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Erfahrungsbericht

Behandlung extremer Raucher mit dem DENTAL RATIO® Implantat System


Ziel dieser praxisbezogenen Studie war es, die Bewährung des DENTAL RATIO® Implantat Systems bei starken Rauchern ab 20 Zigaretten pro Tag zu untersuchen. Als Kontrollgruppe wurden Nichtraucher ausgewählt.

In den letzten zwei Dekaden hat sich die Versorgung von teil- oder unbezahnten Patienten mit dentalen Implantaten weltweit als wichtige Behandlungsmethode etabliert. Im Tabakrauch befinden sich einzelne Substanzen mit schädigendem Potenzial, welcher Einfluss auf den Prozess der Osseointegration hat. Hierzu gehören vor allem Nikotin, Kohlenmonoxid, Acetaldehyd, Acrolein und Blausäure. Als Resultat der negativen Wirkung auf den Knochenstoffwechsel und Heilungsprozess wurde eine herabgesetzte Blutversorgung mit geringerer Matrixmineralisation und entsprechender Zytotoxizität festgestellt.

Die meisten bisherigen Studien zeigen, dass mit dem Rauchen eine reduzierte Osseointegration verbunden ist. Das Risiko für einen frühzeitigen Implantatverlust wird dabei allerdings recht unterschiedlich bewertet (bis ca. 9-fach gegenüber Nichtrauchern). Eine mittlere Schätzung dürfte ein 2- bis 4-fach erhöhtes Risiko ergeben [8, 9, 10, 11]. Die größte retrospektive Studie in diesem Zusammenhang (1.727 Patienten) geht von einem um das doppelte erhöhte Verlustrisiko bei Rauchern [12] aus. Es findet eine Steigerung der Plaque-Akkumulation, eine größere Häufigkeit von Gingivitis und Parodontitis bis hin zu einer erhöhten Resorption des Kieferkamms bei Rauchern statt [13]. Einige Autoren bewerten die verschiedenen Faktoren dahingehend, dass diese zu entsprechenden Verlusten in einer Gruppe von 540 Patienten mit insgesamt 2.149 Implantaten geführt haben, womit Raucher einem signifikant höheren Risiko ausgesetzt sind als Nichtraucher [14]. Raucher zeigen wesentlich höhere Verlustraten als Nichtraucher vor einer funktionellen Belastung. Vergleichbare Knochenverluste von osseointegrierten Implantaten in der Gruppe der Raucher waren wesentlich höher als bei Nichtrauchern [15].

Vergleichbare marginale Knochenverluste um osseointegrierte Implantate zeigen, dass beim Raucher mit insuffizienter oraler Hygiene marginale Knochenverluste ca. 3-mal höher waren als bei Nichtrauchern. Implantatverluste sind ein Ergebnis dieses multifaktoriellen Prozesses. Wichtige Faktoren, die einen Einfluss auf die Prognose ausüben, sind hierbei Länge, Durchmesser und Position des Implantates, wobei auch die Ausdehnung unbezahnter Areale eine Rolle spielt.

In Bezug auf klinische Komplikationen unterstützen diese letztgenannten Faktoren die Überlebensrate der zu bewertenden Implantate. Es ist schwer zu beurteilen, ob in diesem Zusammenhang das Rauchen als allein verantwortlicher Faktor für die entsprechenden Implantatverluste anzusehen ist. Diese Faktoren mit Bezug zu den klinischen Komplikationen führen zu Knochenverlusten und periimplantären Entzündungen [15, 16]. Der Zweck dieser Studie war es, die Inzidenz von Komplikationen und Überlebensrate in Bezug auf Zahnimplantate zwischen Rauchern und Nichtrauchern aufzuzeigen und die Einflüsse des Rauchens durch das Analysieren der Daten von 80 Implantaten in 32 Patienten in den Jahren 2011 bis 2012 zu vergleichen.

Material und Methode

Die Patienten wurden in zwei Gruppen geteilt: Gruppe 1 (starke Raucher), Gruppe 2 (Nichtraucher). Es wurden Komplikationen unmittelbar nach dem chirurgischen Eingriff und während der Einheilphase untersucht. Die Komplikationen umfassen geringe (spontane Exposition des Implantates) und grosse (Implantatverlust, Schmerzen, Ödeme, Periimplantitis) Abweichungen von der Norm.

Die Studie basiert auf Daten von 32 Patienten, die insgesamt 80 Implantate erhalten haben. Die Informationen enthalten die komplette medizinische und zahnmedizinische Anamnese, gründliche klinische und radiologische Bewertung unter besonderer Betonung der Rauchgewohnheiten. Es gab 15 Raucher mit 40 Implantaten und 17 Nichtraucher (Tabelle 1 und 2). Die Studie analysiert nicht die Anzahl der gerauchten Zigaretten pro Tag und Patient.

  • Tabelle 1: Übersicht Raucher.
  • Tabelle 2: Übersicht Nichtraucher.
  • Tabelle 1: Übersicht Raucher.
  • Tabelle 2: Übersicht Nichtraucher.

Die Implantate wurden in den Jahren 2011 und 2012 von einem Chirurgen unter sterilen Bedingungen nach dem Protokoll von Brånemark inseriert [17]. Dabei wurden OKTAGON®-Implantate von DENTAL RATIO® (Hersteller: Hager & Meisinger) verwendet.

Die OKTAGON®-Implantate bestehen aus Reintitan Grade 4 und verfügen im enossalen Bereich über eine korundgestrahlte und säuregeätzte Oberfläche. Durch diese spezielle Oberflächenbehandlung entsteht eine rückstandsfreie, charakteristische Makro/Mikrostruktur. Die rasterelektronenmikroskopische Darstellung der Oberfläche verdeutlicht die Oberflächenstruktur eines OKTAGON®-Implantates. Die Cluster der Makrostruktur haben eine Ausdehnung von ca. 20 - 40 ?m, die Mikrostruktur weist eine Ausdehnung von ca. 2 - 4 ?m auf und ist durch feine Mikrogrübchen gekennzeichnet. Durch eine EDX-Analyse kann nachgewiesen werden, dass die Oberfläche nach der Oberflächenbehandlung erneut rückstandsfrei ist und die Osseointegration nicht durch Fremdmaterialien negativ beeinflusst wird. Die hohe Oberflächenqualität der OKTAGON®–Implantate wird im Rahmen der Qualitätssicherung durch chargenbezogene Analysen dokumentiert [18].

Ergebnisse

In der Gruppe der Raucher waren zwei Implantate primär nicht stabil, was eine Misserfolgsrate von 5 % bedeutet. In der Nichtrauchergruppe sind alle Implantate osseointegriert. Es gab keine signifikanten Unterschiede in Alter und Geschlecht der Patienten. Relativ betrachtet zeigt die Verlustquote von 5 %, dass auch Raucher durchaus mit Implantaten versorgt werden können, wenn ein entsprechend strenges Protokoll eingehalten wird [19]. Die Mehrheit der vergangenen und gegenwärtigen Literatur zeigt das Rauchen als einen der prominenten Risikofaktoren, welche die Erfolgsrate beeinflussen. Bei der gestrahlt-säuregeätzte Oberflächentopografie in 5000-facher Vergrösserung ist keine Kontamination mit organischen Verbindungen festzustellen [20]. Bei den anorganischen Rückständen muss zwischen einzelnen Spots und flächenhaften, die gesamte Implantatoberfläche betreffende, prozessbedingte Rückstande, wie z. B. Reste von Al2O3 unterschieden werden. So zeigten einige Korundgestrahlt-geätzte Implantate punktuell markante Einschlüsse des Strahlmittels Al2O3 in der Spotanalyse. Lediglich ein korund gestrahltes Implantat wies einen auffallend hohen Anteil von 14,4 % Aluminium an ganzflächig auftretenden Al2O3-Rückständen auf [21].

Fallbeschreibung

Ein 64-jähriger, männlicher Patient, extremer Raucher erhielt im Dezember 2010 einteilige Implantate, welche sofortbelastet und mit einer einteiligen Kunststoffbrücke versorgt wurden. Alle Implantate waren primär stabil mit hohen Periotestwerten (-0,4). Nach 6 Wochen waren alle Implantate instabil durch Osseointegrationsverlust. 8 Monate später, im September 2011, wurde der Patient mit 6 DENTAL RATIO® Implantaten 4,1 x 12 mm versorgt. Die definitive Versorgung erfolgte im Februar 2012. Der Fall zeigt, dass DENTAL RATIO® Implantate sehr gut für kompromittierte, schwere Fälle geeignet sind (Abb. 1 bis 6).

  • Abb. 1: OPG post OP.
  • Abb. 2: Implantate mit Sofortbelastung in situ.
  • Abb. 1: OPG post OP.
  • Abb. 2: Implantate mit Sofortbelastung in situ.

  • Abb. 3: Provisorische Zylinder in situ.
  • Abb. 4: Provisorium in situ.
  • Abb. 3: Provisorische Zylinder in situ.
  • Abb. 4: Provisorium in situ.

  • Abb. 5: DENTAL RATIO® Implantate in situ.
  • Abb. 6: Zirkonbrücke provisorisch befestigt.
  • Abb. 5: DENTAL RATIO® Implantate in situ.
  • Abb. 6: Zirkonbrücke provisorisch befestigt.

Diskussion

Die Praxisstudie zeigt, dass durch das Rauchen die Heilung nach erfolgter mukogingivaler Chirurgie beeinträchtigt ist. Tabakkonsum begünstigt Entzündungen und gingivale Blutungen nach erfolgter mukogingivaler Chirurgie. Einige Autoren haben gezeigt, dass Rauchen ein Faktor ist, welcher zum Implantatverlust während der Einheilphase des Implantates führen kann. Es wurde festgestellt, dass die Verlustrate bei Rauchern im Vergleich zu Nichtrauchern zweimal höher ist. In der vorliegenden Studie war die Verlustrate sehr niedrig; daher wurden alle Komplikationen zusammengefasst. Obwohl als Komplikation in dieser Studie eingestuft, war in den meisten Fällen eine spontane, frühe Exposition nach Insertion des Implantates oder der Verlust der Primärstabilität erkennbar. Obwohl die spontane Exposition eines Implantates als Komplikation definiert wurde, führt diese nicht unbedingt zu einem Verlust. Die meisten der fehlgeschlagenen Implantate in der vorliegenden Studie befanden sich in der Gruppe der extremen Raucher, wobei in der Gruppe der Nichtraucher der Heilungsprozess unauffällig war. Die Gruppe der Raucher sowie der Nichtraucher war relativ klein, dennoch hat die Gruppe der Raucher eine deutliche Auffälligkeit hinsichtlich der Komplikationsrate gezeigt.

  • Abb. 7: OPG mit Versorgung. Extraktion der parodontal geschädigten Zähne im UK mit Sofortimplantation ist geplant.

  • Abb. 7: OPG mit Versorgung. Extraktion der parodontal geschädigten Zähne im UK mit Sofortimplantation ist geplant.
Im Rahmen dieses Artikels war es nicht möglich, alle Mechanismen zu diskutieren, welche in Verbindung mit dem Rauchen zu Komplikationen führen [16]. Die vorliegende Studie bietet keine Einsicht in die Mechanismen der Komplikationen bei den genannten Rauchern. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass diese Faktoren, wie z. B. systemische Vasokonstriktion, reduzierte Durchblutung und eine erhöhte Thrombozyten-Aggregation Funktionsstörungen der neutrophilen Granulozyten betreffen, welche in der Gruppe der Raucher festgestellt wurden.

Zusammenfassung

Patienten sowie ihren behandelnden Chirurgen sollte bewusst sein, dass Rauchen einen Risikofaktor darstellt. Raucher haben eine höhere Inzidenz von Komplikationen, insbesondere bei Implantaten, welche transgingival einheilen. Die meisten Komplikationen führen jedoch nicht zum Scheitern. Sofortimplantate haben höhere Verlustquoten als spät inserierte Implantate. Während eine Beziehung zwischen Komplikationen und Rauchen, der Intensität der Exposition (Anzahl Zigaretten), Implantattyp (interner oder externer HEX) und dem Zeitpunkt der Implantation (Sofort-/ Spätimplantation) als signifikante Faktoren bestehen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie die einzigen oder wichtigsten Faktoren sind [15]. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, andere mögliche Faktoren zu identifizieren, die Misserfolge fördern könnten. Allerdings sollten potentielle Implantatpatienten darauf hingewiesen werden, dass Rauchen eine schädliche Wirkung auf Zahnimplantate haben und dass eine Reduktion des Rauchens mögliche Komplikationsraten verringern kann.

DENTAL RATIO® Implantate haben in dieser Beobachtungsphase hohe Qualität und sehr faire Preise im Vergleich zu gleichwertigen, anderen Produkten bewiesen. Nachteil: die Insertion des Implantates erfolgt über ein Transferteil, welches nach der Insertion des Implantates entfernt werden muss.

Danksagung

Diese Studie wurde teilweise durch Zuschüsse von DENTAL RATIO®, Langenfeld (Düsseldorf) ermöglicht. Besonderer Dank geht an den geschäftsführenden Gesellschafter Herrn Ulf-Christian Henschen und Herrn Nazir Zeqiri K6, Dental Fachlabor Zürich, für die Darstellung und Anfertigung der Tabellen und Bilder.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Dr. Branislav Fatori

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Dr. Branislav Fatori