Implantologie allgemein

Hyaluronsäure, Frontzahnimplantat, Ästhetik

Verwendung von Hyaluronsäure zur Optimierung der Ästhetik bei einer Frontzahnimplantation


Ziel der modernen Implantologie ist es, eine naturidentische, dem Original entsprechende Restauration zu erzielen. Dabei stellt die Osseointegration das Fundament dar, die Ästhetik wird jedoch durch ein optimales Weichteilmanagement bestimmt. Hyaluronsäure wird in vielen Bereichen der ästhetischen Medizin und Orthopädie seit Jahren erfolgreich bei verschiedenen Indikationsstellungen eingesetzt.

Die positiven Effekte der Hyaluronsäure sind vielfältig. Sie ist an den biologischen Prozessen während der Wundheilung beteiligt und hemmt beispielsweise die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen. Weiterhin spielt die Hyaluronsäure, die biochemisch gesehen zur Gruppe der Glykosaminoglykane gehört, auch bei der Zellproliferation eine wichtige Rolle. Neben diesen Effekten werden auch die Zellmigration und die Neoangeogenese gefördert. Einen weiteren Effekt hat die Hyaluronsäure auch auf die Osteoblasten, die bekanntlich eine wichtige Rolle bei der Osseointegration spielen. Neben den positiven Effekten auf die knochenbildenden Zellen eignet sich Hyaluronsäure auch sehr gut, um mehr Volumen, insbesondere im Bereich der Interdentalpapillen, zu generieren.

Aus den oben genannten Gründen verwenden wir seit etwa zwei Jahren Hyaluronsäure im Bereich der Parodontologie, Oralchirurgie und Implantologie. Zum einen mischen wir das Knochenregenerationsmaterial bei allen augmentativen Eingriffen mit der Hyaluronsäure Tissue Support (Medical Instinct, Bovenden). Dadurch werden das Handling und die klinische Applizierbarkeit des Knochenregenerationsmaterials deutlich verbessert. Es entsteht ein putty-artiges Material, welches sehr gut positioniert werden kann und die Gefahr einer Dislokation von Granula weitgehend reduziert. Zum anderen eignet sich Tissue Support, das aus einfach quervernetzter Hyaluronsäure besteht, zur Therapie von entzündlichen Prozessen.

Neben dieser einfach vernetzten Hyaluronsäure verwenden wir für andere Indikationsbereiche die quervernetzte Hyaluronsäure Flex Barrier. Zum einen werden Augmentationsbereiche mit diesem Material abgeschirmt. Es bildet sich somit eine biologische Membran, die das Augmentationsmaterial schützt und eine bakterielle Migration bzw. eine Dislokation des Materials vermeidet. Zum anderen ist das Material auch bei einem individuellen ästhetischen Weichgewebsmanagement sehr hilfreich. Durch die gezielte Applikation kann man einen deutlichen Volumengewinn im Bereich der marginalen Gingiva erzielen und somit für eine Verdickung der periimplantären Gewebe sorgen. Gerade bei Patienten mit einem dünnen Biotyp ist der Erhalt bzw. die Rekonstruktion der periimplantären Gewebe eine große Herausforderung für den Implantologen.

Neben dem richtigen Implantationszeitpunkt und der Beurteilung des Knochenangebotes und der Weichgewebssituation ist auch die Frage, ob ein Implantat sub- oder transgingival einheilen sollte, von entscheidender Bedeutung. Insbesondere die Forderung und der Wunsch nach dem Erhalt der interdentalen/interimplantären Papille ist häufig im klinischen Alltag schwierig umzusetzen. Eine knöcherne Unterstützung ist eine wichtige Voraussetzung jeglicher Weichteilstabilität. Um diese knöcherne Unterstützung langfristig zu erhalten, spielt die Wahl des richtigen Implantatsystems auch eine wichtige Rolle.

Durch Anwendung der Hyaluronsäure hat der Behandler ein wichtiges und wertvolles Hilfsmittel zur Hand, um periimplantäre Weichteile besser managen zu können und sogar einen Volumenzuwachs im interdentalen bzw. interimplantären Bereich der Papille zu erzielen.

Klinische Kasuistik

Eine 45-jährige Patientin stellte sich im Rahmen unserer Implantatsprechstunde mit dem Wunsch der implantologischen Versorgung des alio loco entfernten Zahnes 22 vor. Anamnestisch gab sie an, dass bereits drei Wurzelspitzenresektionen erfolglos durchgeführt worden seien und nun nach einer weiteren Fistelbildung der Zahn vor etwa sechs Monaten entfernt wurde. Im Beratungsgespräch erläuterten wir der Patientin zunächst die verschiedenen Therapieoptionen und den Ablauf der geplanten Implantatinsertion. Sie willigte in den implantologischen Eingriff ein.

  • Abb. 1a: Klinische Ausgangsituation 22 mit deutlicher Narbenbildung nach erfolglosen Wurzelspitzenresektionen.
  • Abb. 1b: Radiologischer Ausgangsbefund.
  • Abb. 1a: Klinische Ausgangsituation 22 mit deutlicher Narbenbildung nach erfolglosen Wurzelspitzenresektionen.
  • Abb. 1b: Radiologischer Ausgangsbefund.

  • Abb. 2: Sulculäre Schnittführung mit der 15c-Klinge.
  • Abb. 3: Maschinelle Implantatbettaufbereitung für das Bone-Trust plus Implantat (Medical Instinct, Bovenden).
  • Abb. 2: Sulculäre Schnittführung mit der 15c-Klinge.
  • Abb. 3: Maschinelle Implantatbettaufbereitung für das Bone-Trust plus Implantat (Medical Instinct, Bovenden).

  • Abb. 4: Sondierung der Implantatkavität.
  • Abb. 5: Implantatinsertion des BoneTrust plus Implantats.
  • Abb. 4: Sondierung der Implantatkavität.
  • Abb. 5: Implantatinsertion des BoneTrust plus Implantats.

In Lokalanästhesie wurde eine sulculäre Schnittführung gewählt ohne vertikale Entlastungsinzisionen, um keine weitere Narbenbildung im Bereich der attached Gingiva zu provozieren. Nach Darstellung der knöchernen Situation erfolgte die schrittweise maschinelle Implantatbettaufbereitung nach dem Medical Instinct Bohrprotokoll (Pilotbohrer, Spiralbohrer 2,0 mm, 2,8 mm und 3,1 mm). Im Anschluss daran wurde ein BoneTrust plus Schraubenimplantat mit geätzter und gestrahlter Oberfläche und Sechskant-Innenrotationssicherung eingesetzt (Durchmesser 3,4 mm, Länge 13 mm). Das Implantat zeigte eine gute Primärstabilität von 14 Ncm, so dass direkt ein Gingivaformer zur Ausbildung eines harmonischen Emergenzprofils eingesetzt wurde. Zusätzlich wurde in die periimplantären Weichteile „Flex Barrier“-Gel injiziert, um dort einem Weichgewebskollaps vorzubeugen. Vielmehr sollte ein Volumenzuwachs erreicht und ein harmonischer und stabiler Zahnfleischverlauf erzielt werden.

  • Abb. 6: Einbringen des Gingivaformers.
  • Abb. 7: Applikation von Hyaluronsäure in die periimplantären Bereiche.
  • Abb. 6: Einbringen des Gingivaformers.
  • Abb. 7: Applikation von Hyaluronsäure in die periimplantären Bereiche.

  • Abb. 8: Reizlose periimplantäre Verhältnisse nach Entfernung des Gingivaformers.
  • Abb. 9: Repositionsabdruckpfosten in regio 22.
  • Abb. 8: Reizlose periimplantäre Verhältnisse nach Entfernung des Gingivaformers.
  • Abb. 9: Repositionsabdruckpfosten in regio 22.

  • Abb. 10: Individualisiertes Keramikabutment in regio 22.
  • Abb. 11: Herstellung der Lithium-Disilikat-Glaskeramik-Krone (IPS e.max) mit der CEREC MC XL Schleifmaschine.
  • Abb. 10: Individualisiertes Keramikabutment in regio 22.
  • Abb. 11: Herstellung der Lithium-Disilikat-Glaskeramik-Krone (IPS e.max) mit der CEREC MC XL Schleifmaschine.

  • Abb. 12: Vestibuläre Weichteilsituation 10 Tage nach dem Einsetzen der implantatgetragenen Krone.
  • Abb. 12: Vestibuläre Weichteilsituation 10 Tage nach dem Einsetzen der implantatgetragenen Krone.

Nach drei Monaten stellte sich die Patientin zur Abformung für die Herstellung der definitiven Keramikkrone vor. Es zeigten sich entzündungsfreie periimplantäre Verhältnisse ohne Gewebeverlust im Bereich der Papillen.

Der Gingivaformer wurde entfernt und es zeigten sich stabile Weichteilverhältnisse im Bereich des Emergenzprofils. Im Anschluss daran erfolgte die Abformung mittels Repositionstechnik. Der Abdruckpfosten wurde mit Impregum umspritzt und eine geschlossene Abformung durchgeführt. Anschließend wurde der Gingivaformer wieder eingeschraubt.

Im zahntechnischen Labor erfolgte nach Herstellung eines Meistermodells die Individualisierung eines Keramik-Abutments und die Herstellung einer Lithium-Disilikat-Glaskeramik-Krone nach dem CAD/CAM-Verfahren. Die Krone wurde mit Hilfe einer CEREC MC XL Schleifmaschine hergestellt und vom Zahntechniker farblos individualisiert. Zehn Tage nach der Abdrucknahme konnte nun die fertige Restauration erfolgen. Bereits kurz nach dem Einsetzen zeigten sich stabile periimplantäre Verhältnisse und die Ausbildung von Interdentalpapillen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es durch Verwendung von Hyaluronsäure möglich ist, Defizite im Bereich der marginalen Gingiva/Papillen zu kompensieren. Sie leistet somit einen wichtigen Betrag in der ästhetischen Geweberekonstruktion. Die Applikation von Hyaluronsäure im ästhetisch anspruchsvollen Bereich bietet somit eine interessante Alternative für den Behandler und den Patienten zu parodontalchirurgischen Eingriffen, die zum Volumenaufbau periimplantärer Strukturen angewendet werden.

An dieser Stelle sei explizit darauf hingewiesen, dass Hyaluronsäureprodukte, die zur extraoralen Faltenunterspritzung zugelassen sind, keine Zulassung für die intraorale Anwendung besitzen! 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Michael Claar - Dr. Bettina Ferrari

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Michael Claar , Dr. Bettina Ferrari