Histologische, histomorphometrische und klinische Analyse des Einflusses der Einheilzeit eines synthetischen Knochenersatzmaterials bei der Sinusbodenaugmentation

Ziel der vorliegenden Studie war es, die Gewebsreaktion sowie die Knochenneubildung bei Sinusbodenaugmentation mit einem synthetischen nanokristallinen Knochenersatzmaterial nach einer Integrationsphase von drei und sechs Monaten zu bestimmen.
Die Augmentation des subantralen Raumes (Sinusbodenaugmentation, Sinuslift) hat sich als eine wichtige und verlässliche Methode etabliert, um im stark atrophierten Oberkieferseitenzahnbereich das lokale Knochenangebot zu erhöhen und folglich eine Insertion dentaler Implantate zu ermöglichen. Seit der erstmaligen Beschreibung der Sinusbodenaugmentation wurden neben verschiedenen Modifikationen der chirurgischen Vorgehensweise auch zahlreiche Variationen im Bereich des Augmentationsmaterials in der Literatur beschrieben [1-3].
Wenngleich ein systematisches Review zeigen konnte, dass autologer Knochen als Augmentationsmaterial bei Sinusbodenaugmentation keine höheren Erfolgsraten als Knochenersatzmaterialien erzielt, gilt autologer Knochen im Allgemeinen nach wie vor als das Augmentationsmaterial der Wahl [3]. Die osteoinduktiven, osteokonduktiven und osteogenen Eigenschaften des körpereigenen Knochens sowie seine immunologische Unbedenklichkeit sind schlagende Argumente für die Entnahme und Transplantation körpereigenen Knochens [4]. Bei allen Vorteilen geht die Verwendung körpereigenen Knochens zur Augmentation allerdings auch mit deutlichen Nachteilen einher. Die limitierte Verfügbarkeit, die Schaffung eines zweiten Operationsgebietes einhergehend mit der Gefahr einer Morbidität in diesem Bereich sowie die vermehrte Resorptionsrate erhöhen die Nachfrage nach Knochenersatzmaterialien [5,6]. Allogene und xenogene Knochenersatzmaterialien mit Ausgangsmaterialien von humanen Lebend- oder Totspendern sowie Tieren verschiedener Arten wurden in den letzten Jahren entwickelt und ausführlich untersucht und dokumentiert [7]. So konnten im Falle der Sinusbodenaugmentation sogar höhere Implantaterfolgsraten für Augmentationen mit xenogenen Knochenersatzmaterialien als mit autologem Knochen nachgewiesen werden [3, 8, 9, 10]. Die reduzierte biologische Fähigkeit und fehlende Osteoinduktivität allogener und xenogener Knochenersatzmaterialien sind auf die ausgiebigen Prozessierungsschritte wie Lyophilisation, Bestrahlung oder Gefriertrocknung zurückzuführen, welche nötig sind, um zelluläre Bestandteile des Ausgangsmaterials zu entfernen und immunologische Komplikationen wie Krankheitsübertragungen auszuschließen.
Neben allogenen und xenogenen Knochenersatzmaterialien ist eine Vielzahl an synthetischen Knochenersatzmaterialien verfügbar. Diese hauptsächlich auf alpha- und beta-Tricalciumphosphaten (alpha-alpha- und beta-TCP), biphasischen Calcium-Phosphat-Keramiken und Hydroxylapatit (HA) basierenden Biomaterialien haben sich als verlässliche Alternativen zu autologem Knochen sowie allogenen und xenogenen Knochenersatzmaterialien bewährt. Durch ihren Einsatz werden einerseits die bereits genannten Nachteile von autologem Knochen, als auch die immunologischen Bedenken bei allogenen und xenogenen Knochenersatzmaterialien, umgangen [11-13]. Das in der vorliegenden Studie untersuchte vollsynthetische Knochenersatzmaterial NanoBone® (Artoss, Rostock) basiert auf einer Kombination aus nanokristallinen HA-Partikeln, welche in einer Matrix aus hochporösem Siliziumgel eingebettet sind. Dabei dienen die HA-Partikel als osteokonduktive Leitstruktur, während die Siliziumkomponente die Bildung von Bindegewebe, die Osteoblastenproliferation sowie die Knochenmineralisation und -kalzifizierung begünstigt. Die Kombination dieser verschiedenen Stoffklassen führt zu zahlreichen geöffneten SiOH- oder SiO-Bindungsstellen, einer sehr großen internen Oberfläche und einer erhöhten Porosität [14-19]. Unsere Arbeitsgruppe konnte in den letzten Jahren die klinische Eignung des HA-basierten Knochenersatzmaterials NB in verschiedenen in-vivo und klinischen Studien beweisen.
So zeigte das Biomaterial bei der subkutanen Implantation in Ratten einen nahezu kompletten Abbau des Materials nach sechs Monaten bei einer guten Biokompatibilität und Induktion von mehrkernigen Riesenzellen [20]. Bei der Implantation in Muskelgewebe von Ziegen zeigte sich ebenfalls der Abbau des Knochenersatzmaterials durch TRAP-positive und TRAP-negative mehrkernige Riesenzellen [21]. In beiden Studien konnte aufgrund der Implantation in ektopes Gewebe keine Knochenbildung beobachtet werden. In zwei klinischen Studien, in welchen das Knochenersatzmaterial bei Sinusbodenaugmentationen in einem gesunden Patientenkollektiv und in einem Kollektiv von Patienten mit Tumoren des Kopf- und Halsbereichs untersucht wurden, zeigte sich die Bildung neuen körpereigenen Knochens, ausgehend vom das Augmentat umgebenden Residualknochen. Auch in dieser Untersuchung konnte der Abbau des Knochenersatzmaterials durch die Präsenz TRAP-positiver und TRAP-negativer mehrkerniger Riesenzellen bestätigt werden [22, 23].
Wenngleich die Sinusbodenaugmentation zu einer der am besten dokumentierten Augmentationstechniken zählt, so existiert doch kein klarer Konsens über die Einheilphase des Augmentats. Abhängig vom Angebot an Residualknochen und damit verbunden der Möglichkeit der primärstabilen Implantatinsertion werden die simultane Augmentation und Implantation oder ein zweizeitiges Vorgehen mit einer Einheilzeit des Augmentats von 6 Monaten beschrieben [3, 24, 25].
Ziel der vorliegenden Studie war es, die Gewebsreaktion auf das nanokristalline Knochenersatzmaterial histologisch, histomorphometrisch und klinisch zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden simultan mit der Insertion dentaler Implantate nach drei- bzw. sechsmonatiger Einheilphase Biopsien aus dem Augmentationsgebiet entnommen (n = 14 Patienten; je 7 Patienten nach dreiund sechsmonatiger Einheilphase). Zudem wurden die Implantate nach einer Belastungszeit von drei Jahren klinisch und radiologisch nachuntersucht, um einen möglichen Einfluss der Einheilzeit des Augmentats auf das Implantatüberleben und den Implantaterfolg zu bestimmen.
Material und Methoden
NanoBone ist ein vollkommen synthetisches Knochenersatzmaterial bestehend aus Hydroxylapatitkristallen mit einer durchschnittlichen Größe von 60 nm, welche eingebettet sind in eine Matrix aus Silizium Gel. Bei der Herstellung wird ein Sol- Gel Verfahren mit Temperaturen von unter 700 °C angewendet, das ein Sintern der HA-Partikel vermeidet. Die HA-Partikel gehen Bindungen mit den offenen Bindungsstellen der SiO2-Moleküle ein, wodurch ein nanoporöses Knochenersatzmaterial mit einer Oberfläche von bis zu 84 m2/g, einer Porosität von 60 - 80 % und einer Porengröße von 5 bis 50 nm entsteht [15, 16].
Studiendesign
In die vorliegende klinisch-histologische Studie wurden insgesamt 14 komplett oder teilweise zahnlose Patienten (acht Frauen, sechs Männer) mit einem Knochenangebot im Oberkieferseitenzahnbereich von weniger als 5 mm der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universitätsklinik Frankfurt am Main eingeschlossen. Teilnehmende Patienten hatten ein durchschnittliches Alter von 64 (52-79) Jahren. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt genehmigt und nach den Richtlinien der fünften Revision der World Medical Association Declaration aus dem Jahr 2000 durchgeführt. Alle teilnehmenden Patienten gaben ihr schriftliches Einverständnis an der Studie teilzunehmen. Alle Patienten erhielten Sinusbodenaugmentationen mit dem synthetischen Knochenersatzmaterial NanoBone® im Sinne eines externen Sinuslift, bei dem das Knochenersatzmaterial in die Kieferhöhle unter die zuvor angehobene Kieferhöhlenschleimhaut eingebracht wurde, um so das lokale Knochenangebot im Oberkieferseitenzahnbereich zu erhöhen. In einem zweiten Eingriff wurden nach randomisierter Entscheidung bei sieben Patienten nach drei Monaten und bei sieben Patienten nach sechs Monaten Einheilzeit des Knochenersatzmaterials CAMLOG® Screw Line Implantate (CAMLOG Biotechnologies, Wimsheim) inseriert. Simultan mit der Implantatinsertion wurde pro Patient mit Hilfe eines Trepanbohrers (Durchmesser 3 mm) eine Biopsie aus dem Augmentationsgebiet zur histologischen und histomorphometrischen Untersuchung entnommen. Insgesamt wurden 32 Implantate mit Durchmesser 4,3 oder 5 mm und einer Länge von 11 mm inseriert.
Histologische und histomorphometrische Untersuchung
Zur Untersuchung der Gewebsreaktion auf das synthetische Knochenersatzmaterial wurden insgesamt 14 Biopsien (7 nach drei und 7 nach 6 Monaten Integrationsphase) der augmentierten Regionen aufbereitet und histologisch und histomorphometrisch untersucht. Nach Fixierung in Formalin, Dekalzifizierung in Tris-buffered EDTA folgte Dehydratation Xylol. Anschließend wurden die Proben in Paraffin eingebettet und in Schichten von 4 µm Dicke geschnitten und wie folgt angefärbt: Der erste und zweite Schnitt wurden mit Hematoxylin und Eosin und Masson-Goldner’s Trichrom gefärbt und mit Weigert’s iron hematoxylin gegengefärbt. Der dritte Schnitt wurde zum Nachweis von Osteoklasten histochemisch mit Tartrat-resistenter saurer Phosphatase (TRAP) eingefärbt [20-23].
Die bearbeiteten Schnitte wurden histopathologisch nach bereits beschriebener Methodik ausgewertet [20-23]. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Wechselwirkung von Biomaterial und periimplantärem Gewebe und der Ausbildung einer möglichen Entzündungsreaktion gelegt. Zusätzlich wurde eine quantitative histomorphometrische Untersuchung durchgeführt, mit welcher die Anzahl und der prozentuale Anteil an Gefäßen, die Anzahl TRAP-positiver und -negativer mehrkerniger Riesenzellen, sowie der prozentuale Anteil an neu gebildetem Knochen, Bindegewebe und verbliebenem Knochenersatzmaterial im Augmentationsgebiet bestimmt wurde [20-23].
Klinische Nachuntersuchung der Implantate
Drei Jahre nach Implantatinsertion wurden die im Augmentationsgebiet inserierten Implantate klinisch und radiologisch nachuntersucht, um einen möglichen Einfluss der Einheilzeit auf die Implantatstabilität und den Implantaterfolg zu bestimmen. Folgende Parameter wurden klinisch und radiologisch bestimmt: Implantatüberleben, Periotest®-Wert (Medizintechnik Gulden, Modautal); Bleeding on Probing (BOP), Plaqueakkumulation, gingivale Rezession, periimplantäre Osteolyse und periimplantärer Knochenabbau (Abb. 1).
Statistik
Die quantitativ erhobenen Daten wurden hinsichtlich Standardabweichung (+/-) und Signifikanz mit Hilfe der SPSS 16.0.1 Software (SPSS Inc., Chicago, IL, USA) untersucht. Unterschiede zwischen den beiden Gruppen wurden als signifikant bezeichnet bei einem P-Wert kleiner 0,5. Graphen wurden mit Hilfe der SigmaPlot 11.0 Software (SigmaPlot, Systat Software Inc., Erkrath, Deutschland) erstellt.
Ergebnisse – Gewebsreaktion nach drei Monaten
Die Analyse der Biopsien, die 90 Tage nach Augmentation entnommen wurden, zeigt eine gute Integration des Knochenersatzmaterials in das periimplantäre Gewebe, sowie neu gebildeten trabekulären Knochen sowohl in den kaudalen und mittleren als auch teilweise in den kranialen Bereichen der Biopsien (Abb. 2). TRAP-positive und -negative mehrkernige Riesenzellen, welche dem Bindegewebe im Augmentationsbett entstammen, finden sich auf der Oberfläche der Knochenersatzmaterialpartikel.
Die histomorphometrische Untersuchung der Biopsien ergab eine prozentuale Gewebsverteilung im Implantationsgebiet von 24,89 +/- 10,22 % neu gebildetem Knochen, 45,81 +/- 20,52 % Bindegewebe und 29,28 +/- 12,24 % verbliebenem Knochenersatzmaterial (Abb. 4A). Des Weiteren waren die Gesamtmenge sowie die Menge an TRAP-positiven mehrkernigen Riesenzellen (Anzahl an Zellen pro mm2) und die Gefäßdichte (Anzahl an Gefäßen pro mm2) im Implantationsgebiet signifikant höher als im ortsständigen Knochen (p < 0.01) (Abb. 4B). Hingegen war die Anzahl an TRAP-negativen mehrkernigen Riesenzellen im Augmentationsgebiet signifikant niedriger als im Residualknochen (p < 0.01) (Abb. 4B).
Ergebnisse – Gewebsreaktion nach sechs Monaten
180 Tage nach der Augmentation zeigten die Knochenersatzmaterialpartikel eine gute Integration in neu gebildetes Knochen- und Bindegewebe. Dabei konnte in allen Bereichen der Biopsien neu gebildeter Knochen sowie TRAP-positive und -negative mehrkernige Riesenzellen festgestellt werden (Abb. 3A-C).
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Abb. 3: Die Integration des Knochenersatzmaterials NanoBone sechs Monate nach der Augmentation. K: Knochenneubildung; Pfeilspitzen: TRAP-positive mehrkernige Riesenzellen 0 ?m); BG: Bindegewebe; RK: Residualknochen.
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Abb. 4: Die Ergebnisse der histomorphometrischen Untersuchung der Gewebsverteilung innerhalb des Implantationsbettes: Knochen (Bone), Bindegewebe (Connective tissue), verbliebenes Knochenersatzmaterial (NanoBone), Menge an Gefäßen (Vessel number), TRAP-positiven (TRAP(+)) und -negativen (TRAP(-)) mehrkernigen Riesenzellen, sowie die Gesamtmenge an mehrkernigen Riesenzellen (Multinucleated giant cells) im Augmentationsbett sowie im Residualkochen (Residual bone vs. Augmented fraction) nach drei und sechs Monaten (Signifikanz: *p < 0.05; **p < 0.01).
Die histomorphometrische Analyse der prozentualen Gewebsverteilung ergab 31,29 +/- 2,29 % neu gebildeten Knochen, 51,97 +/- 3,59 % Bindegewebe und 16,74 +/- 1,72 % verbliebenes Knochenersatzmaterial. Bezüglich der Gefäßdichte und der Gesamtmenge an mehrkernigen Riesenzellen sowie der Menge an TRAP-positiven Riesenzellen konnten im Augmentationsgebiet signifikant höhere Werte als im Residualknochen nachgewiesen werden (p < 0.01) (Abb. 4C). Wie auch in der 3-Monats-Gruppe war die Anzahl der TRAP-negativen mehrkernigen Riesenzellen im Augmentationsgebiet signifikant geringer als im Residualknochen (p < 0.01) (Abb. 4C).
Ein Vergleich der Gewebsverteilung der 3- und 6-Monats-Gruppe zeigte einen statistisch signifikant reduzierten Anteil an verbliebenem Knochenersatzmaterial in der 6-Monats-Gruppe (29,28 +/- 12,24 % vs. 16,74 +/- 1,72 %; p > .05) (Abb. 4D). Jedoch konnte kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Knochenneubildung oder des Anteils von Bindegewebe zwischen den beiden Gruppen nachgewiesen werden.
Klinische Ergebnisse der Implantat- Nachuntersuchung
Um einen möglichen Einfluss der Einheilungsphase des Knochenersatzmaterials nach Sinusbodenaugmentation auf das Implantatüberleben und den Implantaterfolg zu bestimmen, wurden die inserierten Implantate nach einer Follow-up Dauer von drei Jahren klinisch und radiologisch untersucht.
Insgesamt wurden bei 14 Patienten 33 Implantate inseriert. Von diesen 14 Patienten waren 12 Patienten mit insgesamt 30 Implantaten, von denen 24 im augmentierten Bereich inseriert wurden, bereit an der Nachuntersuchung teilzunehmen. Von diesen 24 Implantaten waren 17 Implantate nach 3 Monaten Einheilphase und 7 Implantate nach 6 Monaten Einheilphase inseriert worden (Abb. 5).
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Abb. 5: Patientenalter, Zuordnung zur Studiengruppe, Anzahl und Lokalisation der Implantate und Art der prothetischen Versorgung (f.p.=festsitzende Prothetik, h.p.=herausnehmbare Prothetik).
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Abb. 6: Die Ergebnisse der klinischen und radiologischen 3-Jahres Nachuntersuchung, der im Augmentationsgebiet inserierten Implantate entsprechend den Untersuchungsparametern (+ = positiv/vorhanden; - = negativ/nicht vorhanden).
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung, drei Jahre nach Implantation, waren 23 der 24 Implantate in situ und für die prothetische Versorgung nutzbar. Ein Implantat der 3-Monats-Gruppe war ein Jahr nach Insertion verloren gegangen. Somit beträgt die Implantatüberlebensrate für alle inserierten Implantate 95,8 % und für die 3 Monats-Gruppe 94,1 % (Abb. 6).
Die Periotest Werte aller 23 sich zum Nachuntersuchungszeitpunkt in situ befindlichen Implantate lagen zwischen 0 und -8 (Durchschnitt: -2,74), mit nur geringen Unterschieden zwischen beiden Gruppen (3-Monats-Gruppe: -2,94; 6-Monats-Gruppe: -2,29 (Abb. 6). In beiden Gruppen konnte radiologisch keine periimplantäre Osteolyse nachgewiesen werden und das marginale Knochenniveau erreichte bei allen Implantaten die Implantatschulter.
Beim Abstreichen der marginalen Gingiva war bei 6 der 23 Implantate eine Blutung festzustellen (BOP: 26,1 %). Eine Plaqueakkumulation im koronalen Drittel der Implantatsuprakonstruktion war bei 5 Implantaten vorhanden (21,7 %), mit einer deutlichen Korrelation zu den Implantaten mit positivem BOP. Es konnte kein Unterschied hinsichtlich BOP oder Plaqueakkumulation zwischen der 3- und 6-Monatsgruppe gezeigt werden (3-Monatsgruppe: BOP bei 4 Implantaten, Plaque bei 3 Implantaten; 6-Monatsgruppe: BOP bei 2 Implantaten, Plaque bei 2 Implantaten (Abb. 6).
Rezessionen der marginalen Gingiva waren bei 3 Implantaten bei einem Patienten der 3-Monatsgruppe zu beobachten (13,0 %). Hier war ebenfalls BOP und Plaqueakkumulation positiv (Abb. 6).
Abbildung 7 bis 10 zeigen Röntgenaufnahmen und klinische Aufnahmen.
Diskussion
Ziel der vorliegenden Studie war es, die Gewebsreaktion auf das synthetische Knochenersatzmaterial NanoBone® drei und sechs Monate nach Sinusbodenaugmentation mit Hilfe histologischer und histomorphometrischer Untersuchungen zu bestimmen. Drei Monate nach Augmentation zeigte das synthetische Knochenersatzmaterial eine gute Integration in den humanen Organismus mit Knochenneubildung im kaudalen und mittleren, sowie teilweise im kranialen Drittel der untersuchten Biopsien. Sechs Monate nach der Augmentation konnte in allen Bereichen der Biopsien Knochenneubildung beobachtet werden. Diese Beobachtungen unterstreichen die osteokonduktive Fähigkeit des Knochenersatzmaterials sowie eine zumindest teilweise Abhängigkeit der Knochenneubildung von der Integrationszeit. Diese Erkenntnis konnte durch die histomorphometrische Untersuchung bestätigt werden, wenngleich die Unterschiede der Knochenneubildung zwischen beiden Gruppen nicht signifikant war. Zudem ergab die histomorphometrische Untersuchung eine signifikant erhöhte Vaskularisation des Implantationsbettes verglichen mit der Vaskularisation des Residualknochens, was darauf schließen lässt, dass eine suffiziente Blutversorgung die Grundvoraussetzung für eine Knochenregeneration darstellt. Des Weiteren ist eine im Vergleich zum Residualknochen signifikant erhöhte Präsenz von mehrkernigen Riesenzellen durch die erhöhte Vaskularisierung zu erklären. Diese auch „osteoklastenähnliche Zellen“ genannten Zellen scheinen bei der Knochenersatzmaterialdegradation eine Rolle zu spielen und wurden schon in vorangegangenen klinischen Studien beschrieben [22]. Ein Vergleich des Anteils an verbliebenem Knochenersatzmaterial zu den beiden Untersuchungszeitpunkten zeigt, dass nach sechs Monaten signifikant weniger Knochenersatzmaterial vorhanden ist, woraus zu schließen ist, dass das Material einem kontinuierlichen Abbau unterliegt. In einer in-vivo Studie konnte zu verschiedenen Untersuchungszeitpunkten nach der Implantation von NanoBone in das subkutane Gewebe von Ratten gezeigt werden, dass das Material einer Art zellulären Resorption unterliegt [20]. Die vorliegende Studie konnte zudem zeigen, dass die signifikant geringere Menge an Knochenersatzmaterial nach sechs Monaten dabei nicht zwingend mit einer vermehrten Knochenneubildung einhergeht, da diese keinen signifikanten Unterschied in beiden Gruppen zeigte (24,89 +/- 10,22 % nach drei Monaten und 31,29 +/- 2,29% nach sechs Monaten).
Klinische Studien, in welchen Sinusbodenaugmentationen mit synthetischen Knochenersatzmaterialien durchgeführt und histologisch untersucht wurden, zeigten nach 6 bis 8 Monaten Integrationsphase Knochenneubildungsraten von 20 % bei Augmentation mit ß-TCP-basiertem Knochenersatzmaterial und 27 % bei Augmentation mit biphasischem calciumphosphatbasiertem Knochenersatzmaterial [26, 27]. In der vorliegenden Untersuchung konnte bereits 90 Tage nach Augmentation eine vergleichbare Knochenneubildungsrate von etwa 25 % erzielt werden. In einer ähnlichen Studie untersuchte die Arbeitsgruppe um Canullo und Kollegen die Knochenneubildung bei Sinusbodenaugmentation mit NanoBone nach drei Monaten und erreichten eine Knochenneubildung von 20 %, welche in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie ist [28]. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie konnten zeigen, dass mit Hilfe der Augmentation von NanoBone bereits nach drei Monaten ein suffizientes Implantationsbett geschaffen ist und die Menge an neu gebildetem Knochen durch eine Verlängerung der Integrationsphase nicht zwingend signifikant erhöht werden kann. Recherche in der internationalen Literatur zeigt, dass für eine suffiziente, langzeitstabile Osseointegration dentaler Implantate im Bereich der augmentierten Kieferhöhle eine Knochenneubildung von 20 bis 35 % erzielt werden sollte [29].
Durch die Untersuchung der Implantatüberlebensrate sowie der Implantatstabilität und der periimplantären Weich- und Hartgewebsverhältnisse sollte die Eignung einer Modifikation des Belastungsprotokolls geprüft werden. Mit einer Überlebensrate von 95,8 % aller im Augmentationsgebiet inserierten Implantate und 94,1 % der nach drei Monaten Integrationsphase inserierten Implantate konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen festgestellt werden. Auch im Vergleich mit der internationalen Literatur zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede. So beschreiben del Fabbro et al. in einem systematischen Review eine Überlebensrate von Implantaten, welche sechs Monate nach Sinusaugmentation im Oberkieferseitenzahnbereich inseriert wurden von 93,8 % [3]. Auch die Periotest®-Werte der nachuntersuchten Implantate, welche als Indiz für die Implantatstabilität herangezogen wurden, zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen (-2,94 in der 3-Monatsgruppe und -2,29 in der 6-Monatsgruppe). Auch diese Werte entsprechen denen vergleichbarer Studien [30].
Die Ergebnisse der Implantatnachuntersuchung bestätigen somit die Schlussfolgerung der histologischen und histomorphometrischen Untersuchung, wonach mit Hilfe des synthetischen nanokristallinen Knochenersatzmaterials NanoBone bereits drei Monate nach Sinusbodenaugmentation ein suffizientes Implantationsbett geschaffen werden kann, welches die langzeitstabile und sichere Osseointegration dentaler Implantate ermöglicht. Dies könnte bei strenger Indikationsstellung und nach Durchführung weiterer klinischer Studien zu einer Veränderung des Behandlungsprotokolls führen und somit für Patienten und Behandler die Behandlungszeit wesentlich verkürzen.
Zusammenfassung
In der vorliegenden Studie konnte histologisch, histomorphometrisch und klinisch gezeigt werden, dass bereits drei Monate nach Augmentation eine zufriedenstellende Knochenneubildung eingetreten war und so ein suffizientes Implantationsbett geschaffen wurde. Sowohl die Knochenneubildung als auch die klinische Performance der Implantate beider Gruppen zeigten nach drei Jahren Belastung keinen signifikanten Unterschied. Die aus der vorliegenden Studie gewonnenen Ergebnisse legen nahe, dass mit Hilfe des synthetischen Knochenersatzmaterials NanoBone bereits drei Monate nach Augmentation eine sichere und langfristig stabile Osseointegration dentaler Implantate möglich scheint und so die Behandlungszeit für Behandler und Patienten deutlich verkürzt werden kann.
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LITERATUR
DENT IMPLANTOL (18)8 2014, S. 620-629
Dr. Dr. Shahram Ghanaati / Dr. Jonas Lorenz
Histologische, histomorphometrische und klinische Analyse des Einflusses der Einheilzeit eines synthetischen Knochenersatzmaterials bei der Sinusbodenaugmentation
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