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Vorsicht ist geboten!

Teilnahme und Durchführung von Veranstaltungen nach dem Antikorruptionsgesetz

Eine besondere Problematik im Zusammenhang mit dem Antikorruptionsgesetz stellt sich bei der Teilnahme und Durchführung von Veranstaltungen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der (zahn-)medizinische Sektor seit vielen Jahren von der Ausrichtung kostenfreier Veranstaltungen bzw. erheblicher Veranstaltungsunterstützung geprägt ist. Dies war und ist keineswegs immer unzulässig.

Besonders problematisch sind Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Antikorruptionsgesetz. Quelle: kasto/fotolia.com
Besonders problematisch sind Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Antikorruptionsgesetz.
Besonders problematisch sind Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Antikorruptionsgesetz.

Aufgrund einer gerade im zahnmedizinischen – im Vergleich zum humanmedizinischen – Bereich lückenhaften Regelung bestehen jedoch weiterhin erhebliche Rechtsunsicherheiten. Daher soll im Folgenden aufgezeigt werden, wie man möglicherweise zu Lösungen kommt.

Vorteilseigenschaft der Veranstaltung

Jede kostenfreie Veranstaltung und auch jede Fortbildungsunterstützung stellt grundsätzlich einen Vorteil im Sinne der Antikorruptionsvorschriften der § 299a ff. StGB dar. Dies allein führt jedoch, wie oben ausgeführt, nicht zur Strafbarkeit. Notwendig ist eine sogenannte Unrechtsvereinbarung, z. B. beim Bezug von Medizinprodukten zur unmittelbaren Anwendung (zu denen Implantate in jedem Fall zählen) zur unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb. Dabei sollten insbesondere die Berufsordnungen und das Heilmittelwerbegesetz in den Blick genommen werden.

Berufsrecht und Branchenkodizes

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Die Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO-Ä) und die Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-Z) sind unterschiedlich ausgestaltet. § 2 Abs. 7 MBO-Z normiert ein schlichtes Zuwendungsverbot bzgl. Bezugs- und Verordnungsentscheidungen. Dagegen enthält die MBO-Ä in § 32 MBO-Ä ein differenziertes Regelungssystem. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Berufsordnungen nicht, allerdings wird die ärztliche Berufsordnung immer wieder herangezogen bei der Frage, wann ein sogenannter „Anfangsverdacht“, der zu einem Ermittlungsverfahren führen kann, vorliegt.

In der ärztlichen Berufsordnung genügt für eine berufsrechtliche Unzulässigkeit nach § 32 Abs. 1 MBO-Ä bereits der Eindruck einer Beeinflussung. Dies könnte man als Anfangsverdachtskriterium sehen. Allerdings werden Ausnahmen normiert, bei denen keine Unzulässigkeit vorliegt: Dies gilt gemäß § 32 Abs. 2 MBO-Ä gegenüber dem einzelnen Arzt nicht für die Übernahme von Teilnahme- und Reisekosten der Teilnehmer an berufsbezogenen Fortbildungen sowie gemäß § 32 Abs. 3 MBO-Ä für das Sponsoring derartiger Veranstaltungen. An dieser Regelung der MBO-Ä orientiert sich auch der Kodex Medizinprodukte des Bundesverbandes Medizintechnologie e. V. (BVMed). Der Kodex Medizinprodukte hat als Branchenkodex bei der Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit zwar nur eine indizielle Bedeutung, wird jedoch in der Praxis von Ermittlungsbehörden – ebenso wie der FSA-Kodex im Arzneimittelbereich – hochgeschätzt und bei der Beurteilung, ob weitere Ermittlungen durchgeführt werden, oftmals zur Hand genommen. Bei Zahnärzten spielt dabei der Kodex Medizinprodukte die deutlich größere Rolle, da sie nicht in dem Ausmaß wie Ärzte in die Arzneimittelversorgung eingebunden sind.

Der Kodex Medizinprodukte hat jedoch zum 01.01.2018 eine einschneidende Ergänzung erfahren. In einer Fußnote nimmt der Kodex Stellung zur finanziellen Unterstützung der passiven Teilnahme (Zuhörer) an Kongressen, die auch mit Blick auf den Wortlaut des § 32 Abs. 2 MBO-Ä im Hinblick auf einen möglichen Anfangsverdacht weithin als unproblematisch angesehen wurde, sofern damit kein offenes Korruptionsverhältnis begründet wurde. Von einer solchen Förderung der passiven Teilnahme von Ärzten und Zahnärzten durch Unternehmen wird ausdrücklich abgeraten. Zum einen, weil – insbesondere durch Staatsanwaltschaften – die Zulässigkeit in Frage gestellt wird, zum anderen, da der europäische Medizinprodukteverband MedTech-Europe in seinem „Code of Ethical Business Practice“ vorschreibt, dass die Mitgliedsunternehmen des Verbandes ab dem 01.01.2018 keine direkte Unterstützung von Fachkreisen zur passiven Teilnahme an drittorganisierten Konferenzen (Phase out direct sponsorship) mehr leisten dürfen. Angesichts dessen kann man zur Vermeidung eines Anfangsverdachtes der Korruption – mit einschneidenden strafprozessualen Maßnahmen – nur raten, das „bezahlte Zuhören“ unverzüglich einzustellen, sowohl auf Seiten des Arztes oder Zahnarztes, als auch auf Seiten der Industrie. Auf diese Art und Weise vermeidet man auch, in einen etwaigen Untreueverdacht zu geraten und dass nachgefragt wird, warum man den Ärzten und Zahnärzten derartige Geschenke macht, obwohl im Kodex Medizinprodukte eher davon abgeraten wird. Keine Stellung nimmt der Kodex Medizinprodukte zur Unterstützung der Teilnahme an durch die Industrie selbstorganisierten Konferenzen. Hier kommt es sicherlich auf die persönliche Risikogestaltung der einzelnen Beteiligten an.

Zudem verweist § 7 Abs. 2 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) darauf, dass Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen möglich sind, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken. Dabei darf natürlich auch hier keine Verknüpfung mit dem Bezug von Medizinprodukten bestehen.

Die Veranstaltungen im Einzelnen

Reine Imagewerbeveranstaltungen von Unternehmen, bei der die Zahnärzte keinerlei Zugaben erhalten, sind erlaubt. Der Zahnarzt darf jedoch im Kontext dieser Veranstaltungen keine Teilnahmegebühren oder Reisekosten oder ähnliches erstattet bekommen.

Kostenlose echte berufsbezogene oder wissenschaftliche Teilnahmekosten sind dagegen möglich, so lange sich die Unterstützung seitens des Anbieters von Medizinprodukten auf Reise- und Übernachtungs- sowie Teilnahmekosten der Referenten und ggf. der Teilnehmer an selbstorganisierten Konferenzen und Kongressen beschränkt. Umstritten ist dabei, inwieweit Reisekosten erstattungsfähig sind: Dabei wird die 1. Klasse im Bahnverkehr allgemein für zulässig erachtet. Hotelübernachtungen im Bereich der gehobenen Mittelklasse (3- bis 4-Sterne) dürften ebenfalls keine Probleme bereiten. Bei Flugreisen sollte zumindest im europäischen Bereich die Economy-Klasse ausreichend sein. Es sei jedoch darauf hinzuweisen, dass § 8 Abs. 5 des Kodex Medizinprodukte Auslandsveranstaltungen grundsätzlich als kritisch ansieht, wenn diese nicht unbedingt notwendig sind. Bei Referenten ist zudem die Übernahme eines Vortragshonorars möglich. Es muss aber üblich und angemessen sein und darf keine versteckten Kickback-Anteile enthalten, mit denen Zuwendungen bei Bestellungen von Medizinprodukten zur unmittelbaren Anwendung verschleiert werden. Die Kostenübernahme darf sich zudem ausschließlich auf den wissenschaftlichen oder berufsbezogenen Teil der Veranstaltung beziehen und nicht auch auf ein Rahmenprogramm. Ebenso dürfen keine Kosten für mitreisende Partner übernommen werden.

Das Sponsoring des wissenschaftlichen Programms von Veranstaltungen an den Veranstalter – also nicht an einzelne Teilnehmer – gemäß § 32 Abs. 3 MBO-Ä sollte in der Einladung und der Durchführung im Umfang (auch betragsmäßig!) offengelegt werden. Bei der pharmazeutischen Industrie ist dies im Rahmen des FSA-Kodex auch bereits seit Jahren üblich.

Gesellige Veranstaltungen sollten ausschließlich dann durchgeführt werden, wenn kein Bezug zu Verordnungs- und Bezugsentscheidungen existiert. Das wird besonders schwierig bei hochpreisigen Veranstaltungen, die einem exklusiven Teilnehmerkreis vorbehalten sind (Opernbesuch, Sportveranstaltungen etc.). Gerade im ärztlichen Bereich droht dann zudem aufgrund des bösen Scheins gemäß § 32 Abs. 1 MBO-Ä immer noch eine berufsrechtliche Sanktionierung. Auf diesen Veranstaltungen sollte keinesfalls für Produkte geworben oder darauf Bezug genommen werden. Vorsicht ist auch bei grundsätzlich zulässigen „nachträglichen“ Einladungen geboten, da diese – insbesondere, wenn dies bereits aus der Vergangenheit bekannt war – auch als strafrechtlich relevantes Belohnungssystem eingestuft werden könnten. Hinsichtlich der Bewirtung – die dokumentiert werden sollte – ist es wichtig, auf die Sozialadäquanz zu achten (so auch § 12 des Kodex Medizinprodukte). Hierbei wird in der Literatur auf eine Summe von 50,- Euro bei Einladungen verwiesen (Fischer, StGB, § 299a StGB, Rn. 11). Es ist in jedem Fall anzuraten, dass gesellschaftliche Rahmenveranstaltungen immer durch die Teilnehmer bezahlt werden, wenn es sich um mehr als ein übliches Kongressmittagessen handelt, da die Rechtsprechung die entsprechenden Grenzen noch nicht ausgelotet hat. Oftmals dürfte eine echte Korruption schwer nachzuweisen sein – ein Anfangsverdacht kann jedoch schnell vorliegen!

Fazit

Wichtig ist Folgendes im Auge zu haben: Die vorliegende Darstellung hilft als Leitfaden dabei, einen Anfangsverdacht bei einem „durchschnittlich strengen“ Staatsanwalt zu vermeiden. Es gibt durchaus Staatsanwälte, die einen Anfangsverdacht schon früher oder erst viel später als gegeben ansehen. Zudem beziehen sich die Ausführungen nur auf den Fall, dass die Veranstaltung an sich zulässig geplant ist. Das bedeutet, dass auch eine eigentlich mögliche Reisekostenübernahme zu einer wissenschaftlichen Tagung dann rechtlich problematisch werden kann, wenn diese z B. ausdrücklich für die Bestellung von Medizinprodukten zur unmittelbaren Anwendung erfolgt.  

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