die rechtfertigende Indikation für eine DVT-Röntgenaufnahme, die nur ein Zahnarzt, der im Besitz des DVT-Fachkundenachweises ist, stellen darf.

Perspektiven

Da die Technologie der 3D-Diagnostik noch sehr neu ist, besteht weiterhin Forschungsbedarf, um die Datenlücken zu füllen. Zwar gibt es nur wenige Studien mit hohem Evidenzgrad, die DVT und klassisches Röntgen vergleichen, doch zeigen die vorliegenden Daten und Abhandlungen, dass mit der digitalen Volumentomographie Fortschritte zum Wohl des Patienten gemacht wurden. Das dürfte der Grund sein, warum die Anwendung des Verfahrens immer mehr Verbreitung findet.

Literatur:

  1. Claus et al.: Dental x-rays and risk of meningioma. In: pubmed.
  2. Ralf Schulze et al.: s2k-Leitlinie Dentale digitale Volumentomographie. In: AWMF online.
  3. Thomas Veigel: DVT: 3D-Röntgendiagnostik, ein Fortschritt für den Patienten? In: jameda Expertenratgeber.
  4. Matthias Schneider: Radiologische Bildgebung in der Zahnheilkunde. In: Zahnmedizin up2date 2013 (5).
  5. Volker Strunz: DVT immer reizvoller für die Praxen. In: DZW 2009 (2).
  6. Dennis Rottke: Digitale Volumentomografie: Was man wissen muss. In: zmk aktuell.
  7. Sebastian Bürklein, Christian Späth, Peter Jöhren: Dreidimensionale Bildgebung in der Zahnheilkunde. In: DIGITAL_DENTALNEWS 2009 (3).
  8. Christina Otto: Untersuchungen dreidimensionaler DVT-Datensätze im Vergleich mit zweidimensionalen OPTG-Aufnahmen in der zahnmedizinischen Routine-Diagnostik. Eine retrospektive Studie.
  9. Dieter Dirksen et al.: Hirntumore nach zahnärztlichem Röntgen – ein Nachtrag. In: zm online 2013 (13).
  10. Röntgen: Nutzen und Risiko. Bundesamt für Strahlenschutz.

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