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Osseointegration – durch individuelle Abutments langfristig unterstützt

15.11.2012


Wenn es um den Behandlungserfolg in der Implantologie geht, denken die meisten zunächst an Osseointegration. Doch während sie mit hoher Sicherheit gelingt, glückt die perfekte Anlagerung von Epithel- und Bindegewebe an das Implantat viel seltener. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor stellt hierfür die basale Gestaltung des Abutments sowie dessen Werkstoff und seine Oberflächengüte dar. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Implantologen, gegebenenfalls dem prothetisch behandelnden Zahnarzt und dem Zahntechniker ergänzen sich so Implantat, Abutment und Implantatprothetik perfekt – auch bereits in der Phase der provisorischen Versorgung.

Der Osseointegration von Implantaten werden in der Literatur hohe Erfolgsraten attestiert. Die technischen Voraussetzungen hierfür liegen in der Form vieler namhafter Implantate sowie ihrer Oberflächengestaltung und -konditionierung. Erst durch zahnmedizinische Maßnahmen wird die Implantologie jedoch zum Erfolg. Hierzu gehören als vorbereitende Arbeitsschritte gegebenenfalls Parodontalbehandlungen ebenso wie die Planung der Implantatprothetik und die Positionierung der Implantate. Nicht zuletzt ist es dann die Insertion selbst, die Einfluss auf die Osseointegration der Implantate hat.

Auch die in jüngerer Zeit hinzugekommenen individuellen Abutments unterstützen diesen Integrationserfolg und tragen darüber hinaus zu einer guten Langzeitprognose bei. Anfangs vielleicht als technische Spielerei belächelt, zeigt sich mehr und mehr, dass diese Abutments deutliche Vorteile gegenüber den präfabrizierten Standardabutments haben: Durch ihre Gestaltung analog der Sulkusform schließen sie das Durchtrittsprofil (Emergenzprofil) eng anliegend ab und sorgen für eine dem Gingivaverlauf folgende ästhetische Rot-weiß-Gestaltung der Restauration.

Abutments – so individuell wie Zahnarzt und Zahntechniker sie wünschen

Entsprechend der Implantationsart – Sofort- oder Spätimplantation – wird ein Provisorium angefertigt, dass das Weichgewebe bereits in der gewünschten späteren Kontur formt. Nach diesem etwa vier- bis sechsmonatigen Weichgewebsmanagement erfolgt die Abformung zur Herstellung der definitiven Restauration.

Diesem zahnärztlichen Arbeitsschritt schließt sich die Laborarbeit an: Der Modellherstellung folgt das Scannen des Modells und seiner implantatprothetisch relevanten Segmente. Am Bildschirm wird darauf folgend die CAD-gestützte Gestaltung des individuellen Abutments durchgeführt. Es wird in seiner Höhe und in seinem Radius individuell über eine Abutment-Software (Cercon art, DeguDent, Hanau) so designt, dass das Emergenzprofil den Sulkus eng anliegend abschließt und sich die Form der späteren Sekundärkonstruktion – Einzelkrone oder Brückenpfeilerkrone – aus dem Sulkus heraus gestalten lässt. Auch die Lage der Zement- beziehungsweise Klebefuge legt der Zahntechniker entsprechend den Wünschen des Zahnarztes über diesen Designschritt fest.

  • Abb. 1: Die Auswahl an industriell gefertigten individuellen Abutments (Compartis, DeguDent, Hanau) ist groß – hier einteilig, alternativ aus Titan (u.) oder Zirkonoxid (Cercon). – Foto: DeguDent

  • Abb. 1: Die Auswahl an industriell gefertigten individuellen Abutments (Compartis, DeguDent, Hanau) ist groß – hier einteilig, alternativ aus Titan (u.) oder Zirkonoxid (Cercon). – Foto: DeguDent
Individuelle einteilige Abutments, wie für Ankylos C/X, XiVE (DENTSPLY Implants Manufacturing, Mannheim) oder andere Implantate, werden in einem Stück (und für Ankylos C/X und XiVE analog der Originalmaße der präfabrizierten Abutments) aus den Werkstoffen Titan oder Zirkonoxid hergestellt (Custom Abutments by Compartis, DeguDent, Hanau). Ihre Oberflächen sind bereits in maschinierter Form extrem glatt (Abb. 1), so dass auf eine individuelle Hochglanzpolitur verzichtet werden kann. An diesen glatten Flächen kann sich das Epithel- und Bindegewebe in natürlicher Weise anlagern – insbesondere ist dies bei den aus Zirkonoxid hergestellten individuellen Abutments der Fall. Die Papillen regenerieren sich bei der Wahl dieses Werkstoffes besonders gut.

Literatur

Die Literatur beschäftigt sich in vielen Darstellungen mit der „Technik“ der individuellen Abutments: Die Anwendung der Abutment-Designsoftware, die Ausführung der geometrischen Gestaltung sowie die Herstellung werden umfassend beschrieben und sind für die Einsteiger in diese noch recht junge Technik eine gute Hilfe.

Aber selbstverständlich sind es die zahnmedizinischen Aspekte, die die Indikation dieser Aufbauteile rechtfertigen. Hierzu werden in der durchgesehenen Literatur insbesondere die aus Zirkonoxid hergestellten individuellen Abutments beschrieben. Als deren wesentlicher Vorteil wird die Anlagerung des Epithel- und Bindegewebes an diesen Werkstoff genannt. Des Weiteren wird ausgeführt, dass durch die Lichttransmission insbesondere bei der Verwendung von hochtransluzentem Zirkonoxid (wie zum Beispiel von Cercon ht, DeguDent, Hanau) von individuellen Zirkonoxidabutments eine besonders vorteilhafte ästhetische Wirkung ausgeht.

Im Folgenden wird ein Überblick über wichtige Ergebnisse zum Thema der individuellen Abutments gegeben, die sich aus der aktuellen Literatur ableiten lassen:

Rütten/Fischer [1] stellen 2010 fest: Ist der Verlauf der Gingiva stark geschwungen oder benötigt man ein der jeweiligen Zahnanatomie entsprechendes Durchtrittspro?l, stößt man mit konfektionierten, runden Abutments auch an Grenzen. Das Anpassen von Abutments an den jeweiligen Gingivaverlauf sowie die entsprechende Ausformung des Emergenzpro?ls sind Parameter für den ästhetischen und funktionellen Erfolg implantatprothetischer Arbeiten.

Jenatschke/Fischer [2] äußern, dass sie besonders in der ästhetischen Zone und bei komplexen Versorgungen mit hoher ästhetischer Erwartungshaltung seitens der Patienten eine unverzichtbare Bereicherung zum kontrollierten Erfolg der Restaurationen im Mund sind.

Harder et al. [3] schreiben, dass in ästhetisch anspruchsvollen Fällen die Standardkomponenten oftmals nicht ausreichen, um ein akzeptables Behandlungsergebnis zu erzielen.

Gehrke/Fischer [4] haben in einer Untersuchung mittels Konfokalmikroskopie erste Hinweise erhalten, dass polierte, bearbeitete CAD/CAM-gefertigte Zirkondioxidaufbauten über eine bessere Ober?ächenhomogenität und -güte verfügen als konfektionierte Titanaufbauten, individuell gebrannte Keramikschultern auf konfektionierten Abutments oder unpolierten CAD/CAM-gefertigten Aufbauten.

Ponte [5] beschreibt im Fazit seines Artikels: Durch das Einsetzen eines individualisierten, bioverträglichen Keramikaufbaus direkt nach der Implantatfreilegung ist es möglich, eine Weichgewebsheilung zu erzielen, ohne das periimplantäre Gewebe zu beeinträchtigen. Und weiter: Somit kann die Richtung der Gewebsregeneration vorbestimmt und kontrolliert werden.

Thie/Fischer [6] schreiben über ein industriell gefertigtes individuelles Abutment: Dieses ließ sich direkt nach dem Auspacken aufschrauben. … Hieraus wird deutlich, wie präzise das Abutment gefertigt ist …

Steveling/González [7] beschreiben, dass der Therapieerfolg nicht mehr nur anhand der Osseointegration und/oder Funktion des Implantats definiert wird, sondern sich zu einem großen Teil an ästhetischen Parametern orientiert. Und: Hierfür ist die Arbeit des Zahntechnikers beziehungsweise die detaillierte Absprache zwischen Zahnmediziner und Zahntechniker essenziell. Über klinische Langzeitergebnisse lassen sich aus der Literatur noch keine Aussagen entnehmen. Das Angebot und die Verwendung CAD/CAM-gefertigter individueller Abutmens ist hierfür noch zu jung.

Diskussion und Schlussfolgerung

  • Abb. 2: Je nach klinischer Situation können individuelle zweiteilige Abutments (Cercon, DeguDent, Hanau, mit Titanklebebasen) den Vorzug erhalten. Ähnlich wie die einteiligen (siehe Abb. 1) sind sie heute für zahlreiche Implantatsysteme verfügbar (z. B. für DENTSPLY Implants, AstraTech, Biomet 3i, Camlog, Nobel Biocare, Straumann, Zimmer). – Foto: DeguDent

  • Abb. 2: Je nach klinischer Situation können individuelle zweiteilige Abutments (Cercon, DeguDent, Hanau, mit Titanklebebasen) den Vorzug erhalten. Ähnlich wie die einteiligen (siehe Abb. 1) sind sie heute für zahlreiche Implantatsysteme verfügbar (z. B. für DENTSPLY Implants, AstraTech, Biomet 3i, Camlog, Nobel Biocare, Straumann, Zimmer). – Foto: DeguDent
Neben den klassischen präfabrizierten Abutments werden alternativ zunehmend individuelle einteilige Abutments für implantatprothetische Restaurationen verwendet. Ihre Sulkus-individuelle Gestaltung macht es möglich, den prothetischen Zahn aus der Gingiva gleichsam herauswachsen zu lassen. Dadurch kann er in seiner anatomischen Form naturidentisch gestaltet werden. Durch die Anlagerung der Gingiva an die hochglanzpolierte Abutmentbasis entsteht eine Rot-weiß-Ästhetik, die dem Gingivaverlauf ideal folgt und dadurch das Restaurationsergebnis perfekt komplettiert. Die medizinischen und ästhetischen implantatprothetischen Ergebnisse, die mit individuellen Abutments erzielbar sind, rechtfertigen den für ihre Herstellung höheren technischen (Scannen, Designen, Datentransfer und industrielle Fertigung) und zeitlichen Aufwand. Wenn wie von DeguDent die Implantatanschlussgeometrien für die individuellen (Ankylos C/X- oder XiVE-) Abutments in den Originalmaßen hergestellt werden, ist auch der Aspekt der Sicherheit voll erfüllt.