Therapie

Parodontitis, Periimplantitis, Prävalenz, Risikofaktoren

Prävalenz von Periimplantitis bei Parodontitis-Patienten in einer Kohorte ohne parodontale Nachsorge

Abb. 1: Periimplantitis (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).
Abb. 1: Periimplantitis (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).

In den letzten Jahrzehnten stieg einerseits die Verwendung dentaler Implantate, andererseits aber auch die Patientennachfrage nach derartiger Versorgung stark an. Die Möglichkeit einzelne fehlende Zähne zu ersetzen oder schwierige prothetische Situationen zu lösen, erfuhr durch den Einsatz von Implantaten neue Dimensionen. Besonders in der dentalen Rehabilitation parodontal erkrankter Patienten nehmen Implantate einen immer größeren Stellenwert ein.

Biologische Komplikationen an Implantaten wurden durch einige Studien berichtet und lassen sich in die periimplantäre Mukositis und die Periimplantitis einteilen [1]. Dabei ist die periimplantäre Mukositis (Abb. 2) als Entzündung ohne Knochenverlust/reduziertes Knochenniveau definiert. Die vorliegende Entzündung betrifft nur die an das Implantat angrenzende Schleimhaut, wohingegen beim Vorliegen einer Periimplantitis (Abb. 1) die Entzündung mit einem Knochenverlust/ reduzierten Knochenniveau assoziiert ist [13]. Für die Entstehung der Periimplantitis werden einige mögliche Risikofaktoren diskutiert. Diese reichen vom Fehlen einer an das Implantat angrenzenden attached/keratinisierten Mukosa (Abb. 3) [6, 11] und der Rauigkeit der Implantatoberfläche [7] bis hin zu parodontalen Vorerkrankungen [5, 7, 9]. Der negative Effekt des Rauchens konnte in einigen Studien klar nachgewiesen werden [9, 11, 14].

  • Abb. 2: Periimplantäre Mukositis (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).
  • Abb. 3: Fehlende keratinisierte Mukosa (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).
  • Abb. 2: Periimplantäre Mukositis (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).
  • Abb. 3: Fehlende keratinisierte Mukosa (Bildquelle: PD Dr. Stefan Fickl).

Als ätiologischer Faktor für die Entstehung einer Periimplantitis wird die „Plaque“ angegeben. Ähnlich der Gingivitis, welche eine Entzündung der marginalen Mundschleimhaut darstellt, führt Plaque zu einer Mukositis [12]. Es wird angenommen, dass einige, jedoch nicht alle mukosalen Veränderungen in eine Periimplantitis übergehen [2].

Einige Studien haben die Periimplantitis-Prävalenz bei Patienten mit parodontaler Erkrankung untersucht. Rinke et al. 2011 konnte keine signifikante Assoziation zwischen einer parodontalen Erkrankung und der Periimplantitis feststellen [9]. In dieser Studie wurden alle Patienten in ein engmaschiges parodontales Nachsorgeprogramm integriert. Nichtsdestotrotz gibt es eine Vielzahl von Studien, die eine positive Korrelation zwischen parodontalen Erkrankungen und dem Vorliegen einer Periimplantitis zeigen [5-7]. In vorliegender Arbeit wurden primäre und sekundäre Fragestellungen untersucht:

Primäre Fragestellung:
Wie hoch ist die Periimplantitis-Prävalenz bei Parodontitis-Patienten ohne ein engmaschiges Nachsorgeprogramm?

Sekundäre Fragestellung:
Wie wirken sich potentielle Risikofaktoren bei Parodontitis-Patienten auf die Entstehung der Periimplantitis aus?

Material und Methoden

  • Abb. 4: Aufbau der Untersuchung

  • Abb. 4: Aufbau der Untersuchung
Studiendesign Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine Querschnittsuntersuchung von routinemäßig in der Praxis erhobenen Befunden. Dieses Untersuchungsdesign ermöglicht die Bestimmung einer Krankheitsprävalenz und assoziierter Risikoindikatoren (Abb. 4).

Teilnehmer

Diese Arbeit enthält Daten von Parodontitis-Patienten, welche zwischen den Jahren 1999 und 2010/11 mit Implantaten vom Typ Straumann Soft Tissue Level versorgt wurden. Die Patienten mussten folgende Einschlusskriterien erfüllen:

  • Parodontale Erkrankung (Diagnose vor Implantation)
  • Parodontale Initialtherapie (Therapie vor Implantation)
  • Keine Teilnahme an einem parodontalen Nachsorgeprogramm
  • Implantate der Firma Straumann
  • Implantation vor ? 4 Jahren.

Insgesamt wurden 45 Patienten mit 92 Implantaten untersucht. Alle Daten dieser Untersuchungen wurden während Routineuntersuchungen erhoben und dienten als diagnostische Grundlage für die Verlaufsbeurteilung der vorliegenden Parodontitis-Erkrankung und zur Diagnostik möglicher postimplantologischer Komplikationen. Weitere Untersuchungen außerhalb der klinischen Routine wurden nicht durchgeführt.

Untersuchungen

Vor der klinischen Untersuchung wurde eine allgemeine und eine spezielle zahnmedizinische Anamnese erhoben. Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt der Untersuchung und der Raucherstatus wurden festgehalten. Dabei wurden Patienten, die mehr als 10 Zigaretten pro Tag rauchen, als „Raucher“ eingeordnet. Patienten, die in ihrer Vergangenheit über einen Zeitraum von 10 Jahren geraucht haben wurden als „ehemalige Raucher“ eingestuft. Die klinischen Untersuchungen enthielten einen parodontalen Befund und einen Befund der Implantate. Taschentiefen und BoP wurden an 6 Stellen pro Zahn und Implantat gemessen. Zur Quantifizierung der Plaque und der häuslichen Mundhygiene wurden der API und der PBI erhoben. Das Vorliegen der keratinisierten Mukosa wurde zirkulär bestimmt und galt ab einer Breite von ? 2 mm als vorhanden. Neben der Art des Zahnersatzes, fest und herausnehmbar, wurde die Passgenauigkeit der vorhandenen Suprakonstruktion ermittelt. Alle Probanden sind Patienten einer Gemeinschaftspraxis in Ingolstadt (Bayern, Deutschland). Alle Daten wurden zwischen Mai 2014 und November 2014 durch einen Untersucher erhoben.

Um das vorhandene Knochenniveau an den Implantaten zu bestimmen, wurden Einzelzahnfilme in der Rechtwinkeltechnik angefertigt. Da die angefertigten Röntgenbilder in analoger Form vorlagen, wurden diese anschließend digitalisiert, bevor sie kalibriert und vermessen werden konnten (ImageJ 1.48a, Wayne Rasband, U.S. National Institute of Health). Die Kalibrierung erfolgte anhand der Implantatwindungen (Abb. 5).

  • Abb. 5: Kalibrierung Röntgenbild.
  • Abb. 6: Vermessung Knochenniveau.
  • Abb. 5: Kalibrierung Röntgenbild.
  • Abb. 6: Vermessung Knochenniveau.

Anschließend wurde ein geeigneter Referenzpunkt (Implantatschulter) festgelegt und die Distanz von diesem zum tiefsten erkennbaren Knochenniveau gemessen (Abb. 6).

Die klinischen und röntgenologischen Untersuchungen wurden vom Autor der vorliegenden Arbeit erhoben. Die Taschentiefen/BoP wurden durch einen zweiten Behandler (D.M.B.) kurz nach der ersten Messung erneut gemessen. Dabei ergab sich ein Messfehler von 0,37 ± 0,52 mm für die Taschentiefenbestimmung. Die Doppelmessung des BoP-Wertes ergab eine Übereinstimmung von 0,84 (Cohens- Kappa). Kappa-Werte über 0,8 gelten als sehr gute Übereinstimmung. Um den Messfehler der röntgenologischen Untersuchung zu bestimmen erfolgten zwei Messungen mit einem Abstand von einer Woche. Der Messfehler (intra) lag bei 0,16 ± 0,38 mm. Zusätzlich wurde die Vermessung der Röntgenaufnahmen durch einen unabhängigen Zahnarzt (S.K.Y.B.) durchgeführt, um den Inter-Messfehler zu bestimmen. Hierfür errechnete sich ein Messfehler von 0,20 ± 0,15 mm.

Primäre und sekundäre Endpunkte

Ziel der primären Fragestellung war es, die Periimplantitis- sowie Mukositis-Prävalenz bei Parodontitis-Patienten ohne Eingliederung in ein Nachsorgeprogramm zu ermitteln.

Mit Hilfe der sekundären Fragestellung sollten unterschiedliche potentielle Risikofaktoren für das Patienten- und Implantat-Niveau untersucht werden.

Falldefinitionen

Bei den hier untersuchten Patienten lagen keine Einzelzahnfilme ein Jahr nach Implantation vor. Diese werden nach heutigem Wissensstand sowohl als klinische und röntgenologische Baseline angesehen. Aus diesem Grund wurden für die Diagnose einer periimplantären Mukositis und Periimplantitis die aktuellen Empfehlungen der 8. Europäischen Konsensuskonferenz berücksichtigt und verwendet [13]. Hier ist beim Fehlen von Baseline-Röntgenbildern ein Grenzbereich der vertikalen Distanz von 2 mm anzunehmen. Dieser setzt sich aus dem zu erwartenden marginalen Knochenniveau und der Höhe des Knochenumbaus nach Implantation zusammen. Im weiteren Verlauf der Auswertung kann dann jedoch nur von „Knochenniveau“ und nicht von „Knochenabbau“ gesprochen werden. Darauf bezogen wurden folgende Falldefinitionen verwendet:

  • Gesund: keine Blutung auf Sondierung (BoP)
  • Periimplantäre Mukositis: Blutung auf Sondierung und Knochenniveau von ? 4,8 mm
  • Periimplantitis: Blutung auf Sondierung und Knochenniveau von > 4,8 mm.

Die verwendete 4,8 mm-Grenze setzt sich aus der Summe Tulpenhöhe des Implantats (2,8 mm Straumann Standard Soft Tissue Level) und einem Knochenumbau von 2 mm zusammen.

Statistische Auswertung

Die statistische Analyse sollte Aufschluss über den möglichen Einfluss verschiedener potentieller Risikoindikatoren auf das Vorhandensein der Periimplantitis geben. Dabei sollten für das Patientenniveau und Implantatniveau unterschiedliche Variablen untersucht werden. Die möglichen Faktoren auf Patientenniveau wurden mittels Chi-Quadrat-Tests und Odds Ratios mit zugehörigen Konfidenzintervallen untersucht und umfassten folgende Variablen:

  • Plaque (? 30 % / < 30 %),
  • Geschlecht (weiblich/männlich) und
  • Raucherstatus (Nicht-Raucher und Ex-Raucher/ Raucher).

Die Faktoranalyse auf dem Implantatniveau wurde mittels Multi-Level Analyse durchgeführt und beinhaltete folgende Variablen:

Level 1:

  • Keratinisierte Mukosa (ja/nein)
  • Art des Zahnersatzes (fest/herausnehmbar)
  • Fehlerhafte Suprakonstruktion (ja/nein)
  • Implantationszeitpunkt (< 7 Jahre/ ? 7 Jahre).

Level 2:

  • Plaque (? 30 % / < 30 %)
  • Geschlecht (weiblich / männlich) und
  • Raucherstatus (Nicht-Raucher und Ex-Raucher/ Raucher).

Die Multi-Level-Analyse wurde durch das Institut für klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) in Würzburg durchgeführt.

Ergebnisse

Zwischen den Jahren 1999 und 2010/11 wurden 45 Patienten, bezogen auf die Einschlusskriterien, mit insgesamt 92 Implantaten versorgt. Die Verteilung der Anzahl der Implantate pro Patient ist in Abbildung 7 dargestellt. Die Gruppe von 45 Patienten (23 weiblich und 22 männlich) mit einem Durchschnittsalter von 65,6 Jahren beinhaltete 10 Raucher, 11 ehemalige Raucher und 24 Nichtraucher. Mehr oder gleich 30 % Plaque auf den Implantat/Zahn-Oberflächen wurden bei 35 Patienten ermittelt. Nur bei 10 Patienten wurde weniger als 30 % Plaque auf den Implantat/Zahn-Oberflächen festgestellt.

  • Abb. 7: Implantatverteilung pro Patient.
  • Tabelle 1: Verteilung Patienten- und Implantatfaktoren.
  • Abb. 7: Implantatverteilung pro Patient.
  • Tabelle 1: Verteilung Patienten- und Implantatfaktoren.

Bei 70 Implantaten lag eine keratinisierte Mukosa vor. 44 Implantate waren mit herausnehmbarem und 48 Implantate mit festsitzendem Zahnersatz versorgt. 21 Implantate des Kollektivs zeigten eine fehlerhafte Suprakonstruktion, wohingegen bei 71 Implantaten eine passende Suprakonstruktion vorlag. Insgesamt lagen 23 Implantate bei Rauchern, 24 bei ehemaligen Rauchern und 45 Implantate bei Nichtrauchern vor.

Die Verteilung der unterschiedlichen Eigenschaften für das Patienten- und Implantatniveau ist in Tabelle 1 zusammengefasst.

Primäre und sekundäre Endpunkte

Als primäre Endpunkte wurden die Prävalenzen der periimplantären Erkrankungen für das Patienten- und Implantatniveau ermittelt. Mit Bezug auf die Kriterien der 8. Europäischen Konsensuskonferenz lagen bei 25 Patienten gesunde periimplantäre Verhältnisse vor, 10 Patienten zeigten eine periimplantäre Mukositis und bei 10 Patienten konnte eine Periimplantitis diagnostiziert werden. Das Patientenkollektiv und die 92 Implantate wurden in drei Gruppen geteilt. 55 Implantate zeigten keine periimplantären Entzündungen, bei 15 Implantaten lag eine periimplantäre Mukositis vor und an 22 Implantaten konnte eine Periimplantitis festgestellt werden. Die Verteilung der periimplantären Erkrankungen für das Patienten- und Implantatniveau ist in Tabelle 2 dargestellt.

  • Tabelle 2: Patienten- und Implantatverteilung periimplantäre Erkrankungen.
  • Tabelle 3: Outcome Patienten- und Implantatverteilung.
  • Tabelle 2: Patienten- und Implantatverteilung periimplantäre Erkrankungen.
  • Tabelle 3: Outcome Patienten- und Implantatverteilung.

  • Abb. 8: Patientenverteilung Raucher.
  • Abb. 9: Patientenverteilung Nichtraucher.
  • Abb. 8: Patientenverteilung Raucher.
  • Abb. 9: Patientenverteilung Nichtraucher.

  • Abb. 10: Implantatverteilung der Raucher.
  • Abb. 11: Implantatverteilung der Nichtraucher.
  • Abb. 10: Implantatverteilung der Raucher.
  • Abb. 11: Implantatverteilung der Nichtraucher.

Als sekundäre Endpunkte wurden die potentiellen Risikoindikatoren für das Patienten- und Implantatniveau ermittelt; sie sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Es zeigte sich, dass 5 von 10 Patienten mit einer positiven Raucheranamnese an einer Periimplantitis litten (Abb. 8). In der Nichtraucher-Gruppe konnte nur bei 3 von 24 Patienten eine Periimplantitis diagnostiziert werden (Abb. 9). In der Gruppe der Raucher zeigten 11 von 23 Implantaten eine Periimplantitis (Abb. 10). In der Gruppe der Nichtraucher hingegen lag nur bei 8 von 45 Implantaten eine Periimplantitis vor (Abb. 11). 16 von 44 Implantaten, die mit einem herausnehmbaren Zahnersatz versorgt waren, entwickelten eine Periimplantitis.

  • Tabelle 4: Statistische Auswertung der Risikofaktoren für Patienten- und Implantatniveau.

  • Tabelle 4: Statistische Auswertung der Risikofaktoren für Patienten- und Implantatniveau.
Die statistische Datenanalyse für das Patientenniveau ergab keine Assoziation zwischen den Faktoren „Geschlecht“, „Plaque“ und der Periimplantitis. Hingegen zeigte die Variable „Rauchen“ mit einem Odds Ratio von 6 (Cl: 1,261-28,547; P = 0,029) eine statistisch signifikante Assoziation mit dem Vorliegen einer Periimplantitis. Für das Implantatniveau konnte kein Zusammenhang zwischen den Variablen „Keratinisierte Mukosa“, „Art des Zahnersatzes“, „Fehlerhafte Suprakonstruktion“, „Implantationszeitpunkt“, „Plaque“ und dem Vorliegen einer Periimplantitis nachgewiesen werden. Nur der Faktor „Rauchen“ zeigte eine statistisch signifikante Assoziation mit der Periimplantitis. Das Ergebnis war mit einem Odds Ratio von 34,363 (Cl: 2,588 - 456,228; P = 0,0086) statistisch signifi kant. Die Ergebnisse der statistischen Analyse sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

Diskussion

Ziel dieser Arbeit war es, die Prävalenzrate der Periimplantitis bei Parodontitis-Patienten in einer Kohorte ohne parodontale Nachsorge zu ermitteln. Ebenso sollten potentielle Risikoindikatoren für Periimplantitis untersucht werden. Primäre Endpunkte Die Prävalenz für die periimplantäre Mukositis und die Periimplantitis auf dem Patientenniveau betrugen beide 22 %. Auf dem Implantatniveau konnte eine Mukositis- Prävalenz von 16 % und eine Periimplantitis-Prävalenz von 24 % ermittelt werden. In einigen Studien wurden periimplantäre Mukositis-Prävalenzen zwischen 31 bis 65 % für das Patientenniveau angegeben [5 – 10].

Für das Implantatniveau wurden Prävalenzwerte von 16 bis 62 % beschrieben [5 – 10]. Frühere Studien zeigten eine Periimplantitis-Prävalenz für das Patientenniveau von 8,9 bis 47,1 % [4, 6-10] und 6,6 bis 36,6 % für das Implantatniveau [5 -10]. In einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2015 wurde eine durchschnittliche Prävalenz der periimplantären Mukositis von 43 % (Cl: 32 – 54 %) und der Periimplantitis von 22 % (Cl: 14 – 30 %) angegeben [3].

Verglichen mit diesen Ergebnissen ist weder die hier ermittelte Periimplantitis-Prävalenz für das Patientenniveau (22 %), noch für das Implantatniveau (24 %) erhöht. Auf Grund der geringen Fallzahlen der Patienten und Implantate können alle Ergebnisse der Untersuchung nur Hinweise auf mögliche Zusammenhänge geben.

Die teilweise großen Prävalenzschwankungen können durch mehrere Gründe erklärt werden:

Die Variabilität der Prävalenzwerte kann durch die Verwendung unterschiedlicher klinischer Diagnoseparameter und Falldefi nitionen der periimplantären Erkrankungen erklärt werden. Einige Autoren verwenden zusätzlich die Taschentiefenmessung neben dem BoP und Knochenverlust zur Bestimmung der Periimplantitis. Bei vorliegender Arbeit wurden die Falldefi nitionen in Bezug auf die Empfehlungen der 8. Europäischen Konsensuskonferenz gewählt [13].

Ebenso können unterschiedlich zusammengesetzte Patientenkollektive, verschiedene untersuchte Altersgruppen, Unterschiede in der parodontalen Nachsorge oder das verwendete Studiendesign zu Unterschieden in den Prävalenzwerten führen. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass in einigen Studien keine Selektion bezüglich parodontaler Vorerkrankungen stattfand [5, 6, 11].

Sekundäre Endpunkte

Weder auf dem Patientenniveau, noch auf dem Implantatniveau konnte eine statistische Assoziation zwischen der „Plaque“ und der Periimplantitis ermittelt werden. Obwohl durch eine Studie gezeigt wurde, dass höhere Plaque Scores und eine schlechte Mundhygiene mit periimplantären Erkrankungen assoziiert sind [5], konnte in dieser Untersuchung diese Aussage nicht bestätigt werden.

Dem „Geschlecht“ konnte ebenfalls keine Assoziation mit der Periimplantitis nachgewiesen werden. In vielen Studien wurde diese Variable nicht weiter untersucht [5, 9, 11]. Auf dem Patientenniveau und dem Implantatniveau war der Risikofaktor „Rauchen“ mit einem Odds Ratio von 6 (Cl: 1,261 - 28,547; P = 0,029) und 34 (Cl: 2,588 - 456,228; P = 0,0086) statistisch signifikant.

Somit haben Raucher ein 6-fach und Implantate von Rauchern ein 34-fach höheres Odds eine Periimplantitis zu entwickeln. Hingegen existieren auch Studien, die keine solche Assoziation feststellen konnten [6, 7]. Die Ergebnisse unserer Arbeit sind in Übereinstimmung mit den Ergebnissen, die durch Rinke et al. 2011 und Roos-Jansaker 2006b berichtet wurden [6, 7]. Auf dem Implantatniveau konnte bei Abwesenheit der keratinisierten Mukosa um das Implantat keine höhere Periimplantitisrate festgestellt werden. Diese Variable wurde in einigen Arbeiten untersucht, es konnte jedoch keine einheitliche Meinung darüber gebildet werden [6, 11]. Bezüglich dem Auftreten der Periimplantitis konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen festsitzendem und herausnehmbarem Zahnersatz gefunden werden. Es existieren keine Daten aus vergleichbaren Studien. Nur in einer Studie konnte ein höheres Periimplantitisrisiko bei Patienten mit „Overdentures“ gefunden werden [7].

Auf dem Implantatniveau konnte der Variable „Fehlerhafte Suprakonstruktion“ keine statistisch signifikante Assoziation zur Periimplantitis nachgewiesen werden. Zurzeit können keine Vergleiche mit Ergebnissen aus anderen Studien gezogen werden, da keine einheitlichen Falldefinitionen existieren.

Die Untersuchung des möglichen Zusammenhangs zwischen dem „Implantationszeitpunkt“ und dem Vorliegen einer Periimplantitis ergab keine statistisch signifikante Assoziation. Koldsland et al. (2011) konnten ebenfalls keine erhöhte Periimplantitis-Prävalenz bei länger zurück liegenden Implantationszeitpunkten nachweisen [6]. Während Marrone et al. (2013) ein höheres Auftreten von Periimplantitis bei Implantaten mit einer Funktionszeit von mehr als 10 Jahren feststellten, konnten Ferreira et al. (2006b) auch hohe Periimplantitis-Prävalenzen bei bereits sehr kurzen Implantatlaufzeiten von 42,5 Monaten zeigen [5, 7].

Zusammenfassung

Da dentale Implantate in den letzten Jahren verstärkt eingesetzt werden, ist es erforderlich, sich mit den postimplantologischen Komplikationen zu beschäftigen. Hier sind die periimplantäre Mukositis und die Periimplantitis zu nennen. Aus diesem Grund wurden in vorliegender Arbeit die Periimplantitis-Prävalenz und mögliche Risikofaktoren bei Parodontitis-Patienten ohne die Teilnahme an einem parodontalen Nachsorgeprogramm untersucht. Um die Prävalenz zu ermitteln, wurde eine Querschnittsuntersuchung als Design gewählt. Jede bei den 45 Patienten und den 92 Implantaten durchgeführte Untersuchung war Teil der Routineuntersuchung bei Patienten mit parodontaler Erkrankung und Patienten mit Implantaten. Die hier verwendeten Falldefinitionen der periimplantären Erkrankungen erfolgten in Anlehnung an die Empfehlung der 8. Europäischen Konsensuskonferenz [13]. Um Assoziationen zwischen potentiellen Risikofaktoren und der Periimplantitis auf Patienten- und Implantatniveau zu ermitteln, wurde eine multivariable Analyse durchgeführt. Nach der Analyse ergab sich eine Periimplantitis-Prävalenz für das Patientenniveau von 22 und 24 % für das Implantatniveau. In den Metanalysen eines systematischen Überblicks der Epidemiologie bezüglich periimplantärer Gesundheit und Erkrankung aus dem Jahre 2015, wurde der Prävalenzmittelwert für die Periimplantitis auf 22 % (Cl: 14 – 30 %) geschätzt [3]. Im Vergleich zu diesem Wert liegt die hier beschriebene Periimplantitis-Prävalenz für das Patientenniveau genau im Mittel. Sowohl auf dem Patientenniveau, als auch auf dem Implantatniveau zeigte nur die Risikovariable „Rauchen“ eine statistisch signifikante Assoziation mit dem Vorliegen einer Periimplantitis. Es ist zu erwähnen, dass die geringen Fallzahlen zu einer starken Limitation der multivariablen Analyse führen. Daher können die hier gezeigten Ergebnisse nur Hinweise auf mögliche Zusammenhänge geben. Bei der Gegenüberstellung mit Ergebnissen anderer Arbeiten wurde deutlich, dass aufgrund von Abweichungen in den Falldefinitionen und den Risikofaktoren adäquate Vergleiche der Ergebnisse nur bedingt möglich sind. Daher werden Empfehlungen internationaler Konsensuskonferenzen bezüglich Falldefinitionen oder Studiendesigns immer wichtiger. Da sich die vorliegende Arbeit mit der Prävalenz von Periimplantitis bei Parodontitis-Patienten in einer Kohorte ohne parodontale Nachsorge beschäftigte, können diese Daten mit Ergebnissen anderer Untersuchungen, welche Kohorten mit parodontaler Erhaltungstherapie betrachten, verglichen werden. Der Einfluss von Risikofaktoren auf die periimplantäre Gesundheit muss weiterhin erforscht werden.

Fazit

Auf Grund der vorliegenden Ergebnisse können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

  • Trotz der Tatsache, dass alle Patienten dieser Arbeit eine parodontale Erkrankung aufwiesen und keine Teilnahme an parodontalen Nachsorgeprogrammen vorlag, war weder die Periimplantitis-Prävalenz für das Patientenniveau, noch für das Implantatniveau gegenüber anderen Studienergebnissen erhöht.
  • Angesichts der Periimplantitis-Prävalenz konnte gezeigt werden, dass Raucher ein höheres Risiko haben an einer Periimplantitis zu erkranken.

Die hier vorgestellte Arbeit zeigt im Abgleich zu der vorhandenen Forschung die Probleme des Fehlens einheitlicher Falldefinitionen für periimplantäre Erkrankungen auf. Unterschiedliche Falldefinitionen und uneinheitliche Kollektivselektionen führen zu verschiedenen Periimplantitis-Prävalenzen. Demzufolge werden international anerkannte Konsensuskonferenzen mit einheitlichen Falldefinitionen immer wichtiger, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten.

Abschließend kann zusammengefasst werden, dass sich aktuell viele Studien mit der Entstehung periimplantärer Erkrankungen befassen. Trotzdem besteht noch ein großer Forschungsbedarf auf dem Gebiet der Periimplantitis und der Untersuchung potentieller Risikofaktoren.


Literatur:
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Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Alexander Müller-Busch - Prof. Dr. Stefan Fickl

Bilder soweit nicht anders deklariert: Dr. Alexander Müller-Busch , Prof. Dr. Stefan Fickl