Therapie


Interdisziplinäre Therapie bei einer Patientin mit Parodontitis Stadium 4 Grad C

Der radiologische Befund zeigte horizontalen und an einigen Zähnen auch vertikalen Knochenverlust sowie Radioluzenzen im Furkationsbereich.
Der radiologische Befund zeigte horizontalen und an einigen Zähnen auch vertikalen Knochenverlust sowie Radioluzenzen im Furkationsbereich.

Frau W. stellte sich vor einigen Jahren zu einer Beratung an den Universitätskliniken für Zahnmedizin in Basel vor. Hier wurde erhöhter parodontologischer Behandlungsbedarf festgestellt (Tab. 1). Nach nichtchirurgischer parodontaler Therapie verblieben persistierende, erhöhte Sondierungstiefen. Um stabile orale Verhältnisse zu etablieren, kamen nun verschiedene parodontalchirurgische Verfahren zum Einsatz.

Frau W., 55-jährig, ist verheiratet und von Beruf kaufmännische Angestellte. Die Familienanamnese war bezüglich Hinweisen auf parodontale Erkrankungen unauffällig. Sie ist Nichtraucherin, es erfolgte keine regelmäßige Medikamenteneinnahme.

  • Abb. 1: Klinisches Foto der Ausgangssituation; es imponiert die ästhetisch einschränkende
Verschachtelung der Unterkieferfront.

  • Abb. 1: Klinisches Foto der Ausgangssituation; es imponiert die ästhetisch einschränkende Verschachtelung der Unterkieferfront.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Ein Diabetes mellitus war nicht bekannt. Auch sonst bestanden keine medizinischen Auffälligkeiten. Die Patientin war seit Jahren in engmaschiger, zahnärztlicher Kontrolle. Sie stellte sich in der Sprechstunde für Parodontologie für eine 2. Meinung bezüglich ästhetischer Beeinträchtigungen im Unterkiefer-Frontzahnbereich vor (Abb. 1).

Befunde

Der extraorale Befund war unauffällig. Der intraorale Befund (Abb. 2) zeigte eine lückenlose Dentition und eine verbesserungsbedürftige Mundhygiene (PI: 37%, BI: 2%) auf. Die Zähne 14 und 23 fehlten aufgrund einer Nichtanlage.

  • Abb. 2: Die Evaluation der Mundhygiene und des Entzündungsgrads der Gingiva
zeigte vor allem Schwierigkeiten und Optimierungspotential in den Zahnzwischenräumen.
Der Patientin wurden daher Interdentalraumbürstchen empfohlen.
Die Mundhygiene verbesserte sich deutlich im weiteren Verlauf.
  • Abb. 3: Dentaler Befund: An einigen Zähnen lagen als suffi zient eingestufte Kompositrestaurationen vor.
  • Abb. 2: Die Evaluation der Mundhygiene und des Entzündungsgrads der Gingiva zeigte vor allem Schwierigkeiten und Optimierungspotential in den Zahnzwischenräumen. Der Patientin wurden daher Interdentalraumbürstchen empfohlen. Die Mundhygiene verbesserte sich deutlich im weiteren Verlauf.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
  • Abb. 3: Dentaler Befund: An einigen Zähnen lagen als suffi zient eingestufte Kompositrestaurationen vor.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter

Einige Zähne waren konservierend suffizient versorgt (Abb. 3). In der Unterkieferfront bestand ein ausgeprägter Engstand mit Verschachtelung (Crowding).

  • Abb. 4: Der parodontale Ausgangsbefund zeigte das gesamte Spektrum diagnostischer klinischer Parameter.
Es lagen Sondierungstiefen bis 9 mm, Bluten auf Sondieren, Furkationsbeteiligungen und erhöhte
Lockerungsgrade vor.

  • Abb. 4: Der parodontale Ausgangsbefund zeigte das gesamte Spektrum diagnostischer klinischer Parameter. Es lagen Sondierungstiefen bis 9 mm, Bluten auf Sondieren, Furkationsbeteiligungen und erhöhte Lockerungsgrade vor.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Der parodontale Befund (Abb. 4, Tab. 1) zeigte einen generalisierten Attachmentverlust. Bluten auf Sondieren und erhöhte Sondierungswerte waren an nahezu allen Parodontien vorhanden.

4*4*4*
123
654
4*4*4*

Tabelle 1: Der Parodontale Screening-Index zeigte in allen Sextanten eine fortgeschrittene parodontale Symptomatik. Basierend auf diesem Befund wurde die Patientin aufgenommen, systematisch diagnostiziert und in der Folge synoptisch therapiert.

Im Seitenzahnbereich bestanden an zahlreichen Zähnen Furkationsbeteiligungen. Die Zahnbeweglichkeit war an 2 Zähnen deutlich erhöht. An mehreren Zähnen lagen zudem gingivale Rezessionen vor.

  • Abb. 5: Der radiologische Befund zeigte horizontalen und an einigen Zähnen auch vertikalen Knochenverlust sowie Radioluzenzen im Furkationsbereich.

  • Abb. 5: Der radiologische Befund zeigte horizontalen und an einigen Zähnen auch vertikalen Knochenverlust sowie Radioluzenzen im Furkationsbereich.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Es ergaben sich folgende radiologische Befunde (Abb. 5):

  • Generalisierter horizontaler Knochenabbau
  • Lokalisierte vertikale Knochendefekte bei den Zähnen 22, 35, 32 und 42
  • Radioluzenz im Furkationsbereich der Zähne 36, 46

Es wurde die Diagnose einer generalisierten Parodontitis Stadium 4 Grad C (generalisierte chronische Parodontitis nach alter Klassifikation) gestellt [1,6]. Die genaue Diagnosefindung im Rahmen der aktuellen Klassifikation ist in Abbildung 6 dargestellt (Abb. 6a und 6b). Es wurde eine prätherapeutische prognostische Einschätzung der Einzelzähne vorgenommen (Tab. 2).

  • Abb. 6a: Staging: Hinsichtlich des
Schweregrads konnte ein approximaler
Attachmentverlust von ≥ 5 mm
an mehr als 2 unabhängigen Stellen
detektiert werden. Der röntgenologische
Knochenabbau reichte an den
Zähnen 22, 25, 35, 37, 42 bis in das
mittlere bzw. apikale Wurzeldrittel. Es
fehlten anlagebedingt die Zähne 14
und 23. Die zutreffenden Komplexitätsfaktoren
waren:
• multiple Sondierungstiefen ≥ 6 mm
(17, 22, 27, 37, 36, 35, 33, 32, 42,
43, 42, 47),
• Furkationsbefall Grad II an mehreren
Zähnen (17, 27, 36, 37, 46),
• tiefe (≥ 3 mm) Knochentaschen
(22, 25, 35, 37, 42),
• mastikatorische Dysfunktion durch
erhöhte Zahnmobilität (Grad 2
Zahn 37) und eine funktionell eingeschränkte
Unterkieferfront. Die
Patientin hat demnach primär ein
Stadium III. Die Begründung des
Stadiums IV ist die Notwendigkeit
einer umfassenden Therapie der
erhöhten Mobilität sowie der Zahnstellungen
in der Unterkieferfront.
  • Abb. 6b: Der direkte Beweis für
approximalen Attachmentverlust
von 2 mm innerhalb eines Zeitraums
von 2 Jahren war nicht zu führen,
da keine früheren Röntgenbilder zur
Diagnostik vorlagen. Den indirekten
Beweis für die Progression des Knochenverlusts
gab ein Wert von 1,36
(75% Knochenverlust an Zahn 22/55
Jahre). Der Plaquebefund (37%)
korrelierte annähernd mit dem klinischen
Bild eines erhöhten Attachmentverlusts.
Es lag keine systemische
(und immunologisch relevante)
Erkrankung vor.
  • Abb. 6a: Staging: Hinsichtlich des Schweregrads konnte ein approximaler Attachmentverlust von ≥ 5 mm an mehr als 2 unabhängigen Stellen detektiert werden. Der röntgenologische Knochenabbau reichte an den Zähnen 22, 25, 35, 37, 42 bis in das mittlere bzw. apikale Wurzeldrittel. Es fehlten anlagebedingt die Zähne 14 und 23. Die zutreffenden Komplexitätsfaktoren waren: • multiple Sondierungstiefen ≥ 6 mm (17, 22, 27, 37, 36, 35, 33, 32, 42, 43, 42, 47), • Furkationsbefall Grad II an mehreren Zähnen (17, 27, 36, 37, 46), • tiefe (≥ 3 mm) Knochentaschen (22, 25, 35, 37, 42), • mastikatorische Dysfunktion durch erhöhte Zahnmobilität (Grad 2 Zahn 37) und eine funktionell eingeschränkte Unterkieferfront. Die Patientin hat demnach primär ein Stadium III. Die Begründung des Stadiums IV ist die Notwendigkeit einer umfassenden Therapie der erhöhten Mobilität sowie der Zahnstellungen in der Unterkieferfront.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
  • Abb. 6b: Der direkte Beweis für approximalen Attachmentverlust von 2 mm innerhalb eines Zeitraums von 2 Jahren war nicht zu führen, da keine früheren Röntgenbilder zur Diagnostik vorlagen. Den indirekten Beweis für die Progression des Knochenverlusts gab ein Wert von 1,36 (75% Knochenverlust an Zahn 22/55 Jahre). Der Plaquebefund (37%) korrelierte annähernd mit dem klinischen Bild eines erhöhten Attachmentverlusts. Es lag keine systemische (und immunologisch relevante) Erkrankung vor.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter

xxx
xxxxxxxxx
8765432112345678
xxxxxxxxxxxxx
x

Tabelle 2: Die prätherapeutische Einzelzahnprognose erfolgte entsprechend dem Ampelschema mit den Kriterien „grün“ – sicher, „gelb“ – fraglich und „rot“ – hoffnungslos/bzw. „irrational to treat“. Der überwiegenden Mehrzahl der Zähne konnte eine sichere Prognose bei Ausnutzung der verfügbaren Therapieoptionen gegeben werden. Bei den Zähnen 16, 26, 27 und 37 lagen Befunde (Furkationbeteiligungen, Lockerungsgrad, Wurzelmorphologie) vor, die keine sichere Prognose erlaubten. Hier sollte das Ergebnis der nichtchirurgischen Therapie abgewartet und erneut evaluiert werden.

Behandlungsplanung

Die Patientin wünschte einen maximalen Zahnerhalt und die Behandlung der Parodontitis. Darüber hinaus bat sie um eine Verbesserung der Ästhetik durch Aufhebung der ungünstigen Zahnstellungen in der Unterkieferfront.

Ablaufplanung

  • Stufe 1: Mundhygieneinstruktion, professionelle Zahnreinigung; vollständige dentale, parodontale und radiologische Diagnostik; Aufklärung der Patientin über die Diagnosen, Prognosen und die Behandlungsplanung, parodontale Vorbehandlung
  • Stufe 2: Quadrantenweise subgingivale Instrumentierung unter Lokalanästhesie ohne adjuvante systemische Antibiotika
  • Stufe 3: Reevaluation nach 3 und 6 Monaten und ggf. (Stufe 3) Entscheid über weitere parodontalchirurgische Therapie und/oder synoptische Therapie
  • Kieferorthopädische Therapie und ästhetische Rehabilitation bei stabilen parodontalen Verhältnissen
  • Stufe 4: Unterstützende Parodontitistherapie (UPT) 3-monatlich

Behandlungsablauf

Nach der Mundhygieneinstruktion und Etablierung einer guten supragingivalen Plaquekontrolle (PI: 9%, BI: 1%) erfolgte eine subgingivale Instrumentierung. Es wurde ein quadrantenweises Vorgehen gewählt. Zunächst erfolgte die Applikation einer Lokalanästhesie.

  • Abb. 7: Die Befundevaluation mit einem Parodontalstatus 6 Monate nach nichtchirurgischer Therapie zeigte
Verbesserungen. Allerdings lagen noch einige erhöhte Sondierungstiefen ≥ 6 mm vor. Basierend auf diesem
Befund erfolgte die weitere Therapieplanung. Nun waren parodontalchirurgische Eingriffe indiziert.

  • Abb. 7: Die Befundevaluation mit einem Parodontalstatus 6 Monate nach nichtchirurgischer Therapie zeigte Verbesserungen. Allerdings lagen noch einige erhöhte Sondierungstiefen ≥ 6 mm vor. Basierend auf diesem Befund erfolgte die weitere Therapieplanung. Nun waren parodontalchirurgische Eingriffe indiziert.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Im Anschluss wurde mit Ultraschall und Handinstrumenten gearbeitet. Nach dem 3-und 6-monatigen Recall zeigte sich eine Verbesserung der parodontalen Befunde sowie ein Rückgang der Entzündungsparameter (BI und BOP durch BAS). Trotz dieser Konsolidierung verblieben an einigen Stellen erhöhte Sondierungswerte (Abb. 7).

Die Zähne 27 und 37 wurden zu diesem Zeitpunkt als nichterhaltungswürdig (ST > 7 mm, Furkationsbeteiligung, ungünstige Wurzelmorphologie, Lockerungsgrad > 1 bzw. > 2, geringe funktionelle Bedeutung) eingestuft und extrahiert. Bei Sondierungstiefen ≥ 6 mm wurden resektive oder regenerative parodontalchirurgische Operationen geplant. Zunächst sollten die resektiven Eingriffe durchgeführt werden.

  • Abb. 8: Klinische (a) und radiologische (b) Situation im 4. Quadranten. Zahn
46 war der Mundhygiene mit Interdentalraumbürstchen nicht zugängig. Um
Mundhygienefähigkeit zu etablieren, erfolgte eine chirurgische Tunnelpräparation.
Zur Degranulierung und Evaluation der Passung wurden bereits intraoperativ
entsprechende Mundhygienehilfsmittel eingesetzt (c). Nach Abschluss der Wundheilung
war der Furkationsbereich gut sichtbar und zugängig. Die Patientin war
instruiert, täglich alternierend mit Fluorid- bzw. Chlorhexidingel zu applizieren.

  • Abb. 8: Klinische (a) und radiologische (b) Situation im 4. Quadranten. Zahn 46 war der Mundhygiene mit Interdentalraumbürstchen nicht zugängig. Um Mundhygienefähigkeit zu etablieren, erfolgte eine chirurgische Tunnelpräparation. Zur Degranulierung und Evaluation der Passung wurden bereits intraoperativ entsprechende Mundhygienehilfsmittel eingesetzt (c). Nach Abschluss der Wundheilung war der Furkationsbereich gut sichtbar und zugängig. Die Patientin war instruiert, täglich alternierend mit Fluorid- bzw. Chlorhexidingel zu applizieren.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Der erste rechte Unterkiefermolar zeigte eine durchgängige Furkation (Grad III) und erhöhte Sondierungstiefen sowie Bluten auf Sondieren. Es wurde eine parodontalchirurgische Operation mit einem apikal reponierten Lappen und einer Tunnelierung durchgeführt. Die Furkation war jetzt für die Mundhygiene mit Interdentalraumbürstchen und der alternierenden Applikation mit einem Chlorhexidin bzw. Fluoridgel gut zugänglich (Abb. 8).

Auch im 1. Quadranten bestanden erhöhte residuale Sondierungstiefen. Zunächst wurde die Situation mit einer DVT-Aufnahme radiologisch dargestellt und das genaue Vorgehen geplant.

Entsprechend den ermittelten Befunden und insbesondere dem zirkulären Restattachment der bukkalen Wurzeln des Zahnes 16 wurden die Entfernung lediglich der palatinalen Wurzel sowie eine distale Keilexzision an Zahn 17 geplant [2]. Vor der Operation wurde der Zahn 16 wurzelkanalbehandelt und mit Komposit provisorisch versorgt. Nach marginaler Schnittführung, Degranulierung und Defektdarstellung konnte die palatinale Wurzel entfernt werden.

  • Abb. 9: a) Axiale DVT-Aufnahme der Zähne 17, 16 und 15 – aufgrund des fortgeschrittenen
Attachmentverlusts an der palatinalen Wurzel von Zahn 16 wurde die
Entfernung der palatinalen Wurzel und bei Erhalt der bukkalen Wurzeln geplant, an
Zahn 17 sollte eine distale Keilexzision durchgeführt werden; b) Situation postoperativ
nach Entfernung der palatinalen Wurzel, die bukkoorale Ausdehnung wurde zur
Vermeidung etwaiger Hebelwirkungen auf die bukkalen Wurzeln reduziert; c) klinische
Situation und (d) radiologische Kontrolle nach Insertion der Krone an Zahn 16.

  • Abb. 9: a) Axiale DVT-Aufnahme der Zähne 17, 16 und 15 – aufgrund des fortgeschrittenen Attachmentverlusts an der palatinalen Wurzel von Zahn 16 wurde die Entfernung der palatinalen Wurzel und bei Erhalt der bukkalen Wurzeln geplant, an Zahn 17 sollte eine distale Keilexzision durchgeführt werden; b) Situation postoperativ nach Entfernung der palatinalen Wurzel, die bukkoorale Ausdehnung wurde zur Vermeidung etwaiger Hebelwirkungen auf die bukkalen Wurzeln reduziert; c) klinische Situation und (d) radiologische Kontrolle nach Insertion der Krone an Zahn 16.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
Die Furkation zwischen der mesiobukkalen und der distobukkalen Wurzel war nicht durchgängig. Nach der unauffälligen Wundheilung wurde der Zahn 16 mit einer VMK-Krone definitiv versorgt (Abb. 9).

Aufgrund mehrerer lokalisierter, vertikaler Einbrüche im 2. (Zahn 22 und 25) und 3. Quadranten (Zahn 35) wurden jetzt regenerative parodontalchirurgische Operationen mit Schmelz-Matrix-Proteinen (Zahn 25) und synthetischem Knochenersatzmaterial (Emdogain Plus, Zähne 22 und 35) durchgeführt. Es konnten lokalisierte dreiwandige Knochendefekte dargestellt werden. Die gewählte Schnittführung im Sinne eines Papillenerhaltungslappens ermöglichte einen dichten Wundverschluss und strebte den Erhalt der roten Ästhetik an (Abb. 10 und 11).

  • Abb. 10: a) klinische und b) radiologische Ausgangssituation der Zähne 22 bis 25;
c) die intraoperative Ansicht zeigt ausgeprägte vertikale Defekte an den Zähnen
22 und 25; d) der dichte interdentale Wundverschluss wurde durch eine geeignete
Schnittführung im Sinne eines Papillenerhaltungslappens begünstigt.
  • Abb. 11: a) Präoperativ erfolgte ein Bone Sounding zur Evaluation der Defektgrenzen
und Festlegung der Schnittführung; b) radiologische Ausgangssituation der Zähne 35
bis 37; Zahn 37 wies einen erhöhten Lockerungsgrad und eine für die parodontalchirurgische
Furkationstherapie ungünstige Wurzelmorphologie auf; der Zahn wurde daher
extrahiert; c) die intraoperative Ansicht zeigt einen vertikalen Defekt an Zahn 35;
d) dichter interdentaler Wundverschluss mit monofilen synthetischen Nahtmaterialien.
  • Abb. 10: a) klinische und b) radiologische Ausgangssituation der Zähne 22 bis 25; c) die intraoperative Ansicht zeigt ausgeprägte vertikale Defekte an den Zähnen 22 und 25; d) der dichte interdentale Wundverschluss wurde durch eine geeignete Schnittführung im Sinne eines Papillenerhaltungslappens begünstigt.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
  • Abb. 11: a) Präoperativ erfolgte ein Bone Sounding zur Evaluation der Defektgrenzen und Festlegung der Schnittführung; b) radiologische Ausgangssituation der Zähne 35 bis 37; Zahn 37 wies einen erhöhten Lockerungsgrad und eine für die parodontalchirurgische Furkationstherapie ungünstige Wurzelmorphologie auf; der Zahn wurde daher extrahiert; c) die intraoperative Ansicht zeigt einen vertikalen Defekt an Zahn 35; d) dichter interdentaler Wundverschluss mit monofilen synthetischen Nahtmaterialien.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter

In der Unterkieferfront konnte die Mundhygiene wegen des Engstandes und der Verschachtelung nur eingeschränkt durchgeführt werden. Distal der Zähne 32 und 42 zeigten sich zudem persistierende erhöhte Sondierungswerte.

Die weitere Planung erfolgte mit der Klinik für Kieferorthopädie und Kinderzahnmedizin der Universitätszahnkliniken [5]. Es wurde entschieden, die Zähne 32 und 42 zu extrahieren und einen möglichst weitgehenden Lückschluss durch eine kieferorthopädische Therapie zu erzielen.

In einem ersten Schritt erfolgte nach Bildung eines Mukoperiostlappens die schonende Extraktion der Zähne 32 und 42. Die intraoperativ detektierten vertikalen Defekte an den Zähnen 33 und 43 wurden mit Schmelz-Matrix-Proteinen behandelt und primär chirurgisch verschlossen.

In der 6-monatigen Heilungsphase wurde ein Interimsersatz mit handgebogenen Klammern erstellt, um die Lücken in der Unterkieferfront prothetisch zu schließen. Danach erfolgte die kieferorthopädische Ausformung des Unterkieferzahnbogens mit festsitzenden Apparaturen. Die definitive ästhetische Rehabilitation erfolgte im Anschluss an diese Therapie und wurde durch kleine approximale Kompositfüllungen erreicht (Abb. 12 und 15).

  • Abb. 12: a u. b) Ausgangssituation von frontal und okklusal; c) primärer Wundverschluss nach Extraktion der Zähne
32 und 42 und Applikation von Schmelzmatrixproteinen; d) festsitzende kieferorthopädische Apparatur in situ 6
Monate postoperativ.
  • Abb. 13: Der Röntgenstatus 4 Jahre nach Therapiebeginn zeigt weitgehend stabile parodontale Verhältnisse im Sinne von kortikalisierten Interdentalsepten. Das kieferorthopädische
Therapieergebnis wurde mit einem Retainer von 33 bis 43 gesichert. Im Rahmen der UPT erfolgt regelmäßig auch eine kieferorthopädische Nachsorge.
  • Abb. 12: a u. b) Ausgangssituation von frontal und okklusal; c) primärer Wundverschluss nach Extraktion der Zähne 32 und 42 und Applikation von Schmelzmatrixproteinen; d) festsitzende kieferorthopädische Apparatur in situ 6 Monate postoperativ.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
  • Abb. 13: Der Röntgenstatus 4 Jahre nach Therapiebeginn zeigt weitgehend stabile parodontale Verhältnisse im Sinne von kortikalisierten Interdentalsepten. Das kieferorthopädische Therapieergebnis wurde mit einem Retainer von 33 bis 43 gesichert. Im Rahmen der UPT erfolgt regelmäßig auch eine kieferorthopädische Nachsorge.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter

  • Abb. 14: Parodontaler Status 4 Jahre nach Therapiebeginn und 1 Jahr nach Abschluss der Kieferorthopädie.
  • Abb. 15: Klinische Fotos 4 Jahre nach Therapiebeginn.
  • Abb. 14: Parodontaler Status 4 Jahre nach Therapiebeginn und 1 Jahr nach Abschluss der Kieferorthopädie.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter
  • Abb. 15: Klinische Fotos 4 Jahre nach Therapiebeginn.
    © Dr. Mauro Amato & Prof. Clemens Walter

Epikrise

Es lag eine fortgeschrittene parodontale Erkrankung mit ästhetischen Einschränkungen vor. Im Rahmen einer parodontologischen Therapie wurde die notwendige Invasivität stufenweise angepasst. Nach der Etablierung stabiler parodontaler Verhältnisse erfolgte eine Korrektur der Zahnfehlstellungen durch kieferorthopädische und restaurative Maßnahmen.

Diese synoptische Therapie konnte mit einem ansprechenden ästhetischen Ergebnis abgeschlossen werden. Die parodontalchirurgischen Eingriffe erfolgten nach der systematischen nicht-chirurgischen Therapie sowie nach Evaluation der parodontalen Entzündungsparameter und der Wundheilung.

Es kamen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Dieses Vorgehen ist gut vergleichbar mit den aktuellen Leitlinien der DGParo [7]. Resektive Maßnahmen erfolgten zu Beginn und wurden in erster Linie bei mehrwurzligen Zähnen vorgenommen.

Regenerative Eingriffe fanden Anwendung bei einwurzeligen Zähnen, die eine günstige Defektmorphologie im Sinne von lokalisierten dreiwandigen Defekten aufwiesen [3]. Dieses defektorientierte Vorgehen ermöglichte eine effiziente Taschenreduktion an den jeweiligen Zähnen und eine Verbesserung der Mundhygienezugänglichkeit, insbesondere bei Zähnen mit erhöhtem Furkationsbefall [1]. Nach dem Erreichen des parodontalen Behandlungsziels – geschlossene parodontale Taschen, also Sondierungstiefen bis maximal 4 mm und keine Blutung auf Sondierung – erfolgte eine kieferorthopädische Therapie zur Verbesserung der kompromittierenden ästhetischen Situation im Unterkiefer [5].

Frau W. zeigte eine ausgesprochen gute Mitarbeit und nimmt die 3-monatigen Recallintervalle sehr diszipliniert wahr. Der Erfolg spiegelt sich in den seit über 2 Jahren stabilen parodontalen Verhältnissen wider (Abb. 13 bis 15, Tab. 3).

initial+ 6 Monate+ 48 Monate
Anzahl Zähne262624
ST>5mm26242

Tabelle 3: Analyse Zahnverlust und Sondierungstiefen. Die verbliebenen Zähne reagierten auf die parodontale Therapie mit einer deutlichen Reduktion der Sondierungstiefen. Kritische Werte >5mm lagen bei einigen UPT-Sitzungen an Zahn 25 vor.

Distal des Zahnes 25 zeigte sich im Behandlungsverlauf eine erhöhte Sondierungstiefe von 9 mm. Die Läsion wurde durch eine erneute subgingivale Instrumentierung und dem Einbringen lokaler Antiseptika konservativ behandelt.

Im Rahmen der unterstützenden parodontalen Therapie wird diese Läsion weiter beobachtet und ggf. nach einer der nächsten Reevaluationen auch chirurgisch therapiert. Dies unterstreicht einmal mehr, dass nach der aktiven Parodontitistherapie die Behandlung keinesfalls abgeschlossen ist, sondern eine parodontale Nachsorge zur Detektion etwaiger lokaler Rezidive lebenslang andauern sollte [4]. Im vorliegenden Fall konnten die biologischen, funktionellen und ästhetischen Anforderungen erfüllt und damit die mundbezogene Lebensqualität der Patientin gesteigert werden.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Prof. Dr. Clemens Walter - Dr. med. dent. Mauro Amato