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Intraoralscan, CAD/CAM & Implantologie: Indikationsspektrum und technische Voraussetzungen

21.06.2017

Abb. 1: Digitales Modell auf Basis eines Intraoralscans.
Abb. 1: Digitales Modell auf Basis eines Intraoralscans.

Die CAD/CAM-gestützte Herstellung von implantatgetragenem Zahnersatz hat sich zu Recht etabliert. Auch bei ZAHNWERK Frästechnik (Solingen) verzeichnen wir stark steigende Auftragszahlen in diesem Bereich. Und doch bleibt bei aller Euphorie die Frage: Was geht wirklich? Und unter welchen Voraussetzungen? Einen kleinen Überblick unserer Erfahrungswerte bietet dieser Bericht.

Der direkte Weg zum digitalen Modell

Zwei Wege führen zum digitalen Modell: Indirekt über eine klassische Abformung und das nachträgliche Digitalisieren des Gipsmodells oder direkt per Intraoralscan.

Bei ZAHNWERK sind wir zu der Ãœberzeugung gelangt, Intraoralscanner sind

  • ideal bei Einzelzahnversorgungen,
  • unter Vorbehalt für Indikationen mit 3 bis 4 Gliedern einsetzbar,
  • für weitspannigere Implantatprothetik derzeit noch ungeeignet.

  • Abb. 2: Der Scanbody gibt die genaue Position und Ausrichtung des Implantats wieder und dient als Platzhalter…

  • Abb. 2: Der Scanbody gibt die genaue Position und Ausrichtung des Implantats wieder und dient als Platzhalter…
Zwar können Ganzkieferscans erstellt werden, aber auch Studien zeigen, dass deren Genauigkeit wesentlich geringer ist als bei Quadrantenscans [1, 2]. Als übliche Abweichungstoleranzen werden im Allgemeinen folgende Werte angegeben: Einzelzahn 10 ?m, Quadrant 25 ?m, Ganzkiefer 50-80 ?m [3]. Die Genauigkeit von Gipsmodellen, die im Rahmen einer Hochpräzisionsabformung mit Vinylsiloxanethern erstellt werden, liegt bei bis zu 25 ?m. Für die exakte Übertragung der Implantatposition auf das digitale Modell sind bei Nutzung eines Intraoralscanners sogenannte Scanbodies erforderlich, die u. a. bei ZAHNWERK geordert werden können.

Die entsprechenden Modelle können aus Kunststoff gefräst oder gedruckt werden. Die Verbindung zum Implantat wird mit speziellen Laboranalogen repliziert, die mit Höhen- und Rotationsschutz versehen sind.

Der indirekte Weg zum digitalen Modell

Für die Digitalisierung von Gipsmodellen haben sich die Laborscanner von Imetric bewährt. Derzeit setzen wir das Modell iScan™ D105i sowie den aktuellen Nachfolger IScan™ L1i ein. Da ein spannungsfreier Sitz insbesondere für implantatgetragene Restaurationen wichtig ist, hat Imetric spezielle Methoden für die Ermittlung der Implantatpositionen und hochgenaue metallische Scan-Adapter entwickelt. Hinzu kommen geschützte Kalibriertechniken, Überwachung des Kalibrierstatus und der Temperatur beim Scan etc. Damit ist der IScan L1i im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Desktop-Scannern auch für die Digitalisierung von Modellen mit mehreren Implantatpositionen bestens geeignet, was die Herstellung von weitspannigen, direkt verschraubten Brücken oder Stegen mit spannungsfreiem Sitz ermöglicht.

Die Herausforderung der Fertigung

Gewinner unserer Marktanalyse bei den Fräsmaschinen ist die DATRON D5 speziell in der Version Linear Scales. Durch die Linearmaßstäbe bietet diese größtmögliche Prozesssicherheit und aufgrund der erhöhten thermischen Stabilität eine auch bei Temperaturschwankungen gleichbleibende Qualität. Die Wiederholgenauigkeit liegt bei < 2 µm und die Absolutgenauigkeit bei ± 5 µm. Optimal ausschöpfen lässt sich das Potenzial des Systems durch individuelle Fräs-/ Schleifzyklen, die wir mit der CAM-Software hyperDENT® (FOLLOW-ME!) umsetzen. Auf diese Weise kann eine präzise und spannungsfreie Passung auf den Implantaten gewährleistet werden.

Materialauswahl und Indikationsspektrum

Bei CAD/CAM-Fertigung von Implantatprothetik haben Zahnarzt und Patient die Wahl zwischen allen Werkstoffen der traditionellen Zahnheilkunde und darüber hinaus modernen Materialien wie Zirkoniumdioxid, PEEK usw. Metallgerüste werden einem Sheffield-Test unterzogen.

  • Abb. 3: …für die virtuelle Umsetzung des Abutments.
  • Abb. 4: Das individuelle Abutment…
  • Abb. 3: …für die virtuelle Umsetzung des Abutments.
  • Abb. 4: Das individuelle Abutment…

  • Abb. 5: …wurde einteilig samt exakter Anschlussgeometrie aus dem Vollen gefräst.
  • Abb. 6: Auch eine passgenaue CAD/CAM-Fertigung weitspanniger Stegkonstruktionen zur direkten Verschraubung ist möglich.
  • Abb. 5: …wurde einteilig samt exakter Anschlussgeometrie aus dem Vollen gefräst.
  • Abb. 6: Auch eine passgenaue CAD/CAM-Fertigung weitspanniger Stegkonstruktionen zur direkten Verschraubung ist möglich.

  • Abb. 7: Mit dem richtigen Equipment können alle Arten von Suprakonstruktionen hochpräzise hergestellt werden.
  • Abb. 7: Mit dem richtigen Equipment können alle Arten von Suprakonstruktionen hochpräzise hergestellt werden.

Während bei der digitalen Abformung das mögliche Indikationsspektrum noch limitiert ist, besteht bei herkömmlicher Modellherstellung und – das ist Voraussetzung – ausgereiftem technischem Equipment, wie beschrieben, quasi keine Einschränkung. ZAHNWERK kann damit auch alle direkt verschraubten Indikationen, wie Stege, individuelle Abutments, Toronto-Brücken, Sekundärteleskope etc. passgenau fertigen. Selbst einteilige Abutments fräsen wir samt exakter Anschlussgeometrie aus dem Vollen. Die 16 gängigsten Implantatsysteme bedienen wir derzeit standardmäßig, weitere auf Anfrage.

Schlusswort

Die CAD/CAM-Technologie hat sich zu einem wesentlichen Faktor für implantatprothetische Therapiekonzepte entwickelt. Indikationsspezifische Material- und Verfahrensalternativen, ein schneller Fertigungsprozess, vorhersagbare und reproduzierbare Qualitätsstandards, zeitgemäßes Backward Planning – all das spricht für den digitalen Workflow bei der Herstellung von implantatgetragenen Restaurationen. Maßgeblich bleibt aber wie eh und je eine gute Kommunikation zwischen Behandler und Techniker. Und auch hier helfen die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters: ZAHNWERK-Kunden schätzen beispielsweise eine gemeinsame Online-Teamviewer-Sitzung zur Freigabe komplexer Konstruktionen vor der frästechnischen Umsetzung. 


LITERATUR:
  1. Ender A, Attin T, Mehl A; In vivo precision of conventional and digital methods of obtaining complete-arch dental impressions, J Prosthet Dent; 2016; 115(3): 313–320.
  2. Ender A et al.: In vivo precision of conventional and digital methods for obtaining quadrant dental impressions. Clin Oral Investig 115 (3): 313–320 (2015).
  3. Zimmermann, Moritz: Die digitale Abformung mit dem Intraoralscanner: mehr als nur eine Abformung – Teil 1: Analyse der Chancen und Grenzen. ZMK (32)3 2016, S. 90–97.
Näheres zum Autor des Fachbeitrages: ZT Darko Savic

Bilder soweit nicht anders deklariert: ZT Darko Savic