Anspruchsvolle Patientengruppen: der richtige Umgang – Teil 1

Wir alle möchten wertschätzend behandelt werden. Unabhängig davon, wie alt wir sind, woher wir kommen oder welche ethnische Zugehörigkeit uns auszeichnet – wir wünschen uns einen respektvollen Dialog mit unseren Mitmenschen, auch in der zahnärztlichen Praxis. Doch der Alltag konfrontiert uns beinahe täglich mit dem Gegenteil von wertschätzender Kommunikation. Begegnungen sind nicht selten voller Missverständnisse, setzen unsere Geduld auf die Probe und strapazieren unser Nervenkostüm.
Die gute Nachricht: Es gibt einen Weg heraus aus der unschönen Kommunikationswelt. Hierbei stellt Empathie die Königsklasse der wertschätzenden Kommunikation dar.
Je mehr Sie in der Lage sind, sich in andere Personen – in Ihre Patientinnen und Patienten – hineinzuversetzen, desto weniger werden Sie Ärger oder Enttäuschung empfinden. Beginnen Sie noch heute, Ihre Wahrnehmung zu sensibilisieren für die Signale Ihres Gegenübers.
Ältere Patienten
Junge Menschen beschäftigen sich meist noch wenig mit den Gedanken an Gebrechlichkeit, Krankheit und Tod. Doch die Menschen werden statistisch gesehen immer älter und so gibt es natürlich auch viele ältere Patientinnen und Patienten in den Praxen. Die Funktionen ihrer Körper haben im Laufe der Jahre nachgelassen.
Deshalb gehen ältere Menschen meist viel langsamer. Die Alltagssituationen in der Praxis hingegen bestehen aus Routinegriffen, die zügig, gekonnt und schnell ausgeführt werden. Die Geschwindigkeit der älteren Patientinnen und Patienten passt oft nicht in dieses Zeitempfinden und zu den Forderungen des durchgetakteten Alltags.
Achten Sie auf Ihre eigene Gehgeschwindigkeit und passen Sie diese Ihren Patienten an. Was jüngere Menschen an Dynamik und Power an den Tag legen, empfinden Ältere mitunter als Hektik und Unruhe. Eine freundliche Mimik trägt viel dazu bei, eine positive Stimmung zu erzeugen.
Stresssignale auszusenden, bringt keine Vorteile und helfen auch nicht, Vorgänge zu beschleunigen. Ein chinesisches Sprichwort bringt es auf den Punkt: „Ob du eilst oder langsam gehst, der Weg bleibt immer derselbe.“
Bei vielen älteren Menschen lässt zudem die Sehfähigkeit nach. Sie können Dinge nicht gut erkennen und brauchen eventuell Hilfe von den Mitarbeitenden beispielsweise beim Lesen und Ausfüllen von Formularen. Auch haben ältere Patientinnen und Patienten sehr häufig ein schlechteres Gehör.
Dann kann es passieren, dass sie es nicht gleich mitbekommen, wenn sie aufgerufen werden. Sie reagieren nicht auf Ihren Aufruf und bleiben im Wartezimmer sitzen. Wenn jetzt die Assistentin mit einem genervten Ton ein weiteres Mal aufruft, ist der Beginn dieser Begegnung nicht mehr menschlichherzlich geprägt.
Nicht selten ist die Kommunikation mit älteren Menschen erschwert, weil die fachlichen Begriffe, die wir tagtäglich verwenden, für sie unbekannte Wörter sind. Außerdem sind sie oder fühlen sich oft einsam. Ihre Praxis nehmen sie manchmal als einen Ort wahr, an dem sie Menschen finden, mit denen sie sich unterhalten können oder mit denen sie ihre Leiden teilen möchten.
Hören Sie gut zu und wenn Sie mit der Behandlung beginnen möchten, können Formulierungen helfen wie: „Ich kann Sie gut verstehen. Das ist nicht leicht. Apropos Gesundheit … ich schaue jetzt gerne nach Ihren Zähnen, damit es Ihnen bald besser geht und Sie wieder glücklich lachen können. Öffnen Sie doch bitte Ihren Mund. Dann sehe ich nach, was ich für Sie tun kann.“ Die älteren Menschen werden diese Bemühungen wahrnehmen und dankbar dafür sein.
Patienten mit körperlicher oder geistiger Einschränkung
Bei Menschen mit Behinderung gilt: Erst fragen, dann helfen. Stellen Sie die direkte Frage: „Kann ich Ihnen weiterhelfen?“ Wenn die Hilfe abgelehnt wird, nehmen Sie das bitte ohne zusätzliche persönliche Bewertung an.
Auf keinen Fall sollten Sie sich der Patientin oder dem Patienten weiter aufdrängen. Menschen mit Einschränkungen wissen genau, wo und wie sie am zweckmäßigsten Hilfe benötigen. In diesem Fall werden sie Ihnen klare Hinweise geben, wie Sie sie am besten unterstützen können.
Gehbehinderung
Der Patient im Rollstuhl könnte bei Stufen in den Praxisräumen Unterstützung benötigen. Auch der Behandlungsstuhl kann ein unüberwindbares Hindernis für ihn sein, wenn er alleine von seinem Rollstuhl aus darauf Platz nehmen möchte.
Blindheit/Sehbehinderung
Blinde Menschen können schnell erschrecken, wenn sie unvorhergesehen angefasst werden. Sprechen Sie deshalb immer die Patientin oder den Patienten an, bevor Sie sie berühren.
Wichtig für Sie zu wissen ist, dass beim Gehen Blinde sich bei Ihnen einhaken – nicht umgekehrt. Hindernisse, die vor Ihnen liegen, kündigen Sie am besten verbal an.
Hörbehinderung
Bei schwerhörigen und tauben Menschen sollte Ihr Gesicht gut erkennbar sein, denn wenn Sie sprechen, lesen diese Patientinnen und Patienten von Ihren Lippen (mit) ab. Wenn Sie langsam und deutlich in kurzen Sätzen sprechen, reicht das völlig aus. Sie brauchen nicht laut zu schreien.
Es kann hilfreich sein, wenn Sie wichtige Dinge in Stichpunkten zusätzlich aufschreiben. Bei tauben Menschen hat es sich bewährt, wenn Sie Dinge und Vorgänge erst vormachen und dann wiederholen, während Sie die Anweisung nochmals aussprechen.
Sprachbehinderung
Hören Sie Patientinnen und Patienten mit sprachlichen Einschränkungen gut zu. Hier ist Ihr Einfühlungsvermögen gefragt – das Zuhören und Verstehen erfordern sehr viel Konzentration, Verständnis und Geduld.
Wenn Sie sprechen, achten Sie darauf, dass Sie deutlich sprechen. Das heißt allerdings nicht, dass Sie in eine Art Babysprache verfallen dürfen – auch nicht, wenn Sie mit einem Kind mit sprachlicher Behinderung sprechen.
Geistige Behinderung
Menschen mit einem geistiger Behinderung benötigen oft Anweisungen und eine Aufsicht. Meist kommen sie daher in Begleitung. Wenn Sie eine Frage haben, stellen Sie die Frage zunächst dem geistig eingeschränkten Menschen.
Bitte wenden Sie sich erst dann an die Begleitperson, wenn Sie keine (für Sie ausreichende) Antwort bekommen oder eine Rückmeldung erhalten, die Sie nicht verstehen. Da zu viele Informationen diese Patientinnen und Patienten schnell überfordern, ist es gut, jeweils nur eine Anweisung zu geben.
Im zweiten Teil des Artikels lesen Sie, worauf Sie beim Umgang mit Kindern achten sollten, was bei Sprachbarrieren hilft und welche Tricks helfen, für eine angenehme Atmosphäre und gute Laune in der Praxis zu sorgen.