Diagnostik

Früherkennung, Monitoring, Parodontitis, Risikomanagement

Parodontales Risikomanagement: Früherkennung und Monitoring

Bei einer Parodontitis sind regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen sowie eine risikoorientierte unterstützende Parodontaltherapie (UPT) wichtig, um die Erkrankung zu stoppen bzw. wenigstens zu kontrollieren.

Individuelle, allumfassende Prophylaxe-Therapiekonzepte sind der Grundstein für eine neue Mundgesundheitskultur. Nur so bleiben Patienten gesund! In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Notwendigkeit einer professionellen Prophylaxe und fachgerechten Behandlung bei einem Parodontitis-Risikopatienten. Denn bevor eine umfassende hochwertige Zahnersatz-Versorgung stattfindet, bedarf es einer genauen Prüfung des Zahnhalteapparates.

Vorab sind wiederkehrende Patientenberatung, Motivation, praktische Mundhygieneübungen und regelmäßige Taschenmessungen nicht wegzudenken! Hier fehlt es in vielen Zahnarztpraxen immer noch an einer umfassenden Befunderhebung, welche die gesamte Mundhöhle mit einbezieht.

Da Menschen sehr unterschiedlich sind, ist es sinnvoll, in der Patientenberatung verschiedene Sinneskanäle wie „sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken“ zu bedienen. Dabei kann der Einsatz von hochwertigen Arbeitsmodellen, Schaubildern oder Fotos, die dem wichtigen Informations- und Aufklärungsprozess dienen, vorteilhaft sein.

Manchmal ist es sogar hilfreich, ein Röntgenbild (OPG) auszudrucken oder mit Hilfe eines iPads den Krankheitsverlauf konkret zu besprechen. Daran können Knochenverlauf (PAR), Karies oder Zahnersatzplanung für die Patienten nachvollziehbar und farblich unterschiedlich eingezeichnet werden. Somit erkennen Patienten den direkten persönlichen Bezug.

Viele Praxen legen mittlerweile großen Wert darauf, ihre Patienten dahingehend zu unterstützen, ein Leben lang eine ausgeglichene Zahngesundheit beizubehalten oder diese zu fördern. Eine der wichtigsten Krankheitsformen in der Zahnmedizin ist die heimtückische Parodontitis. Ein kurzer überfliegender 01-Blick in den Mund lässt eine Parodontitis oft unerkannt. Denn Parodontitis ist eine Erkrankung, die in der Regel selten mit Schmerzen verbunden ist. Dies führt häufig dazu, dass sie oft über lange Zeit unbemerkt bleibt. Da mit zunehmendem Ausmaß der PAR-Erkrankung die Behandlung erschwert wird, sollte das Ziel einer professionellen Prophylaxe-Abteilung unter anderem die Früherkennung der Parodontitis sein. Zur Therapie gehört die allumfassende Inspektion der gesamten Mundhöhle.

Parodontologischen Befund erheben

Um Erkrankungen am Zahnhalteapparat festzustellen, ist es notwendig, vorab ein Screening zu machen. Hierzu wurde der „Parodontale Screening Index“ (PSI) entwickelt. Der PSI (Code 0 - 4) ist eine einfache Methode, um den Zahnfleischzustand zu bewerten. Dazu wird der Kiefer in Sextanten eingeteilt. Das Screening ermöglicht die Erfassung bereits früher Formen von Zahnbetterkrankungen, um sie zielgerichtet zu behandeln. Der Test wird mit einer zahnärztlichen Spezial-Sonde (WHO-Sonde) an sechs Stellen pro Zahn durchgeführt und ist somit Parameter für die Einstufung des Schweregrades einer parodontalen Erkrankung. Blutungsneigung, Belagsbildung und Sondierungstiefen werden bewertet, defekte Restaurationsränder sowie Auffälligkeiten wie Rezessionen mit einem Stern* dokumentiert.

Auswertung PSI

Wurde für alle Bereiche der Code 0 ermittelt, dann ist das Zahnfleisch gesund. Eine gute Mundhygiene sollte weiter aufrechterhalten werden, ergänzt durch Prophylaxe-Behandlungen und Mundhygiene-Instruktion in regelmäßigen Abständen (im Normalfall zweimal pro Jahr).

Wurde einmal oder mehrmals Code 1 und/oder Code 2 gefunden, ist dies ein erster Hinweis auf eine Zahnfleischentzündung. Mögliche Ablagerungen, wie Zahnbelag oder Zahnstein, werden in 1 oder 2 Prophylaxe-Sitzungen von den Zahnoberflächen und aus den Zahnfleischtaschen entfernt und individuelle Instruktionen zur Verbesserung der Mundhygiene ? mit praktischen Mundhygienetipps und Hilfsmitteln ? gegeben.

Code 3 deutet darauf hin, dass eine mittelschwere Parodontitis vorliegt. Das gesamte Gebiss wird weiter untersucht, um eine genauere Diagnose zu erstellen. Das gleiche gilt für Code 4, wo bereits eine schwerere Form der Parodontitis vorliegt. Wie bei den Codes 1 und 2 ist auch bei den Codes 3 und 4 die Verbesserung der Mundhygiene in der häuslichen Mitarbeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen dauerhaften Behandlungserfolg.

Tägliche Hausaufgabe der Patienten

Neben dem sanften Zähneputzen mit einer risikobezogenen Zahnpasta und einer optimalen Zahnbürste (elektrisch oder per Hand) müssen Patienten einmal täglich die Bakterien mit einem Interdentalraumbürstchen (werden in jeder Prophylaxe- Sitzung neu angepasst) bekämpfen. Abends sollte 1 x die SOLO-Zahnsaumpflege (ohne Zahnpasta) angewandt werden.

Werteorientierte Aufklärung, bestmögliche Eigenmotivation, eine empathische Gesprächs- und Patientenführung sowie das Wissen um die richtige Handhabung der notwendigen Hilfsmittel sind Basic-Voraussetzung für Ihre erfolgreichen Prophylaxe-Konzepte!

Ein einheitlicher Goldstandard, der für alle Prophylaxe-Expertinnen in der Praxis als Orientierung gilt, wäre optimal. Hier bietet das parodontale Risikomanagement-Programm „ParoStatus.de“ eine große Hilfe. Die Prophylaxe-Abläufe sind in acht Behandlungsschritte unterteilt, an denen sich die Profis orientieren können.

Optionale Prophylaxe-Abläufe nach ParoStatus.de

1. Einführungsgespräch

  • Spezielle Anamnese, Allergien und Medikamente
  • Service, u. a. Kakaobutter und CHX-Spülung 0,2 %
  • Rauchen, Nikotin ist der stärkste extrinsische Risikofaktor für den Ausbruch einer Parodontitis
  • Mundhygiene
  • Dokumentation des intraoralen Befundes, wie Veränderungen in der Mundhöhle
  • Systemische und genetische Faktoren
  • Erosionen (BEWE), Abrasionen, überstehende Füllungsränder, Kariesüberprüfung
  • Blutzuckersprechstunde oder aktive Matrixmetalloproteinase (aMMP-8 Test zeigt akute Entzündungsprozesse)

2. Befunde

  • PSI (Sondierungstiefen an 6 Stellen pro Zahn messen und protokollieren),
  • Messung bei PAR-Patienten 2 x im Jahr, u. a. Beweglichkeit, Rezessionen, Bifurkationen, Attachmentverlust etc.
  • PSI- und BOP-Befunde werden akustisch wiedergegeben, so dass der Patient schon beim Messen erfährt, wo seine Risikostellen liegen
  • Fußanlasser oder Tastatur erleichtern die Befundaufnahme, da sie den Mundraum nicht verlassen müssen
  • BOP, Sondierung des Sulkusbodens, um den subgingivalen Entzündungszustand des Parodonts festzulegen
  • Achtung: Nikotin vermindert die Blutungsneigung signifikant!
  • Plaque-Index, nach dem Anfärben werden Risikostellen besprochen und optimiert.

3. Motivation

  • Für die Motivation können die Ausdrucke der Befunde dienlich sein.
  • Kurze Aufklärungsvideo-Sequenzen fürs iPad sind selbsterklärend und finden große Akzeptanz.

4. Reinigung

  • Hier wird der genaue Ablauf dokumentiert.
  • Schall- oder Ultraschallgerät, Stärke wird farblich nach Ampelsystem kodiert
  • Handinstrumente und Spezialküretten
  • Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräte
  • subgingivales Biofilmmanagement mit niedrigabrasivem Glycinpulver.

5. Politur

  • Welche Polierpaste wird verwendet, z. B. selbstreduzierend etc.
  • Soll Kelch oder Bürstchen verwendet werden?

6. Medikamente und ergänzende Therapie

  • Klicken Sie Ihre Empfehlung in der Software einfach an, alle bekannten Hersteller sind hinterlegt
  • Zahnseide, Interdentalbürstchen
  • Zahnpasta, Spülung
  • Zahnbürste ? Hand oder elektrisch
  • Einsatz CHX
  • Einsatz Fluoride
  • Täglich/wöchentlich anzuwenden

7. Beratung

  • Auswertung der Befunde
  • Überzeugen Sie Ihre Patienten mit einem leicht verständlichen, individualisierten Risikoprofil-Ausdruck.
  • Was ist zu beachten und wo ist konkreter Handlungsbedarf?

8. Recall-Planung

  • Die Skalierung der Parameter wird in die Stufen „niedriges“, „mittleres“ und „hohes Risiko“ eingeteilt.
  • Patientenbezogene Argumente für den nächsten Prophylaxetermin und für die Empfehlung risikoorientierter Recall-Abstände!
  • Erinnerung per SMS-Service
  • Praxisinterne Auswertung: Wann war Patient da? Wann muss Patient wieder kommen?

Bieten Sie risikobezogene Mundgesundheits-Konzepte an

  • ©ARDENT GROUP

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Eine Gingivitis kann bei einem Neupatienten oft mit einem Mundhygiene-Programm ? zwei Prophylaxe-Sitzungen (Dauer etwa 60 bis 90 Minuten) ? innerhalb von 21 Tagen geheilt werden. Das erste Controlling (Recall) ist nach drei Monaten empfehlenswert. Hierbei spielt die häusliche Umsetzung der Hygienephase des Patienten eine entscheidende Rolle. Ist er motiviert und „handwerklich“ begabt, reicht dann meist ein halbjährliches Recall.

Bei Parodontitis-Patienten ist ein Biofilm-Management empfehlenswert. Hierbei wird der Patient in meist drei Prophylaxe-Behandlungen à 90 / 60 / 60 Minuten betreut. Erst wenn die Basis durch die drei aufeinander folgenden Prophylaxe-Sitzungen geschaffen wurde und der Patient die häusliche Umsetzung anerkennt und seine Mundhygiene beherrscht, macht eine gezielte Parodontalbehandlung Sinn.

  • ©ARDENT GROUP

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Bei einer frühzeitigen Parodontitis-Diagnose ist in der Regel eine erfolgreiche Behandlung möglich. Die komplette Entfernung des bakteriellen Zahnbelags von den Zahnund Wurzeloberflächen sowie aus den Zahnfleischtaschen ist die Grundlage der Parodontitis-Behandlung. Parodontitis und Periimplantitis sind chronisch bakterielle Infektionen. Wissenschaftliche Studien aus dem Bereich der Mundgesundheit kommen zum Ergebnis, dass unter den Erwachsenen im Alter von 35 bis 44 Jahren eine Parodontitis-Erkrankung bereits sehr weit verbreitet ist. 52,7 % der Altersgruppe leiden unter einer mittelschweren und 20,5 % unter einer schweren Form der Erkrankung.

Leider wird die Parodontal-Therapie in vielen Praxen noch stiefmütterlich behandelt. Mitunter ist der Faktor Zeitmangel hier maßgeblich, oder einfach die eigene Unsicherheit und Angst, Patienten auf Krankheiten und Investitionen anzusprechen. Dem kann durch praxisinterne Coachings Abhilfe geschaffen werden. Schon der erste Tag der fachlichen und kommunikativen Implementierung im Praxisalltag bietet Ihnen und Ihrem Team neue Kompetenzen, Sicherheit und Eigenmotivation! Das bedeutet für Sie die Chance auf viel mehr gesunde Patienten und zudem eine deutliche Umsatzsteigerung!

Besonders unter den Senioren ist die Parodontitis sehr weit verbreitet. 48,0 % sind von einer mittelschweren und 39,8 % von einer schweren Ausprägung der Krankheit betroffen. Demnach leiden ca. 10 bis 15 % der Bevölkerung unter einer schweren Form der Parodontitis an mindestens einem Zahn. Wissen Ihre Patienten, dass erhöhter täglicher Stress und Medikamente die menschlichen Abwehrkräfte reduziert?

Es wird beobachtet, dass die Anzahl der Risikopatienten stetig ansteigt. Darunter fallen u. a. Diabetiker, Rheumatiker, Osteoporose-Patienten, Gelenkprothesenträger, Herz- und Kreislaufkranke, Krebspatienten, Alkoholkranke, Raucher, Schwangere sowie Patienten mit Organtransplantationen.

Systemische Erkrankungen, übermäßiger Rauch- oder Alkoholkonsum, unzureichende Mundhygiene sowie ungesunde Ernährung und Stress fördern die schnelle Ausbreitung und Ansteckung der aktiven Parodontalkeime. In diesem Stadium ist es ratsam, die Patienten in einem sehr engen Recall (UPT 3 bis 4 Monate) risikoabhängig und individuell zu betreuen.

Tipp für die Paro-Praxis

Gewinnen Sie Ihr Team und Ihre Patienten dafür, mit aktiver Freude am Erhalt der eigenen ganzheitlichen Zahnund Mundgesundheit mitzuwirken. Dabei erfahren und erleben Patienten ein anderes Mundbewusstsein für Atemfrische, Ästhetik sowie ein sicheres Auftreten im Alltag. Vermitteln Sie Ihren Patienten wertschätzend und verständlich, welchen unwiederbringlichen „Schatz“ sie im Mund tragen – und wie wichtig es ist, ihn zu erhalten!

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Brigitte Godizart

Bilder soweit nicht anders deklariert: Brigitte Godizart