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Werbung des Zahnarztes: Was ist erlaubt und wo sind der Kreativität Grenzen gesetzt?

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In den vergangenen Jahren hat das Werberecht für Zahnärzte eine zunehmende Liberalisierung erfahren. Während Zahnärzte einst einem vollständigen Werbeverbot unterlagen, mussten die Zahnärztekammern in den letzten Jahren die zahnärztliche Werbung zunehmend gestatten. Es zeigt sich insoweit also eine positive Entwicklung. Doch was ist erlaubt und wo sind dem Zahnarzt bei der Durchführung von Werbemaßnahmen Grenzen gesetzt? Darüber soll dieser Artikel einen kurzen Überblick geben.

I. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Die Liberalisierung des Werberechts der freien Berufe im Gesundheitswesen ergibt sich insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach sind Einschränkungen des Werberechts auch für Angehörige verkammerter Berufe an den Grundrechten, insbesondere an Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG), zu messen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts genüge den grundgesetzlichen Anforderungen und dem Gemeinwohlinteresse weder ein pauschales Werbeverbot noch eine vollständige Aufhebung sämtlicher Beschränkungen des Werberechts.

Den freien Berufen sei letztlich solche berufswidrige Werbung und Anpreisung untersagt, die nicht mehr einer sachgerechten Information diene, sondern bei der kommerzielle Aspekte im Vordergrund stünden. Erhalte der Betrachter der Werbung aufgrund der Art und Weise der Werbemaßnahme den Eindruck, das kommerzielle Interesse könne das therapeutische Interesse des Zahnarztes verdrängen, sei dies mit dem Berufsbild von Zahnärzten unvereinbar.

II. Berufswidrige Werbung (§ 21 Abs. 1 MBO-Z)

Nach § 21 Absatz 1 Satz 1 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-Z) sind dem Zahnarzt sachliche Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufswidrige Werbung ist ihm hingegen gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 MBO-Z untersagt. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 MBO-Z ist berufswidrig insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Eine solche berufswidrige Werbung darf der Zahnarzt durch Dritte weder veranlassen noch dulden (§ 21 Abs. 1 Satz 4 MBO-Z). Überdies ist es Zahnärzten nach § 21 Abs. 4 MBO-Z untersagt, ihre zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten.

III. Einzelfälle aus der jüngeren Rechtsprechung

Die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine zahnärztliche Werbung die Grenze der Berufswidrigkeit im Sinne des § 21 MBO-Z überschreitet, bereitet häufig Schwierigkeiten. Die nachfolgenden ausgewählten Beispiele aus der jüngeren Rechtsprechung sollen die im Einzelfall oft problematische Einordnung erleichtern und erste Anhaltspunkte bieten:

1. Ankündigung von Qualifikationen

a) Gebiets- bzw. Qualifikationsbezeichnungen

Berufswidrig ist das Führen von Zusätzen, die im Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu Irrtümern führen können. Hintergrund ist, dass hierdurch das Vertrauen in den Arztberuf untergraben werden kann und damit langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung entstehen können. Sinn und Zweck der fachzahnärztlichen Gebietsbezeichnungen ist, dass Fachzahnärzte mit ihrer besonderen Qualifikation werben dürfen, damit Patienten die Auswahl eines Behandlers auch vom Vorhandensein einer solchen Qualifikation abhängig machen können.

Die Werbung eines Zahnarztes mit der Zuordnung zu Gebiets- oder Tätigkeitsbezeichnungen kann daher bei Verwendung von Gebietsbezeichnungen, die keine förmliche Weiterbildung zu erwerbende Qualifikation betreffen, irreführend sein.

b) Besondere Expertise

aa) Spezialist

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.01.2002 (Az. 1 BvR 1147/01) ist unter einem Spezialist ein Fachmann zu verstehen, der über besondere Erfahrungen auf einem Gebiet verfügt, das enger ist als seine Gebietsbezeichnung.

bb) Expertenpraxis

Bei der Angabe als „Experte“ muss durch die in einer Praxis tätigen Zahnärzte der Nachweis geführt werden können, dass ihre Kenntnisse und Erfahrungen auf dem angekündigten Gebiet weit über dem Durchschnitt liegen. Hier gelten vergleichbare Maßstäbe wie beim Begriff des Spezialisten.

2. Zentrumsbegriff

Bei der Bezeichnung als „Zentrum“ sind – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einführung Medizinischer Versorgungszentren – gewisse Liberalisierungstendenzen festzustellen beziehungsweise wird die im Einzelfall gegenständliche Frage der Eignung zur Irreführung teilweise nur sehr zurückhaltend angenommen.

3. Klinikbegriff

Im Bereich der Irreführung kommt es häufig zu Entscheidungen, die sich mit der Praxisbezeichnung des Zahnarztes beschäftigen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, hat mit Beschluss vom 14.07.2010 entschieden, dass die Bezeichnung „Zahnklinik“ irreführend ist, da sie bei potentiell Interessierten suggeriert, dass hier eine vollstationäre Behandlung geboten wird, wie sie auch in Universitäts- Kliniken oder Krankenhäusern mit einer Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie angeboten wird. Da in dem zu entscheidenden Fall die betriebene „Zahnklinik B.“ keine stationäre Behandlung anbot, erweist sich nach der Auffassung des Gerichts die Werbung aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise als irreführend, da der Verkehrskreis den Begriff der „Klinik“ gleichbedeutend mit dem des Krankenhauses verwendet.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass auch eine Konzession nach § 30 Gewerbeordnung (GewO) nicht per se zur Bezeichnung als „Klinik“ berechtigt.

4. Ortsbezeichnungen

Firmierungen wie beispielsweise „Zahnärzte Berlin“ können als sogenannte Alleinstellungswerbung betrachtet werden. Es kann der Eindruck entstehen, die so werbenden Zahnärzte seien die einzigen Zahnärzte in Berlin oder eine offizielle Stelle. Eine solche Bezeichnung könnte nur dann in Betracht kommen, wenn tatsächlich eine Alleinstellung der oder des Werbenden auf dem Gebiet in der angegebenen Region vorliegt.

5. Vorher-Nachher-Bilder

Nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) sind Vorher- Nachher-Bilder mit der Maßgabe zulässig, dass außerhalb der Fachkreise „für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel“ nicht mit einer bildlichen Darstellung geworben werden darf, „die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers auf Grund von Krankheiten oder Schädigungen oder die Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwendet“ (vgl. § 11 Absatz 1 Nr. 5 HWG). Die in § 11 HWG zusammengefassten Werbeformen sollen insbesondere verhindern, dass durch suggestive oder marktschreierische Werbung kranke und besonders ältere Menschen zu Fehlentscheidungen bei der Beseitigung von Krankheiten oder Körperschäden verleitet werden.

Überdies können auch auf der Grundlage des allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Irreführungsverbotes des § 5 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Vorher-Nachher Bilder unzulässig sein.

6. Werbegaben und Prämien

Die Gewährung von Werbegaben ist primär an den Voraussetzungen des § 7 HWG zu messen. Im Grundsatz bestimmt § 7 HWG ein Verbot der Wertreklame, das heißt, der Absatzförderung durch Gewährung von Vergünstigungen im Heilmittelwerberecht.

Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben in Form von Waren und Dienstleistungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, es sei denn, es liegt einer der Ausnahmetatbestände des § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 HWG vor. Hinsichtlich des Ausnahmetatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG betreffend Geld- und Naturalrabatte ist zu beachten, dass nach der sogenannten Bonus-Taler Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Frage der Zulässigkeit einer Rabattgewährung nicht allein an den in Nr. 2 genannten Voraussetzungen zu messen ist, sondern darüber hinaus auch die Geringwertigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. HWG erforderlich ist.

Bei Werbung mit Unterschreitung von Mindestgebührensätzen nach zahnärztlichem Gebührenrecht (§ 2 GOZ) kommt eine Ahnung mit dem Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG in Betracht.

Auch die Werbung mit Pauschalpreisen ist unzulässig. Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) bestimmt einen Gebührenrahmen, innerhalb dessen sich der Zahnarzt nach sachlich medizinischen Kriterien wie Zeitaufwand, Schwierigkeit der Behandlung etc. das Honorar festlegt. Die Vorgaben der Gebührenordnungen dienen dem Patienten und damit dem Verbraucherschutz und sollen durch die Festlegung von Mindesthonoraren die Behandlungsqualität sichern. Die zahnärztliche Gebührenordnung ist zwingendes Preisrecht für alle praktizierenden Zahnärzte. Ziel der Gebührenordnung ist, dass zahnärztliche Leistungen transparent abgerechnet und leistungsgerecht vergütet werden. Sie gilt als Marktverhaltensregel im Sinne des Wettbewerbsrechts und muss daher in der täglichen Abrechnungspraxis beachtet werden.

Ebenso fällt das Angebot von kostenlosen Untersuchungen im Rahmen von Aktionen, wie beispielsweise Tag der offenen Tür, darunter. Sowohl das Oberlandesgericht München (Urteil vom 08.10.2009, Az. 6 U 1575/08 und Az. 6 U 2160/08) als auch das Landgericht Nürnberg- Fürth (Urteil vom 02.02.2012, Az. 1 HKO 10043/11) werten das Anbieten kostenlos erbrachter ärztlicher Leistungen als Verstoß gegen § 7 HWG.

7. Nutzung von Internetplattformen

Ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne des UWG liegt vor, wenn Zahnärzte von gewerblichen Internetanbietern Rabatt- bzw. Gutscheinangebote einstellen lassen, da sie damit gegen die zahnärztliche Berufsordnung verstoßen. Das Landgericht Köln hat in zwei Entscheidungen – entsprechende Aktionen von Zahnärzten betreffend – festgestellt, dass in derartigen Groupon-Werbeaktionen von Zahnärzten eine unzulässige Werbung mit Festpreisen liegt, da die maßgeblichen Vorschriften der GOZ hinsichtlich der Bemessung des zahnärztlichen Honorars nicht eingehalten werden.

8. Recall-Systeme

Zulässig sind nicht aufdringliche Erinnerungsschreiben an Patienten einer Praxis, die die Erinnerung an eine Wiedereinbestellung ausdrücklich wünschen; nicht hingegen eine unaufgeforderte Wiedereinbestellung ohne medizinische Indikation. Insoweit ist auch nicht zu unterscheiden, ob der Adressat bereits Patient ist oder nicht.

IV. Fazit

Stehen Ziel und Zielgruppe der Werbemaßnahme fest und fügt sich diese Maßnahme in das Marketingkonzept der Zahnarztpraxis ein, sollte die Zulässigkeit der konkreten Werbemaßnahme geprüft werden. Durch eine kompetente Prüfung vor Umsetzung der Werbemaßnahme können die im Falle einer unzulässigen Maßnahme drohenden Abmahnkosten und berufsrechtlichen Sanktionen vermieden werden. Zahnärzte sollten sich jedoch nicht durch die Vielzahl an Rechtsprechung und Regelungen in ihrer Kreativität beschränken lassen. Vielmehr sollten sie ihre Chancen, die sich aus der Liberalisierung des zahnärztlichen Werberechts für sie ergeben, ergreifen und diese in zulässige Werbemaßnahmen umsetzen.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Rechtsanwältin Stephanie Lamp