Höhere klinische Erfolgssicherheit im Kampf gegen parodontopathogene Erreger durch Laserlicht und PerioChip®

Die Tatsache, dass einige der etwa 10(14) in der Mundhöhle befindlichen Bakterien eine marginale Parodontitis initiieren und unterhalten können, wurde von Henderson und Wilson 1998 beschrieben und ist heutzutage allgemein akzeptiert. Unstrittig ist auch, dass neben der mikrobiologischen Komponente eine Dysregulation auf immunologisch-inflammatorischer Ebene ebenfalls eine bedeutende Rolle für das individuelle und unterschiedliche klinische Bild einer Parodontitis spielt. Die nachfolgende Arbeit konzentriert sich allerdings im Wesentlichen auf unsere klinischen Erfahrungen und das Wissen über die Therapiemöglichkeiten im mikrobiologischen Bereich der Parodontitis.
Trotz enormer Fortschritte in der Forschung auf dem Gebiet der oralen Mikrobiologie ist die Rolle des intraoralen Biofilms in der Pathogenese der Parodontitis bisher nur unzureichend verstanden. Dies liegt daran, dass die Parodontitis nicht von einer bakteriellen Spezies initiiert und unterhalten wird, sondern nach derzeitigem Verständnis das Ergebnis einer polymikrobiellen Kolonisation intraoraler Oberflächen darsteIlt. Darüber hinaus sind die intraoralen Kolonisationsmuster von Patienten mit Parodontitis individuell höchst unterschiedlich und teilweise lassen sich als parodontopathogen klassifizierte Erreger auch bei parodontal gesunden Patienten nachweisen. Den klassischen Koch’schen Postulaten folgend erlauben diese Umstände nicht, einen Mikroorganismus eindeutig aIs Auslöser einer Parodontitis zu bezeichnen [1].
Therapieansatz
Hauptziel ist es, den parodontalen Biofilm zu zerstören und damit die infektionsauslösenden Bakterien während der mechanischen Therapie zu reduzieren. Durch die alleinige Initialbehandlung, aber auch chirurgische Therapie lassen sich beispielsweise die Keime Porphyromonas gingivalis, Tannerella forsythia, Fusobacterium species, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Prevotella intermedia und Prevotella oralis nicht eliminieren. Bei tiefen Taschen ist auf Grund der komplexen Wurzelanatomie der Zugang mit parodontalen Instrumenten zu allen erkrankten Bereichen erschwert. Zudem besitzen verschiedene Pathogene die Eigenschaft, in Gewebe einzudringen und somit eine mechanische Reinigung nicht zu erreichen. Gerade die Persistenz parodontalpathogener Spezies, wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis, scheint ein wichtiger Faktor für Progredienz einer Parodontitis zu sein.
Nicht-chirurgische Parodontaltherapie gewinnt zunehmend an Bedeutung
Durch einen gewissen Paradigmenwechsel in der Parodontaltherapie während der letzten Jahre rückt die nicht-chirurgische Behandlung der Taschen mittlerer Tiefe (4 -5 mm) in den Vordergrund. Diese Fälle repräsentieren den größten Teil jener Patienten, die an parodontalen Erkrankungen leiden. Die regelmäßige Erhebung des Parodontalen Screening Index (PSI) mit Sondierung der klinisch auffindbaren parodontalen Taschentiefen (Abb. 1 und 2) und eventuell die weiterführende Röntgendiagnostik (Abb. 3) ist eine Grundlage für die Diagnostik und Verlaufskontrolle bei marginalen Parodontopathien.
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Abb. 1: Sondierung und Taschentiefenmessung im Rahmen des Parodontalen Screening Index (PSI).
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Abb. 2: Starke Blutungsneigung nach Sondierung.
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Abb. 3: OPG zeigt einen nicht altersgerechten, sondern viel zu frühen horizontalen und vertikalen Knochenabbau einer 36-jährigen Patientin.
Mit dem Einzug von Lasertechnik auf diesem Gebiet ergaben sich interessante Perspektiven, die heutzutage im Grunde genommen zum Behandlungsspektrum eines jeden Behandlers gehören sollten. Dentale Lasergeräte können gerade in Verbindung mit Scaling und Root Planing nur Vorzüge ausspielen. Die subgingivale Plaque ist der Hauptfaktor bei der Entstehung der Parodontitis. Zahnstein spielt als Retentionsstelle für die Besiedelung mit Mikroorganismen eine wichtige Rolle.
Den Weichgeweben der Taschen zugewandt, finden sich lockere Bakterienansammlungen, die sogenannte nichtadhärente Plaque, in der Literatur als „Swimmers“ bezeichnet, die fast ausschließlich aus gramnegativen Anaerobiern bestehen. Diese nehmen in akuten Phasen stark zu und scheinen beim Fortschreiten der Parodontitis eine wesentliche Rolle zu spielen. Mit Chlorhexidin hat der Zahnarzt einen potentiellen Helfer im Kampf gegen Parodontitis. Die äußerst vorteilhafte keimreduzierende Wirkung von Chlorhexidinbisgluconat ist jedem zahnärztlichen Kollegen durch sein Studium hinreichend bekannt.
Um die Applikation in den tiefen Taschenbereichen zu verbessern und ebenfalls eine erhöhte Verweildauer zu garantieren, wurde bereits vor 10 Jahren ein sogenannter PerioChip entwickelt. Ein PerioChip enthält 2,5 mg Chlorhexidinbisgluconat (Abb. 10). Durch die Nutzung und das Einbringen von PerioChips in tiefe parodontale Taschen wird bis über ca. 10 Tage eine kontinuierliche Abgabe des gewünschten Wirkstoffes erreicht, wodurch man auch von sogenannten „Local Delivery Devices“ spricht (Abb. 11 bis 13).
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Abb. 10: PerioChip im geöffneten, sterilen Blister.
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Abb. 11: Entnahme mit steriler Pinzette.
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Abb. 12: PerioChip unmittelbar über dem Sulcus.
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Abb. 13: PerioChip-Applikation in die Tasche und Versenken bis zum Fundus.
Dentallasersysteme effektiv gegen Keime und sinnvolle Ergänzung der konventionellen Therapie im Kampf gegen parodontopathogene Keime
Wenn man die letzte Internationale Dental Schau in Köln im März 2011 in Erinnerung hat, so hat sich auch in dieser Hinsicht viel getan. Die Lasergeräte der jüngsten Generation sind flexibel einsetzbar, leistungsfähig und damit auch betriebswirtschaftlich sinnvoll in ein Praxiskonzept zu integrieren. Allerdings kann der Laser nichts, was nicht auch mit konventioneller Therapie erreichbar wäre. Aber - und das ist entscheidend - mit einem Lasergerät kann man viele Behandlungen einfacher, schneller und für den Patienten schonender durchführen.
In den letzten Jahren haben verschiedene Dentallasersysteme in der Therapie der Parodontitiden Bedeutung erlangt. Prinzipiell ist eine Laseranwendung aber nur als Ergänzung der konventionellen systematischen Therapie zu sehen, wenn auch der Bereich der nichtchirurgischen Parodontaltherapie mittlerweile durch die Laserapplikation erweitert werden konnte [8]. Bevor Lasergeräte zum Einsatz kommen, muss der Patient im Sinne einer vollständigen Initialtherapie vorbereitet sein. Mit den jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Lasertechnik ist es möglich, dass auch die Entfernung von Konkrementen mit Hilfe des Lasers vorgenommen werden kann (Abb. 5). Dies ist prinzipiell mit einem Er:YAG-Laser der neueren Generation möglich, aber man sollte auf gerätebauliche Unterschiede achten.
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Abb. 4: Deep Scaling und Root Planing.
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Abb. 5: Alternative und schonende subgingivale Konkremententfernung mit Er:YAG-Laser. Hier KaVo Key 3+ mit Feedback-System.
Ein gutes Handling findet man bei zahlreichen Diodenlasern mit ihren leichten und flexiblen Lichtleitern bis hin zu den leistungsfähigen Er:YAG-Lasern, wie der KaVo Key 3+ von KaVo und der Lite Touch von Syneron, welche ohne einen Spiegelgelenkarm auskommen.
Vor mehr als einem Jahr erregte der Lite Touch von Syneron, welcher die Laserquelle im Handstück integriert hat, Aufsehen in der laserinteressierten Kollegenschaft. Kurze Zeit nach der Markteinführung wurde dieser interessanten Technologie aber wegen erhöhter elektromagnetischer Strahlungswerte die Zulassung wieder entzogen. Unabhängig davon hatte ich mich im direkten Vergleich beider Geräte allerdings in meiner Praxis bereits vorher wegen der Vielzahl an möglichen Handstücken und zusätzlich kombinierbarer, verschiedener Arbeitsspitzen für den KaVo Key 3+ Laser (KaVo, Biberach) entschieden (Abb. 5 bis 7). Die Nutzung in der zahnärztlichen Praxis ist für zahlreiche klinische Indikationen möglich [7]. Neben der Hartgewebebearbeitung ist vor allem auch die Behandlungsmöglichkeit der marginalen Periodontitis (Abb. 5 und 8) und der Periimplantitis, aber auch die Anwendung bei kleinen chirurgischen Eingriffen und nicht zuletzt zur Behandlung im Weichgewebebereich hervorzuheben. Dieser Laser ist ein ausgereiftes technisches Hilfsmittel zur thermomechanischen Beseitigung von Biofilmen und Konkrementen, der bei schonender, geschlossener Taschenbehandlung bereits in einer einzigen Sitzung eine effektive Wirkung erzielt. Durch das integrierte Feedbacksystem können sowohl subgingivale Konkremente geortet und beseitigt werden, als auch ein bakterizider Effekt nachgewiesen werden. Eine durchdachte Auswahl an Saphirarbeitsspitzen in unterschiedlicher Länge und Konfiguration (Abb. 6) oder Lichtleitfasern verschiedener Durchmesser und Länge bieten eine gute Basis, um die oft schwer zugänglichen dentalen Problemzonen zu erreichen. So ist auch das Arbeiten im Molarenbereich unter klinischen Bedingungen gut möglich und eine geschlossene Kürettage im Seitenzahnbereich für den Behandler leichter durchzuführen [4-6]. Das ausgeklügelte Feedbacksystem vom KaVo Key 3+ Laser ermöglicht eine schonende Vorgehensweise und führt oft dazu, dass zusätzlich keine offene chirurgische Behandlung und das damit verbundene Risiko einer Gingivaretraktion oder Attachmentverlustes notwendig werden [3].
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Abb. 6: KaVo Handstück mit Saphirmeisel zur subgingivalen Konkremententfernung mit Spraywasserkühlung und Feedbacksystem.
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Abb. 7: Übersichtliches Display des KaVo Key 3+ Lasersystems.
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Abb. 8: Flexible Laserfaser in Taschenbereich, diffuse Ausbreitung des Laserlichts im umgebenden Gewebe.
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Abb. 9: PerioChip-Packung mit 20 Inserts je 2,5 mg Chlorhexidinbisgluconat.
Sofortige bakterizide Wirkung von Laserlicht geeigneter Wellenlängen
In erster Linie macht man sich die bakterizide Wirkung einer bestimmten Wellenlänge zu nutze. Zahlreiche Studien und Veröffentlichungen aus den verschiedensten Bereichen der Zahnmedizin haben nachgewiesen, dass Laser im Infrarotbereich eine ausgezeichnete antibakterielle Wirkung aufweisen und auch in der Lage sind, bakterielle Toxine zu deaktivieren. Diese Wirkung entfaltet sich bereits bei einer Abgabeleistung, die deutlich unterhalb der Schwelle für eine thermische Schädigung von Weich- und Hartgewebe liegt. Dünne und flexible Lichtleitersysteme leiten die Laserstrahlung an nahezu jeden gewünschten Ort und lassen sich selbst im Bifurkationsbereich von Molaren gut verwenden. Es liegt daher nahe, sich dieser Vorteile im Zusammenhang mit einer systematischen Parodontaltherapie zu bedienen. Wird die abgegebene Leistung erhöht, kann mit einem Nd:YAG- oder Dioden-Laser auch Taschenepithel im Sinne einer geschlossenen Kürettage entfernt werden. Die Taschendekontaminierung mit Laser ist deshalb auch bei einer akuten lokalen Parodontitis sehr effektiv.
In meiner Praxis gestaltet sich der klinische Behandlungsablauf folgendermaßen:
- Anwendung von Ultraschallgeräten auf Schmelzoberflächen zur Entfernung von mineralisierten Zahnbelägen (Zahnstein) und Konkrementen.
- Wahlweise je nach Zugangsmöglichkeit Nutzung des KaVo Key 3+-Lasers zur subgingivalen Konkremententfernung oder Einsatz von Schallscalern auf dem Wurzeldentin, zur systematischen Bearbeitung der Wurzeloberfläche. Zusätzlich mechanische Wurzelglättung mit Handinstrumenten, je nach Notwendigkeit.
- Finishing, Scaling und Root Planing mit Handinstrumenten bei feiner Taktilität.
- Abschließende Spülung im parodontalen Taschenbereich mit Chlorhexidin.
- Taschendekontaminierung mit Laserlicht geeigneter Wellenlänge.
- Einbringen von Chlorhexidinbisgluconat in Form von PerioChips®.
Durch die sofortige bakterizide Wirkung der Laserstrahlung einerseits, aber auch die mindestens 10 Tage andauernde Keimreduktion und Vermeidung einer Neubesiedelung der Tasche durch Chlorhexidinabgabe des PerioChips® andererseits, wird eine äußerst günstige Wundheilung erzielt.
Klinisch messbare Taschenreduktion
Die Effektivität dieser Behandlungsmethode zeigt sich in einem klinisch reizlosen, in der Regel schmerzfreien und blutungsfreien Heilungsverlauf, welcher von den Patienten als sehr positiv eingeschätzt wird. Die Sondierungstiefen der erkrankten Taschen nehmen durch die einmalige Anwendung eines PerioChips pro Parodontium um ca. 2 bis 2,5 mm ab. Röntgenologische Kontrollen zeigen ca. 3 Monate nach der oben beschriebenen Therapie eine deutliche Verminderung der Radioluzenz der Knochenbereiche.
Ein wesentlicher klinischer Vorteil der Anwendung von PerioChips in parodontalen Taschen gegenüber der sogenannten Full-Mouth-Desinfektion oder aber Taschenspülungen mit Chlorhexidin besteht darin, dass keine Nebenwirkungen wie „Schwarze Haar-Zunge“, Inaktivierung von Fibroblasten bei Regenerationsbehandlung, Geschmacksstörungen, Chlorhexidin-Staining auf Komposite-Füllungen vorgefunden werden.
Schlussfolgerung
Der Einsatz von PerioChip® als Local Delivery Device und Laserlicht zur Therapie der lokalen marginalen Parodontitis oder in Kombination mit einer systematischen Parodontaltherapie bei einer generalisierten chronischen Parodontitis erhöht die Attraktivität und den Komfort für den Patienten. Auf eine adjuvante Antibiotikagabe mit entsprechenden systemischen Nebenwirkungen kann in nahezu allen Fällen verzichtet werden. Diese moderne und meiner Meinung nach zeitgemäße Parodontaltherapie zeichnet sich durch eine Verkürzung der Behandlungsdauer, einen komplikationslosen Heilungsverlauf und die Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen aus. Für den praktisch tätigen Zahnarzt ist es von großer Bedeutung sichere Therapiemethoden zu nutzen, die die Regeneration von parodontalen Weich- und Hartgeweben begünstigen.
Die Applikation von PerioChips® ist sowohl patienten- als auch behandlerfreundlich und benötigt nur eine minimale lokale Anästhesie. Hervorzuheben ist auch, dass bei sehr tiefen Taschen, je nach Taschentiefe in besonders schwierigen Fällen, die Therapie ohne Probleme mehrfach wiederholt werden kann und so langsam und schrittweise eine messbare Reduzierung der klinischen Taschentiefe erzielt wird. Meine Patienten stehen dieser für viele noch neuen, bei mir jedoch seit Jahren etablierten Behandlungsmethode sehr aufgeschlossen und positiv gegenüber.