Anzeige

Praxisführung

Arbeitgeber in der Pflicht: Das neue Nachweisgesetz

Zum 01.08.2022 ist das geänderte Nachweisgesetz (NachwG) in Kraft getreten. Arbeitgeber werden wie auch bisher schon dazu verpflichtet, den Mitarbeitern einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen mit Arbeitsvertrag auszuhändigen. Während es in der Vergangenheit allenfalls im Streitfall Nachteile für den Arbeitgeber hatte, wenn es an vollständigen, schriftlichen Arbeitsverträgen fehlte, drohen nun erhebliche Bußgelder.

Arbeitsvertrag Stockfotos-MG/AdobeStock

Was regelt das Nachweisgesetz?

Das NachwG verpflichtet Arbeitgeber alle Arbeitsverträge – vom zahnärztlichen Leiter bis zum Minijob für Botenfahrten – schriftlich festzuhalten und den Arbeitnehmern auszuhändigen. Schriftlich bedeutet hierbei, dass Unterschriften im Original erforderlich sind. Die bloße Textform (E-Mail/Fax) und auch die elektronische Form genügen nicht.

Was ändert sich?

Auch bisher schon mussten Arbeitgeber über die wesentlichen Vertragsbedingungen, wie z. B. Arbeitsbeginn, Arbeitsort, Tätigkeit, Vergütung, Urlaub, Kündigungsfristen schriftlich informieren. Verstöße wurden allerdings nicht durch das NachwG selbst sanktioniert. Lediglich die fehlende Beweiskraft eines schriftlichen Arbeitsvertrages gereicht Arbeitgebern im Streitfall zum Nachteil.

Anzeige

Mit der Änderung des NachwG zum 01.08.2022 hat sich dies geändert. Neben der Ausweitung der schriftlich festzuhaltenden Vertragsbedingungen werden Verstöße gegen das Nachweisgesetz nun als Ordnungswidrigkeit geahndet. Arbeitgeber, die den Nachweis der Arbeitsbedingungen, also den Arbeitsvertrag, gegenüber ihren Arbeitnehmern nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigen, müssen mit Bußgeldern von bis zu 2.000 Euro rechnen (§ 4 NachwG).

Welche Nachweispflichten bestehen?

Die einzelnen Pflichten benennt § 2 NachwG. Zu den bisherigen Regelungen sind nun weitere Anforderungen gekommen:

  • das Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen
  • die Möglichkeit, den Arbeitsort frei wählen zu können (Home-Office-Regelung)
  • die Dauer einer vereinbarten Probezeit
  • die Vergütung von Überstunden
  • Zusammensetzung, Höhe und Fälligkeit des Arbeitsentgelts sowie die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird
  • die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten
  • Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG)
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung
  • ein Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • Verfahren bei Kündigung: Schriftformerfordernis, Kündigungsfristen und die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG. 

Welche Fristen gelten?

Das NachwG sieht ein abgestuftes Verhältnis vor. So muss spätestens am 1. Arbeitstag Name und Anschrift der Vertragsparteien, die vereinbarte Arbeitszeit sowie die Dauer des Jahresurlaubs mitgeteilt werden. Eine Niederschrift mit Angaben zur Probezeit, Befristung, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung, Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, Überstunden oder Angaben zu Arbeit auf Abruf müssen spätestens 7 Tage nach Arbeitsbeginn vorliegen.

Alle übrigen Angaben des § 2 NachwG müssen spätestens 1 Monat nach Arbeitsbeginn niedergeschrieben sein.

Was passiert mit den alten Verträgen?

Wenn der Arbeitgeber seitens eines Bestandsmitarbeiters zur schriftlichen Niederlegung der Vertragsbedingungen aufgefordert wird, muss der Arbeitgeber dieser Aufforderung spätestens am 7. Tag nach der Aufforderung nachkommen.

Kritik

Kritik erfährt das neue NachwG vor allem unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung. Anders als die europäische Richtlinie verlangt der deutsche Gesetzgeber die strenge Schriftform im Sinne des § 126 BGB und schließt die elektronische Form aus.

Das bedeutet, dass digitale Arbeitsverträge nicht möglich sind. Es sind zwingend die Unterschriften im Original erforderlich. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland damit wieder einmal in der Digitalisierung hinterher.

Fazit

Arbeitgeber sollten die gesetzliche Neuerung ernst und zum Anlass nehmen, neue Arbeitsverträge gewissenhaft und mit Sachverstand zu gestalten. Die Verwendung der vielfach im Internet kursierenden und oft rechtlich mangelhaften Musterverträge ist einmal mehr riskant geworden. Die Gesetzesänderung ist außerdem ein guter Anlass, auch die bestehenden Arbeitsverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige