Aktive Sauerstoffbehandlung in der Parodontologie

Sauerstoff wird in der Medizin eingesetzt, um die Heilung chronischer Wunden zu fördern. In der Mundhöhle sind viele in der Medizin angewendeten Methoden nur bedingt einsetzbar. Im vorliegenden Beitrag wird anhand von Fallbeispielen diskutiert, wie sich eine alternative Form der Sauerstofftherapie, Topical Oral Oxygen Therapy (TOOTh), in der Zahnarztpraxis dennoch erfolgreich umsetzen lässt.
Sauerstoff wird in der Medizin schon seit über einhundert Jahren zur Förderung der Wundheilung eingesetzt. Die klinischen Ergebnisse schwankten jedoch stark und waren oft enttäuschend. Allzu oft wurden Sauerstoffbehandlungen durchgeführt, ohne auf der nötigen wissenschaftlichen Systematik zu gründen.
Medizinische Sauerstofftherapien waren bis vor kurzem noch von einer Aura der Quacksalberei umgeben. Aufgrund eines besseren wissenschaftlichen Verständnisses der Sauerstoffphysiologie und mit Hilfe randomisierter prospektiver klinischer Studien gilt der gezielte Einsatz von Sauerstoff in der Wundheilung derzeit jedoch als anerkannte Behandlungsmöglichkeit [5].
Geläufige Therapien
Bekannt sind drei geläufige, auf Sauerstoff gestützte Therapien zur Förderung von Wundheilung: die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO oder HBOT), die lokale Sauerstofftherapie (TOT) und die kontinuierliche Sauerstoffdiffusion (CDO). Die ersten beiden Therapien sind effektive, jedoch umständliche und teure Behandlungsmethoden [6,7]. Meist werden 20 bis 40 Behandlungen von jeweils zwei Stunden benötigt.
Bei der CDO-Therapie wird dem durch ein Pflaster abgeschlossenes Wundbett fortwährend und ganz lokal Sauerstoff über einen kleinen Schlauch zugeführt. Im Mund sind alle drei Methoden schwer einsetzbar.
Die neueste Entwicklung im Sauerstoffbereich mit Potenzial für die Zahnmedizin ist die Topical Oral Oxygen Therapy (TOOTh). Diese Therapie ist auch als aktive Sauerstoffbehandlung bekannt und beruht auf einem etwas anderen Wirkungsmechanismus als die drei obenstehend beschriebenen.
Patientenfall 1: Periimplantitis
Ein 39-jähriger Mann wurde 2011 als neuer Patient in der Praxis vorstellig. Bei der intraoralen Untersuchung wurde rund um das Implantat 36 eine Periimplantitis mit einem zirkulären Knochendefekt und eine Tasche von 9 mm konstatiert (Abb. 1a). Nach ausführlichen mundhygienischen Instruktionen wurde die Mukosa rund um das Implantat 36 in einer geschlossenen Situation unter Betäubung kürettiert, um ein frisches Wundbett zu schaffen.
Die Implantatoberfläche wurde dabei nicht gereinigt. Appliziert wurde direkt danach das auf aktivem Sauerstoff basierende Oralgel (blue®m, dentalline GmbH, Birkenfeld) gemäß einer neu entwickelten Empfehlung (siehe TOOTh-Anweisung). Nach einem Jahr wurde erneut ein Röntgenbild erstellt (Abb. 1b).
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Abb. 1b: Nach einem Jahr deutlich erkennbares Knochenwachstum rund um das Implantat, sowohl horizontal als auch vertikal.
© Ronald Muts
Deutlich erkennbar auf dieser Aufnahme ist neues Knochenwachstum rund um das Implantat, sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung. Die Sondierungstiefe der Tasche (Williams-Sonde) verringerte sich von 9 auf 4 mm. Röte und Schwellung des periimplantären Gewebes scheinen verschwunden, die Mukosa liegt wieder eng rund um das Implantat und nach der Sondierung tritt keine Blutung mehr auf.
Ein weiteres Jahr später ist in Abbildung 1c erkennbar, dass sich der Knocheneinwuchs durchgesetzt hat. Erkennbar ist sogar eine leichte Verbesserung und die Taschentiefe hat sich auf 3 mm weiter reduziert. Zu verdanken ist dieses Resultat wahrscheinlich auch den befolgten Anweisungen gemäß der TOOTh-Empfehlung, an die sich der Patient sehr diszipliniert gehalten hat.
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Abb. 1c: Zustand ein weiteres Jahr später: Knocheneinwuchs hat sich durchgesetzt, sogar eine leichte Verbesserung ist erkennbar und die Taschentiefe hat sich weiter reduziert.
© Ronald Muts
Patientenfall 2: Parodontaltherapie
Bei einem Mann im Alter von 59 Jahren waren parodontale Probleme lokal bei Zahn 36 entstanden (Abb. 2a). Hier ist distal in regio 36 ein angulärer Knochendefekt erkennbar mit einer Taschentiefe von 8 mm und einem Haftungsverlust von 9 mm. Bei diesem Patienten wurde die Tasche unter Betäubung erst mittels Ultraschall und anschließend mit einem Handinstrument gereinigt.
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Abb. 2a: Parodontale Probleme bei Zahn 36: angulärer Knochendefekt distal mit einer Taschentiefe von 8 mm und einem Haftungsverlust von 9 mm.
© Ronald Muts
Im Anschluss daran wurden Instruktionen gemäß der TOOTh-Empfehlung erteilt. Auf dem Röntgenfoto von fast zwei Jahre später (Abb. 2b) ist neuer Knocheneinwuchs im angulären Bereich erkennbar. Die Taschentiefe ist auf 4 mm reduziert.
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Abb. 2b: Fast zwei Jahre später ist neuer Knocheneinwuchs im angulären Bereich erkennbar.
© Ronald Muts
Die Knochenebene distal ist wieder auf gleicher Höhe wie die Knochenhöhe mesial. Auch dieses Resultat ist sowohl der kooperativen Haltung des Patienten als auch den genau befolgten Anweisungen gemäß der TOOTh-Empfehlung zu verdanken.
Fazit
Wundheilung ist ein sehr komplexer Prozess. Obwohl sich die lokale Anwendung von niedrig dosiertem H2O2 (0,15 %) nachweislich günstig auf die Wundheilung ausgeübt hat, ist der exakte Wirkungsmechanismus von stabilisierten Sauerstoffpräparaten auf Wundheilung im Allgemeinen und auf zahnärztliche Geweberegeneration im Besonderen noch nicht voll nachvollziehbar und muss noch genauer untersucht werden.
Möglicherweise gibt es andere – bisher noch unbekannte oder nicht verstandene – Faktoren oder aber eine Kombination von Faktoren, die Geweberegeneration fördern. Soweit dem Autor bekannt ist, sind die regenerativen Resultate der beschriebenen klinischen Fälle ohne chirurgischen Eingriff beispiellos. Obwohl die vorgelegten Fälle vielversprechend sind und ihre Bedeutung für die Wundheilung in Medizin und Zahnmedizin weitgreifend sein kann, ist hier aufgrund der begrenzten Anzahl und dem mangelnden Vergleich mit einer Kontrollgruppe eine Relativierung geboten. Der vorliegende Artikel beabsichtigt daher auch keineswegs Beweise vorzulegen, sondern möchte auf eine potenziell interessante Tendenz im Bereich der aktiven Sauerstofftherapie in der Zahnmedizin aufmerksam machen.
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Abb. 3: Anweisungen gemäß der TOOTh-Empfehlung.
© blue®m
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© blue®m
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Im Gegensatz zu (gewöhnlichem) molekularem Sauerstoff trägt der aktive Sauerstoff nicht zum Zellstoffwechsel bei, sondern fungiert als Biosignal für das Wachstum von Zellen. Die so aktivierten Wachstumsfaktoren und Enzyme stimulieren die Zunahme und Migration von Fibroblasten – das Gewebe wird also durch das Wachstum neuer Zellen rekonstruiert, und zwar intensiver, als es bei normaler Wundheilung der Fall wäre.
blue®m Produkte beinhalten neben aktiven Sauerstoffmolekülen auch Lactoferrin, das die Proliferation und Differenzierung primärer Osteoblasten stimuliert. Außerdem sind die Produkte fluoridfrei, um die Korrosionsresistenz [1-4] von Titanimplantaten nicht zu beeinträchtigen.
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