Die richtige Kombination
Neue Lösungen und Produkte machen die moderne Implantatprothetik zu einem wichtigen Wachstumsfeld. Die Kombination von Implantatteilen verschiedener Hersteller bietet Patienten und Zahnärzten neue Möglichkeiten. Doch viele Behandler fürchten, im Schadensfall haftbar zu sein. Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder erklärt, worauf Anwender achten sollten.
Die Nachfrage nach festsitzendem Zahnersatz auf Implantaten steigt. Der Markt ist in Bewegung: Nicht zuletzt in diesem IDS-Jahr bauen Dentalhersteller durch neue technische Verfahren und Materialien das Angebot stetig aus. Neue Produkte bieten Behandlern und Patienten heute mehr Wahlmöglichkeiten bei der effizienten Versorgung. Sekundärteile wie Fremd-Abutments können durch passende Anschlussgeometrien mit Implantaten verschiedener Hersteller kombiniert werden. Das erleichtert die Versorgung, insbesondere wenn der Patient verschiedene Implantate im Mund hat. Zudem ist die Verwendung dieser Nachahmerprodukte in der Regel eine preiswerte Alternative – gerade bei kostspieligen implantat-prothetischen Versorgungen ein wichtiges Argument für den Patienten. Doch viele Zahnärzte fürchten bei der Kombination von Nachahmerprodukten mit Original-Implantaten das Risiko, im Schadensfall haftbar zu sein. Um sich davor zu schützen, sollten Anwender nur Produkte kombinieren, die dafür durch die CE-Zertifizierung vorgesehen sind.
Die Zweckbestimmung gibt Kombinationsmöglichkeiten vor
Die sogenannte Zweckbestimmung der Hersteller regelt, ob und mit welchen anderen Produkten das Systemteil kombiniert werden darf. Ist die Verbindung mit dem Produkt eines anderen Anbieters ausdrücklich erlaubt, ist sie für den Anwender rechtlich unbedenklich. Kommt es zu einem Schadensfall, muss ein Gutachten nachweisen, dass Komplikationen erst durch die Kombination der Produkte entstanden sind. Denn jeder Hersteller ist für die Qualität seines Produkts verantwortlich – auch wenn dieses mit einem anderen kombiniert wird. Entscheidend ist bei der Haftungsfrage, dass die Kombination durch die CE-Zertifizierung abgedeckt ist. Empfiehlt ein Anbieter eine Kombination, die nicht CE-zertifiziert ist, haftet dieser Hersteller im Schadensfall, wie das Landgericht Frankfurt in einem Präzedenzfall entschieden hat. Das befreit Hersteller aber nicht von einer Haftung, wenn ihre Produkte Mängel aufweisen. Ein derartiger Haftungsausschluss ist unzulässig.
Alternativen bei der Behandlung aufzeigen
Eine ausschließliche Haftung des Zahnarztes kommt nur dann in Betracht, wenn er die verwendeten Implantatteile entgegen der ausdrücklichen Vorgaben der jeweiligen Hersteller kombiniert und dadurch Schäden entstehen. In diesem Fall kann die Kombination einen Behandlungsfehler darstellen, für den sich der Zahnarzt verantworten muss. Zudem muss der Behandler laut Patientenrechtegesetz den Patienten über die Verbindung von verschiedenen Produkten und mögliche Komplikationen aufklären. Dies umfasst auch die Information über Behandlungsalternativen, beispielweise eine ausschließliche Verwendung von Originalteilen – mit entsprechend höheren Kosten. Unterlässt er dies, kann er für einen Aufklärungsfehler haftbar gemacht werden. Die Schadenshöhe hängt dabei vom Einzelfall ab. Insgesamt umfasst eine Haftung sämtliche Schadensfolgen, die sich aus einem mangelhaften Implantatteil oder einem Behandlungsfehler ergeben. Das kann bis hin zur vollständigen Neuimplantation reichen. Dazu kommen Schmerzensgeldansprüche des Patienten.
Unterstützung im Schadensfall
Kommt es zum Schadensfall, sollte der Behandler zunächst seine Haftpflichtversicherung informieren und einen Fachanwalt konsultieren, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Je nachdem, wie der Schadensfall beschaffen ist, sollte er ein Gutachten erstellen lassen. Unter keinen Umständen sollte der Zahnarzt Aussagen zu möglichen Schadensumständen machen. Vermutet der Behandler ein Problem mit dem Medizinprodukt, sollte er zunächst den oder die betroffenen Hersteller informieren. Diese sind verpflichtet, bei gravierenden Problemen mit dem Produkt die Bundesanstalt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu informieren. Auch der Behandler kann vermutete Mängel eines Medizinprodukts bei der BfArM melden.
Fazit: Wer der Zweckbestimmung folgt, ist auf der sicheren Seite
Grundsätzlich gilt: Jedes Medizinprodukt, das nach deutschem Recht auf den Markt kommt, ist als sicher anzusehen. Implantat-Sekundärteile – egal ob Original- oder Nachahmerprodukt – fallen unter dieses Medizinproduktegesetz. Dieses Gesetz erlaubt die kombinierte Verwendung, solange kein begründeter Verdacht besteht, dass die Sicherheit und Gesundheit von Patienten dadurch gefährdet ist. Wer sich als Anwender an die Zweckbestimmungen der Hersteller hält und auf die CE-Zertifizierung der Produkte achtet, ist bei der Kombination von Produkten verschiedener Hersteller rechtlich auf der sicheren Seite. Und er kann die Behandlungs- und Kostenvorteile der zahlreichen Produkte in seiner Praxis nutzen.
Weitere Informationen zur sicheren Verwendung von Fremd-Abutments finden Anwender unter www.cara-kulzer.de/fremd-abutments.