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Mini-Implantate im MIMI®-Verfahren mit Einarbeitung der Matrizen chairside

Als Mini-Implantate werden Implantate bezeichnet, die einen Durchmesser < 3,0 mm aufweisen. Sie funktionieren bereits seit über 25 Jahren mit großem Erfolg, wenn man weiß, wie und wann man sie korrekt einsetzt. In diesem Beitrag erfährt der Leser einige Tipps & Tricks aus den Erfahrungen der letzten 26 Jahre von Dr. Armin Nedjat.

Minis sind bevorzugt bei älteren Patienten indiziert, deren untere Prothese im zahnlosen Kiefer keinen ausreichenden Halt aufweist. Diese Patienten – ohne Fixierung der unteren Prothese – zerkleinern ihre Nahrung nicht mehr, sondern „schlingen“ diese herunter. „Gesund beginnt im Mund“ und die Verdauung beginnt bereits mit dem guten Kauen der Nahrung. Um erfolgreich zu sein, gilt es deshalb einige Tipps und Tricks zu befolgen.

Material

  • Abb. 1 und 2: Diese vier „Minis“ (Champions-Implants) mit Durchmesser 3,0 mm und Länge 10 mm wurden im Rahmen des einjährigen CITC Curriculums von einer jungen Kollegin bereits in der 1. Woche in eigener Praxis inseriert und prothetisch in Sofortbelastung versorgt.

  • Abb. 1 und 2: Diese vier „Minis“ (Champions-Implants) mit Durchmesser 3,0 mm und Länge 10 mm wurden im Rahmen des einjährigen CITC Curriculums von einer jungen Kollegin bereits in der 1. Woche in eigener Praxis inseriert und prothetisch in Sofortbelastung versorgt.
    © Dr. Armin Nedjat
Man bevorzuge trotz des geringen Durchmessers Mini-Implantatsysteme mit Rein-Titan Grad 4b, d.h. mit einem Titan-Anteil von 99% anstelle einer Titanlegierung mit einem Aluminium Anteil von 6% und einem Titan-Anteil von nur 90%. Achten Sie auf diese „Nebensächlichkeit“ der Minis, denn u.U. werden mit der Verwendung von Titan Grad 5 (Titanlegierung) Patienten mit unerwünschten „Nebenwirkungen“ konfrontiert (auch die einer Alzheimer Erkrankung). Titan Grad 5 gilt immunologisch im Vergleich zu Rein-Titan Systemen nicht als biokompatibel. Implantatsysteme aus Titan Grad 5 (wie fast die allermeisten „Minis“), die lediglich 1/3 der Arbeitslänge aufbereiten und das Implantat in den Knochen selbstdrehend einschrauben, lehne ich aus Sicherheitsgründen ab, zumal dann, wenn man über 250 U/Min. bohrt, denn das wäre „Chirurgie-Blindflug“ und nicht MIMI!

Anzahl der Implantate und Design der Kugelköpfe

Im Unterkiefer greife ich auf vier einteilige Implantate (mit den Durchmessern 2,5 - 3,0 oder 4,0 mm) mit Kugelköpfen zurück, die jeweils vier Abflachungen der Kugel aufweisen. Deshalb habe ich diese in der Vergangenheit auch als „Tulpen“ bezeichnet. Der Grund für diese Abflachungen sind die O-Ringe der Matrize, die durch die Abflachung nicht schnell „ausleiern“ (durch tägliches Ab- und Wiedereingliedern der Prothese). Eine der abgeflachten Flächen sollte nach bukkal zeigen (siehe orangener Ring Abb. 7).

Im Oberkiefer greife ich lieber auf zweiteilige Systeme zurück. Nach einer „Einheilungszeit“ von drei Monaten werden die Champions (R)Evolutions mit Durchmesser 3,5 mm mit den „Tulpen“- oder Locator-Abutments versehen. Nur in Ausnahmefällen nehme ich auch im Oberkiefer einteilige „Minis“. Dann hingegen mindestens sechs an der Anzahl, wenn nicht sogar acht.

Im Unterkiefer inseriere ich daher i.d.R. immer vier einteilige Mini-Implantate in Sofortbelastung mit Einarbeitung der Matrizen in eine bereits harmonisch balanciert, okklusal eingestellte Prothese.

Erfolgsaussichten

Im Unterkiefer liegen die Erfolgsaussichten der „Champions Minis“ in Sofortbelastung bei über 96 % (über 10 Jahre), im Oberkiefer dagegen nur bei etwa 85%. Alternativ kann man im Unterkiefer auch 2-4 zweiteilige (R)Evolutions mit „Wartezeit“ von 2-3 Monaten verwenden: Dann werden die „Tulpen- oder Locator Abutments“ mit Gingivahöhen 2 oder 4 mm eingeschraubt und die Prothese mit den entsprechenden Matrizen versehen.

Navigation mit CNIP

  • Abb. 3: CNIP: Ganz wichtig ist bei schmalen, resorbierten Kieferkämmen auch die Tatsache, dass man von lingual kommend nach bukkal durch die Kompakta bohrt, und bei Erreichen der Spongiosa die Arbeitsinstrumente „aufrichtet“: Dadurch bleibt die „Heilige Wand“ der Chirurgie geschont und man kann sogar untersichgehende Knochenareale nach bukkal kondensieren bzw. kompensieren.

  • Abb. 3: CNIP: Ganz wichtig ist bei schmalen, resorbierten Kieferkämmen auch die Tatsache, dass man von lingual kommend nach bukkal durch die Kompakta bohrt, und bei Erreichen der Spongiosa die Arbeitsinstrumente „aufrichtet“: Dadurch bleibt die „Heilige Wand“ der Chirurgie geschont und man kann sogar untersichgehende Knochenareale nach bukkal kondensieren bzw. kompensieren.
    © Dr. Armin Nedjat
Bei transgingivalem Vorgehen (ohne Mukoperiostlappenbildungen) bedienen wir uns seit Jahren der sog. CNIP-Navigation: Cortical-navigated- implantation-procedure (Abb. 3). Fakt ist, dass jegliche Mukoperiostlappenbildung mit einer späteren Mangelernährung des Knochens einhergeht, denn die Ernährung des Knochens erfolgt lediglich über eine intakte, unverletzte Knochenhaut. Löst man einmal die Knochenhaut vom Knochen, so wird die Ernährung nie mehr so vonstattengehen wie vorher. Das Vorurteil, dass man bei Nichtdarstellung des Knochens „blind“ arbeitet, ist genauso Unsinn, wie als müsste man einen wurzelbehandelten Zahn vor einer Endodontie-Behandlung extrahieren, um die anatomischen Wurzeln und die Austrittsstelle des Zahnnerves zu kennen.

Entscheidend ist bei CNIP, dass man alte OP-Protokolle der Kavitätenaufbereitung hinter sich lässt: So beginnen wir immer mit konischen Dreikantbohrern, welche in der Kompakta maximal mit 250 U/Min. und in der Spongiosa folgend mit 50-70 U/Min. betrieben werden! Fährt man diese niedrigen Geschwindigkeiten, so verbleibt der Dreikantbohrer immer in der Spongiosa und wird durch die bukkale und orale Kompakta quasi „navigiert“. Auf diese Weise kann der „gelbe“ Bohrer keine kompakte Knochenwand perforieren. Zudem kontrollieren wir die Kavität-Bohrungen immer mit einer dünnen, flexiblen und ausreichend langen Knochensonde: ‚KKK‘ = Knochen-Kavitäten-Kontrolle.

Man bereitet z.B. mit den bereits seit 2006 zugelassenen, einteiligen Champions Kugelkopf-Implantaten (Länge 8 – 10 – 12 – 14 – 16 mm und Durchmessern 2,5 - 3,0 oder 4,0 mm) immer die komplette Arbeitslänge in mm und addiere i.d.R. sogar 4 mm dazu: Für meine Standardlänge 10 mm bereite ich also mit gelbem und weißem Dreikantbohrer transgingival 14 mm auf, um problemlos und ausreichend tief die Implantate inserieren zu können (Abb. 4-9)!

  • Abb. 4-6: Leicht von lingual kommend, jedoch während des Bohrens nur mit 50 U/Min, nach bukkal aufrichtend, geht es „CNIP-navigiert“ in die Knochentiefe.
  • Abb. 7-9: Alle Champions-Minis wurden „mittig“ im Knochen transgingival inseriert (Kontrolle DVT). Durch die richtige Bohr-Kondensationstechnik ist auch immer die „Befestigte Gingiva“ bukkal der Implantate verifizierbar, was auch ein wesentliches Erfolgskriterium ist. Dies ist jedoch lingual des Implantats primär nicht wichtig, da sich diese nach einigen Wochen sogar bildet und keine „Schmutznische“ darstellt. Bukkal jedoch sollte unbedingt eine befestigte Gingiva vorhanden sein!
  • Abb. 4-6: Leicht von lingual kommend, jedoch während des Bohrens nur mit 50 U/Min, nach bukkal aufrichtend, geht es „CNIP-navigiert“ in die Knochentiefe.
    © Dr. Armin Nedjat
  • Abb. 7-9: Alle Champions-Minis wurden „mittig“ im Knochen transgingival inseriert (Kontrolle DVT). Durch die richtige Bohr-Kondensationstechnik ist auch immer die „Befestigte Gingiva“ bukkal der Implantate verifizierbar, was auch ein wesentliches Erfolgskriterium ist. Dies ist jedoch lingual des Implantats primär nicht wichtig, da sich diese nach einigen Wochen sogar bildet und keine „Schmutznische“ darstellt. Bukkal jedoch sollte unbedingt eine befestigte Gingiva vorhanden sein!
    © Dr. Armin Nedjat

CHAMPIONS GUIDE als prothetische Navigationsorientierung

Wenn CNIP die „horizontal/sagittale Navigation darstellt, so sind die Champions- Guides die prothetische Navigation. Diese Hilfsmittel sind wiederverwendbare, biegbare Schablonen (eine für OK, eine für UK), die man individuell pro Fall „biegen“/ erstellen kann. Eine optimale Position der vier Implantate im Unterkiefer zur Fixierung einer UK-Prothese sind: 4 – 2 – 2 – 4. Wenn man präimplantologisch 5 mm D Messkugeln (notfalls auch Büroklammern, mit der Spitze nach unten) bukkal auf die metallfreie Prothese (mit Klebewachs) auf die Kunststoffzähne 34 und 44 klebt und damit ein OPTG macht, so kann man leicht verifizieren, dass man gut 1,5 mm mesial des Foramen mentale liegen wird, wenn man die gleiche Prothese okklusal 34 + 44 mit kleinen Öffnungen für den ersten gelben Bohrer versieht und somit die vorhandene Prothese als Bohrschablone umgestaltet. Bitte achten Sie darauf, dass chinesische Patienten i.d.R. ihr Foramen mentale nicht zwischen 4 und 5 (wie Europäer, Asiaten und Amerikaner), sondern eher zwischen den Zähnen 3 und 4 haben. Eine weitere, oft gestellte Frage: Darf man bei einem zahnlosen Patienten in den so genannten „Nerv-Loop“, abgehend vom Foramen mentale bis in Knochenregion 32, 42 bohren bzw. implantieren? Ganz klar: Ja, da der Loop-Anteil lediglich die vorderen Frontzähne innerviert! Man sollte jedoch 1-2 mm mesial des Foramen mentale bleiben, also: „Safety first“! Ich gebe auch zudem niemals eine Leitungsanästhesie, sondern anästhesiere nur bukkal und oral die Gingiva (Abb. 10-14).

  • Abb. 10 und 11: Die CHAMPIONS GUIDES sind preiswerte, immer wiederverwendbare, biegbare Schablonen, um die optimale Position der Implantate abschätzen zu können. Regiones 4 - 2 - 2 - 4 ist optimal!
  • Abb. 12-14: Die Einarbeitung der Matrizen inkl. den braunen O-Ringen geschieht sehr einfach mit dem dualhärtenden Prothesenkunststoff „Fiber Force“ (Champions-Implants GmbH). Für die Matrizen muss ausreichend Platz in der Prothese geschaffen werden. Die Prothesen müssen bei Einarbeitung der MMTs selbstverständlich die gleiche, optimal ausgeglichene Okklusion aufweisen wie vor der Operation.
  • Abb. 10 und 11: Die CHAMPIONS GUIDES sind preiswerte, immer wiederverwendbare, biegbare Schablonen, um die optimale Position der Implantate abschätzen zu können. Regiones 4 - 2 - 2 - 4 ist optimal!
    © Dr. Armin Nedjat
  • Abb. 12-14: Die Einarbeitung der Matrizen inkl. den braunen O-Ringen geschieht sehr einfach mit dem dualhärtenden Prothesenkunststoff „Fiber Force“ (Champions-Implants GmbH). Für die Matrizen muss ausreichend Platz in der Prothese geschaffen werden. Die Prothesen müssen bei Einarbeitung der MMTs selbstverständlich die gleiche, optimal ausgeglichene Okklusion aufweisen wie vor der Operation.
    © Dr. Armin Nedjat

Fazit

Es erscheint immer sehr leicht, vier Minis zur Stabilisierung einer unteren Prothese zu implantieren und in Sofortbelastung prothetisch zu versorgen. Es sind jedoch oftmals „Kleinigkeiten“, die über Erfolg & Misserfolg entscheiden. Gerade schmale Kiefer sind nur durch die CNIP-Navigation der MIMI-Methodik (minimal-invasive Methodik der Implantation) periostschonend, sicher und nachhaltig erfolgreich und ohne Lappenbildungen behandelbar. Im Zweifelsfall eröffnet man mit kleiner Inzision, jedoch sollte auf Mukoperiostlappenbildungen verzichtet werden. Ihre Patienten werden es Ihnen danken! 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Prof. (Assoc. PMS Science & Research) Dr. Armin Nedjat