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Recht

Outsourcing bei Berufsgeheimnisträgern – Neuregelung des § 203 StGB

Häufig sind Zahnarztpraxen auf die Inanspruchnahme von Dienstleistungen Dritter angewiesen. So beispielsweise auf die Dienstleistungen eines IT-Unternehmens, welches bei Problemen mit der Praxissoftware konsultiert wird oder auf die Dienstleistung von Abrechnungsspezialisten, welche den Zahnarzt bei der Abrechnung unterstützen. Im Rahmen dieser Tätigkeiten wird stets auch Einblick in hochsensible Patientendaten genommen, was nicht unproblematisch ist.

© fotolia.de/ momius Quelle: momius/fotolia.com
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Für Klarheit sorgt in solchen Fällen nunmehr das „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“, welches am 22.09.2017 den Bundesrat passiert hat.

Ausgangspunkt

Bisher war der Einsatz externer Dienstleister bei Berufsgeheimnisträgern wie Zahnärzten, Ärzten, Apothekern und psychologischen Psychotherapeuten nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Hintergrund hierfür war, dass Angehörige der Heilberufe der in § 203 Strafgesetzbuch (StGB) normierten ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Das Outsourcing bestimmter Tätigkeiten war daher meist nur mit der vorherigen Einholung der Einwilligung der Patienten möglich. Hindernisse haben darüber hinaus auch im Rahmen der Fernwartung von Praxissoftware bestanden. Die Bundesärztekammer hatte hier beispielsweise gefordert, dass Patientendaten zwischen dem Praxiscomputer und dem Computer des Technikers nur verschlüsselt und über eine geschützte Verbindung übermittelt werden durften. Auch bei der Nutzung von IT-Diensten im Wege des Cloud-Computing stellte die bisher geltende gesetzliche Rechtslage eine Hürde dar.

Nach der bislang geltenden Fassung des § 203 StGB war die Offenbarung von Berufsgeheimnissen nur gegenüber sogenannten „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ straflos möglich. Als solche wurden externe Dienstleister jedoch teilweise nicht angesehen. An gesicherten gerichtlichen Entscheidungen zu diesem Thema fehlte es und in der juristischen Literatur wurde das Thema nicht einheitlich beurteilt, was eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge hatte. Im Falle eines Rechtsverstoßes, das heißt im Falle einer Offenbarung gegenüber Dritten, musste mit der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und gegebenenfalls mit entsprechenden Sanktionen gerechnet werden.

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Von dem Straftatbestand des § 203 StGB, konkret von dem für das Tatbestandsmerkmal „Offenbaren“, war nach überwiegender Ansicht bereits jede Möglichkeit der Kenntnisnahme Dritter erfasst. Deshalb konnten die betroffenen Berufsgeheimnisträger bisher nicht oder nur in sehr eingeschränktem Umfang Dienstleistungen Dritter in Anspruch nehmen.

Neuregelung des § 203 Absatz 3 und 4 StGB

Nach der Neuregelung des § 203 StGB ist ein „Offenbaren“ des Geheimnisses nicht mehr nur bei einer Mitteilung des Geheimnisses gegenüber „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ straflos, sondern auch gegenüber „sonstigen Personen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Person erforderlich ist“.

Exemplarisch nennt die Gesetzesbegründung für solche Mitwirkungshandlungen unter anderem:

  • Schreibarbeiten,
  • Rechnungswesen,
  • Annahme von Telefonanrufen,
  • Aktenarchivierung und -vernichtung,
  • Einrichtung, Betrieb, Wartung – einschließlich Fernwartung – und Anpassung informationstechnischer Anlagen, Anwendungen und Systeme aller Art,
  • Bereitstellung von IT-Anlagen und Systemen zur externen Speicherung von Daten,
  • Mitwirkung an der Erfüllung von buchführungs- und steuerrechtlichen Pflichten des Berufsgeheimnisträgers.

Zukünftig können Zahnärzte also auch ohne Einwilligung des Patienten Daten an Dienstleister weitergeben. Dadurch eröffnen sich Berufsgeheimnisträgern bislang verwehrte Möglichkeiten, wie beispielsweise die Inanspruchnahme von IT-Fernwartungsdiensten und die Nutzung von zeitgemäßen Möglichkeiten der Datenspeicherung wie Cloud-Lösungen.

Trotz der neuen Möglichkeiten für Berufsgeheimnisträger, setzt das neue Recht der Mitwirkung mit dem Merkmal der „Erforderlichkeit“ eine gewisse Schranke. Es stellt sich insoweit die Frage, wann genau eine Mitwirkung noch erforderlich ist. Diese Frage wird die Rechtsprechung wohl noch klären müssen.

Erstreckung des Zeugnisverweigerungsrechts

Der Schutz gilt konsequenterweise auch für den ergänzten § 53a Strafprozessordnung (StPO) hinsichtlich des strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts sowie der Beschlagnahmefreiheit für diese mitwirkende Person.

Neuregelung einzelner berufsrechtlicher Pflichten

Die Erweiterung des Rahmens, innerhalb dessen das Geheimnis straflos weitergegeben werden kann, hat jedoch auch seine Kehrseite, nämlich die Strafbarkeit der Weitergabe dieses Geheimnisses durch die Drittdienstleister. Geregelt ist diese in dem neuen § 203 Absatz 4 StGB. Diese Regelung betrifft eine eigene Strafbarkeit der sonstigen mitwirkenden Person, das heißt des Drittdienstleisters.

Überdies sieht § 203 Absatz 4 StGB eine Strafbarkeit des ursprünglichen Berufsgeheimnisträgers für den Fall vor, dass dieser „nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, je bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekanntgewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde.“ Der Gesetzesentwurf legt in § 203 StGB allerdings nicht fest, welche Anforderungen eine solche Verpflichtung erfüllen muss.

Anhaltspunkte bieten hier jedoch die im Zuge der Reform geänderten berufsrechtlichen Verpflichtungen. Der Bundesgesetzgeber hat insoweit jedoch nur die Weitergabe von Geheimnissen an Drittdienstleister für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geregelt. Mangels Gesetzgebungskompetenz hat der Bundesgesetzgeber gerade eine Regelung für (Zahn-) Ärzte nicht getroffen, da dies nach dessen Ansicht Aufgabe des Landesgesetzgebers ist.

Fazit

Die Neuregelung des § 203 StGB ist positiv zu bewerten. Sie ermöglicht es Berufsgeheimnisträgern eine wirtschaftlich sinnvolle Datenverarbeitung einschließlich IT-Outsourcing umzusetzen und zeitgemäße Cloud-Lösungen zur Datenspeicherung in Anspruch zu nehmen. Insoweit wird die gesetzliche Neuregelung das Outsourcing sowie die Nutzung von Cloud-Computing-Diensten in (Zahn-)Arztpraxen und auch Krankenhäusern nunmehr antreiben.

Trotz dieser gesetzlichen Neureglung und der damit verbundenen Vereinfachung des Outsourcings bei Berufsgeheimnisträgern ist aber auch weiterhin der Abschluss entsprechender Vereinbarungen mit den jeweiligen Dienstleistern erforderlich. Die insoweit zu berücksichtigenden Vorgaben hierfür ergeben sich unter anderem aus den jeweils geltenden Berufsordnungen. Auch bietet die neue Fassung des § 203 StGB einige Anhaltspunkte, welche es im Rahmen der Vereinbarungen umzusetzen gilt. So ist es beispielsweise erforderlich, dass die Vereinbarung eine Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zur Verschwiegenheit enthält. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung sollte sehr sorgfältig die einzelnen Verpflichtungen bestimmen. Die Gestaltung der vertraglichen Grundlagen sollten daher mit größter Sorgfalt vorgenommen oder einer Überprüfung unterzogen werden.

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