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Ein Jubiläumskongress für die deutsche Implantologie

50. Internationaler Kongress

Der letztjährige Jubiläumskongress fiel dem Coronavirus zum Opfer. Deshalb hat die DGZI ihren 51. Geburtstag groß gefeiert. Mit 50 Referenten und gut 250 – mehr ließen die Corona bedingten Konzepte nicht zu – Teilnehmerinnen und Teilnehmern, 75 Table Clinics, Übertragungen von zwei Live-OPs sowie eine digitale Posterpräsentation standen am ersten Kongresstag im Fokus. Der Samstag stand im Zeichen der Wissenschaft: Namhafte Referenten präsentierten herausragende wissenschaftliche Vorträge, abgerundet mit Kursen für das Praxispersonal und einer Dentalausstellung mit 25 Industriepartnern.

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Keine Frage, sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf den Ablauf und die Kongressstruktur beschreitet die älteste europäische Fachgesellschaft auch im 51. Jahre ihres Bestehens bewusst Neuland! Ziel ist eine Zukunftsorientierung, verbunden mit einer organisatorischen Modernität, inhaltlicher Attraktivität sowie einer neuen Form der Präsentation von Sichtweisen.

Der DGZI-Vorstand zusammen mit Alt-Präsident Prof. Dr. Gyula Takacs. DGZI
Der DGZI-Vorstand zusammen mit Alt-Präsident Prof. Dr. Gyula Takacs.
DGZI-Präsident Dr. Georg Bach referiert über „Implantologische Triumphe und Tragödien“. DGZI
DGZI-Präsident Dr. Georg Bach referiert über „Implantologische Triumphe und Tragödien“.

Zukunftspodium

Ein erster Höhepunkt gleich zu Kongressbeginn. Dr. Georg Bach, Präsident der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Implantologie, sprach über „Triumphe und Tragödien in der Implantologie“. Ausgangspunkt seiner Ausführungen war die Gründung der DGZI vor 51 Jahren in Bremen. Die damals frischgebackene Fachgesellschaft sah als Aufgaben eine Wissensvermittlung auf dem Gebiet der Implantologie und eine Förderung dieser damals noch jungen Fachdisziplin vor.

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Ebenfalls im Fokus der DGZI 1970 stand die Zusammenarbeit mit anderen Fachgesellschaften und der Schulterschluß mit der Zahntechnik. Anhand zweier Patientenfälle vermochte der Freiburger Oralchirurg darzustellen, dass es zweifellos gelingt mit Implantaten nachhaltige Ergebnisse über Jahrzehnte hinweg zu erzielen und dass in den vergangenen fünf Jahrzehnten unglaubliche Fortschritte erzielt werden konnten. Die heutigen Ideale und Ziele der DGZI indes sind die gleichen, wie die des Jahres 1970, hier hat sich keine Veränderung ergeben. Um für die nächsten Jahre gewappnet zu sein, setzt die DGZI konsequent auf Fortbildung und Wissensvermittlung mit klarem Fokus auf junge Kolleginnen und Kollegen und auf Zahntechniker. Aber auch die kollegiale und konstruktive Zusammenarbeit mit anderen implantologischen Fachgesellschaften und Gremien ist ein Ziel der DGZI.

Mit Prof. Dr. Dr. Dr. Sharam Ghaanati sprach als nächster Referent ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der biologisierten Zahnmedizin. Sein Vortrag über den Einsatz von Blutkonzentraten startete mit einem überraschenden Statement: „Vergessen Sie alle Einteilungen von biologischen Materialien bezüglich Herkunft etc. – entscheidend ist immer nur die individuelle Immunantwort!“ Sechs Studien wurden von Prof. Ghanaati präsentiert und bezüglich ihrer Relevanz für die tägliche implantologische Praxis gewertet.

Anhand ausgezeichnet dokumentierter Fallbeispiele konnte der Frankfurter Kieferchirurg, der an der dortigen kieferchirurgischen Abteilung eine chirurgisch-onkologische Abteilung leitet, darstellen, wie wertvoll der Einsatz von PRF-Membranen gerade bei der Socket Preservation sein kann und wie ein schnellerer und biologischer Wundverschluss und somit eine wesentlich verbesserte Wundheilung erzielt werden kann. Ghanaati empfiehlt ein konsequentes Überstopfen der Alveole. Hybridmaterialien sieht der Frankfurter Kieferchirurg als erfolgversprechende Option für die Zukunft.

An der Universitätszahnklink Freiburg ist seit geraumer Zeit Prof. Dr. Katja Nelson in der Abteilung für translationale Implantologie tätig. Sie hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten vor allem auf dem Gebiet der digitalen Optionen ein einzigartiges Expertenwissen angeeignet. Vor diesem Hintergrund verwunderte die erste Take-home-Message: „Es reicht nicht, den Patienten mit Implantatwunsch direkt zur Anfertigung eines DVTs zu schicken, nach wie vor unersetzlich ist eine gründliche klinische Untersuchung!“ Denn die Definition klarer Regeln und deren Einhaltung sieht sie als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Implantologie.

Besonderen Augenmerk legt Nelson auf die Datenerhebung als Grundlage für die Ermöglichung von Zahnersatz mit höchster Passgenauigkeit. „Mit einem DVT und einem digitalen Scan können Sie vieles machen“, so Nelson. Abschließend betonten Prof. Nelson und Prof. Ghanaati, dass eine sichere Anwendung der von ihnen präferierten Verfahren eine intensive und durchaus aufwändige Einarbeitungsphase bedingt.

Die Präsidenten von DGOI, DGZI und DGI (von links): Prof. Smeets, Prof. Grötz, Dr. Bach, Prof. Grubeanu und Prof. Al-Nawas. DGZI
Die Präsidenten von DGOI, DGZI und DGI (von links): Prof. Smeets, Prof. Grötz, Dr. Bach, Prof. Grubeanu und Prof. Al-Nawas.
75 Table Clinics fanden während des Kongresses statt. DGZI
75 Table Clinics fanden während des Kongresses statt.

Live-Operationen

Bereits eine Tradition stellen bei DGZI-Kongressen die Live-Operationen dar:

Der Hamburger Fachzahnarzt Dr. Jan Klenke führte eine aufwändige Rezessionsdeckung mit einer azellulären dermalen Matrix unter Verwendung der Tunneltechnik durch. Mit deren Insertion wird die postoperative Morbidität wesentlich minimiert, da die Entnahme eines autologen Bindegewebstransplantats entfällt.

In einem zweiten Live-Stream zeigte der in Trier tätige DGOI-Präsident Prof. Dr. Daniel Grubeanu seine Ideen, sein Vorgehen und Erfahrungen für und mit Sofortversorgungskonzepten. Er wählte hierfür einen sehr anspruchsvollen Patientenfall, ein nicht erhaltungswürdiger Zahn 23 musste entfernt werden. Geplant war eine Sofortimplantation mit Sofortbelastung, die er Schritt für Schritt darstellte, beginnend mit der Planung, der Implantatinsertion bis hin zur Eingliederung der provisorischen prothetischen Restauration. Hierfür wurde der entfernte Zahn gekürzt und ausgehöhlt und dann zur weichteilstabilisierenden Krone umgebaut. Eindrücklich: Die Weichteile wurden derart gestützt (auch unter Verwendung einer PRF-Membran), dass keinerlei posttraumatischer Verlust zu verzeichnen war. Sehr techniksensitiv und aufwändig, aber das Ergebnis bestätigte die Richtigkeit des dargestellten Procedere.

Der „Wissenschaftstag“

Nachdem der erste Kongresstag stark praktisch ausgerichtet war, standen am zweiten Kongresstag speziell die wissenschaftlichen Aspekte im Mittelpunkt. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme zu aktuellen Trends ging es aber auch hier verstärkt um die Frage, wie wird die Implantologie der Zukunft aussehen?

Und hier kamen die geladenen Geburtstagsgäste zum Zug – Präsidenten und Vorstandsmitglieder befreundeter implantologischer und anderer Fachgesellschaften referierten und stellten neueste Trends und Visionen und deren Relevanz für die Praxis vor. Drei Themenblöcke zogen das Auditorium in den Bann.

Session 1 – Knochen und Hartgewebe

DGI-Präsident Prof. Dr. Dr. Knut Grötz sprach über Knochenaugmentation bei lokaler und systemischer Kompromittierung. In einem furiosen Ritt durch die Geschichte der Augmentationschirurgie stellte Grötz dar, wie sich „alle Paradigmen überholt haben!“ Zwar gibt es weiterhin vereinzelt Bedarf an Beckenkammtransplantaten, aber deren Zahl nimmt immer mehr ab. Dies wird vor allem durch osteosynthetische Verfahren und Hilfsmittel möglich.

Letztendlich entscheidend ist eine systematische Einteilung der Patienten mit einer systemischen und übergeordneten Kompromittierung, welche, so Grötz, 95–97 % aller Patienten mit kompromittiertem Knochenangebot betrifft. Mit diesem Entscheidungslogarithmus kann dann auch die Wahl auf Vermeidung einer Augmentation zugunsten durchmesserreduzierter und kurzer Implantate fallen. Credo des Wiesbadener Kieferchirurgen: Ziel und Schlüssel ist die personalisierte Implantologie!

Der Ärztliche Direktor der Mainzer Kieferchirurgie Prof. Dr. Bilal Al-Nawas zeigte die immense implantologische Lernkurve der vergangenen fünfzig Jahre auf, was Implantat, Knochen und Weichgewebe betrifft. Eloquent stellte der Mainzer Hochschullehrer fest „in der Implantologie ist es wie mit dem Minirock – es kommt alles wieder!“ Und in der Tat, die Literaturrecherchen, die Al-Nawas bezüglich Publikationen aus den siebziger Jahren durchgeführt hatte, belegten, dass es durchaus zum dortigen Zeitpunkt Techniken und Methoden gab, die funktionierten und die Patienten zufriedenzustellen vermochten. Diese wurden verfeinert und mit neuen Optionen ergänzt, hier stellte die Konzentration auf Titan als Implantatmaterial einen ersten wichtigen Schritt dar. Die neunziger Jahre waren gekennzeichnet durch die Entwicklung neuer Implantatsysteme, die teilweise bis heute auf dem Markt sind und neue Verfahren mit vorhersagbarem Ergebnis, wie der Sinuslift, etablierten sich.

Die Jahre nach der Jahrtausendwende waren durch die Erkenntnisse über implantologische Spätkomplikationen biologischer und technischer Natur gekennzeichnet. Die Geschwindigkeit der Osseointegration konnte durch Entwicklung neuer Implantatoberflächen wesentlich erhöht werden. Das Handling mit der Gingiva-Manschette wurde durch Entwicklung von Implantaten mit Platform Shift wesentlich verbessert, die dem Zusammenspiel von Gingiva und Knochen zuträglich ist. Einen letzten Entwicklungsschritt stellte die Etablierung durchmesserreduzierter und extrem kurzer Implantate und solcher aus Zirkondioxid dar.

Über den Tellerrand hinaus schaute Prof. Dr. Christian Gernhardt (Halle), der darstellte, wann der Zahnerhalt und wann das Implantat die bessere Wahl ist. „Ich bin der Zahnerhalter, der den Implantaten im Wege steht“, so seine launigen Einführungsworte. Dass sich die aktuelle Entscheidungsfindung heute wieder mehr in Richtung Zahnerhalt und Wurzelbehandlung bewegt, ist vor allem neuen Techniken und Verfahren und industriellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Endodontologie zu verdanken. Aber auch die Diskussion um Periimplantitis war dieser Entwicklung zuträglich. Die Definition einer Wurzelbehandlung im Sinne Gernhardts ist die Behandlung einer infektiösen Krankheit. Hier spielt die Schnittstelle Endodontologie-Humanmedizin eine ganz große Rolle im Sinne einer individualisierten Medizin.

Session 2 – Neue Konzepte

Prof. Grubeanu würdigte in seinem Impulsvortrag die Bedeutung der Sofortimplantation in der täglichen Praxis, nachdem er sie am Vortag bereits entsprechend eindrucksvoll präsentiert hatte. Wichtig war es dem Trierer Implantologen festzustellen, dass es immer – unabhängig von der Füllung der Alveole – zu resorptiven Veränderungen kommt. Die 1 mm subkrestale Positionierung in optimaler dreidimensionaler Position ist eine Grundvoraussetzung für diese Versorgungsform. Ausgehend von den Wolf‘schen Postulaten aus dem Jahre 1892 (!) forderte Grubeanu den Knochen zu belasten, um ihn zu konservieren. Ausgezeichnet dokumentierte Fallbeispiele unterstützten das Fazit Grubeanu‘s „Sofortbelastung und Sofortimplantation bedeutet Freude für Patienten und Zahnarzt zugleich.“

Prof. Ralf Smeets (Hamburg) definierte Risikofaktoren in der Implantologie und postulierte die Wichtigkeit der Beachtung von Vitaminmangel, Stoffwechselerkrankungen und Medikamenten.

Der Hamburger Kieferchirurg wies darauf hin, dass 30 % unserer Patienten einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel aufweisen und empfahl die Substitution vor großen implantologischen Eingriffen (z. B. beim Sinuslift). Auch die Folgen einer Einnahme von Protonenpumpenhemmern für unser Fachgebiet stieß auf hohes Interesse des Auditoriums.

Mit seiner Paradedisziplin wartete Dr. Dr. Wolfgang Jakobs auf. Der BDO-Vorsitzende sprach über Anästhesieverfahren in der Implantologie. Mit der Feststellung, dass psychosomatische Erkrankungen in den vergangenen Jahren über 30 % zugenommen haben, begann Jakobs seine Ausführungen und gab praxisrelevante Tipps zur zahnärztlichen Lokalanästhesie, aktuellen Sedierungsverfahren und zur Allgemeinnarkose. Die titrierte Gabe von Midazolam hat sich bei der Sedierung als Goldstandard mit hohem Sicherheitsrahmen etabliert.

Session 3 – Weichgewebe und Management

Die „Materialfrage“ stellte Prof. Florian Beuer, der über entsprechende Materialoptionen für die Implantatprothetik sprach. „Sehr oft sehe ich implantatprothetische Versorgungen mit exzellenter Chirurgie, aber nur mäßiger Prothetik, so der Berliner Hochschullehrer, „das ist doch eigentlich schade!“

Abhilfe sieht er in der konsequenten Ausnutzung materialspezifischer Potentiale. Hier nehmen die zahnfarbenen Materialien und unter diesen das Zirkonoxid eine ganz besondere Rolle ein, die sich bezüglich Ästhetik und Biokompatibilität als vorteilhaft erwiesen haben. Mit dem Versuch immer transluszentere Zirkonoxidmaterialien zu entwickeln, mussten allerdings auch Einbußen an Festigkeit akzeptiert werden, so dass im Seitenzahngebiet nur ZNO-Materialien der ersten und der zweiten Generation zum Einsatz kommen sollen. Aber auch die moderne Generation von Kunststoffen, so Beuer, ist aus der modernen Implantatprothetik nicht mehr wegzudenken, vor allem seit diese in CAD/CAM-Verfahren zu verarbeiten sind.

„Wie erzeuge ich optimale Gewebeverhältnisse?“, dies das Thema von Prof. Thorsten Auschill. Prof. Auschill ist an der Marburger Universität in der Abteilung für Parodontologie und periimplantäre Erkrankungen als Hochschullehrer tätig und wandte sich demnach sofort dem Themenbereich der Weichgewebsdefizite zu. Gleich zu Beginn seines Vortrages stellte Auschill klar, dass unbehandelt Parodontitis und Periimplantitis zu Weichteilverlusten führen. Er fokussierte seine Ausführungen auf Rezessionen und die Optionen zu deren Deckung.

DGZI-Past-Präsident Prof. Friedhelm Heinemann referierte über implantatprothetische Versorgungen und deren Potentiale. Er griff ein „altes Thema wieder auf“, wie er es in seinem Einführungswort formulierte, er widmete seine Ausführungen der Knochenstabilität um das Implantat herum. Dem Platform Switch kommt seiner Ansicht nach eine ganz zentrale Rolle zu. Auf der anderen Seite wird der Effekt der Stabilität durch einen Konus verstärkt. Heinemann postulierte – „wir müssen weg vom Knochen!“ Da der Konus indes eine höhere Frakturgefahr birgt und ggf. im Oberkieferfrontzahnbereich ästhetische Nachteile birgt, versuchte Heinemann bei einem Implantat beide Optionen verwirklichen zu können – sowohl Konus, als auch Platform Switch.

Den Abschlussvortrag des 50. DGZI Jahreskongresses steuerte ein weiterer DGZI-Past-Präsident bei – Prof. Frank Palm beantwortete die Frage, wie man alveolären Knochen nach Extraktion erhalten kann. Er leitet in Konstanz am Bodensee eine Hauptabteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und dort auch ein großes Ambulatorium. Er ist seit Jahren als eloquenter und engagierter Befürworter von Knochenersatzmaterialien bekannt.

Ein kurzes Fazit

Mit dem Kölner „50+1-Kongress“ wurde ein herausragendes und innovatives Fortbildungsereignis und ein würdiges Jubiläumsfest der ältesten europäischen implantologischen Gesellschaft geboten. Aber nicht nur das: Aus verschiedenen Blickwinkeln von Wissenschaft, Praxis, Politik und Industrie wurde eine neue Ebene der Interaktion erreicht. „Wir sind sehr froh, dankbar und glücklich über diesen schönen Jubiläumskongress, aber auch darüber, dass wir den Weg des Zukunftskongresses beschritten haben!“, so DGZI Präsident Dr. Bach.

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DGZI Urgesteine. DGZI
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