Implantologie allgemein

­ erstmalig nach 3.000 Jahren Zahnheilkunde: Zahnersatz metallfrei, festsitzend, biokompatibel

Keramikimplantate im kaufunktionellen Seitenzahngebiet


In der oralen Implantologie finden Implantatkeramiken, ebenso wie schon seit vielen Jahren in der Endoprothetik, ihren festen Platz. Die Ambitionen Keramikimplantate zu benutzen, zielten in der Vergangenheit vor allem darauf ab, in Frontzahngebieten auch bei einem Zahnfleischrückgang dunkle Kronenränder zu vermeiden. Dennoch sind nur wenige Veröffentlichungen mit einteiligen Keramikimplantaten in der Frontzahnregion zur Verbesserung der Ästhetik gezeigt worden. Der Grund dafür mag wohl darin liegen, daß einteilige Keramikimplantate eine ästhetische Ausrichtung von Frontzahnkronen erschwerten. Viel häufiger und ästhetisch hervorragende Fälle sind dagegen von abgewinkelten ästhetischen Keramikabutments dokumentiert. Ohne Zweifel hat die Diskussion um Keramikimplantate mit der Einführung des Werkstoffes "Zirkondioxid" einen erheblichen Aufschwung erhalten.

Zirkondioxid als industriell bereits erprobte Hochleistungskeramik weist gegenüber der mechanisch weniger belastbaren Aluminiumoxidkeramik Festigkeitswerte auf, die mit hochwertigen Metall-Legierungen vergleichbar sind. Sie werden deshalb auch gerne als "weißer Stahl" bezeichnet.

Bezüglich dieser mechanischen Eigenschaften haben sich Keramikimplantate inzwischen auch in kaufunktionellen Kieferbereichen bewährt [1]. Teilstabilisierte Zirkonoxidkeramik erfordert in ihrem endfesten Zustand von der Metalltechnologie abweichende Bearbeitungsverfahren, deren Entwicklungen sicherlich noch nicht abgeschlossen sind. Ihre Biokompatibilität steht jedoch außer Zweifel. Keramikimplantate zeigen eine hervorragende Weichgewebsintegration bedingt durch die stark reduzierte Möglichkeit der Plaqueadhäsion. In dieser Hinsicht bieten Keramikimplantate gegenüber Titanimplantaten Vorteile, was den Erhalt der Weichgewebsstrukturen betrifft [2]. Sowohl aus Patienten- als auch Behandlersicht ist es daher erstrebenswert, auch bei festsitzenden Seitenzahnrestaurationen für zahnlose Kieferabschnitte auf Keramikimplantate aus Zirkondioxid zurückzugreifen. Seit dem ersten Implantatfund, der aus einem Etruskergrab ca. 600 vor Christi stammt, ist es nun erstmals möglich, langlebigen, festsitzenden aber metallfreien Zahnersatz mit dem Patienten zu kommunizieren, herzustellen und als erfolgsversprechende Philosophie in Aussicht zu stellen. Ein wichtiger Aspekt bleibt jedoch die Überbrückung der Einheilphase ohne jegliche Belastungsmöglichkeit.

Metallfreie Versorgung und Ästhetik

Keramikimplantate sind Patientenimplantate. Sie bieten aus Sicht des Patienten zwei entscheidende Vorteile und bedienen damit zwei Megatrends: Den Wunsch nach absoluter Biokompatibilität und metallfreier Versorgung sowie den Wunsch nach maximaler Ästhetik. Um nicht nur einen Hartgewebsverlust, sondern auch einen Weichgewebsverlust ­ speziell der Zahnfleischpapillen ­ zu umgehen, besteht seit geraumer Zeit die Tendenz zu einer zum Zahnverlust zeitnahen Implantation großvolumiger Implantate, möglichst mit sofortiger Versorgung ohne Belastungsmöglichkeit. Diesbezüglich läßt die wissenschaftliche Forschung für Vollkeramikimplantate noch Interessantes erwarten. Der zunehmende Trend zur exakten Implantatpositionierung mittels 3D-Navigation läßt vorhersehbare Implantatpositionierung und die Anwendung von einteiligen Implantaten mit dem biologischen Vorteil fehlender Spalträume immer häufiger zu. Die heute gängigen Softwareprogramme zur 3D-Navigation beinhalten allesamt Parallelisierungsfunktionen, so daß gerade auch im Seitenzahngebiet das parallele Inserieren von einteiligen Implantaten mit der Möglichkeit eine gemeinsame Einschubrichtung für die Prothetik vorzugeben, leicht ermöglicht wird. Die gezielte Positionierung von einteiligen bzw. transgingivalen Implantaten bieten bei exakter Positionierung ausgerichtet auf die prothetische Funktion den großen Vorteil, daß sie minimal oder gar nicht beschliffen werden müssen. Es ist bekannt, daß Zirkondioxidkeramik eine nur sehr geringe Wärmeleitfähigkeit von 2W/mK hat, so daß jeglicher Schleifprozeß an Werkstücken aus Zirkondioxidkeramik durch eine hohe punktuelle Hitzeentwicklung, in der Regel weiß glühend, imponiert. Die thermodynamische Umwandlung der tetragonalen Struktur in die sogenannte monokline Struktur beschränkt sich daher stark eingegrenzt auf das bearbeitete Areal und sollte daher nur mit Wasserkühlung erfolgen. Das Restwerkstück behält die tetragonale Struktur bei. Die lokale Strukturumwandlung geht jedoch mit einem Volumenzuwachs einher, so daß sich auf dem bearbeiteten Material eine Rißfortsetzung erheblich erschwert. Eine darauf bezogene Untersuchung zur Festigkeitsminderung von Zirkondioxid-Abutments durch Bearbeitung in zahnärztlich üblicher Präparationstechnik liegt bereits in der Wissenschaft mehrfach beschrieben vor. Die Ergebnisse zeigten allesamt eine deutliche Reduzierung des tetragonalen Phasenanteils im Bearbeitungsbereich des Zirkonoxidwerkstoffes, welche aber nur zu einer geringfügigen Verschlechterung der mechanischen Werkstoffeigenschaften in der äußeren, bearbeiteten Randschicht des Pfostens führte (ca. 30 bis 40 Mikrometer). Bei thermodynamisch günstigeren Bedingungen, wie zum Beispiel bei dem intermittierenden Beschleifen unter Wasserkühlung im Mund des Patienten, sind durch die unterschiedlichsten, metastabilisierenden Zusätze zudem Zirkondioxid Werkstoffqualitäten zu erzielen, die den Einsatz im mechanischen Hochleistungsbereich möglich machen, wie z. B. für industrielle Schneidwerkzeuge und Wurzelstifte. Diese günstigen, mechanischen Eigenschaften werden ergänzt durch den nahezu metalldichten Schatten, den Zirkon als Element hoher Ordnungszahl im Röntgenbild hinterläßt. Ein Vorteil gerade für die Implantologie und Endodontie. Die hohe mechanische Festigkeit von Zirkonoxid mit einer Biegefestigkeit von 900 bis 1.000 MPa, Härte von 1.200 Vickers und einer hohen Rissigkeit von 12 MPa haben zum Siegeszug dieses Materials bei der Entwicklung von CAD/CAM gefertigten Zahnersatzrestaurationen für Kronen- und Brückentechnologie geführt [3 und 4]. Inzwischen haben zahlreiche Forschungsarbeiten beginnend mit den Erkenntnissen von Prof. Dr. Peter Schärer aus Zürich die Langzeitstabilität der Zirkon Hochleistungskeramik in vivo bestätigt. Die interessantesten Veröffentlichungen sind in dem Kompendium "Wissenschaftliche Untersuchung zu Cercon® smart Keramik" [5] zusammengefaßt.

Die Indikation zur Anwendung von Zirkondioxidkeramik hat sich seit dem stetig erweitert. Selbst große Brückenspannen, geteilte Brücken bei nicht parallelen Pfeilern und Inlaybrücken sind mit dem stabilen Werkstoff Zirkondioxidkeramik möglich [6]. Es darf daher außer Zweifel stehen, daß sich Zirkondioxidkeramik als Implantat- und Kronen-/Brückenwerkstoff klinisch längst bestens bewährt hat. Der "weiße Stahl" erfreut sich bei Patienten, Zahntechnikern und Zahnärzten aber auch deshalb ständig steigender Beliebtheit, weil es erhebliches Potential zur Kosteneinsparung mit sich bringt: Einteilige Keramikimplantate sind nicht nur sehr einfach in der klinischen Anwendung, sie ersparen die typischen Zubehörteile wie Abdruckpfosten, Abutments, Sulkusformer etc.. Nicht selten werden für mehrteilige Einzelzahnimplantatversorgung Implantatmaterialkosten von 700,- Euro überschritten. Die Wirtschaftlichkeit einer ausgelasteten CAD/CAM Anlage dürfte außer Zweifel stehen, wenn nur die Angebotspreise von Dentallaboratorien in den einschlägigen Gazetten betrachtet werden. Gut auf dem Markt positionierte Unternehmen erlauben die CAD/CAM Erstellung von Zahnersatz auch kleinsten Laboratorien und Praxen mit der zur Verfügungstellung von erschwinglichen Systemkomponenten für die Scannererfassung präparierter Stümpfe und die folgende CAD/CAM Konstruktion von Vollkeramikzahnersatz. In einer modernen patientenfreundlichen Zahnersatzkunde ist es naheliegend die Systemkomponenten Keramikimplantate und CAD/CAM gefertigte Vollkeramikkronen-/brückenrestaurationen zusammenzuführen, um einer optimalen Biokompatibilität, herausragenden ästhetischen Ergebnissen und der Philosophie "metallfrei" zu folgen. Eine beachtenswerte Philosophie, die schon etlichen Praxen ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal mit großem wirtschaftlichem Erfolg ermöglicht hat. Die nachfolgenden dokumentierten Fälle zeigen neben den interessanten fachlichen Aspekten auch insbesondere die Sichtweise der Patienten, sich für

eine vollkeramische, metallfreie und festsitzende Zahnersatzlösung entscheiden zu wollen. Es ist möglich, die Planung und den Ablauf der dokumentierten Fälle nachzuvollziehen und die zahnmedizinische und zahntechnische Umsetzung kritisch zu würdigen. Die vom Autor verwendeten Instrumente, Materialien und ausgewählten Behandlungsschritte werden benannt, damit der Leser diese für vergleichbare Behandlungsfälle gegebenenfalls übernehmen kann.

Falldarstellung 1

Der 65-jährige Patient stellte sich mit einer insuffizienten Brückenversorgung auf der rechten Seite sowie mit einem endständigen Pfeilerzahn 47 vor, der bereits zweimal eine Wurzelspitzenresektion erfahren hat. Da der Zahn inzwischen trotz der verblockten Brückensituation bereits den Lockerungsgrad II aufwies, mußte er schonend mit Hilfe von Periotomen entfernt werden. Aufgrund der geringen Wurzeltiefen war eine Socket Preservation für eine nachfolgende Implantation kein Thema. Drei Monate nach Ausheilung des Kieferkammes wurde mit der implantatprothetischen Versorgung begonnen. Nach Erstellung einer digitalen Volumentomogramm-Aufnahme mit Darstellung der betroffenen Kieferquerschnitte ist die Implantation zweier bredent whiteSKY Implantate (Durchmesser 4,0 mm, Länge 13 mm) erfolgt. Der gewählte Abstand der Implantate richtete sich nicht nur nach dem vorhandenen Knochenangebot, sondern auch nach dem Wax-up der simulierten prothetischen Versorgung. Die geplante Neigung der Implantatachsen von 10 Grad nach lingual, entsprechend der Kronenflucht von Molaren, stellte sich in diesem Fall nicht als Hindernis für die prothetische Versorgung heraus. Die bereits vorhandene Interimsprothese wurde im Bereich des Freiendsattels soweit ausgeschliffen, daß eine berührungslose Einheilmöglichkeit für die Implantate gewährleistet war. Der Patient wurde angewiesen, den mit

Volon A-Haftsalbe gefüllten, ausgeschliffenen Freiendprothesensattel 14 Tage in situ zu lassen. Durch Chlorhexidin-Mundspülung und gründliche, mechanische Reinigung konnte eine Mundhygiene in akzeptablem Zustand aufrechterhalten werden. Nach einer viermonatigen Einheilzeit ohne Belastungsmöglichkeiten mit vollständig ausgeschlieffener und abgestützter Interimsprothese wurde der Implantationserfolg mit Hilfe eines digitalen OPG kontrolliert. Es zeigten sich keinerlei Knocheneinbrüche im Bereich der whiteSKY Implantate. Innerhalb von 14 Tagen wurde eine Cercon® Brücke von Implantat 45 auf Implantat 47 vorgenommen. Die Gerüstanprobe zeigte auf einem Kontroll-OPG einen perfekten Randschluß. Die Verblendung erfolgte im Überpreßverfahren mit Cergo® Preßkeramik, welche anschließend individuell charakterisiert wurde. Bei dieser Kombination von Cercon® Gerüstwerkstoff mit Cergo® Preßkeramik kann die in einigen Studien bisweilen beobachtete Abplatzung der schwachen Verblendkeramik von dem starken Gerüst sicher vermieden werden [7-9]. Die beschriebene Arbeit befindet sich mittlerweile zwei Jahre im Mund ohne klinisch und röntgenologisch sichtbare Veränderungen. Beeindruckend ist bei guter Mundhygiene des Patienten die hervorragende Zahnfleischsituation bedingt durch die ausschließliche Verwendung von keramischen Werkstoffen. Interessant zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß der Patient bei erfolgreich verlaufender Behandlung im Anschluß auch das Auswechseln von metallischen Restaurationen im Mund, obgleich sich dort keine Fehler feststellen ließen, einforderte. Folgende Vorteile wurden für Behandler, Zahntechniker und Patient besonders evident: · Die whiteSKY Vollkeramikimplantate verfügen über ein selbstschneidendes Gewinde, welches eine absolut sichere Primärstabilität ermöglicht. Das einteilige Konzept reduziert die Behandlungsschritte und den Materialaufwand auf ein Minimum. Im Gegensatz zu den üblichen zweiteiligen Implantaten konnte auf Abdruckpfosten, Gingiva Einheilpfosten, Laborimplantate und Abutments vollständig verzichtet werden. · Die leicht konische Form des Implantatkopfes mit einer Konizität von 6 Grad ermöglicht mühelos eine gemeinsame Einschubrichtung, ohne daß die Implantatköpfe an den Seitenwänden beschliffen werden mußten. Die einzigen Einschleifmaßnahmen im Mund bezogen sich auf die Kürzung des kranialen Implantatkopfanteils, um eine ausreichende Schichtdicke von ca. 2 mm für die geplante Brücke zu erzielen. · Die beschliffenen Implantatköpfe ermöglichten eine sehr einfache aber sichere ­ nämlich auf Implantaten abgestützte Bißregistrierung nur mit Hilfe einer Beauty Pink-Wachsplatte. Die Anlegung des Gesichtsbogens erfolgte wie gewohnt, ebenso wie der Zementiervorgang mit Hilfe eines handelsüblichen Composit Klebers (Relax-Unicem). Zementüberschüsse können sowohl von der Keramikoberfläche der Implantate als auch von der Verblendkeramik mühelos abgesprengt werden. Bei Cercon® Zahnersatz ist es durch die höhere Festigkeit im Unterschied zur klassischen Glaskeramik nicht notwendig eine adhäsive Befestigung herzustellen. Zirkondioxidkeramik kann mit den derzeit zur Verfügung stehenden Methoden nicht angeätzt werden, aber mit Kompositklebern (z. B. auch Panavia) sehr gut geklebt werden. Selbst konventionelle Befestigungszemente, wie der seit hundert Jahren bekannte Phosphatzement, eignen sich zur Zementierung von Cercon® Kronen und Brücken (auch auf Keramikimplantaten). Bei den hochfesten Zirkondioxidkeramiken ist noch anzumerken, daß oft nicht das Gerüst, sondern die Verblendkeramik der Schwachpunkt der prothetischen Versorgung darstellt. Ursache ist, daß die Biegefestigkeit von Verblendkeramiken in der Größenordnung von 70 bis 120 MPa liegen, dagegen die Gerüstkeramiken im Bereich zwischen 300 bis 1.000 MPa. Abplatzungen der schwachen Verblendkeramik können so ausgeprägt sein, daß eine gesamte Restauration erneuert werden müßte. Durch eine höckerunterstützte Gerüstgestaltung aus der festen Zirkondioxidkeramik kann dieses Problem weitgehend vermieden werden. Bei der Verwendung von Cergo® Preßkeramik ist noch nicht einmal eine solche anatomische Formgestaltung notwendig. Das Aufpressen von Cergo® auf Cercon®Gerüsten hat sich stets als unproblematisch und dauerhaft stabil erwiesen.

Falldarstellung 2

Die 45-jährige Patientin, Biologielehrerin und Musiktherapeutin, stellte sich mit einer Freiendseite im Unterkiefer links sowie einer Schaltlücke regio 46 vor. Möglicherweise durch Modeschmuck induziert, litt sie nach ihren Angaben unter zahlreichen Metallallergien. Angeblich auch unter einer Nichtakzeptanz von Titanlegierungen, wie es durch einen Heilpraktiker bereits festgestellt worden sei. Kliniker können bestätigen, daß es keinen Sinn hat gegen solche subjektiven Mitteilungen anzuargumentieren aus rein schulmedizinischer Sicht. So wurde in unserer Praxis eine Materialtestung mittels Bioresonanzverfahren (Vega Test) durchgeführt. Überraschenderweise konnte nach der Testung mit einem kostengünstigen Probeimplantat eines Billiganbieters mit der Titanlegierung Grad 6 die Unverträglichkeitsbefürchtungen der Patientin bestätigt werden.

Die Austestung mit einem Cercon® Plättchen (bei DeguDent anforderbar) dagegen zeigte eine völlige Akzeptanz. Die Patientin willigte daraufhin nach umfangreicher Aufklärung in eine festsitzende, implantatgetragene prothetische Rehabilitation der Freiend- und Schaltlücke ein. Nach der Erstellung eines DVT und eines Wax-up sind drei keramische Zirkondioxid-Implantate von ziterion (Uffenheim) transgingival mit Hilfe einer Navigationsschablone in den Kiefer inseriert worden. Der Durchmesser der gesetzten Implantate betrug 4 mm, die Länge 11,5 mm. Bei ausreichendem Knochenangebot und mäßigem Unterschnitt bereiteten die einteiligen Keramikimplantate aus prothetischer Sicht keine Schwierigkeiten. Als besonders vorteilhaft stellte sich der nur 4 mm hohe Kopf heraus, der in den allermeisten Fällen überhaupt nicht beschliffen werden braucht. Die vorfabrizierte Hohlkehle an der Implantatschulter kann bei geschickter 3D Navigation (Software IVS Solutions) so gesetzt werden, daß sie paragingival oder leicht subgingival zu liegen kommt. Der kraniale Teil des Implantatkopfes dient als "Einbringpfosten" und ermöglicht außerdem eine friktionssichere Fixation von Kronen-/Brückengerüsten.

Die Implantatbettaufbereitung von Keramikimplantaten muß sehr schonend erfolgen. Beim langsamen Eindrehen sollten 20 Nm nicht überschritten werden. Die mindestens 4-monatige Einheilung muß vollständig belastungsfrei gestaltet werden (Abb. 15/16). Bei der Verwendung mehrerer solcher Implantate für eine Brückenkonstruktion ist das parallele Setzen der Implantate erforderlich, wenn man ohne Einschleifmaßnahmen eine gemeinsame Einschubrichtung erhalten will. Die Abformung und Herstellung von festsitzendem Kronen-/Brückenersatz mit Hilfe von Cercon® erfolgt ohne den Einsatz weiterer Implantatzubehörteile und ohne das Beschleifen der nur 4 mm hohen Implantatköpfe nach viermonatiger Einheilung. Das weitere Prozedere gestaltete sich genauso einfach wie es für den ersten Behandlungsfall beschrieben ist. Nach erfolgreicher, vollkeramischer Restauration bestand auch diese Patientin auf Beseitigung vorhandener metallischer Restauration und einem anschließenden Ausleitverfahren.

Diskussion

Zirkondioxid hat sich als Werkstoff für einteilige Implantatsysteme und als CAD/CAM Werkstoff für Kronen- und Brückenzahnersatz bereits bestens bewährt [10-16]. Bei dem System Cercon® kann neben der bewährten CAM-Methode auf Basis des klassischen Wachsmodells der Anwender alternativ das moderne CAD/CAM Verfahren zur reinen virtuellen Herstellung wählen. Das Prozedere für einteilige Keramikimplantate als auch für die intuitiv bedienbaren Systemkomponenten des Cercon® Systems gestaltet sich dabei so einfach, daß nicht nur erhebliche Kosten eingespart werden können, sondern auch eine Vielzahl von Behandlungsschritten, Materialien sowie aus der Metalltechnologie bekannte Hilfsteile und Technikschritte ausgelassen werden können. Mit Hilfe des überragenden Werkstoffes Zirkondioxidkeramik für implantatprothetische Behandlungsschritte ist es möglich, die Bedürfnisse von Behandler und Patienten optimal zu erfüllen. Neben der angesprochenen Wirtschaftlichkeit und Effizienz sind die herausragenden Merkmale maximale Langzeitstabilität, höchste Biokompatibilität und die typischerweise vorhandene Patientenbegeisterung. Auch wenn sich Titanimplantate seit nunmehr 40 Jahren klinisch überaus bewährt haben und über ständig optimierte Oberflächen verfügen, so hat gerade letztgenannter Aspekt dazu geführt, daß der Grundstoff Titan durchaus zu Wechselwirkungen mit dem Körper des Patienten führen kann (Stejskal et al., 1999; Schuh et al., 2004; Taheri et al., 2005).

Neueste Forschungsergebnisse von Albrektsson et al., (2004) zeigen, wie schwer eine nebenwirkungsarme Oberfläche auf Titanimplantaten herzustellen ist. Dabei haben die Wissenschaftler noch keine Möglichkeit gefunden, Nebenwirkungen ­ ausgehend von Titanimplantaten ­ exakt zu erfassen, weil eine allgemeine Belastung des Immunsystems zu unterschiedlichen Wirkungen im Organismus führen kann. Modische Trends, wie Piercings, Tattoos und die vielfache Verwendung von Modeschmuck, lassen bereits Rückschlüsse zu, daß die Sensibilisierung der Bevölkerung auf verschiedene Metall-Legierungen (darunter auch Titanlegierungen) zunehmen wird. In Deutschland sollen zwischen 4 und 8 % der Bevölkerung unter solchen erworbenen Störungen leiden, die als "Chronical Fatigue Syndrom" (CFS) oder das "Multiple chemical sensitivity Syndrom" (MCS) bezeichnet werden. Die Erkrankung MCS (multiple Chemikaliensensitivität) zeigt oft somatopsychische Effekte, denn durch die nicht erfolgte Erkennung und Behandlung wird der Patient ­ und das ist selbstverständlich ­ traumatisiert. Außerdem ist evident, daß die individuelle Exposition zu Schadstoffen (etwa Innenraumschimmelpilzen und deren toxischen und allergisierenden Emissionen), die als neurotoxisch gekennzeichnet sind, auch psychische Funktionsstörungen auslösen kann. Durch die Wechselwirkung von Zahnmetallen (jedes Jahr kommen immer noch etwa zehn Tonnen Amalgam in deutsche Münder!), Feinstäuben ­ auch denjenigen der Nanotechnologie wie beispielsweise Druckertoner ­ und weiteren Chemikalien der Umwelt, wie etwa Pestiziden in Nahrungsmitteln und Konservierungsstoffen, kommt es im Individualfall sehr häufig zu Mischexpositionen gegenüber diesen Umweltschadstoffen. Nach zwanzigjähriger Praxis im Bereich ganzheitlicher Restaurationen kann ich Berichten zustimmen, die festzustellen meinen, daß das Beschwerdebild keineswegs ungeklärt ist und daß in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern laut Studie der EU immer mehr Menschen betroffen sind [17].

Auch wenn heute noch nicht sicher festgestellt werden kann, in wieweit der klinische Einsatz von Titan in der Mundhöhle bei diesen Phänomenen eine Rolle spielt, so bietet Zirkondioxidkeramik als hochfester Werkstoff für die gesamte festsitzende Kronen- und Brückenimplantatprothetik eine sinnvolle Alternative. Auch wenn bezüglich von Vollkeramikimplantaten noch viele Fragen offen stehen (zweiteilige Systeme, Verhalten bei Augmentation, Oberflächenstruktur und Knochenanwachsverhalten) und sicherlich die Indikation aufgrund dieser noch nicht geklärten, medizinisch biologischen Parameter eingeschränkt ist, hat nach vielen Jahren des Stillstandes in der Implantatprothetik eine neue Ära längst begonnen. Die Faszination, die von weißer Keramik ausgeht, hat sich auf unsere Patienten längst übertragen. Wissenschaft, Forschung, Hochschule und Dentalindustrie sind gefordert, die noch vielen offenen Fragen zu klären und mit Langzeitstudien die bereits vielversprechenden, klinischen Erfolge zu untermauern. Der Siegeszug von Zirkondioxidkeramik in Kombination mit CAD/CAM Fertigung für implantatgetragenen Zahnersatz ist nicht mehr aufzuhalten.




Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Achim Sieper

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Achim Sieper