3-D-Planung


Eine individualisierte 3D-gedruckte Lösung für komplexe Knochenaugmentationen

Das mit Geistlich Bio-Oss® gefüllte Yxoss-Titangerüst vor der Entfernung.
Das mit Geistlich Bio-Oss® gefüllte Yxoss-Titangerüst vor der Entfernung.

Für die Rekonstruktion von komplexen Knochendefekten können anstelle der herkömmlichen Titangitter CAD/CAM-designte und -gefertigte Titangitter verwendet werden. Dieser Ansatz bietet verschiedene Vorteile, wie beispielsweise eine einfachere klinische Handhabung und kürzere Operationszeiten.

Trotz der fortschreitenden Entwicklung verschiedener Augmentationstechniken und -materialien bleibt die Wiederherstellung eines ausreichenden Knochenlagers für eine Implantation insbesondere bei großen vertikalen und kombinierten Defekten eine Herausforderung.

Eine maßgeschneiderte und innovative 3D-gedruckte Lösung

Eine mögliche Lösung von komplexen Alveolarkammdefekten besteht darin, die Vorteile einer 3D-Bildgebung mit moderner Planungssoftware und dem 3D-Druck zu kombinieren. Wie folgt kann eine maßgeschneiderte Lösung für Patienten realisiert werden: Durch die CAD/CAM-Technologie werden die Daten des patientenspezifischen Knochendefekts mittels Computertomographie (CT) oder Kegelstrahlberechnung Tomographie (CBCT) visualisiert. In einem digitalen Workflow kann ein individualisiertes Titangitter (Yxoss CBR, ReOss, Filderstadt) mit einer präzisen Passform erstellt werden. Zur formstabilen Vergrößerung des Knochenvolumens wird das Gitter mit Knochenersatzmaterial gefüllt, dabei besteht bei Bedarf die Möglichkeit, das osteogene Potential des Augmentats zu erhöhen, indem autologe Knochenspäne mit granuliertem Knochenersatzmaterial gemischt werden. Somit entfällt die Notwendigkeit für eine Knochenblockentnahme und die damit einhergehenden Risiken und die z.T. zeitaufwändige Anpassung der Blöcke an die Defektmorphologie.

Fallbeschreibung

Der folgende Fallbericht beschreibt Schritt für Schritt das Behandlungsprotokoll von der Diagnosestellung bis zum Abschluss des Behandlungsverfahrens. Dabei wird eine mögliche ambulante Lösung für den Fall einer Patientin mit schwerer juveniler Parodontitis und Malokklusion (mandibuläre Protrusion) im Frontzahnbereich unter Verwendung des Yxoss CBR-Gitters aufgezeigt. Der 30-jährigen Patientin wurden im Jahr 2010 die Zähne 11 und 21 aufgrund von progressiver Parodontitis extrahiert. Seither trug sie eine provisorische Prothese und es kam zu einem zunehmenden Knochenverlust in der Region. Sie erkundigte sich bei uns nach der Möglichkeit einer Restauration der vorderen Region der Maxilla.

Als Ausgangssituation imponierte ein großer kombinierter vertikaler und horizontaler Knochendefekt in den Bereichen 11 und 21 (Abb. 1). Mittels DVT-Diagnostik wurde eine Augmentation mit einem Yxoss CBR-Gitter geplant (Abb. 2 und 3). Operativ wurde zuerst das Weichgewebe mit einer beidseitigen Spalt-Lappen-Technik präpariert und der Knochen durch Bohrungen perforiert (Abb. 4 und 5). Das speziell für die Patientin angefertigte Titangitter wurde mit Knochenersatzmaterial (Geistlich Bio-Oss®) gefüllt und unter Zuhilfenahme von zwei Osteosyntheseschrauben (Midface 1,7, Stryker) fixiert (Abb. 6). Um die augmentierte Region vor einwachsendem Weichteilgewebe zu schützen, wurde das Gitter anschließend mit einer Kollagenmembran (Geistlich Bio-Gide®) bedeckt (Abb. 7).

  • Abb. 1: Klinische Situation vor Augmentation.
  • Abb. 2: Das DVT zeigt das bukkale Knochendefizit.
  • Abb. 1: Klinische Situation vor Augmentation.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 2: Das DVT zeigt das bukkale Knochendefizit.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 3: Ein präzises 3D-Planungsmodell, erstellt auf Basis von DVT-Daten.
  • Abb. 4: Weichgewebspräparation.
  • Abb. 3: Ein präzises 3D-Planungsmodell, erstellt auf Basis von DVT-Daten.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 4: Weichgewebspräparation.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 5: Vorbereitung des Hartgewebes.
  • Abb. 6: Das Titangerüst ist zu 100 % mit Geistlich Bio-Oss® gefüllt. Die Fixierung erfolgt mit zwei Schrauben.
  • Abb. 5: Vorbereitung des Hartgewebes.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 6: Das Titangerüst ist zu 100 % mit Geistlich Bio-Oss® gefüllt. Die Fixierung erfolgt mit zwei Schrauben.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 7: Das Titangerüst ist vollständig mit einer Geistlich Bio-Gide® Membran bedeckt.
  • Abb. 7: Das Titangerüst ist vollständig mit einer Geistlich Bio-Gide® Membran bedeckt.
    © Dr. Volkmann

Nach vier Monaten präsentierte sich die Weichgewebssituation frei von Dehiszenzen und klinisch stabil (Abb. 8). Für die Entfernung der Gitterstruktur wurde ein Kieferkammschnitt durchgeführt. Nach dem Entfernen der Osteosyntheseschrauben konnte das Gitter durch kleine Extrusionsbewegungen mit dem Raspatorium an der krestalen Gitter-Sollbruchstelle sorgfältig in zwei Teile aufgetrennt und leicht entfernt werden (Abb. 9). Um voll funktionsfähigen Knochen und Weichgewebe von guter Qualität zu erhalten, erfolgte die Implantation zwei Monate nach der Gitterentfernung. Die neu geschaffene Breite des horizontalen Kamms betrug etwa 7 mm (Abb. 10). Zur Implantation wurde nach prothetisch orientiertem Wax-up eine Mess- und Bohrschablone angefertigt und initial die Achse der Implantate mit Hilfe eines Pilotbohrers übertragen (Abb. 11). Nach der Insertion der Implantate erfolgte ein chirurgischer Indexierungsprozess zur Erfassung der Position der Implantate im Verhältnis zu den Nachbarzähnen und der antagonistischen Okklusion (Abb. 12). Die Implantateinheilung erfolgte gedeckt, zweizeitig.

  • Abb. 8: Klinische Situation vier Monate nach Augmentation.
  • Abb. 9: Das 3D-Gerüst wird mit Hilfe der Soll-Bruchstellen entfernt.
  • Abb. 8: Klinische Situation vier Monate nach Augmentation.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 9: Das 3D-Gerüst wird mit Hilfe der Soll-Bruchstellen entfernt.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 10: Bei der Wiedereröffnung nach zwei Monaten zeigt sich vitaler regenerierter Knochen mit einem horizontalen Knochengewinn von 7 mm.
  • Abb. 11: Die Implantatpositionierung erfolgt in prothetisch korrekter Position mit einer Mess- und Bohrschablone.
  • Abb. 10: Bei der Wiedereröffnung nach zwei Monaten zeigt sich vitaler regenerierter Knochen mit einem horizontalen Knochengewinn von 7 mm.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 11: Die Implantatpositionierung erfolgt in prothetisch korrekter Position mit einer Mess- und Bohrschablone.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 12: Indexierung der Implantatposition. Abb. 13: Klinische Situation der geschlossenen Schleimhaut sieben Tage nach Implantation.
  • Abb. 12: Indexierung der Implantatposition. Abb. 13: Klinische Situation der geschlossenen Schleimhaut sieben Tage nach Implantation.
    © Dr. Volkmann

Der Wundheilungsprozess verlief komplikationslos und die Nähte wurden nach sieben Tagen entfernt (Abb. 13). Die Freilegung erfolgte drei Monate nach Implantation mit provisorischen okklusal verschraubten Kronen auf Titanklebebasis, hergestellt vom Dentallabor Labor Grüttner GmbH (Pößneck). Die Nähte wurden nach sieben Tagen entfernt (Abb. 14 bis 16) und das Weichgewebe konnte sich regenerieren (Abb. 17). Die radiologische Auswertung erfolgte zwei Monate nach der Platzierung der provisorischen Kronen (Abb. 18). Die definitive Restauration erfolgt etwa drei Monate nach der provisorischen Versorgung mittels Keramikkronen ebenfalls auf Titan-Klebe-Basis durch den Hauszahnarzt.

  • Abb. 14: Die klinische Situation drei Monate später zeigt die provisorische Krone zur Freilegung und die Möglichkeit eines individuellen Gingivaformers für die Weichgewebemodellierung.
  • Abb. 15: Weichgewebe unmittelbar nach der provisorischen Kronenplatzierung.
  • Abb. 14: Die klinische Situation drei Monate später zeigt die provisorische Krone zur Freilegung und die Möglichkeit eines individuellen Gingivaformers für die Weichgewebemodellierung.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 15: Weichgewebe unmittelbar nach der provisorischen Kronenplatzierung.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 16: Klinische Situation unmittelbar nach der Kronenplatzierung. Die mandibuläre Protrusion ist gelöst.
  • Abb. 17: Klinische Situation vier Wochen nach der provisorischen Kronenplatzierung.
  • Abb. 16: Klinische Situation unmittelbar nach der Kronenplatzierung. Die mandibuläre Protrusion ist gelöst.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 17: Klinische Situation vier Wochen nach der provisorischen Kronenplatzierung.
    © Dr. Volkmann

  • Abb. 18: Radiologische Kontrolle zwei Monate nach Freilegung.
  • Abb. 19: In-house Statistik (Februar 2017 bis Februar 2018).
  • Abb. 18: Radiologische Kontrolle zwei Monate nach Freilegung.
    © Dr. Volkmann
  • Abb. 19: In-house Statistik (Februar 2017 bis Februar 2018).
    © Dr. Volkmann

Auswertung der praxisinternen Yxoss-Operationen bei Facelook Concept

Innerhalb eines Beobachtungszeitraums von einem Jahr (Februar 2017 bis Februar 2018) wurden 27 Gitter in 27 Patienten aus einer Hand implantiert (Abb. 19).

Die Mehrzahl der Patienten (16) wurde mit einem Gitter im Unterkiefer augmentiert, bei 11 erfolgte diese Therapie im Oberkiefer. Hier betrug die durchschnittliche Tragedauer 12 Wochen, es konnte im Schnitt Knochenersatzmaterial mit einem Volumen von 1.108 mm² eingebracht und darin 1,75 Implantate inseriert werden. In der Mandibula wurden die Gitter etwa 20 Wochen getragen und ein durchschnittlicher ossärer Zugewinn von 1.482 mm² erreicht, in den im Mittel 2,6 Implantate gesetzt werden konnten. Insgesamt wiesen 12 (44,4 %) der 27 Patienten eine Dehiszenz auf. Im Rahmen der Wundheilung beziehungsweise Einheilung kamen diese jedoch zu verschiedenen Zeitpunkten vor. Insgesamt betrug die Erfolgsquote der knöchernen Rehabilitation 96,3 %. Trotzdem konnten 100 % der geplanten Implantate inseriert werden. Bei lediglich vier Patienten (in der Mandibula) konnte simultan zur Materialentfernung sicher implantiert werden. Daher empfehlen wir die Implantation in einem separaten Schritt nach der Gitterentfernung durchzuführen.

Fazit

Abschließend lässt sich feststellen, dass es sich bei der beschriebenen Methode um eine zeiteffektive und anwenderfreundliche Technik zur Augmentation vertikaler und horizontaler Knochendefekte mit verlässlichem Endergebnis handelt. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Alexander Volkmann - ZÄ Irene Göllnitz