Knochenmanagement

Kurze Implantate als Ausweg bei der implantatprothetischen Versorgung

Erweiterte Rückwärtsplanung mit allogenem Knochenblock zur absoluten Kieferkammerhöhung

Patientenspezifische Planung der allogenen Transplantate.
Patientenspezifische Planung der allogenen Transplantate.

Ermöglicht das verfügbare Knochenangebot im Kiefer keine Implantation, ist häufig eine Knochenblocktransplantation indiziert. Das lange Zeit übliche Vorgehen mit autologen Transplantaten birgt eine vergleichsweise hohe Belastung für den Patienten. Hier kann der allogene Knochenblock eine Alternative sein. Der Autor stellt anhand eines „spektakulären“ Fallbeispiels – absolute Kieferkammerhöhung – dar, wie patientenindividuell allogene Knochenblöcke CAD/CAM-gestützt hergestellt und transplantiert werden können. Nach der Einheilung der Transplantate boten kurze Implantate (SICmax, SIC invent) den Ausweg für die sichere Verankerung des Zahnersatzes.

  • Abb. 1 und 2: Ausgangssituation – hochgradige Atrophie im zahnlosen Oberkiefer.

  • Abb. 1 und 2: Ausgangssituation – hochgradige Atrophie im zahnlosen Oberkiefer.
    © Dr. Manfred Nilius
Bei jedem zahnärztlichen Eingriff stellt sich die Frage, welche Behandlung für den Patienten am besten geeignet ist. Im vorgestellten Fall konsultierte ein 70-jähriger Patient mit geringer Restknochenhöhe im zahnlosen Oberkiefer die Praxis und äußerte den Wunsch nach einer implantologischen Behandlung (Abb. 1 und 2). Grund war die zunehmende Protheseninsuffizienz, die vor allem dann evident wurde, wenn der Patient als Kornettist in einem Bläser-Ensemble tätig wurde. Die hochgradige Alveolarkammatrophie, das flache Gaumengewölbe und die Retroposition des zahnlosen Oberkiefers ließen eine Implantation im ortsständigen Knochen nicht zu. Selbst das schräge Inserieren der posterioren Implantate in den vorhandenen Knochen (z. B. „Safe on Four“ Konzept, SIC invent) schien ohne umfangreichen Knochenaufbau nicht möglich. Gemeinsam mit dem Patienten wurden Möglichkeiten diskutiert. Zygoma-Implantate lehnte der Patient mit der Begründung ab, dass palatinal positionierte prothetische Abutments den Zungenraum einengen könnten. Ein Weg wäre die Le-Fort-1-Osteotomie – Oberkiefervorverlagerung mit einer Beckenknochenaugmentation – gewesen. Hier stellten die hohe operative Belastung und mögliche Komplikationen an der Entnahmestelle für den Patienten ein Ausschlusskriterium dar. Als Therapieweg wurde der absolute Knochenaufbau mit allogenen Knochenblöcken vorgeschlagen und vom Patienten akzeptiert.

Der allogene Knochenblock als Alternative zum autologen Transplantat

Die Verwendung von Eigenknochen für den Aufbau des Kieferkammes bei hochgradiger Atrophie gilt als Goldstandard. Allerdings gibt es einige Nachteile, z. B. die erhöhte operative Belastung durch den Eingriff an der Entnahmestelle. Als Alternative rücken allogene Transplantate in den Fokus [1,8] und werden vom Autor seit mehr als zehn Jahren angewandt. Vorteile sind die verringerte Morbidität (keine Entnahmestelle) und die reduzierte Gefahr von Komplikationen durch den Zweiteingriff. Zudem sind allogene Ersatzmaterialien unbegrenzt verfügbar. Eingeteilt werden allogene Knochenersatzmaterialien hinsichtlich der Herstellungsverfahren, z. B. gefriergetrockneter Knochen, frisch gefrorener Knochen oder mineralisierter, prozessierter Knochen (MPBA). In der dentalen Implantologie wird hauptsächlich MPBA verwendet.

Allogene CAD/CAM-gefertigte Blöcke als Transplantat

Seit einigen Jahren werden Blockaugmentate aus allogenem Material individuell CAD/CAM-gestützt für die Defektsituation gefertigt [7]. Vorteile, die sich aus diesen Transplantaten ergeben, sind:

  • verringerte Operationszeit im Vergleich zu Chairsideangepassten Blöcken
  • verringerte Kontaminationsgefahr
  • erhöhte Passgenauigkeit
  • verbesserter Patientenkomfort.

3D-Bonebuilder-Technologie

Die Transplantate werden, basierend auf einem dreidimensionalen Bild (CT/DVT), in der CAD-Software konstruiert und mittels CAM-Frästechnologie nach hohen Qualitätsstandards hergestellt. Die so gefertigten Knochenblöcke werden vom Autor seit mehr als zehn Jahren verwendet. Der maxgraft bonebuilder (Botiss, Berlin) ermöglicht u. a. komplexe horizontale und vertikale Augmentationen, ohne den Patienten durch Entnahme von Eigenknochen zu belasten. Zudem kann eine maximale Kontaktfläche mit dem ortsständigen Knochen erreicht werden. Da eine manuelle Anpassung während des chirurgischen Eingriffs wegfällt, verkürzt sich die Operationszeit deutlich. Diese signifikant reduzierte Operationszeit, die Schmerzreduktion und die zu erwartende verbesserte Wundheilung sprachen auch im vorliegenden Fall für diese Option.

Patientenfall: Chirurgische Umsetzung

Aufgrund der hochgradigen Atrophie des Kieferknochens war für die geplante implantatprothetische Versorgung eine absolute Kieferkammerhöhung notwendig. Nach gründlicher Anamnese und Patientenaufklärung begann die Behandlung.

Erweitertes Backward Planning

  • Abb. 3 bis 6: Patientenspezifische Planung der allogenen Transplantate am virtuellen Modell des Oberkiefers.

  • Abb. 3 bis 6: Patientenspezifische Planung der allogenen Transplantate am virtuellen Modell des Oberkiefers.
    © Dr. Manfred Nilius
Um die atrophe maxilläre Situation mit einem allogenen, patientenindividuellen Knochenblock zu versorgen, war eine erweiterte Rückwärtsplanung notwendig. Basierend auf dem angestrebten prothetischen Ergebnis (Mock-up) wurden nicht nur die Implantatpositionen geplant, sondern zugleich der zum Ausgleich der Atrophie benötigte Knochenblock. Hierzu wurde ein DVT erstellt, die DICOM-Daten exportiert und im botiss CAD-Designer firmenseits bearbeitet (Abb. 3 bis 6). Die Daten des Knochendefektes wurden in ein 3D-Modell konvertiert und ein Transplantat geplant, das exakt auf die Oberflächenkontur des Defektes abgestimmt war. Aufgrund des komplexen Aufbaus wäre theoretisch ein hufeisenförmiger Block erforderlich gewesen. Da die maximalen Maße für einen maxgraft bonebuilder 23 x13 x13 mm betragen, wurden vier Einzelblöcke konstruiert und nach der Freigabe durch den Behandler aus einem prozessierten, allogenen Spongiosablock unter Reinraumbedingungen gefräst, doppelt verpackt und durch Gamma-Bestrahlung sterilisiert. Die Liefer- bzw. Produktionszeit betrug etwa fünf Wochen.

Chirurgischer Eingriff

Die Transplantation erfolgte unter Vollnarkose (Abb. 7 bis 11). Für einen erfolgversprechenden Eingriff sind eine großzügige Mobilisierung des Weichgewebes, eine präzise Schnittführung und die richtige Nahttechnik wichtig. Das Freilegen des ortsständigen Knochens erfolgte über eine marginale Schnittführung von vestibulär. Danach wurde der allogene Knochenblock kurz in einer Einwegspritze unter Vakuum in steriler isotoner Kochsalzlösung rehydriert, um die Passage der einwandernden, azellulären Matrix durch Osmose zu verbessern. Die palatinale Gingiva wurde bis zur Raphe Median-Ebene deperiostiert. Das Fixieren der Blöcke erfolgte mit Osteosyntheseschrauben (Screw fixation 1.2, Stoma-System). Diese wurden schräg in das Transplantat bzw. den Knochen eingebracht, was vor allem bei einem dünnen basalen Knochen für eine sichere Fixierung wichtig ist (Criss-Cross-Technik). Idealerweise wählt man eine Schraubenposition, welche die spätere Implantatachse annähernd wiedergibt. Dies vereinfacht z. B. das Vorgehen bei der Schraubenentfernung.

  • Abb. 7: Transversale Schichtung des ortständigen Knochens im DVT vor Anbringen der allogenen Knochenblöcke. Die Darstellung zeigt die reduzierte Restknochenhöhe und die Knochenkontaktfläche, die zur Reorganisation der Blöcke zur Verfügung steht. Obere Reihe: regio 12-14-16, untere Reihe: regio 22-24-26.
  • Abb. 8: Bild aus OP-Video: Einbringen der Knochenblöcke (links) und Abdecken mit einer Membran.
  • Abb. 7: Transversale Schichtung des ortständigen Knochens im DVT vor Anbringen der allogenen Knochenblöcke. Die Darstellung zeigt die reduzierte Restknochenhöhe und die Knochenkontaktfläche, die zur Reorganisation der Blöcke zur Verfügung steht. Obere Reihe: regio 12-14-16, untere Reihe: regio 22-24-26.
    © Dr. Manfred Nilius
  • Abb. 8: Bild aus OP-Video: Einbringen der Knochenblöcke (links) und Abdecken mit einer Membran.
    © Dr. Manfred Nilius

  • Abb. 9: Bild aus OP-Video: Modellation der Knochenblöcke.
  • Abb. 10: Bild aus OP-Video: Einbringen, Modellieren und Speisen von allogenen Knochenpartikeln zur Knochenglättung.
  • Abb. 9: Bild aus OP-Video: Modellation der Knochenblöcke.
    © Dr. Manfred Nilius
  • Abb. 10: Bild aus OP-Video: Einbringen, Modellieren und Speisen von allogenen Knochenpartikeln zur Knochenglättung.
    © Dr. Manfred Nilius

  • Abb. 11: Bild aus OP-Video: Schutz der Knochenblöcke mit Membran (rechts) und PRGF (links).
  • Abb. 11: Bild aus OP-Video: Schutz der Knochenblöcke mit Membran (rechts) und PRGF (links).
    © Dr. Manfred Nilius

Gesteuerte Knochenregeneration

  • Abb. 12: Radiologische Kontrollaufnahme nach Fixierung der allogenen Knochenblöcke im Oberkiefer.

  • Abb. 12: Radiologische Kontrollaufnahme nach Fixierung der allogenen Knochenblöcke im Oberkiefer.
    © Dr. Manfred Nilius
Die fixierten Blöcke wurden mit einer Barrieremembran (Jason- Membrane, Botiss) und PRGF (beschrieben von Anitua et al.) vollständig abgedeckt, um die Migration von schnell proliferierenden Fibroblasten und Epithelzellen in den Knochenblock zu verhindern und Platz für eine kontrollierte Knochenregeneration freizuhalten. Das Operationsareal ist spannungsfrei und speicheldicht verschlossen worden (Abb. 12). Ein spannungsfreier Wundverschluss (z. B. „loop“ oder „pulley“ vertical mattress suture) trägt dazu bei, das Risiko für Komplikationen (z. B. Dehiszenzen) zu reduzieren.

Die trabekuläre Struktur des spongiösen allogenen Knochens erlaubt eine vergleichsweise schnelle Revaskularisierung. Dem Patienten wurde eine Prothesenkarenz angeordnet, was im Vorfeld mit ihm besprochen worden war. Die ersten Wochen der Einheilphase verliefen komplikationslos. Der Knochenblock aus mineralisiertem Kollagen lieferte eine stabile, osteokonduktive Leitstruktur für die Revaskularisierung und Osteoblastenmigration.

Einheilphase und Re-Entry

  • Abb. 13: Sechs Wochen später: Exponierter Knochen in regio 27 und 21. Die unbewegliche Gaumenschleimhaut ist gestaucht.

  • Abb. 13: Sechs Wochen später: Exponierter Knochen in regio 27 und 21. Die unbewegliche Gaumenschleimhaut ist gestaucht.
    © Dr. Manfred Nilius
Nach zirka sechs Wochen zeigte sich in regio 27 und im anterioren Bereich 21 exponierter Knochen durch die Mukosa hindurch (mögliche Gründe: Zug oder Kontraktion des Weichgewebes) (Abb. 13). Nach bisherigen Erfahrungen des Autors exponiert das Augmentat an den Enden oder Ecken. Zudem resorbiert an diesen Stellen durch resorptive Umbauprozesse die eingelegte Membran schneller. Normalerweise wird in einer solchen Situation zum Entfernen des Blockes geraten. In diesem Fall wurden die Bereiche großzügig abgetragen. Zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verfügbar, gibt es heute nicht-resorbierbare Membranen, die zu 100 % aus dichtem Polytetrafluorethylen (PTFE) bestehen. Empfehlenswert ist darüber hinaus der Einsatz von titanverstärkten PTFE-Membranen, was auch für die weiterführende implantatprothetische Planung Vorteile hat (siehe auch Diskussion). Aufgrund der geringen Porengröße stellt eine solche Membran eine effiziente Barriere gegen bakterielle und zelluläre Penetration dar und könnte das Risiko für solche Komplikationen (Dehiszenz des Weichgewebes) reduzieren. Die Membranen können über einen längeren Zeitraum freiliegen. Zwar ist dies nicht vergleichbar mit einem vollständig ausgereiften keratinisierten Weichgewebe, aber es bietet sich so eine Art Barriere als Schutz für den Knochenblock.

  • Abb. 14: Bild aus OP-Video: Membran und palatinaler Split-flap mit vestibulärem Stauchungslappen.

  • Abb. 14: Bild aus OP-Video: Membran und palatinaler Split-flap mit vestibulärem Stauchungslappen.
    © Dr. Manfred Nilius
Wichtig für den Erfolg einer solchen Behandlung ist nicht nur die knöcherne Fixierung des Transplantates, sondern auch die Weichgewebedeckung. Auf Abbildung 13 ist die Positionierung der Knochenblöcke gut erkennbar. Die Transplantate sind hier nur von der beweglichen Mukosa abgedeckt. Die feste, unbewegliche Gaumenschleimhaut ist in der Mitte des Gaumenbereichs gestaucht. Mit geschicktem Weichgewebemanagement (Split-flap) kann der Gaumenbereich über ein Dehnen der Gaumenschleimhaut rekonstruiert werden (Abb. 14). In diesem Fall wurde der Mukoperiostlappen bzw. die dicke Gaumenschleimhaut von der Mitte umgeschwenkt und vernäht. Wichtig ist die Spannungsfreiheit des Lappens im Nahtbereich. Dies kann mit Haltenähten in Form einer Matratzennaht realisiert werden. Einige Monate nach Blockinsertion zeigte sich wieder eine keratinisierte feste Schleimhaut im Gaumenbereich.

Implantattherapie: Kurze Implantate als Ausweg

  • Abb. 15 und 16: Implantatplanung von sechs kurzen Implantaten (SICmax, SIC invent).

  • Abb. 15 und 16: Implantatplanung von sechs kurzen Implantaten (SICmax, SIC invent).
    © Dr. Manfred Nilius
Prinzipiell kann auf Grundlage der Blockplanung (3D-Bonebuilder) eine Implantationsschablone gefertigt werden. Knochenresorptionen und Resilienzverschiebungen bleiben dabei jedoch unberücksichtigt. Daher wurde auf der Grundlage einer aktuellen DVT (sechs Monate post insertionem) eine digitale Implantationsplanung nach dem SMOP-Verfahren (Smop, swissmeda, CH-Baar) vorgenommen (Abb. 15 und 16). Die Visualisierung des Knochens war aufgrund der noch nicht vollständigen Vaskularisierung nicht ideal. Um dies zu verbessern, sollte das Transplantat im Vorfeld mit einer röntgenopaken Titan-Mesh-Membran bzw. einem dünnen Mantel aus röntgenopakem Knochenersatzmaterial gedeckt werden. Alternativ kann die Houndsfield-Einheit selektiert auf Werte von 200 bis 400 eingestellt werden, wodurch der rekonstruierte Knochen relativ gut sichtbar wird.

Die Implantatpositionierung war eine Herausforderung. Die Knochenblöcke haben eine durchschnittliche Höhe von 1 cm. Normalerweise wird versucht, die Implantate so zu inserieren, dass der unter dem Transplantat befindliche, ortsständige Knochen eingebunden wird. Aufgrund der relativ lockeren Verbindung des Transplantates mit dem Knochen bestand die Gefahr eines Abhebens des Knochenblockes bei der Insertion. Zudem müssen die unvermeidbaren Resorptionen am allogenen Block – vergleichbar mit natürlichem Knochen – bedacht werden, die nach Erfahrung des Autors zirka 10 bis 15 Prozent betragen [Nilius, M. in process]. Dieser Verlust ist bei der Überlegung zum Implantatsystem einzubeziehen.

Kurze Implantate

  • Abb. 17: Das SICmax als kurzes Implantat. Aufgrund der speziellen Struktur – krestaler Microthread – eignet sich das Implantat sehr gut für D2-D4 Knochendichte.

  • Abb. 17: Das SICmax als kurzes Implantat. Aufgrund der speziellen Struktur – krestaler Microthread – eignet sich das Implantat sehr gut für D2-D4 Knochendichte.
    © Dr. Manfred Nilius
Kurze Implantate bieten einen Ausweg. Verwendet wurde das SICmax Implantatsystem (SIC invent, Basel), das auch als kurzes Implantat verfügbar ist (Abb. 17). Das Implantat verfügt über eine spezielle Struktur. Der krestale Microthread ist sehr gut für D2-D4 Knochendichte geeignet und komprimiert das Implantat im rekonstruierten Knochen. In Kombination mit augmentativen Maßnahmen ist das SICmax gut geeignet. Gewählt wurde ein Implantat mit 7,5 mm Länge. Es wurden sechs Implantate beidseits in den posterioren Bereich des Oberkiefers schablonengeführt inseriert. Während der Einheilzeit kam es zum Implantatverlust regio 27, also dem Bereich, an dem das Knochenblocktransplantat durch die Mukosa hindurch exponierte und lediglich abgetragen worden war. Das Implantat konnte zwar sicher im Rest-Knochenblock fixiert werden, ging jedoch verloren, da der Block Bindegewebe alteriert war (Abb. 18). Als Suprakonstruktion wurde ein Steg CAD/CAM-gestützt gefertigt und eine Deckprothese hergestellt (Abb. 19). Die Situation ist bis zum heutigen Zeitpunkt stabil und der Patient im vierten Jahr des Recalls zufrieden mit seinem festen Zahnersatz.
  • Abb. 18: Röntgenkontrolle nach Insertion von sechs kurzen Implantaten (SICmax).
  • Abb. 19: Röntgenkontrolle nach Einsetzen der Suprakonstruktion (Cover-Denture).
  • Abb. 18: Röntgenkontrolle nach Insertion von sechs kurzen Implantaten (SICmax).
    © Dr. Manfred Nilius
  • Abb. 19: Röntgenkontrolle nach Einsetzen der Suprakonstruktion (Cover-Denture).
    © Dr. Manfred Nilius

  • Abb. 20: Steg in situ bei einer Kontrolluntersuchung nach 12 Monaten. Optimale Weichgewebesituation am Gaumendach.
  • Abb. 20: Steg in situ bei einer Kontrolluntersuchung nach 12 Monaten. Optimale Weichgewebesituation am Gaumendach.
    © Dr. Manfred Nilius

Studienlage und Diskussion

CAD/CAM-gestützte, individuell auf die Defektsituation angefertigte Blockaugmentate aus allogenem Material werden vom Autoren seit dem Jahr 2007 eingesetzt.

Die Wirksamkeit prozessierter Allografts erfolgt vergleichbar zum autogenen/autologen Knochentransplantat. Allerdings sind prozessierte Allografts den Knochenersatzmaterialien (KME) zuzuordnen, weshalb ein Vergleich mit anderen Knochenersatzmaterialien xenogenen oder synthetischen Ursprungs sinnvoll ist. Tierexperimentelle Untersuchungen sind für Allografts eingeschränkt, da die humanen prozessierten Knochenersatzmaterialien im Tier als xenogenes Transplantat zu werten sind (i. d. R. immunologische Reaktionen durch verbliebene Kollagene) [5]. Eine Studie von Schmitt et. al. vergleicht verschiedene KMEs [6]. Bei der Sinusbodenelevation unterschieden sich die Knochenneubildungsraten nach der Augmentation mit allogenem Material (35,4 ± 2,8 %) und mit Eigenknochen (42,7 ± 2,1%) nicht signifikant. Im Vergleich zu anderen Knochenersatzmaterialien waren beide Augmentationsvarianten einer bovinen demineralisierten Knochenmatrix (24,9 ± 5,67 %) überlegen. Gegenüber einem biphasischen synthetischen Knochenersatzmaterial (30,3 ± 2,2 %) zeigte der Eigenknochen ebenfalls höhere Knochenneubildungsraten. Die Überlegenheit von mineralisierten Allografts gegenüber einer deproteinierten xenogenen Knochenmatrix bestätigt eine Untersuchung von Froum et. al. [3]. 26 bis 32 Wochen nach der Sinusbodenelevation zeigten sich deutliche Unterschiede bei den Knochenneubildungsraten von 28,3 % (Allograft) zu 12,4 % (Xenograft). Auch der Restanteil an nicht vitalisiertem Knochenersatzmaterial war mit 7,7 % versus 33,0 % aufseiten der Allografts besser. Das Autorenteam Lezzi et. al. schlussfolgert, dass aufgrund der ausbleibenden Entnahmemorbidität und der geringeren Invasivität den Alloblöcken der Vorzug gegeben werden sollte [4]. In ihrer Untersuchung fanden sich für die Sandwich-Osteotomien des lateralen Unterkiefers bei 19 Patienten keine nennenswerten Unterschiede zwischen entzellularisierten Alloblöcken (30,6 ± 3,7 %) und autogenen Kinnblöcken (31,47 ± 2,2 %). Im Vergleich zwischen Sandwich- Osteotomien und Onlay-Augmentationen mit allogenen Knochenblöcken zeigte eine weitere Untersuchung eine höhere Dehiszenzrate für die Auflagerungsplastik. Bei komplikationsloser Wundheilung kann ein 2 mm höheres vertikales Augmentationsergebnis nach sieben Monaten bei der Auflagerungsplastik erzielt werden. Dies bestätigen positive Einzelfallberichte [9-12].

Aufbereitung und Sicherheit

Bei einer Risikobewertung von mineralisierten prozessierten Allografts (MPBA) ist zwischen den Aufbereitungsverfahren des Ursprungsmaterials zu unterscheiden. Die hohen Standards, die von den Herstellern eingehalten werden müssen, bieten Sicherheit gegenüber dem Patienten. Die industrielle Aufbereitung der Materialien hat das Ziel, allergene und infektiöse Anteile zu eliminieren. Es werden chemische Verfahren eingesetzt, z. B. Peressigsäure-Ethanol-Behandlung und die Thermodesinfektion (Beseitigung potenziell infektiöser Agenzien), Lyophilisation, osmotische Behandlungen mit Salzlösungen, die Behandlung mit Aceton und Sauerstoff (Entfernung zellulärer Bestandteile und Fette) und die Gamma- Sterilisierung. Durch die Aufbereitung werden Risiken (z. B. Infektionsübertragung, Antigenität) signifikant reduziert. Für MPBA sind keine vergleichbaren immunologischen Reaktionen nachgewiesen, wenngleich Fretwurst et al. in einer Untersuchung bei verschiedenen mineralisierten dezellularisierten Allografts (MPBA) in Blockform innerhalb der Matrixstruktur vereinzelt Zellreste und DNA-Anteile gefunden haben [2].

Fazit

Der vorgestellte Fall zeigt die Möglichkeiten einer kompletten absoluten Kieferkammerhöhung mit allogenen Blöcken. Der Umfang der knochenaufbauenden Maßnahmen im vorgestellten Patientenfall ist in dieser Art bisher nur selten vorgenommen worden. Die Verwendung patientenspezifischer allogener Knochenblöcke hat viele Vorteile gegenüber autologen Knochenblöcken, z. B. keine Entnahmestelle und verkürzte Operationszeit. Zudem spricht die genaue Passform von gefrästen Blöcken besonders bei komplexen Defekten für das Vorgehen. Grundsätzlich ist der Erfolg einer solchen Therapie von vielen Faktoren abhängig. Wichtig ist nicht nur die knöcherne Fixierung des allogenen Transplantates, sondern die Weichgewebedeckung. Diese besteht bei der Erstoperation zunächst in einer Dehnung und spannungsfreien Adaptation der mukogingivalen Reserven mit Unterstützung einer Membran bzw. geschützten Abdeckung des Augmentates. Ist dieses Ziel erreicht, besteht das sekundäre Ziel in einer Verdickung und Optimierung der Implantat umgebenden Weichgewebestruktur. Nur so kann nach der Einheilung ein Langzeiterfolg erzielt werden. Zudem muss nach Einheilung der Transplantate wohlüberlegt das passende Implantatsystem gewählt werden, um die knochenaufbauenden Maßnahmen nicht zu gefährden. Hier bieten kurze Implantate (SICmax kurze Implantate, SIC invent oder vergleichbare) eine gute Alternative und in vielen Situationen den Ausweg. Das Implantat verfügt über eine spezielle Struktur. Der krestale Microthread ist sehr gut für D2-D4 Knochendichte geeignet und komprimiert das Implantat auch im rekonstruierten Knochen.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Dr. Manfred Nilius


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