Ernährungsberatung in Zahnarztpraxen

Ernährung und Essgewohnheiten sind hochaktuelle Themen, die in der Diskussion um sogenannte „Lifestyle“-Themen ihren Platz finden. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Ernährung nicht nur Erkrankungen wie z.B. Diabetes (Typ 2) oder Gefäßerkrankungen (Arteriosklerose) beeinflusst, sondern sich auch auf die Mundgesundheit auswirken kann und damit mit der Zahngesundheit korreliert [8].
Diese Studie, durchgeführt in Form einer Online-Befragung, widmet sich der Frage nach Stellenwert und Umfang einer Ernährungsberatung zu einer zahngesunden Ernährung, die durch Dentalhygieniker/-innen (DHs) in Delegation einer Zahnärztin oder eines Zahnarztes erfolgt [2]. Die Spezialisierung des Berufsbildes von Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) auf die Dentalhygiene (DH) ist in Deutschland bislang nicht flächendeckend verbreitet und damit gibt es DHs nicht in allen Zahnarztpraxen. Daher ist kaum Datenmaterial zu Umfang und aktuellem Stellenwert einer Ernährungsberatung im Rahmen der Dentalhygiene in Zahnarztpraxen in Deutschland vorhanden.
Um einen Beitrag zur Reduzierung dieses Defizits zu leisten, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt. Einbezogen in die Umfrage wurden Faktoren wie Praxisgröße, Arbeitsumfang, Kooperationen mit medizinischem Personal, Instrumente zur Durchführung einer Ernährungsberatung, Leistungsberechnung, Wünsche, Informationsquellen und Erfolge in der Ernährungsberatung. Da DHs Zahnärzte/-innen in Bereichen wie Parodontitis und Prophylaxe entlasten können, steigt das Interesse in den Zahnarztpraxen, Patienten/-innen alternative prophylaktische Behandlungsmethoden anzubieten und sie auf dem Wege der Delegation prophylaktisch entsprechend versorgen zu können.
Laut Umfragen denken 99% der kontaktierten Eltern, dass sich durch eine Ernährungsberatung zur Zahngesundheit Karies verhindern ließe [7]. Eine Befragung in den USA untersuchte die Ernährungslehrpläne in der DH. Dabei zeigte sich, dass keine Standardisierung von Ernährungsmodellen vorhanden ist [13].
In einer Untersuchung in Deutschland im Jahr 2009 wurden 577 Zahnärzte/-innen über Maßnahmen zur Prophylaxe oraler Erkrankungen befragt. Hierbei gaben 50,2% an, häufig Informationen zur zahngesunden Ernährung zu geben, 15,8% taten dies immer und 33,2% zumindest manchmal [12].
In der Literatur besteht derzeit noch keine Einigkeit darüber, ob eine Ernährungsberatung die Erfolge in der Parodontitistherapie weiter verbessern könne. Die Studienlage hierzu ist bislang noch nicht ausreichend, um belastbare Aussagen machen zu können [21].
Einfluss von Ernährung auf Entzündungsprozesse im Mund
In der Parodontologie und Kariologie wird Biofilm als Hauptverursacher für die Entstehung und Progression beider Erkrankungen gesehen. Jedoch spielen multiple weitere Faktoren in der Ätiopathogenese sowohl der Karies als auch der parodontalen Entzündungen eine Rolle [16,24]. Die Annahme „je mehr Plaque vorhanden ist, desto mehr Entzündungszeichen können entstehen“, relativiert sich vor dem Hintergrund, dass die unspezifische Plaquehypothese nicht verifiziert werden konnte.
Bei einigen Patienten lässt sich beobachten, dass sich trotz Plaqueakkumulation nur geringe Entzündungszeichen entwickeln und umgekehrt deutliche Entzündungszeichen bei geringer Biofilmbelastung resultieren können [1]. Deshalb wird heute in der Kariologie von der erweiterten ökologischen Plaquehypothese ausgegangen. Diese besagt, dass es nicht nur darauf ankommt, in welcher Zusammensetzung sich azidogene/azidurische Bakterien im Biofilm finden lassen, sondern dass auch entscheidend ist, was die Bakterien darin tun.
Aktuelle Studien konnten nachweisen, dass Entzündungsprozesse von gingivalen oder parodontalen Läsionen durch das Ernährungsverhalten beeinflussbar sind und dieses somit einen zusätzlichen Co-Faktor bei der Ätiopathogenese der Parodontitis darstellt [3,26]. Weitere Studien zeigen, dass durch die Einnahme von Vitamin C die Phagozytoseleistung der sulkulären Granulozyten einen inflammatorischen Prozess regulieren kann. Ebenso wurde nachgewiesen, dass die Einnahme von Vitamin D die proinflammatorischen Mediatoren sowie der reaktiven Sauerstoffspezies reduziert.
Als zugrunde liegender Mechanismus wird die Beeinflussung der neutrophilen Granulozyten über die Bindung von Vitamin D an spezifischen Membranrezeptoren diskutiert [24]. Folsäure- und Magnesiumspiegel können ebenfalls mit einer Parodontitis korrelieren: Folsäure ist in der Lage, eine erhöhte Zellteilungsaktivität zu begünstigen, während die Einnahme von Magnesium die Synthese von Immunglobulinen und die Zytokinbildung reguliert. Weitere Untersuchungen belegten, dass eine Mangelversorgung an Kalzium zu einem erhöhten Parodontitisrisiko führt.
Des Weiteren kann die tägliche Einnahme von Omega-3-Fettsäuren zu einer geringeren Parodontitisentwicklung beitragen [23]. In einer randomisierten Pilotstudie [26] wurden Patienten/-innen mit gingivalen und parodontalen Entzündungen untersucht.
Die erste Gruppe führte eine 4-wöchige Ernährungsumstellung durch. Dabei wurde eine Ernährung angestrebt, die reich an Omega-3-Fettsäuren, Vitamin C, Vitamin D, Antioxidantien und Ballaststoffen war.
Die Aufnahme von verarbeiteten Kohlenhydraten wurde deutlich reduziert. Die Kontrollgruppe führte ihre gewohnte Ernährung weiter. Über die Dauer der Studie wurden Plaqueindex, Gingivablutung, Sondierungstiefen und Blutungen beim Sondieren gemessen.
Beide Gruppen hatten keine signifikante Reduktion von Plaquewerten, jedoch sanken in der Versuchsgruppe die parodontalen Entzündungsparameter um die Hälfte der Ausgangswerte. Der reduzierte Verzehr von hochglykämischen Kohlenhydraten führte zu weniger parodontalen Entzündungen [25].
Kariesaktivität und Zucker
Im Gegensatz zur Ätiopathogenese der Parodontitis ist die Kariesaktivität durch Häufigkeit und Menge des Verzehrs von zuckerhaltigen Lebensmitteln beeinflussbar [9]. Die häufigsten Zuckeraustauschstoffe, die als Alternative in der Ernährung dienen, sind Xylit, Sorbit und Erythritol [11]. Diese sollten jedoch bei der Umsetzung des „zuckerfreien Vormittags“ vor allem wegen der laxierenden Wirkung in Maßen eingenommen werden [22].
Eine randomisierte Kontrollstudie zeigte, dass der tägliche Verzehr von 7,5 g Sorbitbonbons eine signifikante Reduktion des Plaquewachstums bewirkte. Folglich hat die Einnahme dazu geführt, dass die orale Besiedelung mit Streptococcus mutans verringert werden konnte [20]. Karies und parodontale Entzündungen bleiben trotz des aktuellen Wissensstandes und der vielfältigen Behandlungsmethoden die häufigsten Munderkrankungen, wenngleich laut 5. Deutscher Mundgesundheitsstudie (DMS V) die Krankheitslast auf Grundlage prophylaktischer Maßnahmen verringert werden konnte [4].
Jedoch können sich die Zahlen aufgrund der aktuellen Morbiditätskompression ändern. Diese lassen einen erhöhten Behandlungsbedarf erwarten, da die demografische Entwicklung prognostisch zu einer Verschiebung der Krankheitslast auf ein höheres Alter führt [4,21].
Aufgrund dieser Erkenntnisse ist es plausibel, im Praxisalltag die Ernährungsberatung als weiteres Instrument einzuführen, um die prognostizierte, aus dem demografischen Wandel resultierende Krankheitslast in Bezug auf die Parodontologie und Kariologie zu verringern.
Diskussion der Studienergebnisse
Die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass 68% der Teilnehmenden eine Ernährungsberatung in unterschiedlichem Ausmaß durchführen. In einer anderen empirischen Untersuchung [10] haben von 987 befragten DHs 426 geantwortet.
Im Ergebnis zeigte sich, dass sie eine positive Einstellung zur Ernährungsberatung haben. Bestätigt wird diese Einstellung durch die Angabe von 89,4% der Befragten, dass eine intensivere Ernährungsberatung erfolgen sollte [10]. Die vorliegende Untersuchung im deutschen Kollektiv zeigt somit ein tedenziell höheres Interesse als die Untersuchung von Hayes et al. 6 Jahre zuvor in Australien bei einer etwa 10-fach größeren Gruppe [10].
Stellenwert der Ernährungsberatung
Der Stellenwert der Ernährungsberatung in Zahnarztpraxen ist ein Beleg dafür, dass das Thema nicht nur die DH betrifft, sondern auch die Zahnärzte/-innen. Hierzu wurden in einer Untersuchung in Japan Zahnärzte/-innen befragt. Von den Befragten gaben 63% an, die Ernährungsberatung als wichtig zu erachten und ihr einen hohen Stellenwert einzuräumen.
Das bedeutet auch, dass das Praxispersonal insgesamt einer Ernährungsberatung einen hohen Stellenwert beimisst [27]. Jedoch kann der Stellenwert der Ernährungsberatung in der Parodontologie und Kariologie unterschiedlich sein: Während 69,8% bei 96 Teilnehmenden der Online-Befragung diese in der Parodontalprävention oder -therapie anwenden, gaben 88,4% von 95 Antwortenden an, sie zur Kariesprävention durchzuführen.
Diese Ergebnisse deuten an, dass die Ernährungsberatung zur zahngesunden Ernährung einen höheren Stellenwert besitzt als zur Parodontalprävention oder -therapie. Ein Grund für dieses Ergebnis könnte sein, dass die Ernährungsberatung in der Kariesprävention als eine im Rahmen einer Individualprophylaxe (IP 2) durchgeführte Leistung bei Kindern zwischen dem 6. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als Kassenleistung berechnet werden kann und somit häufiger durchgeführt wird [19].
Nach den aktuellen Leitlinien besteht Unklarheit, ob eine Ernährungsberatung in der Parodontaltherapie hilfreich sein könnte [21]. Dies sollte auch die Haltung gegenüber dieser Intervention in der Praxis beeinflussen.
Ein weiterer Faktor, warum der Ernährungsberatung im Bereich der Parodontologie eine andere Bedeutung als in der Kariologie beigemessen wird, kann darin liegen, dass es zum Thema „Ernährung und Parodontalgesundheit“ nur wenige Fortbildungsangebote gibt. Darauf wiesen Teilnehmer an einer US-amerikanischen Studie hin [15]. Das als zu gering eingeschätzte Lehr- und Fortbildungsangebot kann auch ein Faktor sein, dass Ernährungsberatungen nur eingeschränkt angeboten werden [15].
In einer anderen Umfrage wurde festgestellt, dass 14% der Teilnehmenden eine Ernährungsberatung zur Erhaltung des Parodonts durchführen. 50% gaben an, in Bezug auf Parodontitis und Ernährung nur dann zu beraten, „wenn die Situation dies erfordert“. Das bedeutet, wenn die Ernährungsberatung dem/der Patienten/-in als „wichtiger“ Aspekt zur Parodontitistherapie vermittelt wird, kann sich dies positiv auf die Motivation und somit auf das Ernährungsverhalten auswirken [27].
Beratungsintensität
Obwohl die zahngesunde Ernährung einen hohen Stellenwert hat, spiegelt sich dieser nicht in dem zeitlichen Umfang der Beratung wider. Von den Befragten wenden 40,4% für ihre Beratung 1 bis 5 Minuten auf, 42,6% investieren 6 bis 10 Minuten.
Der Grund für diese Ergebnisse könnte darin liegen, dass die Beratung laut Angaben der meisten Teilnehmenden (97,9%) im zeitlichen Rahmen der Prophylaxe stattfinden. Dies erklärt, warum die Ernährungsberatung nur in einem bestimmten Zeitumfang erfolgen kann.
In einer anderen Studie gab die Mehrheit der Befragten an, dass der geringe Zeitumfang für die Beratung durch einen größeren Zeitmangel in der Sitzung bedingt ist. Dies ist die Hauptursache für nicht umfassende Informationen für den Patienten und damit einer unvollständigen Aufklärung [10].
Die Onlinebefragung ergab, dass pro Monat 1 bis 4 (54,2%), 5 bis 10 (20,8%) und mehr als 10 (14,6%) Patienten/-innen eine Ernährungsberatung erhalten. Zu der Frage, ob auch Ernährungsberatungen in interdisziplinärer Kooperation, z.B. durch Zusammenarbeit mit Internisten, Diätassistenten/-innen, mithilfe von Selbsthilfegruppen für Diabetiker etc. stattfinden, machten jedoch nur 23,5% Angaben, wovon 69,6% diese Zusammenarbeit verneinten. Nur wenige (zwischen 4,3% und 8,7%) gaben eine Form der Zusammenarbeit an.
Grund für diese geringen Werte können ein erheblicher Zeitmangel oder andere Barrieren sein, die eine Kooperation mit weiterem medizinischem Personal erschwert. Es sollte untersucht werden, was die interdisziplinäre und interprofessionelle Kommunikation erschwert, um konzeptionell dagegen vorgehen zu können.
Wissensvermittlung
Mit der Vermittlung fachlicher Grundlagen zur Ernährungsberatung ließe sich das medizinische Personal fördern und damit auch deren Selbstvertrauen stärken, um die Kooperationen zu erleichtern [10]. Denn ein Wissensdefizit wurde als Barriere bei der Durchführung einer Ernährungsberatung definiert. Ein Großteil der DHs (41,2%) erwirbt dieses Wissen im Studium oder in der Ausbildung, 28,4% durch ein Selbststudium wissenschaftlicher Literatur, 12,3% durch Fortbildungsveranstaltungen der Zahnärztekammern, 8,3% in Fortbildungsveranstaltungen von Industrieanbietern und 9,8% durch die Teilnahme an Kongressen.
Die Umfrage von Hayes et al. [10] ergab, dass von 426 befragten Personen 82% anführten, sich ihre fachlichen Grundlagen anhand von Patientenhandbüchern anzueignen. Weitere 61% nannten Zeitschriften, 55% Ernährungsseminare, 33% bzw. 26% der Zahnärzte/-innen führten die Teilnahme an Fortbildungskonferenzen und Ernährungskursen an.
22% der Teilnehmenden besuchten Workshops mit einem Ernährungsberater, 18% nutzten Ernährungs-Helplines. Zusätzlich wünschten sich 79,8%, im Studium oder in der Fortbildung mehr Informationen über Ernährung zu erhalten.
Möglich ist auch, dass aufgrund geringer Patientenkooperation oder wegen mangelnden Selbstvertrauens der DHs bzw. fehlender Fachkenntnisse keine Ernährungsberatung durchgeführt wird. Des Weiteren kann es der Fall sein, dass seitens der DHs kein Interesse an diesem Bereich besteht. An den Befragungsergebnissen ist zu erkennen, dass ein hohes Interesse an fachlichen Grundlagen besteht [10].
Die Ernährungsberatung stellt einen relevanten Aspekt in Zahnarztpraxen dar, jedoch können Barrieren wie Zeitmanagement, Terminvereinbarungen, Wirtschaftlichkeit, Kooperationen mit weiterem medizinischem Personal, mangelndes Selbstvertrauen, wenig Erfahrung und fehlende Kenntnisse zu Ernährungsstrategien sowie ein geringes Angebot an Fortbildungsmöglichkeiten zu den fachlichen Grundlagen dazu führen, dass keine Ernährungsberatung durchgeführt wird [10,15,27].
Wirtschaftliche Faktoren
Ein wichtiger Faktor, der Umfang und Durchführung der Ernährungsberatung beeinflusst, ist der wirtschaftliche Aspekt: Bisher wird die Ernährungsberatung in der Regel im Rahmen der Prophylaxesitzung unentgeltlich durchgeführt (93,9% laut vorliegender Studie). Auch eine Untersuchung in Australien mit 426 DHs und Mundgesundheitstherapeuten zeigt, dass aufgrund unzureichender Terminvereinbarung 75,1% der Befragten ein Hindernis in der Durchführung der Ernährungsberatung sahen [10].
Bislang gibt es jedoch kaum detaillierte Studien bezüglich Terminvereinbarungen für eine Ernährungsberatung. Folglich könnten die Faktoren Zeitmangel und Wirtschaftlichkeit ausschlaggebend sein, dass diese Beratung wenig oder nur kurz durchgeführt wird [10].
Stellenwert der Ernährungsberatung
Die Resultate der Online-Untersuchung verdeutlichen, dass der Ernährungsberatung in Bezug auf Kariologie und Parodontolgie ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Jedoch gibt es hierbei Unterschiede.
Im Bereich der Kariesprävention wird u.U. deshalb häufiger die Ernährungsberatung einbezogen, weil die Kenntnisse zum Stellenwert der Ernährung, besonders der Einschränkung des Zuckerkonsums, bereits weiterverbreitet sind. Bestätigen lässt sich die These, da die Mehrheit in der Online-Befragung angab, dass häufiger eine Ernährungsberatung durchgeführt werden sollte und dies zu einem Erfolg führen könnte.
Das Ergebnis kann im Rahmen dieser Untersuchung durch die Auswahl der Teilnehmenden beeinflusst worden sein, da diese über einen Verband sowie im Rahmen eines Studiengangs zur DH rekrutiert wurden. Diese Teilnehmer wollen ihr Wissen erweitern und sich aktuelle Kenntnisse in dem Bereich aneignen.
Derzeit gibt es keine weiteren Umfragen oder Studien zu dieser Thematik aus Deutschland. Da die Spezialisierung für die Dentalhygiene im Berufsbild der ZFA bislang nicht weit verbreitet ist, kommt den hier befragten 98 DHs ein relativ hoher Stellenwert zu. Eine Abfrage der Absolventenzahlen an den ausbildenden Instituten und der EUFH ergab eine Zahl von 1.820 Absolventen/-innen bis zum Jahr 2019 [5].
Rechnet man die Steigerungsrate der vergangenen Jahre dazu, kann man derzeit von ca. 2.000 aktiven DHs ausgeben. Damit hat bei der Befragung ein repräsentativer Anteil von 5% aller DHs in Deutschland teilgenommen.
Ein weiterer positiver Aspekt ist die unterschiedliche regionale Zusammensetzung der befragten DHs, die ihre Ausbildung oder ihr Studium in unterschiedlichen Bundesländern durchführen oder durchgeführt haben, wodurch sich ein repräsentatives gesamtdeutsches Bild ergibt.
Fazit und Ausblick
Die Untersuchung zeigt, dass die Ernährungsberatung in Zahnarztpraxen zwar einen hohen Stellenwert besitzt, jedoch aufgrund verschiedener Faktoren in Häufigkeit und Umfang stark begrenzt wird. Dazu gehören neben Zeitmangel vor allem Probleme in den Bereichen Terminvereinbarung, Wirtschaftlichkeit, Patientenkooperation, Kooperationen mit medizinischem Personal, geringes Selbstvertrauen der DHs, mangelnde Erfahrung und fehlende Ernährungsstrategien sowie eine geringe Anzahl von Fortbildungsangeboten zur Ernährungsberatung.
Um den Stellenwert der Ernährungsberatung zu stärken, sollten sich Zahnarztpraxen anhand der aktuellen Leitlinien aufstellen und die Inhalte aktueller Studien allen Mitarbeitenden zugänglich machen, die eine Ernährungsberatung durchführen oder daran interessiert sind. Gleichzeitig sollten die DHs im Rahmen interner und externer Fortbildungen in Ernährungsberatung geschult werden. Außerdem könnten DHs zur Unterstützung verstärkt in Kooperationen mit weiterem medizinischem Personal einbezogen werden.
Bei begrenzten Terminmöglichkeiten wäre es möglich, die Ernährungsberatung im Rahmen der Prophylaxesitzungen durchzuführen. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein paar kurze Hinweise zum Thema Ernährung in einer herkömmlichen Prophylaxesitzung wenig Einfluss auf das Ernährungsverhalten der Patienten/-innen haben und damit geringe Effekte in der Prävention von Karies bzw. beim Management einer Parodontitis zu erwarten sind.
Methodisch sinnvoller erscheint es, zuerst die notwendigen Bestandteile einer Beratung abzuarbeiten, beispielsweise eine vorausgehende Ernährungsanamnese und -tagebücher, um tatsächliche Veränderungen zu identifizieren und daraus Rückschlüsse auf den Zeitbedarf für eine effektive Intervention abzuleiten. Am Schluss steht dann die Überlegung, unter welchen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine solche Intervention stattfinden kann.
Derzeit gibt es zum Thema „Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis“ bislang nur im Ausland durchgeführte Studien. Dort unterscheidet sich allerdings die Ausbildung zum DH von der Ausbildung in Deutschland. Um die Ergebnisse dieser erstmals in Deutschland durchgeführten Untersuchung zu vertiefen und detaillierter zu analysieren, sollte untersucht werden,
- ob eine Ernährungsberatung zur adjuvanten Therapie in der Parodontitis- und Kariestherapie hilfreich ist,
- wie Faktoren wie Zeitmangel und Wirtschaftlichkeit bei der Durchführung einer Ernährungsberatung reduziert werden können,
- welche weiteren Barrieren in der interprofessionellen und interdisziplinären Kommunikation bestehen und
- inwieweit die Ausbildung des Praxisteams für den Bereich Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis verstärkt und optimiert werden kann.
Um den Stellenwert der Ernährungsberatung zur Verbesserung der oralen Gesundheit in Deutschland genauer zu analysieren und zu optimieren, sollte in einer künftigen Untersuchung eruiert werden, ob die Patienten/-innen eine Ernährungsberatung in der Zahnarztpraxis erhalten möchten. Zudem wäre es hilfreich zu untersuchen, welche Patientengruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren) eine Ernährungsberatung erhalten bzw. annehmen würden und ggfs. bereit wären, ein Honorar für diese zusätzliche Beratung privat zu tragen. Aufgrund der durch Budgetierung politisch verordneten Leistungsbegrenzung ist es eher unwahrscheinlich und auch nicht wünschenswert, dass eine Leistung, deren Nutzen die aktuelle S3-Leitlinie zumindest im Bereich der Parodontologie [14] zurückhaltend bewertet, in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen wird.
Die Ergebnisse der Studie finden Sie in den Grafiken komprimiert zusammengefasst. Die ausführlichen Informationen zur Methodik der Studie und Detailergebnisse lesen Sie auf www.dimagazin-aktuell.de/studie-ernaehrungsberatung.
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Abb. 1: Prozentuale Anteile der verschiedenen Mikronährstoffe in der Beratung
zur Supplementierung in der Parodontitisprävention und -therapie.
© Gaßmann -
Abb. 2: Zeitumfang der Ernährungsberatung pro Patienten/-in.
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Abb. 3: Der Bestandteil der Prophylaxesitzung in der Ernährungsberatung oder
als getrennte Sitzung.
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Abb. 4: Prozentuale Angaben zu Quellen zur Fortbildung in der Ernährungsberatung.
© Gaßmann