Diagnostik

Attachmentstatus, Diagnostik, Furkationsbefall, Parodontitis, Parodontaler Screening Index (PSI)

Parodontale Diagnostik

03.12.2015

In Deutschland ist nahezu jeder zweite Erwachsene an einer Parodontitis erkrankt. Ungefähr jeder Fünfte davon sogar an einer schweren Form [1]. Eine Parodontitis verläuft zudem für den Patienten meist schmerzlos, so dass die subjektive Wahrnehmung dieser Erkrankung oft erst in einem späten Krankheitsstadium stattfindet. Dies und die hohe Prävalenz verdeutlichen, dass parodontale Erkrankungen durch regelmäßige Screenings als solche möglichst frühzeitig identifiziert und behandelt werden müssen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund relevant, dass eine Parodontitis neben der lokalen Wirkung - nämlich dem Verlust des Zahnhalteapparates bis hin zum Zahnverlust - auch Auswirkungen auf Allgemeinerkrankungen wie Diabetes mellitus oder koronare Herzerkrankungen besitzen kann. Der folgende Artikel erläutert angeratene diagnostische Maßnahmen und zu dokumentierende Befunde.

Der Parodontale Screening Index (PSI) bietet eine gute Möglichkeit, um schnell die parodontale Behandlungsbedürftigkeit eines Patienten festzustellen. Beim Vorliegen der PSI-Codes 3 und 4 sollte eine ausführliche parodontale Diagnostik durchgeführt werden, um das Ausmaß der parodontalen Erkrankung genau einschätzen zu können.

Anamnese

Wie bei jeder zahnärztlichen Untersuchung beginnt auch die parodontale Diagnostik grundlegend mit der allgemeinen Anamnese und wird um die spezielle Anamnese ergänzt. Der Schweregrad und Verlauf einer Parodontitis wird nicht nur von der Menge und Art der Bakterien bestimmt, sondern auch von Risikofaktoren beeinflusst. Jeder Patient bringt seine spezifische Empfänglichkeit für die Entstehung und das Fortschreiten des entzündungsbedingten Abbaus mit. Lokale und systemische Risikofaktoren können jedoch den Verlauf der Erkrankung beeinflussen.

Daher sollte bei der allgemeinen Anamnese gezielt nach Erkrankungen gefragt werden, die einen Einfluss auf das Parodont ausüben. So können systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, Bluterkrankungen, genetische und Infektionserkrankungen sowie hormonelle Einflüsse die parodontale Situation beeinflussen. In diesem Zusammenhang sollten Patienten auch auf die bidirektionale Einflussnahme zwischen Parodontitis und Diabetes hingewiesen werden. So gilt der Typ-I- als auch der Typ-II-Diabetes als etablierter Risikofaktor für die Entstehung einer Parodontitis [2]. Zugrundeliegender Pathomechanismus ist eine diabetes-induzierte überschießende Entzündungsreaktion auf Parodontalpathogene sowie eine verminderte parodontale Regeneration. Die Progression der Parodontitis ist bei schlecht eingestellten Diabetikern demnach beschleunigt und sie sprechen schlechter auf eine Parodontitistherapie an. Umgekehrt kann aber auch eine Parodontitis bei Diabetikern zu einer Verschlechterung der glykämischen Kontrolle führen und diabetische Komplikationen begünstigen. Ursächlich sind die aus dem entzündeten Parodont in den Blutkreislauf austretenden Entzündungsmediatoren. Diese können die Funktion der Insulinrezeptoren hemmen und so die Insulinresistenz verstärken.

Weiterhin ist in der Anamnese die regelmäßige Einnahme von Medikamenten zu erfassen. So können zum Beispiel Antikonvulsiva, Kalziumantagonisten, Immunsuppressiva oder auch orale Kontrazeptiva zu entzündlichen oder nichtentzündlichen gingivalen Vermehrungen führen. Auch eine indirekte Wirkung von Medikamenten durch Mundtrockenheit sollte berücksichtigt werden.

Zusätzlich sollte der Patient befragt werden, ob er Raucher ist oder war, da dies einen Einfluss auf den Therapieerfolg haben kann. Bei Rauchern und ehemaligen Rauchern empfiehlt es sich, die Dauer und die Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten zu dokumentieren (die Multiplikation von gerauchten Päckchen pro Tag und der Anzahl an Jahren mit Tabakabusus ergibt die international anerkannte Kennzahl der „Pack Years“). Die „Pack Years“ nehmen einen akkumulierenden Einfluss auf die parodontale Gesundheit. Raucher haben ein wesentlich erhöhtes Risiko, eine schwere Parodontitis zu entwickeln und sprechen schlechter auf die Parodontitistherapie an [3, 4].

In der speziellen Anamnese wird auf die subjektiven Beschwerden des Patienten wie Mundgeruch, Zahnfleischbluten, Anschwellen und Rötung des Zahnfleischs, Zahnfleischrückgang, Zahnlockerung, Zahnwanderung oder Schmerzen eingegangen (Abb. 1). Im Rahmen der speziellen Anamnese sollte der Patient die Möglichkeit haben, Wünsche bezüglich des Therapieziels zu äußern. Die Erhebung einer kurzen Familienanamnese hilft, um eine denkbare genetische Prädisposition zu ermitteln. Hierbei wird der Patient befragt, ob es bei Familienmitgliedern ersten und zweiten Grades zu frühzeitigem Zahnverlust durch Parodontitis kam. Die familiäre Häufung der Parodontalerkrankung spielt insbesondere bei der Identifizierung einer aggressiven Parodontitis eine wichtige Rolle.

Parodontaler Screening Index Eine Parodontitis verläuft meist schmerzlos und wird vom Patienten selbst häufig erst spät wahrgenommen. Daher ist ein regelmäßiges Screening notwendig. Der Parodontale Screening Index (PSI) bietet eine schnelle und einfache Methode, um eine parodontale Behandlungsbedürftigkeit eines Patienten zu identifizieren. Es wird das Gebiss in sechs Sextanten eingeteilt und das Parodont jedes Zahns mit einer speziellen Sonde, der WHO-Sonde (Abb. 2), untersucht. Die Befunde werden in Codewerten zusammengefasst und jedem Sextanten (Abb. 3) wird der jeweils höchste Codewert zugeteilt (Tabelle 1). Aus diesen Werten ergibt sich die weitere Diagnostik und Behandlung.

  • Abb. 1: Klinische Zeichen für das Vorliegen einer Parodontitis: a) Schwellung und Rötung b) Zahnverlängerung und deutlicher Rückgang des Zahnfleischs c) starker Parodontitis bedingter Knochenabbau.
  • Abb. 2: WHO-Sonde mit spezieller Längenmarkierung und ein Ende in Form einer Halbkugel.
  • Abb. 1: Klinische Zeichen für das Vorliegen einer Parodontitis: a) Schwellung und Rötung b) Zahnverlängerung und deutlicher Rückgang des Zahnfleischs c) starker Parodontitis bedingter Knochenabbau.
  • Abb. 2: WHO-Sonde mit spezieller Längenmarkierung und ein Ende in Form einer Halbkugel.

  • Abb. 3: Einteilung der Dentition in Sextanten (Fa. ParoStatus.de, Berlin).
  • Tab. 1: Codes des parodontalen Screening Indexes.
  • Abb. 3: Einteilung der Dentition in Sextanten (Fa. ParoStatus.de, Berlin).
  • Tab. 1: Codes des parodontalen Screening Indexes.

Attachmentstatus

Sollten beim PSI die Codes 3 oder 4 gemessen werden, erfolgt die Aufnahme eines kompletten Attachmentstatus. Hier werden die wichtigsten Befunde der parodontalen Diagnostik dokumentiert. Dies ist sorgsam durchzuführen, da sich nur so der Verlauf einer Parodontitis hinsichtlich des Therapieerfolgs sowie rekurrierender Bereiche bei der unterstützenden Parodontitistherapie identifizieren lässt.

Wesentliche klinische Parameter beim Attachmentstatus sind die Sondierungstiefen als Distanz zwischen der marginalen Gingiva und dem Taschenboden sowie Rezessionen als Abstand zwischen der Schmelz-Zement-Grenze bzw. bei überkronten Zähnen dem Restaurationsrand und der marginalen Gingiva. Optimaler Weise werden beide Parameter an sechs Messstellen pro Zahn erhoben und ergeben zusammen den klinischen Attachmentverlust parodontal erkrankter Zähne. Aus diesen wichtigen Befunden lassen sich der Behandlungsbedarf (erhöhte Sondierungswerte) und auch die Prognose (verbleibendes Restattachment) abschätzen.

Die Sondierung sollte mit einer starren Metallsonde erfolgen (Abb. 4). Das Sondierungsergebnis hängt von der Breite der Sonde (empfohlen wird ein Durchmesser von 0,6 mm), der Sondierungskraft (0,5 N/cm2) [5] und der korrekten Einschubrichtung der Sonde entlang der Zahnachse unter ständigem Zahnkontakt ab. Vor dem Sondieren ist es sinnvoll, sich einen Überblick über die Zahnanatomie und eventuelle subgingivale Konkremente zu machen, um Fehlsondierungswerte zu vermeiden.

  • Abb. 4: Parodontalsonden mit unterschiedlichen Skalierungen.
  • Abb. 5: Geschwungene Furkationssonde.
  • Abb. 4: Parodontalsonden mit unterschiedlichen Skalierungen.
  • Abb. 5: Geschwungene Furkationssonde.

  • Tab. 2: Klassifikation der Furkationsgrade nach Hamp [6].
  • Tab. 2: Klassifikation der Furkationsgrade nach Hamp [6].

Bei einer fortgeschrittenen Parodontitis ist im Seitenzahngebiet meist der interradikuläre Knochen mehrwurzeliger Zähne abgebaut. Daher ist die Messung der Furkationsbeteiligung ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Attachmentstatus. Dies gestaltet sich nicht immer einfach, da in Abhängigkeit von der Wurzelkonfiguration und Zahnstellung nur schwer in diesem Bereich zu sondieren ist. Um dem gekrümmten Verlauf der Furkation folgen zu können, wird eine gebogene Sonde verwendet (Abb. 5). Die Einteilung der Furkationsbeteiligung richtet sich danach, wie tief die Sonde in die Furkation eindringen kann und wird in vier Grade eingeteilt [6] (Tabelle 2).

Die Dokumentation der Blutungspunkte auf Sondierung (BoP, bleeding on probing) [7] ist ebenfalls Bestandteil des vollständigen Attachmentstatus. Die Blutung sollte 30 Sekunden nach dem Sondieren festgehalten werden. Blutung auf Sondierung ist ein wichtiger klinischer Parameter, da sie als ein Maß für die Entzündungsaktivität einer parodontalen Tasche am Taschenboden dient und ein wichtiger prognostischer Faktor ist. Der BoP besitzt eine hohe Spezifität und relativ geringe Sensitivität. Demnach deutet das Ausbleiben einer Sondierungsblutung im Rahmen der unterstützenden Parodontitistherapie mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine stabile Situation hin, währenddessen ein positiver BoP ein unzuverlässiger Prädiktor für weiteren Attachmentverlust zu sein scheint [8]. Bei Rauchern ist bezüglich des Ausbleibens der Sondierungsblutung besonders Acht zu geben. Durch die bei Rauchern vorhandene verschlechterte periphere Mikrozirkulation kann trotz entzündlicher Prozesse am Taschenboden die Sondierungsblutung ausbleiben.

Weiterhin ist die Mobilität der Zähne zu testen und in vier Grade einzuteilen (Tabelle 3). Eine Zahnlockerung kann Ausdruck eines stark vorangeschrittenen Attachmentverlustes sein, aber auch durch funktionelle Überbelastung verursacht werden. Dies sollte mit Hilfe des funktionellen Befundes überprüft werden. Zusätzlich werden im Attachmentstatus die Zahnlockerungen und eventueller Pusaustritt eingetragen. Die erhobenen Daten werden in ein Formblatt oder in digitale Befundbögen, die eine spezielle Software voraussetzen, eingetragen (Abb. 6). Dies ermöglicht, das Attachmentlevel vor und nach der Therapie sowie im Laufe der unterstützenden Parodontitistherapie miteinander zu vergleichen und rekurrierende Problemstellen leichter ausfindig zu machen.

  • Tab. 3: Einteilung der Zahnmobilität.
  • Abb. 6: Beispiel für ein konventionelles Formblatt und einen digitalen Attachmentstatus (Fa. ParoStatus.de, Berlin).
  • Tab. 3: Einteilung der Zahnmobilität.
  • Abb. 6: Beispiel für ein konventionelles Formblatt und einen digitalen Attachmentstatus (Fa. ParoStatus.de, Berlin).

Weitere intraorale Befunde

Die parodontale Diagnostik ist nicht ausschließlich auf die Erhebung des Attachmentstatus zu beschränken. Die Überprüfung weiterer Befunde ergänzt die parodontale Diagnostik um wertvolle Hinweise.

So sollte ein kurzer funktioneller Befund erfasst werden. Die funktionelle Untersuchung ist von Bedeutung, da bekannt ist, dass Zähne mit okklusalen Diskrepanzen initial höhere Sondierungstiefen aufweisen [9] und unbehandelt sogar die Progression einer Parodontitis gefördert wird [10]. Entgegen anderslautender historischer Annahmen ist eine Malokklusion allein allerdings kein auslösender Faktor für parodontalen Abbau. Auch lokale Faktoren, wie beispielsweise eine verschachtelte Zahnstellung oder sehr eng oder weit auseinander stehende Zähne sind zu dokumentieren, da sie als Plaqueretentionsnischen wirken können oder es vermehrt zu Speiseimpaktionen kommen kann. Vorhandene Füllungs- und Kronenränder müssen hinsichtlich ihrer Suffizienz und Passung überprüft werden. Alle kariösen Läsionen müssen erfasst werden.

Röntgenbefund

Eine wichtige diagnostische Ergänzung zum Attachmentstatus stellt der Röntgenbefund dar. Um das knöcherne Attachment exakter beurteilen zu können, ist ein Orthopantomogramm nur begrenzt aussagekräftig. Durch technisch bedingte Unschärfe und Überlagerungen - vor allem im Frontzahnbereich - ist das Knochenniveau nicht immer eindeutig erkennbar. Daher empfiehlt es sich, entweder das Orthopantomogramm mit zusätzlichen Einzelzahnfilmen zu ergänzen oder grundsätzlich einen Röntgenstatus mit Zahnfilmen in Paralleltechnik durchzuführen. Der horizontale Knochenabbau wird prozentual angegeben und an der Distanz zwischen der Schmelz-Zement-Grenze beziehungsweise den Restaurationsrändern und dem Limbus alveolaris gemessen. Eine korrespondierende parodontale Tasche ist bei einem gleichmäßigen horizontalen Knochenabbau als supraalveolär zu bezeichnen. Zusätzlich werden die Röntgenbilder hinsichtlich vertikaler Knocheneinbrüche inspiziert. Hier erfolgt die Messung von der Schmelz-Zement-Grenze bis zum Boden des intraossären Defektes, also dem Bereich, in dem der Defekt in den Parodontalspalt übergeht. Eine vorliegende parodontale Tasche wird als intra-alveolär bezeichnet.

Oftmals lässt sich bereits aufgrund der Radiotransluzenz feststellen, ob ein einwandiger oder mehrwandiger Knochendefekt vorliegt (Abb. 7).

An mehrwurzeligen Zähnen kann der klinisch häufig schwierig zu messende interradikuläre Knochenabbau beurteilt werden, gegebenenfalls durch die Anfertigung einer exzentrischen Aufnahme. In diesem Zusammenhang ist der sogenannte Furcation Arrow von diagnostischem Wert.

  • Abb. 7: Vergleich eines mehrwandigen vertikalen Knochendefekts (links) mit einem einwandigen (rechts).
  • Abb. 8: Furcation Arrow als diagnostisches Mittel, dreieckige Struktur im interradikulären Bereich.
  • Abb. 7: Vergleich eines mehrwandigen vertikalen Knochendefekts (links) mit einem einwandigen (rechts).
  • Abb. 8: Furcation Arrow als diagnostisches Mittel, dreieckige Struktur im interradikulären Bereich.

Dabei handelt es sich um eine dreieckige radiologische Struktur im interradikulären Bereich, die ein Indikator für das Vorhandensein einer Furkationsbeteiligung des Grades II oder III ist (Abb. 8).

Ein Fehlen dieses Furcation Arrows bedeutet allerdings nicht, dass kein interradikulärer Knochenabbau vorhanden ist [11].

Als weiterführende radiologische Diagnostik kann zum zusätzlichen Informationsgewinn die Anfertigung eines digitalen Volumentomogramms in Betracht gezogen werden. Besonders bei furkationsbefallenen Zähne kann die dreidimensionale Darstellung des interradikulären Knochens ziemlich exakt beurteilt werden [12]. Allerdings sollte dabei die zusätzliche Strahlenbelastung der Patienten berücksichtigt werden. Daher kann die Anfertigung eines digitalen Volumentomogramms zur ausschließlichen parodontalen Diagnostik nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Wenn durch die spezielle Anamnese bekannt wurde, dass der Patient bereits zuvor in parodontaler Behandlung war, ist es sinnvoll, alte Befunde und Röntgenbilder zur Einschätzung der Krankheitsprogression anzufordern.

Weiterführende diagnostische Mittel

Zusätzlich werden zahlreiche weiterführende diagnostische Tests angeboten, deren Anwendung allerdings nicht zwangsläufig von zusätzlichem Nutzen ist oder eine therapeutische Konsequenz bewirkt.

So wurden beispielsweise Mitte der 1990er-Jahre genetische Tests populär, um das Parodontitisrisiko vorherzusagen, hier vor allem der IL-1-Polymorphismus. Als Hintergrund wurde vermutet, dass es aufgrund einer genetischen Variation durch die Infektion mit parodontalen Bakterien zu einer überschießenden Produktion dieses Entzündungsmoleküls kommt und im Folgenden der parodontale Knochen vermehrt abgebaut wird. Allerdings konnte in aktuelleren, ausreichend dimensionierten genetischen Assoziationsstudien eine Assoziation eines Polymorphismus im IL-1-Gen (oder anderer postulierter Kandidatengene) mit der aggressiven Parodontitis nicht bestätigt werden [13, 14].

Mit weiteren diagnostischen Testverfahren kann chairside der aktuelle Entzündungsstatus einer Zahnfleischtasche bestimmt werden. Dies kann beispielsweise über die Sulkusflüssigkeitsfließrate erfolgen, bei der die Menge an Sulkusflüssigkeit mit einem Filterpapierstreifen innerhalb einer Zeiteinheit bestimmt und mit Hilfe eines speziellen Messgeräts (Periotron, Fa. Oraflow, New York, USA) ausgewertet wird. Die Menge an produzierter Sulkusflüssigkeit nimmt mit dem Schweregrad der parodontalen Entzündung zu.

Weiterhin können Kollagenasen, wie die Matrix-Metalloproteinase-8 (aMMP-8), die beim entzündlichen Abbau parodontaler Strukturen freigesetzt werden, nachgewiesen werden. Ein ELISA- basierte Schnelltest ist kommerziell erhältlich, aber derzeit allerdings nur unzureichend wissenschaftlich belegt. Die sicherlich am häufigsten durchgeführte weiterführende Diagnostik stellt die mikrobiologische Analyse der subgingivalen Bakterienbesiedlung dar. Hierbei werden Proben der subgingivalen Plaque entnommen und diese durch molekularbiologische Methoden, wie die Polymerase-Ketten-Reaktion oder DNA-Sonden, analysiert (Abb. 9). Seltener erfolgt die Bakterienidentifikation durch Kultivierungsverfahren (Abb. 10). Allerdings ist der therapeutische Mehrwert einer solchen Keimbestimmung zu hinterfragen [15]. So wird beispielsweise eine adjuvante systemische Antibiose bei schwerer chronischer oder aggressiver Parodontitis unabhängig vom nachgewiesenen Bakterienspektrum empfohlen. Umgekehrt ist beim Vorliegen der parodontalpathogenen Leitbakterien nicht automatisch die adjuvante Antibiotikagabe zu empfehlen. Jedoch kann die mikrobiologische Testung im Einzelfall zur Bestätigung des klinischen Befundes oder zur Verlaufskontrolle durchgeführt werden.

  • Abb. 9: Auswertungen eines mikrobiologischen Tests subgingivaler Plaqueproben, Analyse mittels Real-Time-PCR-Verfahren (Fa. Carpegen, Münster).
  • Abb. 10: Auswertungen eines mikrobiologischen Tests subgingivaler Plaqueproben, Analyse mittels Kultivierungsverfahren (Fa. Oro-Dentale Mikrobiologie / Labor Dres. Hauss, Kiel).
  • Abb. 9: Auswertungen eines mikrobiologischen Tests subgingivaler Plaqueproben, Analyse mittels Real-Time-PCR-Verfahren (Fa. Carpegen, Münster).
  • Abb. 10: Auswertungen eines mikrobiologischen Tests subgingivaler Plaqueproben, Analyse mittels Kultivierungsverfahren (Fa. Oro-Dentale Mikrobiologie / Labor Dres. Hauss, Kiel).

  • Tab. 4: Klassifikation der Parodontalerkrankungen [16].
  • Tab. 4: Klassifikation der Parodontalerkrankungen [16].

Diagnose, Prognose, Therapieplan

Nach der Analyse aller erhobenen Befunde erfolgt die Diagnosestellung entsprechend der seit 1999 geltenden Nomenklatur der Parodontalerkrankungen [16] (Tabelle 4). Ebenso sollte eine Prognoseeinschätzung der gesamten Dentition stattfinden. Hierbei wird der Zahnerhalt als sicher, fraglich, unsicher und hoffnungslos in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren beurteilt und ein entsprechender Therapieplan aufgestellt. Prognosebeeinflussende Faktoren sind auf Zahn- (u. a. klinisches Restattachment, Zahntyp), Patienten- (u. a. Mundhygiene, Raucherstatus, Compliance) und Behandlerebene (Erfahrung des Behandlers, Existenz eines Recallsystems in der Praxis) vorhanden.

Fazit

Nur durch die sorgfältige Erhebung aller parodontaler Befunde sowie die Ergänzung und Analyse von Nebenbefunden lässt sich die Form und das Ausmaß einer parodontalen Erkrankung beurteilen. Eine gründliche Diagnostik ist maßgeblich für die Planung der Therapie und Voraussetzung einer erfolgreichen, der Indikation entsprechenden Behandlung.