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Temporäre und definitive Frontzahnkronen ohne Abutmentwechsel

Mit der one-time-Therapie in einer Sitzung vom Trauma zur Sofortversorgung

Komplexe Implantatversorgungen im Frontzahnbereich stellen per se eine besondere Herausforderung dar, da Patienten den Erfolg implantatprothetischer Restaurationen vor allem nach der weiß-roten Ästhetik beurteilen. Dabei sind Aussehen und Verlauf der periimplantären Mukosa von hoher Relevanz. In der one-time Therapie werden die Abutments unmittelbar nach der Implantation für das Sofortprovisorium definitiv verschraubt und bleiben auch für die finale Prothetik in situ. Damit stabilisieren sie das periimplantäre Gewebe und machen auch „komplexe“ Fälle [7] mit horizontalen Kronenfrakturen an beiden mittleren Schneidezähne einfacher beherrschbar.

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Eine ebenso wichtige Rolle spielen patientenindividuelle extra- und intraorale Aspekte wie Lippenbild, Lachlinie, Knochenvolumen, Biotyp und Zustand der Nachbarzähne, das chirurgische Vorgehen, die restaurativen Zwischenschritte, die verwendeten Materialien und nicht zuletzt die Erfahrung des Behandlers. Er muss innerhalb kürzester Zeit dauerhaft tragbare Entscheidungen über den Workflow treffen.

Für den Patienten ist das Erscheinungsbild des periimplantären Weichgewebes und der prothetischen Suprastruktur ein entscheidendes Kriterium für eine erfolgreich verlaufene Therapie [14]. Parameter hierfür sind die periimplantäre Gewebestrukturen, die in Volumen, Höhe, Farbe und Kontur mit den Nachbarzähnen übereinstimmen und Implantatkronen, die hinsichtlich Form, Textur und Farbe das ursprüngliche Erscheinungsbild wiedergeben sollen. Ein möglichst minimal-invasives und damit gewebeschonendes Vorgehen mit Erhalt der Hart- und Weichgewebestrukturen bildet die Grundlage für ein langzeitstabiles, natürliches Erscheinungsbild einer implantatprothetischen Restauration.

Befundung und Therapieplanung

Die 30-jährige Patientin suchte nach einem Frontzahntrauma mit akuten Schmerzen die Praxis auf. Die sofortige klinische und röntgenologische Inspektion zeigte eine umlaufende Kronenfraktur an den beiden mittleren Incisivi mit geschwollener keratinisierter Gingiva und sulkulären Einblutungen labial.

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Weiter zeigte sich, dass die Zähne 11 und 21 bereits mehrfach endodontisch behandelt worden waren und Zahn 21 zudem aufgrund einer Wurzelspitzenresektion ein reduziertes Kronen-Wurzel-Verhältnis aufwies. Beide Incisivi waren daher austherapiert und nicht mehr erhaltungswürdig.

Der alveoläre Knochen, die beiden lateralen Schneidezähne und das Weichgewebe mit der Interdentalpapille (gewebestarker gingivaler Biotyp) waren unversehrt geblieben, was bei einer Implantatversorgung weniger rezessive Risiken erwarten ließ, zumal keine knochenaufbauenden Maßnahmen notwendig waren. Faktoren, die eine günstige Ausgangslage für ein ästhetisches Behandlungsergebnis nach einer Sofortimplantation mit kontrollierter Sofortbelastung und weitgehendem Erhalt der Hart- und Weichgewebestrukturen erwarten ließen [1,10].

Zudem musste die Behandlung aufgrund unaufschiebbarer geschäftlicher Verpflichtungen der Patientin innerhalb eines Tages mit einem temporär tragbaren Ergebnis, das die spätere definitive Restauration nicht ästhetisch beeinträchtigen würde, abgeschlossen sein. In Abwägung dieser Aspekte und möglicher Alternativen mit festsitzenden oder herausnehmbaren Brückenversorgungen entschied sich die Patientin für die Implantatlösung auf blueSKY Implantaten (bredent medical, Senden) mit chairside gefertigter temporärer Sofortversorgung. Diese wurde zur optimalen Ausbildung des Weichgewebes auf bereits definitiven Abutments – als one-time-Therapie mit Hybridabutments (BioHPP SKY elegance, bredent) – hergestellt (Abb. 1 bis 4).

Abb. 1: Klinische Ausgangssituation mit geschwollener keratinisierter Gingiva und sulkulären Einblutungen labial in regio 11 und 21. Schröder
Abb. 1: Klinische Ausgangssituation mit geschwollener keratinisierter Gingiva und sulkulären Einblutungen labial in regio 11 und 21.
Abb. 2: Röntgenologische Ausgangssituation mit umlaufender Kronenfraktur und reduziertem Kronen-Wurzel-Verhältnis. Schröder
Abb. 2: Röntgenologische Ausgangssituation mit umlaufender Kronenfraktur und reduziertem Kronen-Wurzel-Verhältnis.
Abb. 3: Planungs-DVT. Schröder
Abb. 3: Planungs-DVT.
Abb. 4: Planungs-DVT. Schröder
Abb. 4: Planungs-DVT.

Extraktion und Desinfektion

Eine schonende Extraktion und vorsichtige Behandlung des marginalen Weichgewebes sowie des Alveolarknochens wirkt sich positiv auf die Resorptionsvorgänge nach einer Extraktion aus [10]. Dafür wurde der parodontale Faserapparat mit einem Mikroskalpell behutsam durchtrennt und die Wurzel ohne orovestibuläre Luxationsbewegungen entfernt, um nicht die bukkale Lamelle zu beschädigen.

Sofortimplantate in parodontal infi zierten Extraktionsalveolen, die zuvor mit einer antimikrobiellen photodynamischen Therapie (aPDT) behandelt wurden, zeigen eine signifikant bessere Knochenqualität und -quantität [11,12]. Daher wurden zur Desinfektion und Dolor-Post-Prophylaxe beide Extraktionsalveolen mit der aPDT-Therapie nach dem HELBO-Verfahren (bredent) behandelt.

Hierbei werden in der Alveole sitzende pathogene Bakterien durch lichtsensible Farbstoffmoleküle markiert und mit Laserlicht aktiviert. Es entsteht Singulettsauerstoff und die Mikroorganismen werden durch Oxidation zerstört (Abb. 5 bis 8).

Abb. 5: Schonend extrahierte Zähne 21 und 11. Schröder
Abb. 5: Schonend extrahierte Zähne 21 und 11.
Abb. 6: Schonend extrahierte Zähne 21 und 11. Schröder
Abb. 6: Schonend extrahierte Zähne 21 und 11.
Abb. 7: Extraktionsalveolen mit unversehrten hart- und weichgeweblichen Strukturen. Schröder
Abb. 7: Extraktionsalveolen mit unversehrten hart- und weichgeweblichen Strukturen.
Abb. 8: Applikation der antimikrobiellen Photodynamischen Therapie (aPDT). Schröder
Abb. 8: Applikation der antimikrobiellen Photodynamischen Therapie (aPDT).

Knochenorientierte Insertion

Beide Implantate wurden in das sog. „ästhetische Fenster“ apikal des marginalen Weichgewebes und leicht palatinal zum Zahnbogens gesetzt [9]. Das unterstützt den Erhalt der bukkalen Lamelle und verhindert gleichzeitig ein Durchscheinen des Implantats. Der gewählte Durchmesser beider blueSKY-Implantate RP von 4 mm erlaubte die notwendigen mesio-distalen Abstände zu den Nachbarzähnen, um Rezession der knöchernen Unterstützung der Papillen zu vermeiden [13].

Lappenbildung und vertikale Entlastungsinzisionen waren nicht zwingend notwendig, wodurch wiederum das Weichgewebe weitestgehend geschont und ästhetisch störende Narbenbildungen vermieden werden konnten [6]. Die vertikale Positionierung der beiden Implantate leicht unterhalb des Alveolarkamms und damit unterhalb der Schmelz-Zement-Grenze wurde anhand der DVT-Aufnahmen festgelegt, da ohne das Freilegen des Alveolarkamms keine direkte Aufsicht auf den Knochen gegeben war.

Während der Implantation in regio 21 wurde in regio 11 der extrahierte und gesäuberte Zahn in die Extraktionsalveole zurückgesetzt, um ein zwischenzeitliches Kollabieren des Weichgewebes zu vermeiden und die Interdentalpapille zu stabilisieren. Die Aufbereitung erfolgte gemäß Protokoll für eine D2/D3 Knochenqualität, die Insertion selbst frei Hand. Die Features der blueSKY Implantate – konisch zylindrische Makrogeometrie, Doppelgewinde und selbstschneidendes Kompressionsgewinde – ermöglichen in der Regel eine ausreichende Primärstabilität von 30 Ncm auch in weicherem Knochen.

Durch Kondensation des Knochens mit dem Finalbohrer kann zudem die Primärstabilität bei Bedarf noch erhöht werden, indem der Finalbohrer langsam im Linkslauf mit Kühlung verwendet wird und die Knochenpartikel in der Alveole verbleiben. Mit einer niedrigen Eindrehgeschwindigkeit lässt sich zudem dem Risiko begegnen, den Knochen zu überhitzen oder über einen zu starken Druck auf das Knochenlager eine Minderversorgung und folgend eine Nekrose mit Wundheilungsstörungen zu provozieren (Abb. 9-12).

Abb. 9: Aufbereitung, beginnend mit dem Twist-Drill. Schröder
Abb. 9: Aufbereitung, beginnend mit dem Twist-Drill.
Abb. 10: Insertion (Blue SKY 4 x 14 mm). Schröder
Abb. 10: Insertion (Blue SKY 4 x 14 mm).
Abb. 11: Insertion (Blue SKY 4 x 14 mm). Schröder
Abb. 11: Insertion (Blue SKY 4 x 14 mm).
Abb. 12: Kontrolle der Implantatachse. Schröder
Abb. 12: Kontrolle der Implantatachse.

Hybridabutment, Platform Switching und „One-Time-Therapie”

Unmittelbar nach der Insertion wurden die BioHPP SKY elegance Hybrid-Abutments im Sinne der one-time-Therapie definitiv mit den Implantaten verschraubt. Ohne Irritation durch einen Abutmentwechsel zwischen Provisorium und definitiver Restauration können sich die periimplantäre Mukosamanschette und die approximalen Papillen stabil und unter weitestgehendem Erhalt der umlaufenden Gingiva-Faser-Architektur ausprägen, wodurch nicht nur das natürliche Durchtrittsprofil erhalten bleibt, sondern durch die intakte Mukosamanschette auch das Periimplantitisrisiko deutlich minimiert wird [2,3,8].

Der Abutmentkörper aus BioHPP – ein mit Keramikpartikeln verstärktes Hochleistungspolymer – ist bereits werksseitig spaltfrei und stoffschlüssig mit der Titanbasis verbunden, wodurch das submukosale Weichgewebe weder durch einen Micro-Gap noch durch Kleberreste irritiert werden kann. Verändern sich jedoch während oder nach einer provisorischen Phase die weichgeweblichen Strukturen, kann das Abutment intraoral mit Hartmetallfräsern ohne großen Aufwand nachgearbeitet werden. Seine werkstofflichen Eigenschaften werden dadurch nicht beeinträchtigt.

Abb. 13: Individualisierte BioHPP SKY elegance Abutments von frontal und palatinal. Schröder
Abb. 13: Individualisierte BioHPP SKY elegance Abutments von frontal und palatinal.

Die Versorgung der Implantate mit den durchmesserreduzierten (Platform-Switching) Hybrid-Abutments verlagert den bakteriell besiedelten Spalt zwischen Implantat und Abutment und damit die Ausbildung einer „biologischen Breite“ von der Knochen-Implantatzone weg nach zentral, da der apikale Durchmesser des BioHPP SKY elegance Abutments schlanker gehalten ist als der zervikale Implantatdurchmesser. Das minimiert das Risiko eines postoperativen Knochenabbaus als Folge eines inflammatorisch belasteten Mikrospalts und stabilisiert die interdentalen Papillen [5] (Abb. 13-15).

Abb. 14: Individualisierte BioHPP SKY elegance Abutments von frontal und palatinal. Schröder
Abb. 14: Individualisierte BioHPP SKY elegance Abutments von frontal und palatinal.
Abb. 15: Röntgenkontrollaufnahme der Implantate mit ihrem Aufbau. Schröder
Abb. 15: Röntgenkontrollaufnahme der Implantate mit ihrem Aufbau.

Provisorium

Für das Provisorium wurde eine, noch über den natürlichen Zähnen hergestellte, Tiefziehschiene mit dentinfarbenem, plaqueresistentem und verfärbungssicherem Kunststoff (top-lign Kaltpolymerisat, Bredent) in der Position der beiden Incisivi befüllt und die Brücke temporär auf den definitiven Abutments zementiert. Das Provisorium stand leicht in Infraokklussion, um Mikrobewegungen von mehr als 150 ?m während der Osseointegration zu vermeiden [4].

Es wurde auch darauf geachtet, keinen übermäßigen Druck auf die Papillen auszuüben, um keine unerwünschte Rezession des Weichgewebes zu initiieren. Die Nachbildung der natürlichen Krone ist die optimale Grundlage für den Erhalt des natürlichen Durchtrittsprofils (Abb. 16-19).

Abb. 16: Befüllen der Tiefziehschiene mit Kaltpolymerisat. Schröder
Abb. 16: Befüllen der Tiefziehschiene mit Kaltpolymerisat.
Abb. 17: Temporäres Zementieren der Brücke auf den definitiven Abutments. Schröder
Abb. 17: Temporäres Zementieren der Brücke auf den definitiven Abutments.
Abb. 18: Palatinale Ansicht mit den intraoral individualisierten Abutments. Schröder
Abb. 18: Palatinale Ansicht mit den intraoral individualisierten Abutments.
Abb. 19: Unmittelbar nach Implantation chairside hergestelltes Provisorium in situ. Schröder
Abb. 19: Unmittelbar nach Implantation chairside hergestelltes Provisorium in situ.

Definitive Restauration

Abb. 20: In den Zahnbogen harmonisch integrierte Implantatkronen. Schröder
Abb. 20: In den Zahnbogen harmonisch integrierte Implantatkronen.

Für die definitive Versorgung wurde drei Monate nach Implantation auf Abutmentebene analog abgeformt, um etwaige zwischenzeitliche Veränderungen an der periimplantären Mukosa für die Fertigstellung der finalen Prothetik erfassen zu können. Bis zur Fertigstellung der Kronen wurde nochmals die provisorische Versorgung temporär fixiert. Die definitiven Kronen wurde materialkonform aus BioHPP® und dem visio.lign Verblendsystem gefertigt, sodass kein Unterschied zwischen den Nachbarzähnen und den Implantatkronen zu sehen war (Abb. 20-22).

Abb. 21: Kein Unterschied in Form und Farbe zur ursprünglichen Bezahnung. Schröder
Abb. 21: Kein Unterschied in Form und Farbe zur ursprünglichen Bezahnung.
Abb. 22: Befreites Lächeln der sichtlich erleichterten Patientin. Schröder
Abb. 22: Befreites Lächeln der sichtlich erleichterten Patientin.

Fazit

Die Sofortimplantation mit Sofortversorgung auf Basis der one-time-Therapie mit ebenfalls sofortigen definitiven Abutments war in diesem Fall die optimale Lösung, um dem Wunsch der Patientin nachzukommen und gleichzeitig eine perfekte Grundlage für die definitive Versorgung zu schaffen sowie Risiken für Folgedefekte im Hart- und Weichgewebe zu minimieren. Werden entsprechende Verfahrensregeln befolgt und geeignete Werkstoffe verwendet, kann die Sofortimplantation mit Sofortversorgung auf definitiven Abutments als eine sichere, planbare und vorhersagbare Therapie gelten, mit der sich funktionelle, stabile und sehr gute ästhetische Langzeitergebnisse erzielen lassen.

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