Sofortversorgung und -belastung nach dem MIMI-flapless-Verfahren

Das Champions®-System mit seinem MIMI®-flapless-Verfahren zählt meiner Meinung nach zu den wenigen Innovationen auf dem Gebiet der Zahnheilkunde. Es vereint zahlreiche innovative Ideen mit gesicherten Erkenntnissen, die es einem implantologisch orientierten Zahnarzt ermöglichen, seine Patienten schnell, erfolgreich und auch finanziell bezahlbar mit festsitzendem Zahnersatz zu behandeln.
Der 54-jährige Angstpatient kam mit einer ausgeprägten Parodontitis marginales profunda in meine Praxis. Bis auf die Zähne 33-42 konnten langfristig keine Zähne mit guter Prognose erhalten werden (Abb. 1). Nach Extraktionen in OK und UK (Abb. 2) kamen pro Quadrant jeweils vier einteilige Champions® Classics (3,5 mm Durchmesser) zum Einsatz, um jeweils eine Sofortbelastung (innerhalb der ersten 14 Tage post OP) bei erreichten Mindest-Primärstabilitäten von 40 Ncm durchzuführen (Abb. 3).
-
Abb. 1: Ausgangssituation: ausgeprägte Parodontitis marginales profunda.
-
Abb. 2: OPG prä-OP beider Kiefer nach Reihenextraktion. Nach umfangreicher Aufklärung entschloss sich der Patient, sich vor der Implantation nicht den verlagerten 43 entfernen zu lassen!
-
Abb. 3: Pro Quadrant kamen jeweils vier einteilige Champions® Classics (3,5 mm Durchmesser) zum Einsatz.
Es kommen in erster Linie Durchmesser von 3,5 mm („Classic“, konische Form, D1/D2 Knochen) oder Durchmesser 3,0 mm Vierkant „New Art“ (breitere Zapfenform, D2-D4 Knochen) zur Anwendung. Nur dort, wo der Condenser 3,0 mm präimplantär die 40 Ncm nicht erreicht (ablesbar an der Drehmomentratsche), kommt der Durchmesser 4,5 mm zum Einsatz. Wenn auch dieser nicht „greifen“ würde (40 Ncm), dann erst würde ein 5,5 mm Champions verwendet. Auf diese Weise ist immer ausreichend Knochen periimplantär nachweisbar und die unbeschädigte Knochenhaut kann auch langfristig eine Knochenresorption verhindern. In der 50-minütigen Operation erreichte der 3,0 mm Condenser in fast allen Regionen die 40 Ncm, mit Ausnahme der Region 45, 35 und 37 (da dort die Knochenregeneration noch nicht abgeschlossen war). Dort kamen Durchmesser 4,5 mm zum Einsatz, welche die geforderten 40 Ncm Primärstabilität erreichten. Im Anschluss der Implantation wurden die Zähne 33-42 präpariert und mit Impregum abgeformt.
Eine Woche post OP erfolgte die filigrane „navigierte Präparation“ mittels - vom Labor gefertigten - Präparationskappen. Hierbei erhält die Zahnarztpraxis vom Labor Kunststoffkappen, mit deren Hilfe man „den Überschuss“ des Titans gezielt entfernen kann. Am Präparationsrand (ca. 0,4 mm subgingival) wird nichts entfernt. Auf eine Gerüstanprobe konnte verzichtet werden, da die Okklusionsebene und die Bisshöhe direkt übertragen werden konnte. Spannungsfrei wurde die Arbeit mit Zement eingesetzt (Abb. 4-6).
-
Abb. 4-6: Eine Woche post OP erfolgte die Präparation mit Präparationskappen.
-
Abb. 7-9: Eine Woche nach dem Einsetzen der unteren Arbeit erfolgte die Implantation im Oberkiefer.
Eine Woche nach Einsetzen der unteren Arbeit erfolgte die Implantation im Oberkiefer. Nach Gabe einer 600 mg Ibuprofen direkt nach Verabreichung der Infiltrationsanästhesien (wie auch im Unterkiefer: In der Regel keine Leitungsanästhesie nötig!) und Schleimhautdickenmessung erfolgte die systematische Implantation: Erst mit dem gelben bzw. schwarzen Bohrer und Anwendung des 3,0 mm Durchmesser Condensers erreichten wir mit Ausnahme regio 16 die 40 Ncm Primärstabilitäten mit Durchmesser 3,5 mm (Abb. 7 bis 9).
Das Kontroll-OPG zeigt eindrucksvoll, dass man auf umfangreiche Augmentationen (in Form eines direkten Sinuslift nach Tatum) verzichten kann, wenn genügend Pfeiler vorhanden sind und die Mitarbeit des Patienten eingefordert werden kann (Abb. 10). Regio 16/15 und 25/26 kamen 6 mm lange, regio 25 8 mm lange, regio 14-23 10 mm lange Champions Vierkant zur Anwendung (14 „Classic“, 12-23 „New Art“). Mittels so genannten „Zarami-Schläuchen“ kann man bei der Provisorienerstellung sicherer und effektiver ein spannungsfreies Provisorium mit Phosphatzement einsetzen, ohne die Divergenzen direkt post OP zu elagisieren. Abbildung 11 zeigt die fertige, komplett verblendete Zirkonarbeit wenige Tage nach der OP.
-
Abb. 10: Das Kontroll-OPG zeigt, dass auf umfangreiche Augmentationen verzichtet werden kann, wenn genügend Pfeiler vorhanden sind und die Mitarbeit des Patienten eingefordert werden kann.
-
Abb. 11: Die fertige, komplett verblendete Zirkonarbeit wenige Tage nach der OP.
Das „navigierte Präparieren“ und das Eingliedern der fertigen Arbeit erfolgte ebenfalls eine Woche nach der Implantation gänzlich ohne Anästhesie und absolut schmerzfrei für den Patienten. Die Einschubrichtung der spannungsfrei sitzenden Arbeit und eine ausreichend gute Zugänglichkeit zu den Implantaten gewährleistet eine lange Lebensdauer der Implantate und der Restauration.
Um bei langfristig nicht auszuschließenden kleineren Keramikabplatzungen die Arbeit wieder leicht entfernen zu können, setze ich den Zahnersatz mit implantatlink semi ein. Abbildung 12-14 zeigen die fertige Arbeit in der Frontalansicht. Ich stelle immer auf Shimstock-Kontakt 8 ?m die Okklusion ein und habe bei Lateralbewegungen eine „Nicht-Höcker-Fissuren-Relief-geführte Nonokklusion“.
Zusammenfassung
Sowohl der Patient als auch ich als Behandler haben mit dem Champions®-System und seinem fakultativ zur Anwendung kommenden MIMI®-flapless- Verfahren nur positive Erfahrungen sammeln können. Seit Kennenlernen des Patienten in unserer Praxis bis zum Entschluss des Angstpatienten zur Durchführung von Implantationen und Prothetik vergingen zwar fast zwei Jahre, doch bereute der im öffentlichen Dienst tätige Patient diese minimalinvasiv durchgeführte Behandlung in keinster Weise. Er hatte immer „Zähne im Mund“, nach Implantation sogar ein festsitzendes Provisorium, keine Schwellungen und Schmerzen post-OP und konnte jeweils nur einen Tag nach einer Implantation seinem „normalen Arbeitsalltag“ nachgehen!
Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie überrascht und begeistert die Patienten nach Abschluss der Behandlung sind, gerade wie in diesem Falle, wenn aus einem herausnehmbaren Ersatz wieder eine festsitzende Lösung ohne umfangreiche und risikobehaftete Augmentationen erfolgen kann.