Recht


Zulässig oder nicht: Erbringung zahntechnischer Leistungen in einer MVZ GmbH

© ikonoklast_hh / fotolia.com
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Eine der im Zusammenhang mit zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren oft diskutierte Frage ist die nach der Zulässigkeit des Betriebs eines Eigenlabors durch eine MVZ GmbH.

Aufgekommen ist diese Frage dadurch, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) Nordrhein im vergangenen Jahr in einem Brief an zugelassene zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren, die in der Rechtsform der GmbH betrieben werden, angekündigt hat, die Erstattung von Praxislaborleistungen als unzulässig einzustufen und diese nur noch so lange zu erstatten, bis ein – offenbar von ihr angestrengtes – Gerichtsverfahren eine Klärung in dieser Sache gebracht hätte. Die von der KZV Nordrhein vertretene Ansicht, dass eine MVZ GmbH keine zahntechnischen Leistungen erbringen bzw. eine MVZ GmbH kein Eigenlabor betreiben darf, stützt sie auf die Berufsordnung für Zahnärzte.

Danach dürften zahntechnische Leistungen nur im Eigenlabor eines Zahnarztes erbracht werden. In der Berufsordnung sei nicht geregelt, dass dies einer MVZ GmbH gestattet sei. Auch sonst sei im Gesetz nicht geregelt, dass die Führung eines Eigenlabors einer MVZ GmbH erlaubt sei. Eine MVZ GmbH, welche mehrere Praxen betreibe, könne die Laborleistungen von einem Standort nicht an einen anderen Standort liefern, da das nur einem gewerblichen Labor vorbehalten sei und anderenfalls andere beliefert würden.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine MVZ GmbH zahntechnische Leistungen erbringen darf oder ob sie alle zahntechnischen Leistungen an ein gewerbliches Dentallabor vergeben muss.

Vereinzelte Stimme für Unzulässigkeit

In der juristischen Diskussion hat eine solche Sichtweise in der letzten Zeit vereinzelt Zustimmung erfahren (Niggehoff, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 18, Rn. 113; derselbe, in: Ratzel u. a., Festschrift 20 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, S. 294). Die Argumente seien, dass die berufsrechtliche Erlaubnis des § 11 Musterberufsordnung Zahnärzte (MBO-Z) auf Medizinische Versorgungszentren mangels Anwendung der Berufsordnung nicht durchschlage, eine GmbH gewerblich tätig sei und die dort angestellten Zahnärzte keine „eigenen“ Patienten hätte, für die sie Laborleistungen erbrächten, da der Behandlungsvertrag mit der MVZ GmbH geschlossen werden.

Herrschende Meinung: Praxislaborleistungen können in MVZ GmbH erbracht werden

Dogmatisch überzeugt diese Argumentation nicht. Von der herrschenden Meinung wird sie daher abgelehnt (Jahn, in: Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1800, Rn. 95 ff.; Frigger, in: Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, § 88 SGB V, Rn. 18; Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungsausschlusses durch die KZV Nordrhein (www.ppp-rae.de; nur online verfügbar), Bischoff, DZW 12/2017, S. 19). Auch in zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren bzw. bei deren Trägergesellschaften können Praxislabore vorgehalten werden.

Folgende Gesichtspunkt sind dabei entscheidend:

  • Auch Zahnärzte in Medizinischen Versorgungszentren sind grundsätzlich berechtigt, alle Teilbereiche der Zahnmedizin abzudecken und – sofern sie Teil der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung sind – abzurechnen. Die entsprechende Qualifikation haben sie als Teil ihres Zahnmedizinstudiums erlangt. Insoweit sind Zahntechnik bzw. Zahnersatzkunde gemäß §§ 28 Abs. 1 Ziff. IV, 50 Approbationsordnung für Zahnärzte (ZÄPrO) originäre Prüfungsleistung der zahnärztlichen Examina. Es erscheint nicht sachgerecht, dass der Gesetzgeber eine derartige Einschränkung bei der Schaffung der Möglichkeit der Leistungserbringung in Medizinischen Versorgungszentren im Sinn hatte. Zudem kommen systemische Argumente hinzu.
  • In § 73 Abs. 2 Nr. 2a SGB V ist die Versorgung – nicht die Verordnung – mit Zahnersatz Teil der vertragszahnärztlichen Versorgung. Ursprünglich war dies sogar in Nr. 2 – zahnärztliche Behandlung – ausdrücklich mitgeregelt und sollte nur im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes ausdrücklich als Leistungsbestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung klargestellt werden (Sproll Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 73 SGB V Rn.32).
  • Unschädlich ist auch, dass in § 88 SGB V nur von „Zahnärzten“ die Rede ist. § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V spricht davon, dass die auf Ärzte bezogenen Regeln auch für Zahnärzte, Psychotherapeuten und MVZ gelten (Bischoff DZW 12/2017, 19). Zwar ist hier nicht von Ärzten, sondern explizit von Zahnärzten die Rede – die Situation ist jedoch vergleichbar, da Ärzte als Hersteller von Zahnersatz von vornherein nicht in Frage kommen. Dafür spricht auch eine Anwendung der Art. 3, 12 GG, die auch auf GmbH anzuwenden sind (Bischoff DZW 12/2017, 19).
  • Die Herstellung des Zahnersatzes erfolgt für den Zahnarzt, nicht für den Patienten. Auch bei gewerblichen Dentallaboren kommt kein Vertrag zwischen Patient und Dentallabor zu Stande.

Zudem sprechen keine Argumente dagegen, wenn unter dem Dach der MVZ-Träger- GmbH das Labor auch für Dritte tätig wird, solange die Eigenlaborleistungen mit dem entsprechenden Abschlag in Rechnung gestellt werden und die Voraussetzungen der Handwerksordnung, insbesondere der Meisterzwang, hinsichtlich der Drittleistungen eingehalten werden. Die jeweiligen Leistungsbedingungen müssen beachtet werden.

Letztlich ist es erstaunlich, dass diese Frage überhaupt diskutiert wird: So ist bislang unbestritten, dass beispielsweise Universitätskliniken Eigenlabore unterhalten dürfen. Diese Labore werden auch nicht ausschließlich zur Ausbildung der Studierenden genutzt.

Fazit

Das zeigt, dass es kein tragfähiges Argument gibt, die Erbringung zahntechnischer Leistungen in einer MVZ GmbH in Frage zu stellen. Zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren, denen hier Kürzungen oder Regresse angedroht werden, sind gut beraten, den Rechtsweg einzuschlagen.  

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Rechtsanwältin Stephanie Lamp