„Implantologie wird erst durch das MIMI-Verfahren alltagstauglich“

MIMI – die minimal-invasive Methodik der Implantation – ist ein alltagstaugliches Standard-Verfahren und dabei chirurgisch und prothetisch leicht zu erlernen. Das MIMI-Insertionsprotokoll revolutioniert die dentale Implantologie seit über 25 Jahren: Mukogingivale Lappenbildungen, auch mit Periost-Ablösungen sowie Wiedereröffnungen in der prothetischen Phase mit mehrmaligen Manipulationen im Implantatinneren, sind zeitlich aufwändig und dabei unnötig. Gleichzeitig gehören sie zu den Hauptgründen für eine iatrogene Periimplantitis mit den daraus folgenden Komplikationen. Einer der Hauptvorteile des MIMI-Insertionsprotokolls liegt in seinem reduzierten Zeitaufwand. Damit ist Implantologie (auch „spontan“ im Sinne einer Sofortimplantation) zu einem ganz ‚normalen‘, entmystifi zierten Fachbereich in einer Kassenpraxis geworden.
Spätestens als Prof. Dr. Jean-Pierre Bernard (Universität Genf) 2009 während der EAO in Monaco seine wissenschaftlichen Studie „Dental implants inserted in non-sterile conditions in private dental practises“ veröffentlichte, hielt Implantologie breiten Einzug in die „gewöhnliche, einfache Zahnarztpraxis“. Diese Studie mit 2.082 unter nicht sterilen Bedingungen inserierten Implantaten bestätigte einen Osseointegrations-Erfolg von 99,52 %.
Bis dahin wurden Implantate immer unter sterilen Bedingungen inseriert. Es erfolgte „ein Umbau“ des Behandlungszimmers in einen sterilen OP, nur weil ein Metall- oder Zirkonschräubchen in einen Kieferknochen gedreht wurde!
Zu Beginn meiner implantologischen Tätigkeit deckte auch ich in meiner Praxis alles mit sterilen Tüchern ab, überklebte die Schläuche an der Einheit, kaufte mir einen hochwertigen und teuren Mikromotor und schulte mein Personal für implantologische Eingriffe! Implantologie war etwas ganz Besonderes – auch für mein Team.
Seitdem ich allerdings das MIMI-Verfahren anwende, ist es so, dass ich kaum noch zählen kann, wie viele Implantate ich Woche für Woche inseriere. Implantologie nach dem MIMI-Protokoll ist zum Alltagsgeschäft geworden, eine Routine, die keiner besonderen Vorbereitungen und Anstrengungen mehr bedarf. Warum sollte ich es auch anders sehen, als bei einer gewöhnlichen Behandlung z. B. bei einer Zahnextraktion oder Endodontie?
MIMI schließt Chirurgie und Prothetik ein. Im Mittelpunkt steht die maximale periimplantäre Schonung der Knochenhaut. Zusätzlich und idealerweise findet keine aktive Wiedereröffnung der Gingiva mit mehrmaliger Manipulation des Implantat-Innengewindes statt.
MIMI geht also viel weiter als nur „flapless“ (ohne Lappenbildungen) in der Chirurgie, wie aus der Tabelle deutlich hervorgeht (Abb. 1)! Wirtschaftlich gesehen ist MIMI nahezu unschlagbar, da die ‚MIMInologen‘ – bis auf die Nahtentfernung – nahezu die gleichen GOZ-Positionen abrechnen können, wie ihre Kollegen/innen des klassischen Implantologie-Verfahrens (KIV).
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Abb. 1: MIMI geht weiter als nur „flapless“ in der Chirurgie.
© Dr. Armin Nedjat
Durchstarten mit MIMI – was wird benötigt?
Zunächst einmal die technischen Ausstattungen, die wir NICHT benötigen:
- Kein DVT (wer es schon hat, kann es natürlich auch benutzen).
- Kein Piezosurgery-Gerät.
- Kein Mikromotor (wer ihn schon hat, kann ihn natürlich benutzen).
Zwingend brauchen wir dagegen ein grünes Winkelstück, das an unserer zahnärztlichen Einheit kontrolliert langsam (zwischen 20 und 250 U/min) mit ausreichender Kraft (30/40 Ncm) eingesetzt werden kann. Als Navigation dient uns die natürliche CNIP-Navigation, die uns obendrein noch von der Natur kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Außerdem die Champions Prothetik-Guides, das „Low-Speed“-Konzept mit grünem Winkelstück und die CHAMPIONS Titan-Implantate und PATENT Keramik-Implantate.
Die neue MIMI-Nomenklatur
Die MIMI-Nomenklatur umfasst seit Januar 2022 sieben statt bisher fünf Klassen (Abb. 2). Da Sofortimplantate eine immer wichtigere Rolle spielen (also zum Zeitpunkt 0 nach Extraktion eines Zahnes), so beginnt die überarbeitete Nomenklatur mit MIMI 0. Es gibt sowohl aus chirurgischer als auch prothetischer Sicht keinen besseren Zeitpunkt für eine Implantation als in der gleichen Sitzung wie die Zahnextraktion.
Wenn wir sofort nach Extraktion inserieren, haben wir einen phantastischen Überblick, sehen sogar den Knochen, können zugleich das Hart- und Weichgewebe durch im Smart Grinder aufbereitetes Knochenersatzmaterial, ergänzt durch PRF nach dem PlasmaSafe-Verfahren und anderen Verfahren, vollständig erhalten! Psychologisch ist dabei auch für Patienten wichtig: Die kranke Wurzel ist draußen, aber eine „gesunde Wurzel“ wurde in der gleichen Sitzung wieder inseriert!
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Abb. 3: Spätimplantation eines Champion(R)Evolution-Implantats ø 4,5 & L 8 mm mit 40 Ncm mit synchronem IDS (interner, direkter Sinuslift).
Sinuslift).
Über 60 % meiner Implantationen in der eigenen Praxis sind mittlerweile Sofortimplantate, die beinahe eine gleich hohe Langzeit-Erfolgsstatistik (> 96 %) aufweisen wie Spätimplantate! Aktuelle wissenschaftliche Studien bestätigen diese Zahlen. Spätimplantate (also 4 bis 8 Wochen nach Extraktion) werden in der Nomenklatur als MIMI I geführt.
Das MIMI II-Verfahren (Erklärung und Vorgehensweise QR Code 3) ist die horizontale Distraktion und wurde von Dr. Ernst Fuchs-Schaller entwickelt (Abb. 4-11). Die Summers-Methodik des indirekten Sinuslifts (MIMI V) wird mehr und mehr durch den internen, direkten Sinuslift nach Nedjat, kurz IDS, ersetzt (MIMI VI). Beide Vorgehensweisen werden in Filmen anschaulich erläutert (siehe QR-Codes).
Die zeitsparende, supragingivale Abformung (ohne diverse Male Hilfsteile ab- und abzuschrauben, die das Implantat-Innengewinde auch malträtieren sowie die „Nicht-Wiedereröffnung“ in der prothetischen Phase sind ebenfalls im MIMI-Protokoll definiert. Dies gilt auch für Multi-Unit Abutments.
Die MIMI II-Methodik (nach Dr. Ernst Fuchs-Schaller) beschreibt die horizontal-sagittale Verbreiterung schmaler Kieferkämme z. B. von zwei auf sechs Millimeter – und dies ohne Mukoperiostlappen zu bilden! ‚Erni‘ war für viele der ‚Implantations-Lehrmeister‘ überhaupt und zugleich Vater des Bone-Managements! Die drei Schichten a) bukkale Knochenlamelle, b) intaktes Periost und c) die befestigte Gingiva werden mit einfachen Hilfsmitteln (Winkelmodulatoren und Condenser, Champions-Implants) leicht nach bukkal mobilisiert und Champions (R)Evolutions-Implantate (werkseitig mit definitiver Halteschraube und Shuttle / 1. Gingivaformer ausgestattet) implantiert (Abb. 12).
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Abb. 12: Schematischer Ablauf des MIMI II-Verfahrens.
© Dr. Armin Nedjat
Die Abbildungen 13-15 zeigen den Ablauf von Chirurgie und Prothetik einer MIMI-Spätimplantation aus 2013. Erhält man als Implantologe und Prothetiker vollständig das periimplantäre Periost, bildet keine Mukoperiostlappen, so wird die Knochen-Ernährung vollends aufrechterhalten.
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Abb. 14: Ablauf der Chirurgie und Prothetik einer
MIMI-Spätimplantation aus 2013.
© Dr. Armin Nedjat -
Abb. 15: Ablauf der Chirurgie und Prothetik einer
MIMI-Spätimplantation aus 2013.
© Dr. Armin Nedjat
Doch gibt es noch andere entscheidende Unterschiede zu reiner „Flapless“ (lappenlos) Technik. Die MIMI-Indikationen gehen sehr viel weiter, als dass man etwa nur „breite Kiefer“ lappenlos implantieren und prothetisch versorgen könnte (Beispiele dafür sind MIMI II und IDS).
Entscheidende Grundlage für MIMI ist die CNIP: die „Cortical navigated implantation procedure“ und wird uns quasi „kostenlos“ von der Natur zur Verfügung gestellt. Hierbei benutzen wir niedertourig (und ohne Wasserkühlung) konische Dreikant-Bohrer, die nach Kompakta-Durchtritt (250 U/min maximal) in der Spongiosa mit 50-70 U/min nicht die kortikalen Knochenstrukturen perforieren können, sondern „navigiert“ immer in der spongiösen Knochenstruktur bleiben (Abb. 16). Bei korrektem Vorgehen und einer ‚KKK‘ (Knochen-Kavitäten-Kontrolle) mit einer dünnen, flexiblen und ausreichend langen Metallsonde, kann man wirklich „lappenlos“ den Knochen für die Aufnahme eines Implantats aufbereiten.
Die zweite, „prothetische“ Navigationshilfe sind die CHAMPIONS GUIDES (eine für den Oberkiefer, die andere für einen Unterkiefer). Sie sind preiswert und dabei als Schablone GOZ-abrechenbar. Sie sind immer wieder verwendbar, sterilisierbar und pro Patientenfall gut verform- und händelbar (Abb. 17 und 18).
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Abb. 17: Die zweite prothetische Navigationshilfe sind die CHAMPIONS GUIDES.
© Dr. Armin Nedjat -
Abb. 18: Die zweite prothetische Navigationshilfe sind die CHAMPIONS GUIDES.
© Dr. Armin Nedjat
MIMI im D1-/D2-Knochen
Ein Geheimnis erfolgreicher Implantologen ist, dass die Implantat-Primärstabilität im harten Knochen (D1 + D2) ausschließlich von der Spongiosa erreicht wird. Dies wird mit Hilfe mit ausreichend langem Innenkonus versehenen Implantatsystemen (z. B. Champions (R)Evolutions, Astra oder Ankylos) und einer 2 mm subkrestalen Insertion erreicht.
Möchte man „Bone-Level“ im D1+D2 Knochen Kavitäten aufbereiten, so empfehle ich eine „krestale Entlastung“ im kortikal-krestalen Bereich: Für ein ø 3,5 mm Implantat setzt man final einen ø 4,0 mm Bohrer, bei einem ø 4,0 mm Implantat (für einen Einzel-Molaren) dann auch final einen ø 4,5 mm Bohrer ein. Wir simulieren so eine Sofortimplantation, bei dem die röntgenologischen Ergebnisse – auf Jahrzehnte gesehen – ebenso wie das „Subkrestale Implantieren“ als sehr gut zu bezeichnen sind.
MIMI im D3-/D4-Knochen
Im „weichen“ Knochen (D3+D4) und bei Sofortimplantationen kommt die „Iatrogene, ossäre Metamorphose“ (IOM) zum Einsatz! Man führt „digital“ (nur per Hand und Ratschenadapter) und mit Ahlen-artigen Bewegungen mit den ersten beiden konischen Dreikantbohrern, worauf hin dann ausschließlich die CHAMPIONS CONDENSER (knochen-verdichtende Instrumente in den Durchmessern 2,4 / 2,8 / 3,0 / 3,3 / 3,8 / 4,3 / 4,8 / 5,3 mm) zum Einsatz kommen.
In der zweiten Reihe des CHAMPIONS OP-Trays befinden sich die Condenser: Erreicht man im „weichen“ Knochen z. B. „handfest“ (etwa 20 Ncm) mit einem Condenser eine Primärstabilität mit dem „blauen“ Condenser ø 4,3 mm, so inseriert man ein Implantat mit dem Durchmesser 4,5 mm. Auch die Länge des benötigten Implantats kann man optimal mit den Condensern intraoperativ einschätzen (Abb. 19 und 20).
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Abb. 19: Die Condenser im CHAMPIONS OP-Tray.
© Dr. Armin Nedjat -
Abb. 20: Die Condenser im CHAMPIONS OP-Tray.
© Dr. Armin Nedjat
Nicht die Anatomie (ermittelt z. B. mit Hilfe eines präoperativen DVTs) entscheidet über den Implantat-Durchmesser, sondern die Knochendichte, die man im weichen Knochen oder bei Sofortimplantaten erst intraoperativ mit Condensern ermitteln kann (Abb. 21 und 22). Bei Sofortimplantaten beim ersten Molaren im Oberkiefer bereitet man das neue Implantatbett in der Trifurkation auf, prothetisch optimal!
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Abb. 21 und 22: Die Knochendichte entscheidet über den Implantatdurchmesser.
© Dr. Armin Nedjat
Auch Sofortimplantate im unteren Molarenbereich sind mit Hilfe der Condenser in wenigen Minuten erfolgreich machbar. Spongiöser Knochen ist sehr gut modellierbar, so dass man auch in ein dünnes Septum von nur 1,5 mm Breite eine primäre Stabilität mit einem ø 4,0 Implantat erreicht (Abb. 23-25).
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Abb. 23-25: Sofortimplantation step-by-step.
© Dr. Armin Nedjat -
Abb. 26-31: Beispiel einer verzögerten Sofortimplantation regio 26 sowie Sofortimplantation regio 25. Die Eingliederung des definitiven Zahnersatzes (Abb. 30) als verschraubte
Einzelkronen (Abb. 29) erfolgte eine Woche später.
© Dr. Armin Nedjat
Fazit
MIMI, die minimal-invasive Methodik der Implantation und Prothetik, öffnete der Implantologie den Einzug in die „normale“ Allround-Zahnarztpraxis. Grundlage bilden natürlich Fort- und Weiterbildungen. Technisch gesehen werden lediglich CHAMPIONS® GUIDES, Winkelmodulatoren, ein grünes Winkelstück sowie ein Kleinröntgengerät und OPG benötigt.
Mit dieser minimalen Ausstattung kann jede Praxis, die auch Extraktionen durchführt, erfolgreich implantieren und prothetisch versorgen. Ob Sofort- oder Spätimplantate, ob breiter oder schmaler Kiefer, ob mit oder ohne Sinuslift, alles ist mit MIMI möglich. Völlig verzichten kann man auf einen sterilen OP mit sterilen Kautelen, man reduziert so Stress für das Behandlungsteam und gewinnt einen enormen Zeitvorteil durch den optimierten MIMI-Workflow.
Diese sanfte und unblutige Implantologie beschert Ihnen neue Patienten, denn Patienten wollen minimal-invasiv behandelt und nicht aufgeschnitten werden. Dies sichert nachhaltig den wirtschaftlichen Erfolg einer Zahnarztpraxis.
Für das MIMI®-Verfahren stehen als zweiteilige Implantatsysteme bis dato nur das Champion (R)Evolution® in Titan sowie das Patent® in Zirkon (Vertrieb: Champions-Implants) zur Verfügung. Diese ermöglichen den optimierten Workflow. Das MIMI®-Verfahren (ohne Mukoperiostlappen-Bildungen) inkl. seiner CNIP® Navigation gewann 2013 den „Best Innovation in Medicin Award“ (SENSUS) in Dubai und wurde 2017 für den „German Medical Award“ in Berlin nominiert.